Unter dem Schnee

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Rala

Beitragvon Rala » 12.02.2007, 16:40

Unter dem Schnee (zweite Fassung)

Die Stille kriecht weiter den Boden entlang und über die Wände, bis zur Zimmerdecke hinauf. Sie deckt alles im Raum ab wie eine dicke Lackschicht, füllt jeden Winkel, jede Unebenheit. Sie ist von draußen gekommen, unbemerkt zunächst, und nimmt das ganze Haus ein. Sie ist so mächtig, dass man den eigenen Atem nicht mehr hört.
Sanja fährt mit dem Finger über die Wand neben ihrem Bett, die sich glatter anfühlt als sonst. Überzeugt sich mithilfe ihrer linken Handfläche davon, dass sie tatsächlich noch atmet. Doch auch das kann eine Täuschung sein. Die plötzliche Abwesenheit von jeglichem Geräusch außerhalb ihres Schädels, das endlose Weiß, das über Nacht alles unter sich begraben hat – sie könnte tot sein. Niemand ist bei ihr, der sie vom Gegenteil überzeugen könnte. Wenn du stirbst, stirbt deine ganze Welt mit dir, schiebt sich eine Stimme aus der Geräuschkulisse in ihrem Kopf in den Vordergrund, und liegt jetzt reglos unter einem Leichentuch, fügt sie selbst hinzu. Hör auf mit dem Blödsinn!, schreit sie, es kostet sie einige Überwindung, als sei es verboten, doch der Widerhall, mit dem sie ihr inneres Chaos zu übertönen gehofft hatte, bleibt aus. Sie steht vom Bett auf, allein, wie immer, und zieht die Jalousien hoch. Der Morgen ist viel zu hell, er war zuvor schon zwischen den Alulamellen hindurch in den Raum gequollen, als sei draußen für so viel Hell kein Platz mehr. Die Schneedecke ebnet alles ein. Es gibt keine Kanaldeckel mehr, kein Laub und keinen Dreck auf den Straßen, nicht die geringste Unebenheit in der Fahrbahndecke. Als habe es auch die letzte Nacht nicht gegeben, all den Lärm, die vielen Leute, die Aufregung.
Es war warm gewesen, nach ihrem Auftritt sogar heiß, sie hatte gespürt, wie sich jede einzelne ihrer Adern, Stunden zuvor noch so eng zusammengezogen, dass sie in der überheizten Garderobe gefröstelt hatte, auf einmal weit öffnete und Unmengen von Blut pumpte, das zuvor nicht dagewesen schien. Von ihrem Auftritt selbst hatte sie wenig mitbekommen, einzig das Würgen an ihrer Unfähigkeit, das Gefühl, durch ihre Anwesenheit die Harmonie des Raumes zu zerstören, als ihre Anspannung mit der entspannten Erwartung des Publikums kollidierte. Übelkeit und der Wunsch, an jedem anderen Ort der Welt zu sein, nur nicht auf dieser Bühne. Die Glückwünsche hinterher, das Lob der anderen, die Umarmungen, sie nahm alles nur wie hinter einer Eisschicht wahr. Erst als sie mit ihnen am Tisch saß, als sie auf einmal den Schweiß an sich herunterlaufen fühlte und seine Hand auf ihrem Arm, als er sie küsste und ihr sagte, sie sei fantastisch gewesen, taute die Schicht langsam weg. Das dichte Geräuschtextil in dem Lokal, mit Rauch durchtränkt, wärmte sie, alle waren übertrieben gut gelaunt, wichtige, beinahe berühmte Männergesichter neben ihren solariumsbraunen pelzbesetzten Zierpüppchen lächelten sie an, drückten höfliche Anerkennung aus. Zuvor noch hätte sie sich gewehrt, hätte gedacht, ich bin klein, dumm und hässlich, und was ich vorgetragen habe, war eine Lüge, nichts als Fassade, ich sollte gar nicht hier sein, merkt das denn keiner