Schlagfieber

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Gast

Beitragvon Gast » 13.12.2006, 17:19

Bei der Accountlöschung bat die Autorin darum, dass ihre Texte gelöscht werden. Dieser Bitte kommt die Administration nach.
Zuletzt geändert von Gast am 15.12.2006, 20:20, insgesamt 2-mal geändert.

MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 14.12.2006, 12:10

Hallo Gerda,

mal wieder dem Volk mit offenen Augen auf die Finger geschaut!

Ändern würde ich am Text nichts. Wenn du glaubst, dass du zu viele abgehackte Sätze hast, dann fasse bei jedem zweiten Mal diese Sätze zu einem zusammen. Das mache ich manchmal auch. Du bekommst dann einen Wechsel von normal langen, Schachtelsätzen und abgehackten Sätzen. Ein solcher Text wirkt sehr spontan, so als würde man zu einem Menschen reden, ohne im Hinterkopf zu lektorieren oder gar zu zensieren. Probiers einfach mal aus.

Liebe Grüße
Marlene

Gast

Beitragvon Gast » 14.12.2006, 23:46

Liebe Marlene,

vielen Dank.
Ich hoffe, dass ich das richtig verstanden habe, an diesem Text meinst du, könnte ich die abgehackten (abgeschlagenen Sätze ;-) ) so lassen?
Dein Tipp, gilt grundsätzlich für Prosatexte, bei denen ich Zweifel habe?

Liebe Grüße
Gerda

Herby

Beitragvon Herby » 15.12.2006, 10:58

Liebe Gerda,

Gleich vorweg gesagt, ich habe den Vorkommentar nicht gelesen und bitte um Entschuldigung, sollte ich bereits Gesagtes bzw. Geschriebenes wiederholen.

Zum Inhalt kann ich wenig sagen, da ich im Traum nicht auf die Idee käme, mir selbst einen Baum zu schlagen, was aber ausschließlich auf meine Bequemlichkeit zurückzuführen ist und nicht auf grundsätzliche Erwägungen. Es ist schon seltsam, wozu dieses Fest Menschen treibt. Aber Du fragst, ob Du die teilweisen abgehackten Sätze stehen lassen kannst. Ich würde versuchen, einige Sätze zusammenzufügen, so z.B. bei:

Die lauwarme Dezemberluft, immerhin um die 10° plus, riecht harzig. Nach geschlagenen Fichten und Tannen.

Oder auch im übernächsten Satz: Dort, wo …, damit der Lack …

An dieser Stelle

Es ist seit Jahren der gleiche Spektakel. Selber Schlagen ist angesagt.

solltest Du aus „der“ das machen ;-)

Außerdem kam mir beim Lesen die Idee, ob Du an einigen Stellen nicht mehr pointieren könntest. So erwähnst Du den Streit um einen Baum. Würde der, zumal unter dem Einfluss von Glühwein, in eine handfeste Auseinandersetzung münden, würde der Titel „Schlagen“ noch eine andere Bedeutung geben.

Gerne gelesen.
Liebe Grüße
Herby

Gast

Beitragvon Gast » 15.12.2006, 11:46

Hallo Herby,

vielen Dank fürs Lesen und die Tipps.

Es heißt der Spektakel, ich habe extra nachgesehen. ;-)

Was das "Pointieren" angeht, so habe ich überlegt, aber ich glaube, das passt - diesmal meine ich -nicht zum Stil der Geschichte, dann müsste ich umschreiben und etwas anderes daraus machen.
Würde ich den Streit aufbereiten, käme wörtliche Rede ins Spiel. Ich glaube, dass dann der Ton ein völlig anderer würde.
Ich gebe zu, dass sich dieses jährlich wiederkehrende "Schlagfieber" auch wunderbar anders aufbereiten ließe, aber vielleicht nicht von mir. :confused:
Die Stelle "10° Plus", habe ich geändert. Im anderen, von dir erwähnten Satz möchte ich gern mal so "falsch" bleiben.

Liebe Grüße
Gerda

MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 15.12.2006, 12:15

Hallo Gerda,

mein Tipp gilt grundsätzlich für Prosatexte. Probiers einfach mal an einem kleinen Stück aus.

Liebe Grüße
Marlene

Herby

Beitragvon Herby » 15.12.2006, 18:27

Hallo Gerda,

Du schreibst

Es heißt der Spektakel, ich habe extra nachgesehen.


Stimmt natürlich. Ich hatte das Wort an dieser Stelle Deines Textes nur nicht im Sinne Krach bzw. Lärm, sonder als "das Spektakel" in der Bedeutung von "Schauspiel" gelesen, da es ja vermutlich auch die von Dir beschriebenen (geräuschlosen) Kleidungsdetails einschließen soll.


Würde ich den Streit aufbereiten, käme wörtliche Rede ins Spiel.

