Beirut war es

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 01.02.2010, 16:25

Beirut war es,
Was so summte
Dir schien es ernster
Als vor einem Jahr
Unter warmen Abendzedern

Dass du mit Abschied
In der Stimme
Sprachst…

Und nahmst
Was an Zärtlichkeit gewesen
Ach, dass du dies nun noch erwogst!

Und gingst
In ein Verlassensein

Ja, von den Städten, und Gedanken
Von Dichtbarem
Von Atembarem
Ja, von mir

Vergabst nichts
Von diesem Terror
Ach, dass es dich verwirrte…

Dass zwischen uns fast dreißig Jahre
Gelebtes

Oder Panisches, ich weiß

-

VFM

jondoy
Beiträge: 1692
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Beitragvon jondoy » 03.02.2010, 22:29

hallo zafar,

Ja, zu diesem abschiedsgedicht mit dem gang ins exil,
seine lyrische komponente blend ich jetzt aus,
les frontaltitelzugekehrt,

Beirut, Was so summte,
das interesiert mich (Leser)
ausgerechnet Die Stadt, der Mikrokosmos im Mikrokosmos,
von der ich wenig, und doch ein wenig,

wenn etwas in einem summt, dann hat das gewicht,
wie dieser kessel auf ihn eingewirkt hat,
dass es so in ihm summt,
das will ich wissen,

eine drangeklebte aufschrift an einen kochtopf,
in dem es implodiert hat,
hebt nicht den deckel
lyrische terrorbefremdlichkeit.

die dreissig jahre, die das summen ausgelöst haben,
ich weiss, ich nicht.

herzliche grüße,
stefan

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 04.02.2010, 07:54

Lieber Stefan,

:eek: ich muss jetzt erst mal überlegen, ob ich deinen Kommentar richtig verstehe...

jondoy hat geschrieben:Ja, zu diesem abschiedsgedicht mit dem gang ins exil,


welches Exil? :blink2:

seine lyrische komponente blend ich jetzt aus,


Schade, dann hätt ich ja auch in Prosa und total unlyrisch schreiben können...

les frontaltitelzugekehrt,


eigentlich hat das Gedicht keinen Titel, da es Teil einer längeren Reihe ist. "Beirut war es" gibt nur die erste Zeile des Gedichtes wieder, sonst hätte ich es als Überschrift/Titel nochmals drüber geschrieben (zumindest mach ich das normalerweise so...)

Beirut, Was so summte,
das interesiert mich (Leser)
ausgerechnet Die Stadt, der Mikrokosmos im Mikrokosmos,
von der ich wenig, und doch ein wenig,

wenn etwas in einem summt, dann hat das gewicht,
wie dieser kessel auf ihn eingewirkt hat,
dass es so in ihm summt,
das will ich wissen,


Nun, ich bin mit Sicherheit keine Städtepoetin, die in ihren Gedichten Städte personifiziert oder als Impression darstellt.

Ich versteh nicht, warum du dich hier vehement auf die ersten zwei Zeilen konzentrierst. Vielleicht magst du mir das erklären? Wenn du dir das Gedicht betrachtest, so können diese ja höchstens einen Rahmen bilden, ein Stimmungsbild sein. Wo ist es? In Beirut. Und was? Naja, was folgt...

Das Gedicht steht ja nicht umsonst im Pfauengarten :rolleyes: :eek:

eine drangeklebte aufschrift an einen kochtopf,
in dem es implodiert hat,
hebt nicht den deckel


du empfindest alles was nach den ersten zwei Zeilen folgt also als überflüssig? Ist ja eine schwerwiegende Aussage, die natürlich deiner Konzentration auf das summende Beirut geschuldet ist. Dennoch sollte der Rest sicher nicht völlig verdrängt werden.

Natürlich kann man fragen, warum gerade Beirut? Wie gesagt, das ist mir primär nicht wichtig, da lyr. Ich und Du sicher auch nicht unbedingt darüber nachgedacht haben, warum nun gerade Beirut. Die Stadt Beirut bedingt die Situation des Gedichtes nicht an sich, sondern eher die Stimmung, die ein summendes Beirut, und die abendlichen Zedern bewirken. Die ersten Zeilen machen einfach von Anfang an den Rahmen klar. Was man mit Beirut nun speziell als Leser verbindet, bleibt ja jedem selbst überlassen, und ich dräng mich als Autorin da auch nicht auf.