oder wollen sie nur höflich sein? Aber jetzt war ihr das egal, sollten sie doch reden und wenn alles gelogen war, sie wollte sich einmal so fühlen, als könnte sie tatsächlich mehr sein, als sie wirklich war, Lachen perlte in ihrem Sektglas nach oben und er saß neben ihr, ganz dicht, sie konnte seine Wärme spüren, unterhielt sich lebhaft mit den anderen, die alle möglichen Zukünfte für sie ausmalten. Sie beobachtete die Bewegungen seiner Lippen und dachte den Kuss von vorhin weiter. Er würde sie bestimmt heimbringen.
Die Nacht war erschreckend kalt, als er sie schließlich vor die Tür des Lokals begleitete. Auf dem Bürgersteig ein bunter Brei aus nassen Laubresten und bunten Papierfetzen von achtlos weggeworfenen Programmzetteln. Die Vorstellung war vorbei. Sie fühlte sich unendlich müde. Ich habe dir ein Taxi gerufen, sagte er. Es muss gleich da sein. Ich dachte, du bringst mich heim, wollte sie sagen, aber ihre Stimme streikte. Was hätte es auch genützt, es auszusprechen. Die wichtigen Leute saßen immer noch da drin und er würde sich weiter mit ihnen unterhalten. Natürlich. War doch auch für sie von Vorteil. Das Taxi rollte heran. Also, dann, sagte er. Schlaf gut. Wir sehen uns. Ein flüchtiger Kuss auf die Wange, nicht einmal eine Umarmung konnte sie ihm noch stehlen, er öffnete schon die Tür des Wagens. Drinnen kalter Rauch und abgenutzte Schlager. Die Übelkeit kehrte zurück. Da saß sie in ihrer festlichen Kleidung, die jetzt lächerlich wirkte, in der Handtasche Visitenkarten, die üblichen Versprechungen, wir melden uns bei Ihnen, was sie im Grunde nicht interessierte, sie wollte es eigntlich gar nicht mehr. Ein unüberschaubares Chaos in sich und trotz allem wieder das sichere Gefühl, ein Nichts zu sein. Für ihn nicht mehr als eine Erfolgsoption, eine Zukunftsinvestition. Später ließen sie der Lärm, die Lichter und die Hitze im Kopf nicht schlafen. Ihr Versuch, alles hinauszuweinen, misslang.
Der Schnee und die Stille haben sich über alles gelegt, nur das Durcheinander in ihrem Kopf liegt noch offen wie eine unbehandelte Wunde. Ihr Schädel ist überfüllt, aber irgendwo tiefer sitzt ein Gefühl der Leere. Irgendetwas ist ihr verlorengegangen letzte Nacht und sie kann es nicht mehr finden, sie versucht zu schreien, doch ihr Schrei wird sofort geschluckt und bleibt wirkungslos. Sie will das Chaos loswerden, den Schmerz, den Verlust, alles. Sofort. Wenn ihre Welt tot ist, dann soll alles tot sein, auch ihre wirren Gedanken und ihre Gefühle. Am besten auch sie selbst. Sie muss raus. Wahllos wirft sie sich ein paar Kleider über, schlüpft in die nächstbesten Schuhe, läuft aus der Wohnung. Rennt, ohne zu wissen, wo sie hin soll. Kommt in den Park und fällt am Fuß eines Hügels erschöpft in den Schnee, atemlos. Hinterlässt die erste Spur in der noch unberührten weißen Fläche. Vielleicht hier. Es ist im Grunde egal wo, wichtig ist nur, dass überhaupt, also kniet sie sich hin und beginnt zu graben. Gräbt lange, immer tiefer, wird nicht aufhören, bis sie sich ganz eingegraben hat in den Schnee und vielleicht auch in die nasse kalte Erde, bis sie endlich Ruhe hat in ihrem Innern, bis sie auch die Reste der letzten Nacht dorthin gebracht hat, wo alles andere schon liegt, unter dem Schnee.