Warum das? Ich sehe das nicht als eine zwangsläufige Folge an.


Liebe Grüße in ein hoffentlich schönes Wochenende
Herby

Gast

Beitragvon Gast » 15.12.2006, 20:29

Lieber Herby,

du hast doch recht, ich habe es verwechselt :sad:
Ich meine natürlich das Spektakel. :antwort:
Vielen Dank für die Zähigkeit, auch jene bezüglich der Kommata ;-) (am Telefon) und bitte wenn du eine Herby-Version schreiben möchtest, dann mach das.
Ich bin gespannt.

Liebe Grüße
Gerda

Gast

Beitragvon Gast » 20.12.2006, 14:06

Liebe Salonisten hier kommt Herbys Geschichte zum gleichen Thema.
Er wollte sie nicht posten, aber ich finde durchaus, dass diese Art der Betrachtung es wert ist, nicht nur von mir gelesen zu werden:

O Tannenbaum

„Sie kommen!“ Alljährlich gegen Mitte Dezember verbreitet sich unter den Tieren des Waldes der Schreckensruf und es beginnt eine tägliche Massenflucht ins Dickichtexil, aus dem Tier sich bis zum 24. Dezember erst wieder im Schutz der Nacht vorsichtig heraus traut. Die Zeit zwischen Sonnenauf- und untergang verbringen sie mit wachsamem Dösen oder dem Erzählen von Geschichten, wobei die Wildschweine besonders gerne von ihren Verwandten in Gallien berichten, die dank eines Dicken und seines gefährlichen Appetits ihre eigenen, wenn auch etwas anderen Erfahrungen mit Flucht und Vertreibung haben.
„Sie kommen!“ Sie? Die Rede ist von Menschen, für die eine Tanne oder Fichte erst dann zum Weihnachtsbaum wird, wenn sie von eigener Hand fällt, und für den kleinen harten Kern unter ihnen darf, ja muss das sogar erst an Heiligabend geschehen.
Zur dieser Spezies gehört seit Jahren Familie S., die voller Verachtung auf Zeitgenossen herabblickt, die ihren Baum schon eine Woche früher schlagen oder, noch schlimmer, ihn gar vor einem Supermarkt einfach so kaufen.
Der 23. 12. steht ganz im Zeichen der generalstabsmäßigen Vorbereitungen für den kommenden Tag, wobei die Aufgabenverteilung trotz des ansonsten fortschrittlichen Denkens der Eheleute eine sehr konventionelle ist: Frau S. ist für den Proviant zuständig und bereitet traditionell Frikadellen mit Kartoffelsalat zu und sucht für die Tochter, die bei der anstehenden Expedition erfahrungsgemäß schnell quengelig wird, den Walkman und das Hörspiel „Das Rätsel der verschwundenen Tanne“ raus. Herr S. kümmert sich um das handwerkliche Equipment in Form von Arbeitshandschuhen, Säge, Axt und Dachgepäckträger.
Da es zu verhindern gilt, dass einem die besten Bäume vor der Nase weg geschlagen werden, beginnt der Schlagtag dann in aller Herrgottsfrühe, während draußen noch tiefe Finsternis herrscht. Doch eine solche Herausforderung an Geschwindigkeit und Geschicklichkeit kennt unsere Familie von ihren Urlaubsreisen, wenn es darum geht, lange bevor die Sonne über den Palmenwipfeln Tunesiens oder Spaniens aufgeht, sich ebenso schlaftrunken wie unbemerkt aus dem Hotelzimmer an den Strand oder Pool zu schleichen, um die besten Liegen in der ersten Reihe mittels Handtücher für den Rest des Tages als belegt zu erklären. Wenn man Glück hat, übernimmt dann ab dem dritten Urlaubstag ein bestechlicher Nachtportier diese Aufgabe, aber diese Methode funktioniert natürlich nicht bei Weihnachtsbäumen.
Während sich die Anfahrt dank Navigationssystem und von der Weihnachtsschlagbaumverwaltung am Straßenrand aufgestellter Schilder noch problemlos gestaltet, ist die Suche nach einem Parkplatz dann die erste Herausforderung, da Familie S. wie erwartet nicht die einzige ist, die sich am Morgen des Heiligabends im finsteren Tann einfindet. Doch der weitaus schwierigere Teil des Unternehmens steht erst noch bevor: die Wahl des richtigen Baumes, der ja immerhin präsentabel sein soll für den an den Feiertagen und zum Jahreswechsel angesagten Besuch. Und bei dieser verantwortungsvollen Aufgabe wächst Frau S. jedes Mal über sich und die Tannen hinaus. Zunächst wird im Sturmschritt das gesamte Areal inspiziert, wobei die Bäume einer genauen Prüfung in den Kategorien Größe, Wuchs, Dichte unterzogen werden. Die Exemplare, die in die engere Wahl kommen, werden von Herrn S. auf einer Lageskizze eingezeichnet, damit man sie am Ende des Rundgangs wieder ausfindig machen kann. Da andere umherstreifende Baumschläger aber nach dem gleichen Prinzip vorgehen, erhöht sich das Tempo des zweiten, entscheidenden Rundgangs erheblich und verleiht dem Ganzen einen entschieden sportlichen Charakter. Durchgeschwitzte Kleidung, kleinere Hautverletzungen, verstauchte Knöchel werden tapfer ertragen, menschliche Bedürfnisse der Zeitersparnis wegen schlichtweg ignoriert. In der Endphase gibt es dann schließlich drei Möglichkeiten:
1. Das ausgewählte Exemplar ist noch vorhanden; in diesem Falle waltet Herr S. seines Amtes und das Fest ist gerettet.
2. Dem ausgewählten und noch vorhandenen Exemplar nähern sich beängstigend gleichzeitig und zielstrebig andere Interessenten; dann wird es kritisch, weil Erfolg oder Misserfolg von der verbalen Überredungskunst des Ehepaares S. abhängen. Verfängt diese, ist das Fest gerettet. Verfängt sie hingegen nicht, ist gestische Überzeugungsarbeit von Nöten, deren Dauer und Intensität unter Umständen dazu führen kann, dass das Tagesmotto „Wir fahren zum Schlagen“ eine etwas andere Bedeutung kommt. Unerklärlicher Weise sind dabei meistens Männer die Hauptakteure. Wer aus dieser Phase als Sieger oder Verlierer hervorgeht, hängt davon ab, wann welche Ehefrau / Partnerin / Freundin Anfeuerungsrufe als sinn- sowie weitere Beschimpfungen der feindlichen Partei(en) als nutzlos betrachtet und zum geordneten Rückzug bläst. So hetzt man zum zweitbesten Exemplar und steht vor drei Möglichkeiten …
3. Der ausgesuchte Baum ist schon gefällt. Nach lautstarkem, aber kurzem Bedauern – für ein längeres Lamento bleibt keine Zeit – eilt man dann unter gegenseitiger Aufmunterung zum zweitbesten Exemplar der Wunschbaumliste. Dann gibt es drei Möglichkeiten …
Hat man dann schließlich das Objekt seiner Begierde erstanden, bezahlt und vernetzt, wird der mitgeführte Proviant verzehrt und, solchermaßen körperlich gestärkt, die Heimreise angetreten. Das frühnachmittägliche Aufstellen und Schmücken des Prachtexemplars erfordert dann eine letzte kollektive Kraftanstrengung, bevor dann am Abend nach der Bescherung Frau S. erschöpft, aber glücklich den Satz haucht, auf den schon jeder wartet und ohne den Weihnachten kein Weihnachten wäre: „Also Liebling, ich finde, so einen schönen Baum hatten wir noch nie!“ Und während sie sich bückt, um das Geschenkpapier aufzuheben, rieselt es grün aus ihrem Haar, was die Kleine zu dem freudigen Ausruf veranlasst: „Papa schau, Mama nadelt!“
Und während Familie S. sich zufrieden und glücklich dem Anblick ihres Baumes hingibt, wünschen sich Fuchs und Hase, Reh und Wildschwein erleichtert frohe Weihnachten und genießen die Ruhe, die endlich wieder im Wald eingekehrt ist. Der nächste Ruf „Sie kommen“ wird dann den Jägern gelten.