Ich gebe zu, vielleicht wäre es verständlicher, wenn man die vorrangehenden Teile der Reihe kennt, gerade was die Bedeutung oder Nichtbedeutung von Beirut angeht. Aber ich meinte, das Gedicht könne schon für sich stehen... :neutral:

lyrische terrorbefremdlichkeit.


versteh ich nicht...

die dreissig jahre, die das summen ausgelöst haben,
ich weiss, ich nicht.


das ist geographisch auch sehr weit entfernt im Gedicht, oder? Ich meine, das Summen und die dreißig Jahre...

Ich meine, was ist denn mit dem einen Jahr zwischen "heute", da Beirut summt, und damals (vor einem Jahr)?

Schon interessant aber irgendwie, dass du meinst, die dreißig Jahre (Altersunterschied :pfeifen: , mir schien, du sähest das irgendwie anders, sodass ich mich frage: ist das im Gedicht nicht ganz klar?) haben das Summen Beiruts ausgelöst, also quasi Beirut wichtig gemacht. Mh, es war wohl eher das, was zwischen LI und LD war/ist...

Ich bitte um Aufklärung...

Herzlichst

Zafar

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 04.02.2010, 19:41

Hallo Zafar,

mich haben die ersten Zeilen auch verwirrt, weil es sich doch so anhört, als ginge es um die Stadt. Vielleicht könntest du das beheben, wenn du etwas in diese Richtung schreiben würdest:

In Beirut war es,
Wo es so summte
Schien es dir ernster
Als vor einem Jahr
Unter warmen Abendzedern


Mir scheint das Gedicht sehr privat (nicht auf dich bezogen, sondern zwischen LIch und LDu). Viele Andeutungen (Terror, Panik, Erwägen von Zärtlichkeiten...) gehen für mich ins Leere, weil ich sie nicht in ihre Geschichte einbetten kann, und ich muss zugeben, eine eigene fällt mir dazu nicht ein, dazu ist es mir zu fremd.
Dieses "nicht-wissen" würde aber gar nicht so präsent werden, wenn du es nicht noch betonen würdest durch dieses "ich weiß" am Ende. Das ist dann schon etwas frustrierend. ;-)

Also vielleicht braucht das Gedicht zumindest für mich doch die anderen Texte aus der Reihe, oder eben andere Leser. :-)

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

jondoy
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Beitragvon jondoy » 05.02.2010, 01:36

Hallo Zafar,


du hast geschrieben:
ich muss jetzt erst mal überlegen, ob ich deinen Kommentar richtig verstehe...

ich find, du hast ihn ganz gut verstanden,

jondoy hat geschrieben:
Ja, zu diesem abschiedsgedicht mit dem gang ins exil,
Du frägst:
welches Exil?

die Erklärung kommt weiter unten...

jondoy hat geschrieben:
seine lyrische komponente blend ich jetzt aus,
Du hast geantwortet:
Schade, dann hätt ich ja auch in Prosa und total unlyrisch schreiben können...

.....ich kann diese Sichtweise natürlich verstehen, deswegen wollte ich die Lyrik auch nicht bewerten...

jondoy hat geschrieben:
alles frontaltitelzugekehrt,

Du erklärst dazu:
eigentlich hat das Gedicht keinen Titel, da es Teil einer längeren Reihe ist. "Beirut war es" gibt nur die erste Zeile des Gedichtes wieder, sonst hätte ich es als Überschrift/Titel nochmals drüber geschrieben (zumindest mach ich das normalerweise so...)

Es ist mir aufgefallen, dass die erste Zeile den Titel wiedergibt, aber auf die Idee, dass dieser Kunstgriff ausdrücken soll, dass das Gedicht eigentlich keinen Titel hat, bin ich nicht gekommen.


jondoy hat geschrieben:
Beirut, Was so summte,
das interesiert mich (Leser)
ausgerechnet Die Stadt, der Mikrokosmos im Mikrokosmos,
von der ich wenig, und doch ein wenig,

wenn etwas in einem summt, dann hat das gewicht,
wie dieser kessel auf ihn eingewirkt hat,
dass es so in ihm summt,
das will ich wissen,


Du hast drauf geantwortet:
Nun, ich bin mit Sicherheit keine Städtepoetin, die in ihren Gedichten Städte personifiziert oder als Impression darstellt.
Ich versteh nicht, warum du dich hier vehement auf die ersten zwei Zeilen konzentrierst. Vielleicht magst du mir das erklären? Wenn du dir das Gedicht betrachtest, so können diese ja höchstens einen Rahmen bilden, ein timmungsbild sein. Wo ist es? In Beirut. Und was? Naja, was folgt...