Unter dem Schnee

Die Stille kriecht weiter den Boden entlang, über die Wände, bis zur Zimmerdecke hinauf. Sie deckt alles im Raum ab wie eine dicke Lackschicht, füllt jeden Winkel, jede Unebenheit. Sie ist von draußen gekommen, unbemerkt zunächst, und nimmt das ganze Haus ein. Sie ist so mächtig, dass man den eigenen Atem nicht mehr hört.
Sanja fährt mit dem Finger über die Wand neben ihrem Bett, die sich glatter anfühlt als sonst. Überzeugt sich mithilfe ihrer linken Handfläche davon, dass sie tatsächlich noch atmet. Doch auch das kann eine Täuschung sein. Die plötzliche Abwesenheit jeglichen Geräusches außerhalb ihres Schädels, das endlose Weiß, das über Nacht alles unter sich begraben hat – sie könnte tot sein. Wenn du stirbst, stirbt deine ganze Welt mit dir, schiebt sich eine Stimme aus der Geräuschkulisse in ihrem Kopf in den Vordergrund, und liegt jetzt reglos unter einem Leichentuch, fügt sie selbst hinzu. Hör auf mit dem Blödsinn!, schreit sie. Es kostet sie einige Überwindung, als sei es verboten, doch der Widerhall, mit dem sie ihr inneres Chaos zu übertönen gehofft hatte, bleibt aus. Sie steht vom Bett auf und zieht die Jalousien hoch. Der Morgen ist viel zu hell, er war zuvor schon zwischen den Alulamellen hindurch in den Raum gequollen, als sei draußen für so viel Hell nicht genug Platz. Die Schneedecke ebnet alles ein. Es gibt keine Kanaldeckel mehr, kein Laub und keinen Dreck auf den Straßen, nicht die geringste Unebenheit in der Fahrbahndecke. Als habe es auch die letzte Nacht nicht gegeben, all den Lärm, die vielen Leute, die Aufregung.
Es war warm gewesen, nach ihrem Auftritt sogar heiß, sie hatte gespürt, wie sich jede einzelne ihrer Adern, Stunden zuvor noch so eng zusammengezogen, dass sie in der überheizten Garderobe gefröstelt hatte, auf einmal weit öffnete und Unmengen von Blut pumpte, das zuvor nicht dagewesen schien. Von ihrem Auftritt selbst hatte sie wenig mitbekommen, einzig das Würgen an ihrer Unfähigkeit, das Gefühl, durch ihre Anwesenheit die Harmonie des Raumes zu zerstören, als ihre Anspannung mit der entspannten Erwartung des Publikums kollidierte. Übelkeit und der Wunsch, an jedem anderen Ort der Welt zu sein, nur nicht auf dieser Bühne. Die Glückwünsche hinterher, das Lob der anderen, die Umarmungen, sie nahm alles nur wie durch eine Eisschicht hindurch wahr. Erst als sie mit ihnen am Tisch saß, als sie auf einmal den Schweiß an sich herunterlaufen fühlte und seine Hand auf ihrem Arm, als er sie küsste und ihr sagte, sie sei fantastisch gewesen, taute die Schicht langsam weg. Das dichte Geräuschtextil in dem Lokal, mit Rauch durchtränkt, wärmte sie, alle waren übertrieben gut gelaunt, wichtige, beinahe berühmte Männergesichter neben ihren solariumsbraunen pelzbesetzten Zierpüppchen lächelten sie an, drückten höfliche Anerkennung aus. Zuvor noch hätte sie sich gewehrt, hätte gedacht, ich bin klein, dumm und hässlich, und was ich vorgetragen habe, war eine Lüge, nichts als Fassade, ich sollte gar nicht hier sein, merkt das denn keiner oder wollen sie nur höflich sein? Aber jetzt war ihr das egal, sollten sie doch reden und wenn alles gelogen war, sie wollte sich einmal so fühlen, als könnte sie tatsächlich mehr sein, als sie wirklich war, Lachen perlte in ihrem Sektglas nach oben und er saß neben ihr, ganz dicht, sie konnte seine Wärme spüren, unterhielt sich lebhaft mit den anderen, die alle möglichen Zukünfte für sie ausmalten. Er würde sie bestimmt heimbringen.
Die Nacht war erschreckend kalt, als er sie schließlich vor die Tür des Lokals begleitete. Auf dem Bürgersteig ein bunter Brei aus nassen Laubresten und bunten Papierfetzen von achtlos weggeworfenen Programmzetteln. Die Vorstellung war vorbei. Sie fühlte sich unendlich müde. Ich habe dir ein Taxi gerufen, sagte er. Es muss gleich da sein. Ich dachte, du bringst mich heim, wollte sie sagen, aber ihre Stimme streikte. Was hätte es auch genützt, es auszusprechen. Die wichtigen Leute saßen immer noch da drin und er musste sich weiter mit ihnen unterhalten. Natürlich. War doch auch für sie von Vorteil. Das Taxi rollte heran. Also, dann, sagte er. Schlaf gut. Wir sehen uns. Ein flüchtiger Kuss auf die Wange, dann öffnete er schon die Tür des Wagens. Drinnen kalter Rauch und abgenutzte Schlager. Die Übelkeit kehrte zurück. Da saß sie in ihrer festlichen Kleidung, die jetzt lächerlich wirkte, in der Handtasche Visitenkarten, die üblichen Versprechungen, wir melden uns bei Ihnen, ein unüberschaubares Chaos in sich und trotz allem wieder das sichere Gefühl, ein Nichts zu sein. Später ließen sie der Lärm, die Lichter und die Hitze im Kopf nicht schlafen. Ihr Versuch, alles hinauszuweinen, misslang.
Der Schnee und die Stille haben sich über alles gelegt, nur das Durcheinander in ihrem Kopf liegt noch offen wie eine unbehandelte Wunde. Ihr Schädel ist überfüllt, aber irgendwo tiefer sitzt ein Gefühl der Leere. Irgendetwas ist ihr verlorengegangen letzte Nacht und sie kann es nicht mehr finden, sie versucht zu schreien, doch ihr Schrei wird sofort geschluckt und bleibt wirkungslos. Sie will das Chaos loswerden, alles, sofort. Wenn ihre Welt tot ist, dann soll alles tot sein, auch ihre wirren Gedanken und ihre Gefühle. Am besten auch sie selbst. Sie muss raus. Wahllos wirft sie sich ein paar Kleider über, schlüpft in die nächstbesten Schuhe, läuft aus der Wohnung. Rennt, ohne zu wissen, wo sie hin soll. Kommt in den Park und fällt am Fuß eines Hügels erschöpft in den Schnee, atemlos. Hinterlässt die erste Spur in der noch unberührten weißen Fläche. Vielleicht hier. Es ist im Grunde egal wo, wichtig ist nur, dass überhaupt, also kniet sie sich hin und beginnt zu graben. Gräbt lange, immer tiefer, wird nicht aufhören, bis sie sich ganz eingegraben hat in den Schnee und vielleicht auch in die nasse kalte Erde, bis sie endlich Ruhe hat in sich, bis sie auch die Reste der letzten Nacht dorthin gebracht hat, wo alles andere schon liegt, unter dem Schnee.
Zuletzt geändert von Rala am 20.02.2007, 22:12, insgesamt 5-mal geändert.

