vadder sach

[woitek]

vadder sach
wieso hasts immer g’soffen
und mir verdroschen
und runterg’macht
vadder sach
wieso bist nich schon doot
mir würd dein leich freun
wenns stinken anfängst
würds mir g’fallen
hab dir damals inne
therapie eh schon b’erdigt
unnerm kiefernkreuz
inner fichtenschonung
liegt dein schatten
den mir g’lassen hast
inner flasche schnaps
vadders saag

vater sag
wieso hast du immer gesoffen
und mich geschlagen
und gedemütigt
vater sag
wieso bist du nicht schon tot
mich würde deine Leiche erfreuen
wenn du zu stinken anfängst
würde es mir gefallen
ich habe dich damals in der
therapie sowieso schon beerdigt
unter einem kiefernkreuz
in einer fichtenschonung
liegt dein schatten
den du mir gelassen hast
in einer flasche schnaps
vaters sarg

[leonie]

Hallo woitek,

das ist ja ein heftiges Gedicht. Aber ich finde es gelungen, gerade auch in der Mundart-Fassung. Ich denke, das ist manchmal die einzge Möglichkeit des Überlebens für Kinder mit traumatischen Kindheiterlebnissen, den Verursacher zu begraben, auch wenn er noch lebt. Das Bild von dem Schatten in der Schnapsflasche, das Du dafür wählst, finde ich absolut gelungen. Die Wut drückt sich in den drastischen Bildern aus (die stinkende Leiche zum Beispiel).

Liebe Grüße

leonie

[Mucki]

Hallo woitek,

da steckt sehr viel Zorn und Zynismus in deinen Zeilen.
In einer Lesung würde der erste Teil bis "beerdigt" wohl fast schreiend gelesen werden, der Teil danach eher resignierend, hm?
Es würde m.E. unter das Monatsthema "Kindheit" passen.
Saludos
Mucki

[woitek]

Hallo leonie,

am meisten habe ich mich darüber gerfeut, dass ich den Schatten in der Schnapsflasche als "vadders saag", phonetisch so schön entsprechend zum "vadder sach" hinbekommen habe. Ich freue mich, dass dir der Text gefällt.

Hallo Mucki

Darüber wie der Text auf einer Lesung intonisiert würde, habe ich mir noch keine Gedanken gemacht, aber danke für deine Idee. ZUerst stand der Text tatsächlich im Monatsthema, aber dann ist mir für diesen Bereich m.E. doch noch ein besserer eingefallen.

Einen schönen Tag euch beiden
wünscht
Woitek

[leonie]

Ja, lieber woitek, das ist mir auch aufgefallen, in der Mundart ist vermutlich der Unterschied noch geringer zu hören als im Hochdeutsch, oder?

Liebe Grüße

leonie

[woitek]

Leider spreche ich keine Mundart und kann auch keine wirklich gut imitieren. Ich spreche ein recht ordentliches Hochdeutsch, dem man allerdings den norddeutschen Anschlag deutlich anhört. Niederdeutsch verstehe ich recht gut, kann es allerdings nur schlecht sprechen. So ist dieser Text auch in einer Mundart geschrieben, die so nicht existiert. Zusammengesetzt aus eher norddeutschen als auch süddeutschen Elementen. Ich habe solange daran geschraubt, bis es glaubhaft wirkte. Die hochdeutsche Setzung steht eigentlich nur zum besseren Verständnis dort. Der eigentliche Text ist der erste.

Gruß
Woitek

[leonie]

Ich hätte das jetzt ins Hessische gepackt...So echt wirkt es auf mich. ..

Liebe Grüße

leonie

[woitek]

Unschlüssig bin ich noch bei der vorletzten Zeile. Habe noch eine Version bei der "inner schnapsflasche" steht, weiß auch noch nicht genau wie ich es in der letzendlichen Version setze.

[Mucki]

Hallo woitek,

ZUerst stand der Text tatsächlich im Monatsthema, aber dann ist mir für diesen Bereich m.E. doch noch ein besserer eingefallen.

Ja, habe " So weit" gerade gelesen und auch dazu geschrieben. Es ist ingesamt positiver und berührt sehr.
Saludos
Mucki
P.S. Bei dem Gedicht hier finde ich "inner flasche schnaps" völlig ok. "inner schnapsflasche" klingt nicht so melodisch.

[leonie]

"inner flasche schnaps" klingt alledings so, als sei der Schnaps noch in der Flasche. Bei "inner schnapsflasche" sehe ich eher eine geleerte Flasche.


Liebe Grüße

leonie

[woitek]

Hallo ihre beiden,

Mmh, mmh, ich glaube "inner flasche schnaps" ist wohl tatsächlich besser.
Naja wie auch immer...
Dank euch fürs Lesen und Kommentieren.

Gruß
Woitek

[Max]

Lieber Woitek,

was ich an der Bearbeitung dieses relativ gängigen Themas sehr spannedn finde, ist, dass durch die Sprachebene, die ja zudem durch den Dialekt unterstützt wird, eine Stellungnahme des Autors (also durch Dich ) nicht notwendig wird: die Vernachlässigung des yrischen Ichs wird dokumentiert, ohne dass es diese aussrpechen muss. das finde ich gelungen. Die sprachliche Nähe von "sag" und "Sarg" (die allerdings auch im Hochdeutschen funktionieren würde) ist natürlich ein zusätzlicher Clou!

Liebe Grüße
max

[woitek]

Hallo Max,

danke für deinen Beitrag, er war doch sicher kein Aprilscherz.(zwinker)

Einen schönen Tag
wünscht
Woitek

[Max]

Lieber Woitek,

danke für deinen Beitrag, er war doch sicher kein Aprilscherz.(zwinker)

Nö, er funktioniert auch noch am 2. April ...

Liebe Grüße
Max