... wie gesagt diese Geschichte hat Herby verfasst. Als Anregung diente mein "Schlagfieber", ich konnte ihn nicht überreden, sie einzustellen, da ich aber frei verfügen durfte (laut seiner PN an mich) wollte ich sie euch nicht vorenthalten.

Liebe Grüße
Gerda

Herby

Beitragvon Herby » 20.12.2006, 22:50

Liebe Vorweihnachtswochegestresste,

ja, Gerda hat Recht. Ich habe ihr diesen Text per PN zugesendet und gesagt, sie möge damit nach eigenem Gutdünken verfahren. Da ich ihn nach dem Lesen von Gerdas "Schlagfieber" mit der " heißen Taste" getippt habe, ohne an ihm zu feilen und nicht von ihrem Text ablenken wollte, hab ich ihn nicht eingesetzt.

Viermal werden wir noch wach, heißa ... dann muss der Baum aber stehen, gelle? ;-)

Liebe Grüße
Herby
Zuletzt geändert von Herby am 20.12.2006, 23:07, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitragvon leonie » 20.12.2006, 22:58

Hm, da scheint mir ja echt was entgangen zu sein...Nächstes Jahr also auf zum "Schlagen"...

Liebe Grüße, ich hoffe, alle Nasen sind noch heil und die Augen haben die ursprüngliche Farbe (ich gehöre zu den armen Menschen, die ihr Leben lang sogar mit zwei blauen Augen herumlaufen müssen...)

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