Zwei ältere Frauen kommen in meine Abteilung. Die ältere der beiden könnte die Mutter, die Oma der anderen sein.
Ist hier die Schatzkammer?
Die ältere wirkt lustig, neugierig, naiv.
Die Damen entdeckten ein Trinkhorn. Was ist das? Das ist ein Horn, das man zum Trinken verwendete. Ich selbst nehme es zum ersten Mal wahr.
Später kommt ein junger Mann in die Abteilung, als ich mich gerade mit Henner unterhalte. Er schaute kurz hier und da, und von den Hunderten von ausgestellten Objekten entscheidet er sich für den "Ditrichstein", vor dem Henner und ich stehen. Er kommt direkt auf uns zu, wir machen uns zur Seite.
Henner hat einen schrecklichen Durst, er ist bis 4 Uhr morgens im "Milestone" gewesen. Ich biete ihm Wasser an, aber er will eine eiskalte Coca-Cola. Gegenüber dem Museum gibt es einen Supermarkt, aber wir dürfen uns nicht einen Meter von unserem Arbeitsplatz entfernen. "Sie dürfen Ihre Zone nicht verlassen", sagt die Direktorin. Um ihn auf andere Gedanken zu bringen, erzählte ich ihm eine Geschichte von Saint-Exupery, als er eine Notlandung in der Sahara-Wüste machen musste.
Nachmittags war ich in der "Stadtgeschichte". Ein junger Mann, der sich eine halbe Stunde dort aufgehalten hatte kam auf mich zu und fragte mich: "Geht die Geschichte von Mainz nicht weiter?" "Natürlich geht die Geschichte weiter ..." erwiderte ich, bis ich verstand, dass seine Frage nicht zeitlich sondern räumlich gemeint war. Er vermisste den letzten Raum, wo früher die Bilder von der zerbombten, brennenden Stadt hingen. Der Raum gehört jetzt dem Museumspädagogen, der zweimal in der Woche mit kleinen Kindern dort frei malt.
Später kam ein älterer, hässlicher Mann, bunt angezogen. Er ging direkt in die "Judaica", und da er sich dort länger als drei Minuten aufhielt, dachte ich "Ein Jude"... Ich hatte Recht, denn bevor er ging, machte er mich darauf aufmerksam, dass ein Thorazeiger, ein silberner Stab mit einer hebräischen Inschrift, auf dem Kopf stünde. Ich versprach, es weiter zu melden. Dann wollte er die große Zeittafel fotografieren, auf der die Judenverfolgungen über 9 Jahrhunderte chronologisch dargestellt sind, aber er hatte seine Kamera im Hotel vergessen. "In welchem Hotel?" fragte ich. Es war noch genug Zeit um schnell dorthin zu gehen und die Kamera zu holen. Wir verstrickten uns in einer Diskussion über die geographische Lage des Hotels, vom Museum aus gesehen. Ich sagte "nach rechts", er "nach links", wir konnten uns nicht einigen. Jedenfalls ging er doch schnell zu seinem "Hilton" und kam rechtzeitig zurück. "Sind Sie mit einem Taxi gefahren?" wollte ich wissen. "Nein, bei Fuß" antwortete der amerikanische Jude, der sonst perfekt Deutsch konnte. Ich ließ ihn alleine in seiner kleinen "Judaica", damit er sich austoben konnte. Über 10 Minuten lang blitzte er herum, wie ein kleiner Jupiter.
R. 15
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