Das Gedicht steht ja nicht umsonst im Pfauengarten


Das Wort „Pfauengarten“ hab ich bisher noch nie in den Mund genommen. Ist in meinem Sprachschatz nicht vorhanden.
Wenn der Begriff sprichwörtlich zu verstehen ist, also wo ist hier das große Auge (...nmerk) in dem Gedicht, hm..

Ok, ich hätte auf das, was offenbar nicht umsonst im Pfauengarten steht, mehr eingehen sollen, wollte es aber ganz bewusst nicht,
mir erschien dieser „Dir“ als ein langjähriger Bewohner dieser Stadt...dieses Planeten namens Beirut...

ich hab mich auf die ersten beiden Zeilen konzentriert, einfach deshalb, weil ich mich darauf konzentrieren wollte...
ich wusste natürlich, dass ich damit schiefliege, aber das hat mich nicht gestört...

Ich versteh (noch) nicht, warum Beirut hier in diesem...Gedicht..so wenig eine Rolle spielt; wenn die Stadt tatsächlich nur der Rahmen ist, dann ist die Örtlichkeit auch austauschbar, dass beisst sich für mich jedoch
ganz gewaltig mit den letzten beiden Zeilen des Gedichts...


jondoy hat folgendes bild verwendet:
eine drangeklebte aufschrift an einen kochtopf,
in dem es implodiert hat,
hebt nicht den deckel


Du hast mich gefragt:
du empfindest alles was nach den ersten zwei Zeilen folgt also als überflüssig? Ist ja eine schwerwiegende Aussage, die natürlich deiner Konzentration auf das summende Beirut
geschuldet ist. Dennoch sollte der Rest sicher nicht völlig verdrängt werden.


Da hast du mich jetzt missverstanden. Ich hab das, was den ersten zwei zeilen folgt, nicht als überflüssig empfunden, ich hab den Focus auf das Summen gelegt, und hatte Beirut im Verdacht...

wenn ich deine Ausführungen verstehe, soll doch zumindest auch das Lyrische `sie` der Auslöser sein, für diesen lyrischen Radschlag,
ich empfind beirut hier nicht nur nicht nur kulisse, erzähl dir schnell in kurzform, welcher film bei diesem Gedicht (jetzt) vor mir abläuft...

....knister, knister....
(Abendstimmung...Er, Arm in Arm (mit ihr) unter den Naturklischees (-symbolen) des Libanon flanierend...)

....Die Stadt schien ihm ernster als vor noch einem Jahr

(Sie (Worte in Gedankenblubber)
Vor einem (danke für den Hinweis!) Jahr sprach er an gleicher Stelle nicht nur von Abschied,
er nahm auch mit, was an Zärtlichkeit (zwischen uns beiden) gewesen,
und ging in ein (inneres oder äußeres) Exil (Verlassensein)

Klappe,
....ein Jahr später...
Irgendwas, während er mit ihr flaniert, erwägt er nun doch noch..(....die richtung überlassen wir mal ganz der fantasphie),

...was dann kommt, ist ein surrealer bildeinwurf - für mich....ein stück poesie...

Ja, von den Städten, und Gedanken
Von Dichtbarem
Von Atembarem
Ja, von mir


(....so was darf nicht näher erklärt werden, sonst ist die Wirkung der Lyrik am `A....`)

(Aber damit hat sich’s auch, denn jetzt kommt Beirut wieder ins Spiel...
diese Stadt mit seinen verschiedenen Bevölkerungsgruppen...summt unter ihnen...)

(diese 30 Jahre Altersunterschied - ich stell ihn mir 30 jahre Älter als sie vor, ne Art Humphry Burgart-Typ,
dieses Gelebtes, was sich vielleicht auch in seinem Gesicht wiederspiegelt..und ihn meiner Meinung nach geprägt haben MUSS und nach meiner Vorstellung (mit)verantwortlich ist für das, was in dem Moment so summte - ich traue ihm einfach keine flache `Bienenromantik` zu - hat er für mich 30 Jahre in DER Stadt verbracht, in der die Milizen auszogen, um das Fürchten zu lernen..)