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 20.02.2007, 16:54

Liebe Rala,

der Text ist gut geschrieben und lässt sich flüssig herunterlesen. An der Oberfläche erscheint so ein klassischer Gegensatz zwischen dem Künstler und der Masse. Der Künstler will dazugehören, kann aber nicht so recht.

Andererseits frage ich mich, ob nicht die Protagonistin eine gewisse Ähnlichkeit mit den Zierpüppchen aufweist? Lebte sie für die Kunst, dann könnte sie das Gewese um ihre Person doch einfach abprallen lassen. Aber das kann sie nicht. Sie will den Applaus, obwohl er ihr gleichzeitig unheimlich ist.

Auf mich wirkt das, wie das Gehobene-Töchter-Syndrom: Ganz hohe Ansprüche gepaart mit einem großen Batzen an Selbstwertproblemen, welche durch ein schier unersättliches Über-Ich erklärt werden könnten, wenn man es denn wollte. Zumindest müsste irgendwo zwischen Selbstbild und Fremdbild der Künstlerin ein Riss auftauchen, der ihre große Scham erklären würde.

Grüße

Paul

Rala

Beitragvon Rala » 20.02.2007, 22:09

Hallo Paul,

(schön, mal wieder von dir zu hören), ich habe inzwischen festgestellt, dass ich im Moment wohl unter heftiger Subtilitis leide, dabei wollte ich doch gar keine Rätselautorin werden ...
Habe den Text noch einmal ein bisschen überarbeitet (s.o. zweite Fassung) und hoffe, dass die eigentlich von mir intendierte Aussage (auch wenn sie natürlich nicht die einzig maßgebliche sein soll) jetzt deutlicher rüberkommt. Odre denke ich so außerirdisch, dass da niemand Irdischer mitkommt?

Liebe Grüße,
Rala

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 20.02.2007, 22:27

Liebe Rala,

haben Autorinnen eine Intention?

Fragt

Paul

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 21.02.2007, 13:42

Liebe Rala,

mich ließ erst dieser Satz daran zweifeln, dass ich die Geschichte nicht verstanden habe?

ich habe inzwischen festgestellt, dass ich im Moment wohl unter heftiger Subtilitis leide, dabei wollte ich doch gar keine Rätselautorin werden ...
Habe den Text noch einmal ein bisschen überarbeitet (s.o. zweite Fassung) und hoffe, dass die eigentlich von mir intendierte Aussage (auch wenn sie natürlich nicht die einzig maßgebliche sein soll) jetzt deutlicher rüberkommt. Odre denke ich so außerirdisch, dass da niemand Irdischer mitkommt?


Ist denn die Handlung nicht die, die "tatsächlich" passiert? ich habe nun "Angst" den Text völlig falsch verstanden zu haben.

Mir hat übrigens an der Geschichte der erste Absatz am besten gefallen, also bis zum Einsetzen der Rückblicks. Für mich bräuchte es, den durchaus stilistisch gut erzählten!) Mittelteil gar nicht, die Wahrheit des Textes wird für mich allein in diesem Anfang klar. Dieser Anfang ist mir so nah, bekannten gefühlen oder Vorstellungen davon, sehr berrührend und echt.

