Öffne das Fenster!

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Perry

Beitragvon Perry » 07.02.2007, 13:37

Öffne das Fenster!


Seit das Beatmungsgerät
abgeschaltet wurde
kreisen die Schemenvögel
wieder höher

saugt der Mund
scheinbar
neuen Willen
in die Lungen

Seit dem Morgen
sitzt ein Rabe im Garten
scheint sich in den Tag
verliebt zu haben

1. Fassung:

Seit das Beatmungsgerät
abgeschaltet wurde
fliegen die Schemenvögel
wieder schneller

saugt der Mund
fast unbemerkt
neuen Willen
in die Lungen

Seit heute morgen
pfeift eine Amsel im Garten
scheint sich in den Tag
verliebt zu haben
Zuletzt geändert von Perry am 07.02.2007, 20:57, insgesamt 1-mal geändert.

Klara
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Beitragvon Klara » 07.02.2007, 14:52

Hallo,

nichts zu meckern: einfach nur gut geschrieben, gut rüber gebracht, gut glaubwürdig.

lg
klara

Mucki
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Beitragvon Mucki » 07.02.2007, 15:56

Hallo Manfred,

verstehe ich das richtig, dass vor allem der letzte Vers (der erste sowieso)
eine makabere Andeutung sein soll?
Saludos
Magic

Perry

Beitragvon Perry » 07.02.2007, 16:17

Hallo Klara,
freut mich, dass du die Hoffnung in den Zeilen für dich finden konntest.
Danke für die positive Einschätzung.
LG
Manfred

Hallo Gabriella,
das abgeschaltete Beatmungsgerät und die Schemen(Todes)vögel malen eine dunkle Szenerie. Doch die bereits aufgegebenen Lungen haben wieder angefangen zu atmen.
Denkbar ist aber auch, dass das öffnende Fenster in eine andere Welt führt und die neue Liebe einem ewigen Tag gehört.
Danke für dein "Hineinfühlen."
LG
Manfred

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leonie
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Beitragvon leonie » 07.02.2007, 16:21

Lieber Manfred,

wie (fast) immer gefällt mir auch dieses "wunder"volle Gedicht von Dir. Ich habe aber mal wieder einen kleinen Kürzungsvorschlag (hoffentlich nerve ich nicht zu sehr damit): Willst Du nicht das zweite "seit" einfach weglassen? Ich finde es offener und die Amsel ist dann als Matapher für das "Wunder" noch stärker, finde ich.

Liebe Grüße

leonie

Perry

Beitragvon Perry » 07.02.2007, 16:47

Hallo leonie,
keine Sorge, konstruktive Vorschläge nerven mich bestimmt nicht.
Hier ist es so, dass ich dieses Zeitelement "Seit" besonders hervorheben möchte und als "Prosalyriker" immer auch ein wenig bestrebt bin stilistische Strukturen einzubauen.
Danke fürs "wundervoll" und LG
Manfred

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 07.02.2007, 16:54

Lieber Perry,

gerade diese doppelte Lesart gefällt mir:

das abgeschaltete Beatmungsgerät und die Schemen(Todes)vögel malen eine dunkle Szenerie. Doch die bereits aufgegebenen Lungen haben wieder angefangen zu atmen.
Denkbar ist aber auch, dass das öffnende Fenster in eine andere Welt führt und die neue Liebe einem ewigen Tag gehört.


Sie trägt den Text.

Ich würde alles so lassen, bis auf das schneller das würde ich streichen, wirkt schwächend...


Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 07.02.2007, 17:03

Hallo Manfred,

das abgeschaltete Beatmungsgerät und die Schemen(Todes)vögel malen eine dunkle Szenerie. Doch die bereits aufgegebenen Lungen haben wieder angefangen zu atmen.
Denkbar ist aber auch, dass das öffnende Fenster in eine andere Welt führt und die neue Liebe einem ewigen Tag gehört.


Ja, den zweiten Vers habe ich - ganz klar - als Hoffnungsvers, positiv gelesen.

Beim dritten hier:

Seit heute morgen
pfeift eine Amsel im Garten
scheint sich in den Tag
verliebt zu haben


hat sich bei mir so ein, wie soll ich es ausdrücken, merkwürdiges Gefühl eingeschlichen, als ob die Amsel nicht für etwas Positives steht, sondern, im Gegenteil, den Tag des LIs stehlen möchte, sprich, der kurze Hoffnungsschimmer aus Vers 2 wird wieder zunichte gemacht. Das Einzige, was mich dabei zögern lässt, ist, dass es eine Amsel ist.
Dein Gedicht hat es in sich, Manfred,-)
Saludos
Magic

lilly-rose

Beitragvon lilly-rose » 07.02.2007, 19:35

Ich kann mich den Vorrednern nur anschließen. Gefällt sehr!

Doch ich hatte im letzten Vers auch meine Zweifel, vielleicht weil ich die Amsel wirklich vor Augen hatte, als relativ grossen, SCHWARZEN Vogel...


LG
Thomas

Perry

Beitragvon Perry » 07.02.2007, 20:51

Hallo Lisa,
ja das "schneller" gefällt mir auch nicht so gut. Da es sich bei den "Schemenvögel" um Todesboten handelt, könnte ich sie wieder höher kreisen lassen, ähnlich der Aasgeier, die darauf warten bis ihre Beute tot ist.
Danke für deine Anregung.
LG
Manfred

Hallo Gabriella, hallo Thomas,
vielleicht sollte ich im 3. Vers die pfeifende Amsel gegen einen der Totenvögel tauschen, der das Lyrich "liebevoll" in einen neuen ewigen Tag lockt.
Danke vorerst für euere Eindrücke.
LG
Manfred

Mucki
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Beitragvon Mucki » 07.02.2007, 21:28

Hallo Manfred,

ja, die neue Version finde ich sehr gut!
Saludos
Magic

Last

Beitragvon Last » 09.02.2007, 10:02

Hallo Perry,

was soll man dazu sagen?
Außer, dass es mich fasziniert hat und mir die neue Version besser gefällt. Evtl. kann man noch an "scheinbar" in der zweiten, oder "scheint" in der dritten Strophe etwas drehen:

Seit das Beatmungsgerät
abgeschaltet wurde
kreisen die Schemenvögel
wieder höher

saugt der Mund
scheinbar
neuen Willen
in die Lungen

Seit dem Morgen
sitzt ein Rabe im Garten
vielleicht hat er sich
in den Tag verliebt


LG
Last

Perry

Beitragvon Perry » 09.02.2007, 14:22

Hallo Last,
danke für deine Einschätzung. Mir ist das zweimalige "schein", auch schon aufgefallen und werde im 3. Vers das "scheint" weglassen (hat sich in den Tag verliebt).
LG
Manfred


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