PhantasieAusschnitt Ende

Du schreibst:
Natürlich kann man fragen, warum gerade Beirut? Wie gesagt, das ist mir primär nicht wichtig, da lyr. Ich und Du sicher auch nicht unbedingt darüber nachgedacht haben, warum nun gerade Beirut. Die Stadt Beirut bedingt die Situation des Gedichtes nicht an sich, sondern eher die Stimmung, die ein summendes Beirut, und die abendlichen Zedern bewirken. Die ersten Zeilen machen einfach von Anfang an den Rahmen klar. Was man mit Beirut nun speziell als Leser verbindet, bleibt ja jedem selbst überlassen, und ich dräng mich als Autorin da auch nicht auf.
Ich gebe zu, vielleicht wäre es verständlicher, wenn man die vorrangehenden Teile der Reihe kennt, gerade was die Bedeutung oder Nichtbedeutung von Beirut angeht. Aber ich meinte, das Gedicht könne schon für sich stehen...


Die Stimmung, die ein summendes Beirut und die abendlichen Zedern bewirken könnten, versuch ich mir vorzustellen....
aber nichts im text steht drin, was das für den Leser plastisch erlesbar werden lässt,
dazu ist das gedicht vom Aufbau her zu introvertiert...


jondoy Zitat:
lyrische terrorbefremdlichkeit.

Du schreibst:
versteh ich nicht...

.....damit wollte ich natürlich ein wenig provozieren, um eine gegenreaktion zu bekommen,
so daneben bin ich damit gar nicht gelegen...


jondoy Zitat:
die dreissig jahre, die das summen ausgelöst haben,
ich weiss, ich nicht.


Du schreibst dazu:
das ist geographisch auch sehr weit entfernt im Gedicht, oder? Ich meine, das Summen und die dreißig Jahre...
Ich meine, was ist denn mit dem einen Jahr zwischen "heute", da Beirut summt, und damals (vor einem Jahr)?
Schon interessant aber irgendwie, dass du meinst, die dreißig Jahre (Altersunterschied , mir schien, du sähest das irgendwie anders, sodass ich mich frage: ist das im Gedicht nicht ganz klar?) haben das Summen Beiruts ausgelöst, also quasi Beirut wichtig gemacht. Mh, es war wohl eher das, was zwischen LI und LD war/ist...
Ich bitte um Aufklärung...


Jetzt weiss ich von dir, was es wohl eher war, was das Summen Beiruts ausgelöst hat,
das ist jetzt meine Art von Annäherung an den Text (....dank deinen Erläuterungen)
....ich hatte nicht die dreißig Jahre (Altersunterschied) als Grund für das Summen in Verdacht, sondern die dreißig Jahre Lebenserfahrung IN DIESER STADT.

Jetzt erschließt sich mir die Intension des Gedichts (nach dem Winken mit dem Zaunpfahl `Pfauengarten`) und diversen diskreteren Hinweisen darauf schon besser. Einen Vorschlag will ich dir machen:
Such dir einen Titel für das Gedicht aus.

Ich frag ich mich noch, wie summt es in der Stadt heute (in der Zeit, in der das Gedicht spielt (in der `Jetztzeit?),

wie hab ich mir das vorzustellen...meinst du damit die Lebensfreude in der Stadt und in ihren Bewohnern?

Keine zickig-dummen,
ganz herzliche Grüße,

Stefan

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 05.02.2010, 11:06

Flora hat geschrieben:mich haben die ersten Zeilen auch verwirrt, weil es sich doch so anhört, als ginge es um die Stadt. Vielleicht könntest du das beheben, wenn du etwas in diese Richtung schreiben würdest:

In Beirut war es,
Wo es so summte
Schien es dir ernster
Als vor einem Jahr
Unter warmen Abendzedern


:eek: mir schien das gar nicht so verwirrend...aber ich hatte erst auch noch ein und vor der dritten Zeile. Vielleicht ist das besser:

Beirut war es,
Was so summte
Und dir schien es ernster
Als vor einem Jahr
Unter warmen Abendzedern



Mir scheint das Gedicht sehr privat (nicht auf dich bezogen, sondern zwischen LIch und LDu). Viele Andeutungen (Terror, Panik, Erwägen von Zärtlichkeiten...) gehen für mich ins Leere, weil ich sie nicht in ihre Geschichte einbetten kann, und ich muss zugeben, eine eigene fällt mir dazu nicht ein, dazu ist es mir zu fremd.
Dieses "nicht-wissen" würde aber gar nicht so präsent werden, wenn du es nicht noch betonen würdest durch dieses "ich weiß" am Ende. Das ist dann schon etwas frustrierend. ;-)

Also vielleicht braucht das Gedicht zumindest für mich doch die anderen Texte aus der Reihe, oder eben andere Leser. :-)


Ja, es ist auch sehr privat. Wie eigentlich die ganze Reihe eine intensive Nähe zwischen LI und LD thematisiert. Ich werd sicherlich mal mehr aus diesem Fundus hier posten, aber nicht alles, da die Reihe schon aus fast 100 Teilen :blink1: besteht...