Der Mittelteil dann mit der Sängerin wirkt auf mich zu fremd - ich kann mir dieses Mädchen nciht vorstellen. Sie schildert sich als hässlich, klein und dick, aber wird doch von den Schnepfen angesehen (weil sie so gut singt??) und sogar von dem Produzent oder wer auch immer das ist umschmeichelt/angeliebt ~~. Das kann nun die Diskrepanz ausdrücken, die durch den Druck, der auf Künstler ausgewirkt wirkt, zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung resultiert. Dann wäre das Mädchen in Wirklichekit nciht hässlicher als die anderen, die sie lobten (und denen ginge es innen drin genauso??) oder ist das lyr. ich schon eine besondere Figur? einfühlsamer/empfindlicher/ambitionierter?
Ziwschen diesen beiden Fragen bewegte sich bisher mein verständnis des textes?

Das Ende dann wieder greift den wundervollen Auftakt auf, ist aber stilistisch leicht variiert, wie ich denke, durch den Mittelteil, auf den es versucht, bezug zu nehmen. Ich glaube Zefira sprach von "zu dramatischer Schluss" - ich möchte mich da ein wenig anschließen, allerdings etwas anders als auf direktem Wege. Ich denke, der Schlussteil ist etwas zu sehr der konkreten Handung im Mittelteil geschuldet. Darum muss die protagonistin tatsächlich aufstehen und sich in den "realen" Schnee werfen und sich "umbringen" (oder habe ich das völlig missverstanden?). ich glaube, wenn der Schluss mit der schneeszene weniger tatscählich wäre (du das lyr. ich nicht aufstehen und nach draußen gehen ließest), ihn weniger dramatisch also im eigentlichem Sinne des Wortes gestalten würdest, würde der gesamte Text (auch der konkrete Mittelteil) sehr gewinnen. Der Schlussteil hat die äußerliche handlung in meinen Augen gar nicht nötig. Man könnte das lyr. ich durchaus in ihrem Zimmer, in ihrem Bett für immer in den Schnee eingraben lassen - weißt du, was ich meine?

Liebe grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Rala

Beitragvon Rala » 21.02.2007, 18:28

Hallo Lisa!

Oje, ich sehe schon, ich war hier wohl wirklich nicht in der Lage, mich verständlich auszudrücken. Oder ich denke zu außerirdisch. Keine Ahnung. Ich werde noch mal versuchen, das Ganze zu erklären, obwohl ich nicht weiß, ob das sinnvoll ist, wenn es so gar nicht rüberkommt.
Sanja (übrigens interessant, dass du sie als Sängerin wahrnimmst, ich habe das ja völlig offen gelassen, was sie auf der Bühne macht) ist in ihren Manager verliebt, und zwar nicht nur einfach so, sondern auf eine fast schon krankhafte Art und Weise. Das ist das Einzige, was ihr wirklich wichtig ist. Der interessiert sich jedoch nicht für sie als Mensch, sondern nur als Künstlerin, weil dann die Zeit, die er sich mit ihr beschäftigt, für ihn eine lohnende Zukunftsinverstition ist. Sie macht also, was immer sie macht, nur deshalb, weil es für sie die einzige Möglichkeit ist, von ihm wahrgenommen zu werde, seine Aufmerksamkeit zu bekommen, und sie bildet sich ein, je besser sie ist, desto größer sind ihre Chancen, dass er sich doch noch in sie als Mensch verliebt. Sie tut also, was sie tut, nicht aus Überzeugung der Sache wegen, deshalb fühlt sie sich auch unwohl dabei und als eine Art Lügnerin, und deshalb kann es auch nicht dazu beitragen, ihr im Grunde negatives Selbstbild zu verbessern. Da der beschriebene Abend einen Höhepunkt in ihrer Karriere darstellt und sie daher hofft, endlich den "Durchbruch" bei ihrem Angebeteten zu schaffen, ist sie natürlich erst recht enttäuscht, dass das nicht funktioniert. Diese schmerzvolle Erkenntnis, zusammen mit der Anerkennung für eine Leistung, hinter der sie selbst eigentlich gar nicht steht und die sie deshalb ablehnt, all das will sie loswerden im Schnee, der durch seine Stille und Kälte Distanz und Gefühllosigkeit verspricht. Deshalb geht sie auch wirklich raus. Ich denke, in ihrem Bett ist es nicht kalt genug ...
Das war jedenfalls, was ich mir dabei gedacht habe. Sollte das nicht nachvollziehbar sein, dann liegt es wohl tatsächlich daran, dass ich etwas seltsam bin ...

Liebe Grüße,
Rala


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