Begreifen

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
königindernacht

Beitragvon königindernacht » 16.02.2007, 10:44

*

Bild

Mit den Wassern
meiner Liebe
habe ich dich
zugeschüttet.

Deine
ist darin
ertrunken.





Verändert zu:
Die deine
ist darin
ertrunken.
und Einfügen des Bildes und Rücknahme der kurzzeitigen Veränderung.
Zuletzt geändert von königindernacht am 16.02.2007, 23:33, insgesamt 5-mal geändert.

aram
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Beitragvon aram » 16.02.2007, 16:24

liebe königin,

der text gefällt mir. (allerdings versucht das lyr.ich noch im rückblick die kontrolle zu behalten, indem es die ursache nur sich zuzuschreibt.) meine variante wäre kürzer:


begreifen

wasser meiner liebe
überfluteten dich

deine
ertrank



freitagsgrüße,
aram
there is a crack in everything, that's how the light gets in
l. cohen

Max

Beitragvon Max » 16.02.2007, 18:21

Liebe Kö,

ich habe leider (und vermutlich liege ich wohl daneben, denn ansonsten hagelt es ja Zustimmung) ein Unbehagen bei der Lektüre dieser Zeilen. Wenn ich versuche, das zu bergünden, ist das gar nicht so einfach. Ich vermute es liegt daran, dass ich mutmaße, dass hinter dem Gedicht weniger die Beobachtung steht, die dann auf Basis der Sprache weiterentwickelt wird (manchmal mit Schlussfolgerungen wie sie nur der Poesie erlaubt sind) - vielmehr bleib das dumpfe Gefühl, dass das Bild, das etwas das zu sehr gewässert wird, ertrinkt, zuerst da war und dann in diesem Inhalt einen dankbaren Abnehmer gefunden hat.
Wie gesagt, vermutlich liege ich ganz falsch ...

Liebe Grüße
max

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 16.02.2007, 22:30

liebe kö,

kanns mir wieder nich verkneifen:
;-)

ertrunken

in
meiner
liebe

du

salve
hakuin

Gast

Beitragvon Gast » 16.02.2007, 22:37

Lieber Hakuin,

das bedeutet jetzt allerdings was völlig anderes, als das, was man aus Kös Text liest, nicht wahr?!

Liebe Grüße
Gerda

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 16.02.2007, 22:39

findste gerda, wieso?
mal sehen was die autorin meint...

Gast

Beitragvon Gast » 16.02.2007, 22:51

Ja, Hakuin, weil das Lyrich beim "zuschütten" aktiv beteiligt ist.
Der aktive Part: Ich habe dich zugeschüttet, du hattest keine Chance zu entrinnen, ich hatte dich fest am Wickel,
während "ertrunken" wie "gewähren lassen", klingt, viel freier und lockerer, so als habe das lyr. du nur weglaufen brauchen, als die Liebe floss... mir fehlt die Absicht des Lyrich, die ich in Kös Version eindeutig erkenne.
Zwischen diesen für mich unterschiedlichen Be(deutungen) liegen facettenreiche Beziehungsfallstricke aus... ;-)

Liebe Grüße
Gerda

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leonie
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Beitragvon leonie » 16.02.2007, 22:55

Hallo zusammen,

für mich beschreibt Deine Version, hakuin, das Ergebnis und Kös Gedicht die Analyse dazu.
Ob das "Zuschütten" mit Absicht geschieht, wage ich zu bezweifeln, wenn, dann vermutlich allenfalls mit guter. Was es allerdings nicht unbedingt besser macht.

meint leonie

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 16.02.2007, 23:54

Hallo, ihr alle.

Vorneweg etwas zu Max: Zuerst war die Erkenntnis, dann der Text. Danach kam die Überschrift. BE- GREIFEN. Schmerz, Bitternis, Aufschrei oder stille Selbsterkenntnis- was auch immer der geneigte Leser für sich entnimmt.
Als Drittes suchte ich nach einem Foto und mir fiel dieses Brunnenmotiv aus dem Berliner Britzer Garten ein, das ich letzten Herbst einfing.