Ich muss mir für die ersten paar Zeilen noch was überlegen...

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 05.02.2010, 11:59

@ Stefan,

nun, einiges hatte ich doch falsch verstanden... :mrgreen:

jondoy hat geschrieben:Es ist mir aufgefallen, dass die erste Zeile den Titel wiedergibt, aber auf die Idee, dass dieser Kunstgriff ausdrücken soll, dass das Gedicht eigentlich keinen Titel hat, bin ich nicht gekommen.


:smile: ja, vielleicht hätt ich einfach "ohne Titel" schreiben sollen, oder Reihentitel, Teil LXLVI...

Das Wort „Pfauengarten“ hab ich bisher noch nie in den Mund genommen. Ist in meinem Sprachschatz nicht vorhanden.
Wenn der Begriff sprichwörtlich zu verstehen ist, also wo ist hier das große Auge (...nmerk) in dem Gedicht, hm..

Ok, ich hätte auf das, was offenbar nicht umsonst im Pfauengarten steht, mehr eingehen sollen, wollte es aber ganz bewusst nicht,


Tja, is halt doch Liebeslyrik, ne? Deswegen der Pfauengarten...

mir erschien dieser „Dir“ als ein langjähriger Bewohner dieser Stadt...dieses Planeten namens Beirut...


Das ist eine interessante Sichtweise, die ich so auch nicht ausschließen möchte, auch wenn es sich von mir persönlich her anders verhält.

Ich versteh (noch) nicht, warum Beirut hier in diesem...Gedicht..so wenig eine Rolle spielt; wenn die Stadt tatsächlich nur der Rahmen ist, dann ist die Örtlichkeit auch austauschbar, dass beisst sich für mich jedoch
ganz gewaltig mit den letzten beiden Zeilen des Gedichts...


Inwiefern?

Nun, Beirut weckt sicher bei jedem gewisse Assoziationen. Und diese Vorstellungen können/sollen dann ja auch in eine Interpretation leserseitens mit einfließen.

In der Reihe stellt Beirut eine bestimmte Episode in der Geschichte von LI und LD dar. Ich weiß nicht, inwieweit das etwa durch vorhergehende Teile verdeutlicht wird. ich weiß auch nicht, ob es "von der Reihe her" Beirut sein muss. Fest steht aber, dass, als ich diesen Teil schrieb, für mich nur Beirut in Frage kam. Das kann ich jetzt schwer erklären...mh, ja, also, in einer anderen Stimmung wäre Beirut sicher austauschbar gewesen, denke ich, mit Amman, oder Marrakesch etwa.

Vielleicht dient Beirut hier irgendwie als "Klischee" einer Stadt im Orient, die aber noch nicht so weit weg vom "Westen" ist wie Mosul, oder Maskat oder Sanaa.

Mir kam auch gerade in den Sinn (es ist schon ein Bisschen her, dass ich das Gedicht schrieb), dass mir vorrangig eigentlich der Duft der Zedern, und deren Farben schwirrten. Wenn ich an Zedern denke, dann wird es bei mir meistens, sollte ich eine Stadt erwähnen, Beirut oder Halab.

Wie ich aber sehe, ziehst du die Verbindung eng zwischen Beirut, Terror, Panischem und dreißig Jahren. Von daher kann ich deine Frage nach der Bedeutung Beiruts im Gedicht schon verstehen.

Es ist eben, dass Terror und Panisches in keiner Weise zeitgeschichtlich zu verstehen sind. Es ist hier arg metaphorisch und deswegen wohl auch etwas schwer zu durchdringen. Beide Begriffe sind hier Gefühlsbegriffe von LI und LD.

Vergabst nichts
Von diesem Terror
Ach, dass es dich verwirrte

Dass zwischen uns fast dreißig Jahre
Gelebtes

Oder Panisches, ich weiß

wenn ich deine Ausführungen verstehe, soll doch zumindest auch das Lyrische `sie` der Auslöser sein, für diesen lyrischen Radschlag,


lyrischer Ratschlag???

Und was für ein lyrisches "sie"??? Ist das jetzt Plural oder Singular femininum???

ich empfind beirut hier nicht nur nicht nur kulisse, erzähl dir schnell in kurzform, welcher film bei diesem Gedicht (jetzt) vor mir abläuft...

....knister, knister....
(Abendstimmung...Er, Arm in Arm (mit ihr) unter den Naturklischees (-symbolen) des Libanon flanierend...)

