DomZoo

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 25.03.2007, 15:38

DomZoo


Die Knipsmeute
schwärmt aus.
Schnelle Blitzgewitter
auf ehrwürdigem Gemäuer.
Wie die Zeit vergeht...
.....und im Westflügel der Sandstein.

Das Triptychon war ein Geschenk.
Interessant...
.....Zeit für Postkarten.
Und eine Kerze am Marienaltar.

Goldener Schrein von 1287,
der Führer stinkt.
Wann gibt´s Kuchen?
Erst einmal kriechen
unter den Domtrohn.
Wo liegt der Bischof?

Schöne Fenster
und so bunt!
Maria weint.
In fünf Minuten kommt der Bus.
Milde Gabe am Ausgang.
Noch einmal
der Gekreuzigte.
Gibt´s endlich Kuchen?

Salto portale
Zuletzt geändert von Niko am 01.05.2012, 13:59, insgesamt 5-mal geändert.

Peter

Beitragvon Peter » 25.03.2007, 20:28

Lieber Niko,

allein die Wortschöpfung "Domzoo" finde ich gelungen, würde aber selbst: Dom-Zoo schreiben.

Was sieht man? Zwei verschiedene Zeiten, wie ich meine; wobei die eine Zeit ruht, ruht bis hin ins Firmament, und die andere flüchtig ist; alle Menschen Spiegelungen in Schaufenstern.

Einerseits ein zeitkritisches Gedicht, andrerseits darüber hinaus.

Das Gedicht spricht an, auf mehrere Weise. Irgendwie ist das Gedicht auch selbst der Dom, und die Besucher sind die Leserschaft. Flüchtig, flüchtig...

Liebe Grüße,
Peter

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 26.03.2007, 00:08

Hallo Niko

Ein Gedicht über die Oberflächlichkeit von Touristen bei der Besichtigung eines Doms. Ich dachte erst, Du meinst den Kölner Dom, aber das passt dann wohl doch nicht. Sehr passend finde ich die sprunghafte, mal hektische, mal lamentierende (Gibt´s jetzt endlich Kuchen) Sprache, passt sehr gut zur Aussage.

Irgendwie fehlt mir hier aber der Humor. Da Du es in dieser Kategorie gepostet hast, scheinst Du es ja als Humor oder Satire zu verstehen. Das sehe ich bei diesem Text aber nicht wirklich.

Schönen Abend

Jürgen

Niko

Beitragvon Niko » 01.04.2007, 10:18

hallo peter und jürgen!
zunächst mal dies: es ist kein spezieller dom gemeint. die daten und fakten hab ich mir aus den fingern gesogen. wäre mir sonst zu sehr auf einen ort (köln, speyer, aachen, altenberg oder anderen) bezogen. wobei ich mich in einem detail verraten habe. denn "unter den thron kriechen" das gibts nur im aachener dom. auf der empore steht der thron karls des großen. und es soll wohl glück bringen, wenn man unter diesem steinstuhl durchkriecht. ist natürlich nur erlaubt unter begleitung eines führers.

irgendwie hast du recht, jürgen. humor ist nicht sonderlich hier ausgeprägt. aber vielleicht sieht man eine satirische komponente. gesellschafts / zeitkritisch oder ähnliches würde dem gedicht allerdings zuviel der ehre zuteil werden lassen. für mich ist es überspitzung der realität. und das geht dann nach meinem verständnis unter satire durch. oder?
bezüglich des titels wage ich den kompromiss, peter, und mache ein DomZoo draus.
ich danke euch sehr fürs kommenteiren!
lieben gruß in den april: Niko

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leonie
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Beitragvon leonie » 01.04.2007, 11:04

Lieber Niko,

ich wollte schon lange etwas zu dem Text schreiben, weil er mir gut gefällt. Es ist natürlich so, dass auch ich mich nicht davon frei sprechen kann, "Kultur" im weitesten Sinn nicht mit der nötigen Angemessenheit zu begegnen.
Du entlarvst das hier gut. Ich habe schon ziemlich viel in touristisch geprägten Städten gelebt, und wenn man bei manchen beobachtet, wie sie ihr Programm abreißen und als fastfood konsumieren (gerade dieses "Wann gibt es endlich Kuchen", das steht für so einen bestimmten "Menschenschlag), dann kriegt man echt das Gruseln.

Kleiner Hinweis "Thron" ist im Text falsch geschrieben.

Liebe Grüße

leonie

P.S. Ich finde den Text in dieser Kategorie richtig

Sabine

Beitragvon Sabine » 01.04.2007, 12:06

Hallo Niko,

dieses Gedicht hat mich sehr angesprochen. Warum? Als Kölnerin, die in der Nähe des Doms arbeitet, sehe ich genau diese Touristen tagtäglich vor der Kathedrale stehen und könnte schon einige lustige Anekdoten darüber schreiben. Vor allen Dingen über die auf dem Boden liegenden und allerlei Verrenkungen machenden Wesen, die auf diese Weise hoffen, ein besonders schönes Bild vom Dom erhaschen zu können bevor sie Mc Donalds stürmen, um endlich ihren Hunger stillen zu können.

LG Sabine

Niko

Beitragvon Niko » 01.04.2007, 14:16

hallo leonie und sabine!
ich bin auch ein gewöhnlicher tourist. wenn das gedicht eins nicht will, dann ist es, mich über die dinge zu stellen. ich hasse allerdings führungen - so lehrreich sie auch sein mögen. ich will etwas ganz für mich alleine entdecken und auf mich wirken lassen und hinterfragen wollen. später kann ich die sachen, die ich dazu unbedingt wissen will, ja nachschlagen. im pc oder lexikon. eine führung würd mir die impressionen verhageln. zukloppen mit königen, päpsten und jahreszahlen. allerdings könnte ich mir verrenktes fotografieren als hobbyfotograf schon eher vorstellen...
danke auch für den "Thron-hinweis". habs korrigiert.
lieben gruß: Niko


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