Zum Inhalt/zum Ausduck: Dieses schon hundertfach besungene Thema selbst als Gedicht zu verarbeiten birgt immer die Gefahr des "Kenn- ich-schon-Effektes". Den wollte ich möglichst vermeiden und habe darum die Verben"Überfluten, überschwemmen.." nicht gewählt.
Zudem wollte ich durch die knappe Wortwahl und das bewusst gewählte "zugeschüttet" genau das ausdrücken, was Gerda schrieb. Leonie- dir stimme ich in diesem Zusammenhang absolut zu.

Dennoch verstehe ich alle anderen Einwände/Entwürfe als Bereicherung, denn sie spiegeln nicht nur unseren unterschiedlichen Umgang mit der hier verdichteten Sprache, sondern auch den eigenen Erfahrungswert im Sinne von Erlebtem, Gehörtem oder Beobachtetem. Habt Dank.

Das Bild entspricht tatsächlich nicht genau der im Text beschriebenen Situation- eher noch den Momenten vor dem Ertrinken, da die Zwei ihre Liebe/sich noch halten wollen- sich BE- GREIFEN wollen... (Deshalb nutzte ich es dennoch.)
Am Wochenende werde ich mich auf den Weg machen und vielleicht wächst in mir eine Idee für ein noch passenderes Foto...

Hoffentlich bin ich auf alle Argumente/Meinungen eingegangen.

Herzlichst, KÖ

Max

Beitragvon Max » 17.02.2007, 18:42

Liebe Kö,

Du schreibst
Zuerst war die Erkenntnis, dann der Text. Danach kam die Überschrift.



Ich habe mich also wohl geirrt in meienr Analyse, sorry, ich wollte Dir da nicht zu Nahe treten. Vermutlich kam es daher, dass mir die Erkenntnis des Gedichts zwar generell nicht fremd ist, ich sie aber in dieser reinheit nie hatte.

Liebe Grüße
max

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 17.02.2007, 20:35

Lieber Max, du bist mir überhaupt nicht zu nahe getreten. *schmunzel* Im GegenteiL Ich fand es toll, dass du so streitbar und nachfragend reagiert hast. Deshalb auch meine ausführliche Antwort.

Dann lasse ich diesen Text hier so stehen und mache euch einfach aufmerksam, wenn ein noch passenderes Foto gefunden wurde.

Herzlichst, KÖ

aram
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Beitragvon aram » 17.02.2007, 20:39

hallo königin,

"zuschütten" passt m.e. nicht mit "wasser" zusammen ... habe nachgedacht, aber keinen fall entdecken können, in dem das zusammenginge - mit wasser kann man nichts zu-schütten, weil es wegfließt...

abendgrüße,
aram
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l. cohen

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Beitragvon Pjotr » 17.02.2007, 22:01

Und im Brunnen?

aram
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Beitragvon aram » 18.02.2007, 04:12

etwas im brunnen mit wasser zuschütten?

ein loch im garten mit wasser zuschütten? (auch so gehts nicht...)
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Beitragvon Pjotr » 18.02.2007, 12:10

Ich fühle, was Du spürst, Aram. Ich war auch ein bisschen skeptisch, allein bezüglich des "Schüttens" (ohne "zu"). So aus der Intuition heraus denke ich bei "Schütten" zunächst an feste Partikel. Andererseits gibt's ja auch den Spruch bei starkem Regen: "Es schüttet wie aus Eimern", oder: "Kaffee verschüttet", oder "Wasser drüberschütten". Wenn das alles geht, warum nicht auch etwas "zu"-schütten? Wenn etwas unter der Flüssigkeit oder unter dem Sand verschwindet, ist es "zu", meine ich (inzwischen) ... Man kann ja auch jemanden zutexten, so wie es gerade tue, hehe ...

Cheers.


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