....Die Stadt schien ihm ernster als vor noch einem Jahr


:eek: ich finde deine Interpretation immer spannender. So hab ich mein Gedicht gar nicht gelesen, oder verstanden. Eigentlich scheint es mit dem Bekenntnis (des Verwirrtseins) und dem Vorhaben (des Gehens in ein Verlassensein) ernster...

(Sie (Worte in Gedankenblubber)
Vor einem (danke für den Hinweis!) Jahr sprach er an gleicher Stelle nicht nur von Abschied,
er nahm auch mit, was an Zärtlichkeit (zwischen uns beiden) gewesen,
und ging in ein (inneres oder äußeres) Exil (Verlassensein)

Klappe,
....ein Jahr später...
Irgendwas, während er mit ihr flaniert, erwägt er nun doch noch..(....die richtung überlassen wir mal ganz der fantasphie),


Hier verstehen wir die zeitliche Dimensionalität wohl unerschiedlich, denn eigentlich wird von den Geschehnissen vor einen Jahr doch nichts gesagt. Die Situation ist jetzt, aber man hat sich wohl länger nicht gesehen...

Ja, hier entsteht wohl eine Mehrdeutigkeit:

Dir schien es ernster
Als vor einem Jahr
Unter warmen Abendzedern

Dass du mit Abschied
In der Stimme
Sprachst…


Es ist ja eigentlich sodass :pfeifen:

Das mit dem Exil hab ich jetzt verstanden, ja, und mit einem inneren Exil kann ich mich anfreunden, auch wenn die Situation, wenn ich mir jetzt die Reihe selbst bedenke (hier hab ich einen Vorteil, sorry :mrgreen: ), nicht so krass ist, dass man von Exil sprechen könnte...

...was dann kommt, ist ein surrealer bildeinwurf - für mich....ein stück poesie...

Ja, von den Städten, und Gedanken
Von Dichtbarem
Von Atembarem
Ja, von mir


(....so was darf nicht näher erklärt werden, sonst ist die Wirkung der Lyrik am `A....`)


Ich habs gern surreal...

(diese 30 Jahre Altersunterschied - ich stell ihn mir 30 jahre Älter als sie vor, ne Art Humphry Burgart-Typ,
dieses Gelebtes, was sich vielleicht auch in seinem Gesicht wiederspiegelt..und ihn meiner Meinung nach geprägt haben MUSS und nach meiner Vorstellung (mit)verantwortlich ist für das, was in dem Moment so summte - ich traue ihm einfach keine flache `Bienenromantik` zu - hat er für mich 30 Jahre in DER Stadt verbracht, in der die Milizen auszogen, um das Fürchten zu lernen..)


Humphrey Bogart :-) :-) :-) ach, naja, warum nicht, aber mindestens 10-20 cm größer, bitte, sonst wird das Bild lächerlich, irgendwie...

Das ist für mich ein ganz neuer Aspekt am LD, aber nicht minder fantastisch, nur deutlich "politischer" als es sich für mich darstellt. Für mich als Autorin bedeutet Beirut überhaupt nicht so sehr Krieg und Terror und Angst und Schrecken und unruhige Geschichte. Vielleicht ist es bizarr und schwer nachvollziehbar, aber für mich birgt Beirut ebenso viel Romantik wie Paris.

Die Stimmung, die ein summendes Beirut und die abendlichen Zedern bewirken könnten, versuch ich mir vorzustellen....
aber nichts im text steht drin, was das für den Leser plastisch erlesbar werden lässt,
dazu ist das gedicht vom Aufbau her zu introvertiert...


Gut, dass du sagst, das Gedicht sei vom Aufbau her introvertiert. Ist es auch, wie überhaupt die gesamte Reihe, zu der das Gedicht gehört.

Hätte ich "es war einmal in Beirut" schreiben sollen? Das Summen deutet für mich eine gewissen Zartheit an. Es ist kein Brummen, kein Geknatter, kein Donnern, kein Tosen...noch nicht einmal ein Rauschen der Abendzedern, wie man es sich vielleicht auch vorstellen könnte. Wir, LD und LI, waren in Beirut, wie vor einem Jahr. War es Zufall? Ist wird ja auch nicht ganz klar, wie die Beziehung der beiden eigentlich ist. Ich denke, auch in 100 Teilen hab ich das noch nicht eindeutig beschrieben, eben weil es gar nicht eindeutig ist, so viel kann ich sagen. Die Beziehung an sich, ist eben seltsam, zwischen LD und LI, ja wundersam und manchmal wie abgeschlossen von der Welt, denke ich. Aber das führt jetzt zu weit.

.....damit wollte ich natürlich ein wenig provozieren, um eine gegenreaktion zu bekommen,
so daneben bin ich damit gar nicht gelegen...


versteh ich immer noch nicht. Was soll ich sagen, ist Terror hier für dich so vordergründig? Oder ist einfach das Wort zu belegt für dich, als dass es etwas anderes bedueten könnte. Ich meine, eigentlich heißt Terror doch "Schrecken", was vielleicht schon weitaus weniger politisch klingt.

....ich hatte nicht die dreißig Jahre (Altersunterschied) als Grund für das Summen in Verdacht, sondern die dreißig Jahre Lebenserfahrung IN DIESER STADT.


Also, dass hier überhaupt irgendetwas in dem Gedicht ein Summen Beiruts verursacht hat, darüber bin ich mir im Unklaren. Ist das Summen Beiruts und die Situation zwischen LI und LD nicht eigentlich unabhängig? Gut, man könnte sicher sagen, dass das Zusammentreffen zwischen LI und LD das Summen ist. Damit könnte ich persönlich konform gehen. Aber auch deine Sichtweise...sie fügt sich natürlich insgesamt in deiner Interpretation ein.

Jetzt erschließt sich mir die Intension des Gedichts (nach dem Winken mit dem Zaunpfahl `Pfauengarten`) und diversen diskreteren Hinweisen darauf schon besser. Einen Vorschlag will ich dir machen:
Such dir einen Titel für das Gedicht aus.


Titel: An den Wachsamen CXVI :mrgreen:

Ich frag ich mich noch, wie summt es in der Stadt heute (in der Zeit, in der das Gedicht spielt (in der `Jetztzeit?),
wie hab ich mir das vorzustellen...meinst du damit die Lebensfreude in der Stadt und in ihren Bewohnern?


Wieso? Das Gedicht ist doch im Präteritum geschrieben. Das "Jetzt" schimmert immer mal wieder in anderen Teilen durch...sowieso ist Beirut nicht Zentrum der Beziehung zwischen LI und LD. Es spielen innerhalb der Reihe verschiedene Orte eine Rolle. Nicht immer sind alle namentlich genannt, wie hier. Beirut ist ein Teilaspekt der LI-LD-Emotion.

Ein wenig setzt sich die Idee dieses Teils auch im folgenden fort. Ich denke, ich hab beide sehr zeitnah geschrieben, in ähnlicher Stimmung, deswegen

Sprache dieses Abends
Rettend
Vor unsrer Einsamkeit
Vor all den verschwendeten Blicken
Und wenn wir in die Bäume lachten
Aus Scheu vor der Welt

Dem, was ungesprochen
Fluch ich nicht
Umarmst du mich nur so
Nur so…
Wie Juliklänge das Geschilf
Und als wäre ich
Viel reicher als das

Meine Angst?
Dass deine Nähe ungeheuerlich
Ich könnt bezwingbarer
Als vor einem Jahr

Herzlichst

Zafar :mrgreen:

jondoy
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Beitragvon jondoy » 05.02.2010, 19:53

Hallo Zafar,

wenn ich das jetzt lese, dann will ich auch was dazu schreiben, deswegen lass ich es heute.
ich meld mich nächste woche. ich hoffe, das ist o.k.

herzliche Grüße,
Stefan

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 06.02.2010, 08:03

Gern, ich bin gespannt, und kann warten...

Herzlichst

Zafar

jondoy
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Beitragvon jondoy » 10.02.2010, 20:15

Hallo Zafar,

danke für das Warten,

wunder dich nicht drüber, dass ich nicht auf die Computerfunktion Zitieren zurückgreife, wie einmal zitieren geht, das weiss ich; das mehrfache Zitieren krieg ich nicht hin, gestern ist mir die Antwort abgestürzt, die ist nicht wiederholbar, das wäre das Unmittelbare gewesen..


ích weiss noch, beim Lesen deiner Antwort kam mir ein Zitat in den Sinn,

„Die wahre Entdeckungsreise besteht nicht darin, nach neuen Ländern zu suchen,
sondern mit neuen Augen zu sehen.“ , Marcel Proust.

So ungefähr ging es mir mit deinem Gedicht, ich hab begonnen, es mit neuen Augen zu sehen.


Und gingst
In ein Verlassensein

Ja, von den Städten, und Gedanken
Von Dichtbarem
Von Atembarem
Ja, von mir


So langsam krieg ich ein Gespür dafür, wovon diese Zeilen sprechen,

Gestern hatte ich dir in diesem Stil geantwortet....


jondoy hat geschrieben:
Es ist mir aufgefallen, dass die erste Zeile den Titel wiedergibt, aber auf die Idee, dass dieser Kunstgriff ausdrücken soll, dass das Gedicht eigentlich keinen Titel hat, bin ich nicht gekommen.
zafar hat geantwortet:
ja, vielleicht hätt ich einfach "ohne Titel" schreiben sollen, oder Reihentitel, Teil LXLVI...


Das „ohne Titel“ gefällt mir persönlich nicht.
Ein Reihentitel, da es sich um eine Reihe handelt, wäre vielleicht schon das Richtige, nur gefallen mir bloße numerische Nummernfolgen überhaupt nicht, wann schon, dann sollte er mehr ausdrücken als ´bloße Zahlenreihe´, den Titel, den du weiter unten als Joke erwähnt hast: „An den Wachsamen CXVI“, fand ich gar nicht schlecht, vielleicht würde ich den das Gedicht nennen „Auf das es dich verwirrte ZXVI.“

jondoy hat geschrieben:
mir erschien dieser „Dir“ als ein langjähriger Bewohner dieser Stadt...dieses Planeten namens Beirut...
Zafar hat geantwortet:
Das ist eine interessante Sichtweise, die ich so auch nicht ausschließen möchte, auch wenn es sich von mir persönlich her anders verhält. so ist das,


du hast erwähnt, diese Reihe von Gedichten sei sehr privat, das hat halt dann noch eine ganz andere Dimension..


Jondoy hat geschrieben:
Ich versteh (noch) nicht, warum Beirut hier in diesem...Gedicht..so wenig eine Rolle spielt; wenn die Stadt tatsächlich nur der Rahmen ist, dann ist die Örtlichkeit auch austauschbar, dass beisst sich für mich jedoch
ganz gewaltig mit den letzten beiden Zeilen des Gedichts...
Zafar hat gefragt:
Inwiefern?


Die Gedanken, die ich mir anfangs über das Gedicht gemacht hab, spielten sich in einem ganz anderen Kontext ab. Jetzt haben sich die Fixpole verschoben. Das Bild, das ich anfangs über dieses Gedicht im Kopf hatte, hängt jetzt ganz schief an der Wand. Ich muss meinen Kopf drehen, um mir die alten Gedanken dazu wiederherzuholen...

Zafar hat geschrieben:
Nun, Beirut weckt sicher bei jedem gewisse Assoziationen. Und diese Vorstellungen können/sollen dann ja auch in eine Interpretation leserseitens mit einfließen.


bei mir ist es ganz natürlich, dass, wenn Assoziationen in mir da sind, die dann beim Lesen miteinfließen,
meine Assoziationen über Beirut stammen aus einem buch „der tag, an dem nina simone aufhörte zu singen“,


..... so in der Art wäre (war) die Antwort gewesen...


ein paar Gedanken vom Rest dazu kriegst du jetzt anschließend kurz noch in einer komprimierten Form...

jondoy
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Beitragvon jondoy » 10.02.2010, 20:34

zu Beirut wollte ich noch was sagen,

in einem Allerweltsfilm hab ich neulich folgendes gehört:

Er fragte: "Wo befinden wir uns hier?"
Der Allerweltsfilm antwortete ihm:
"Geografisch betrachtet.
In der nördlichen Hemisphäre.
Gesellschaftlich betrachtet:
Am Äußersten Rand."

Und Beirut ist eine Stadt, da leben nicht bloß Menschen drin, die werden von ihrem Umfeld auch geprägt,

jondoy
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Beitragvon jondoy » 10.02.2010, 21:19

ZafarFaraj hat geschrieben:Es ist eben, dass Terror und Panisches in keiner Weise zeitgeschichtlich zu verstehen sind. Es ist hier arg metaphorisch und deswegen wohl auch etwas schwer zu durchdringen. Beide Begriffe sind hier Gefühlsbegriffe von LI und LD.

Vergabst nichts
Von diesem Terror
Ach, dass es dich verwirrte

Dass zwischen uns fast dreißig Jahre
Gelebtes

Oder Panisches, ich weiß





Wie hab ich mir Leser die Beziehung der beiden denn vorzustellen,
also frau LI und herr LD treffen sich an verschiedenen Orten, nicht zufällig oder arrangiert, zeitgeschichtlich wandeln ihre Füße auf dem Präteritum, etwas wirkt in ihnen ......... wie Mond und Meer....wie Terror und Panik...

Herzliche Grüße,
Stefan


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