Die Silberpappel

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Caty

Beitragvon Caty » 11.05.2008, 08:45

Die Silberpappel

Unter des Regenbogens Flucht,
Unter dem Klopfen des Schläfenbluts
Zählen wir Tage und Jahre,
Geizen mit Silben, Synonymen,
Rechnen die Stunden ab,
Seufzend.

Als unsre Silberpappel fiel,
Das Krähennest zersprang,
Verfärbten sich deine Augen.
Dem Stöhnen des stürzenden Stamms
Lauschten wir nach,
Nächtelang.


2. Fassung

Die Silberpappel

Unter dem Klopfen
Des Schläfenbluts
Zählen wir Tage und Jahre,
Geizen mit Silben, Synonymen,
Rechnen die Stunden ab,
Seufzend.

Als unsre Silberpappel fiel,
Das Krähennest zersprang,
Verfärbten sich deine Augen.
Dem Stöhnen des stürzenden Stamms
Lauschten wir nach,
Nächtelang.
Zuletzt geändert von Caty am 12.05.2008, 06:35, insgesamt 1-mal geändert.

DonKju

Beitragvon DonKju » 11.05.2008, 11:16

Hallo Caty,

klingen tut's schön, auch nachklingen in mir - nur viel mehr kann ich momentan nicht sagen ...

Einen Sonntagsgruß sendet Bilbo

P. S. Vielleicht gerade deshalb, weil wir im letzten Winter eine Tanne fällen mussten, und das läuft mir manchmal heute noch nach ...

Caty

Beitragvon Caty » 11.05.2008, 15:04

Schön, Bilbo, wenn das Gedicht etwas angesprochen hat in dir. Bedanke mich herzlich und wünsch
weiter schönes Pfingstwetter. Herzlich, Caty

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 11.05.2008, 22:21

Liebe Caty,

auch ich finde, dass das Gedicht klingt - allerdings macht es mir der Einstiegsvers aufgrund der Kombination aus Regenbogen (sehr häufig für Kitschbilder missbrauchtes Bild) & schwerfälligem Genitiv schwer, gleich volles Vertrauen in den Text zu haben, zudem wechselst du in Vers 2 dann in den Dativ. Darum würde ich Vers 1 hier ausnahmsweise seines Genitivs befreien ,-). Ansonsten aber durchweg überzeugend und evozierend.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Caty

Beitragvon Caty » 12.05.2008, 06:29

Liebe Lisa, danke für den Kommentar. Ja, da hast du recht, die Regenbogenverszeile will mir auch nicht so recht gefallen, das ist Schwulst, die fliegt in der Überarbeitung raus. Konnt mich nicht trennen von meiner Schöpfung. *gg* Durch den Genitiv der zweiten Verszeile (des Schläfenbluts) kommt das Ganze ein bisschen dick daher. Ich ändere gleich. Aber auch in der 2. Strophe (des stürzenden Stamms) ein schöner Genitiv.

Aber was den Genitiv allgemein angeht, so empfinde ich ihn keinesfalls als schwerfällig, sondern, im Gegenteil, als den eleganten Kasus der deutschen Sprache. Ich weiß nicht, woher diese Auffassung gekommen ist, man brauche ihn nicht, warum er ständig mit dem wirklich "schwerfälligen", in diesem Fall dann befremdenden Dativ ersetzt wird. Vielleicht ist er Leuten, die sich durch die Sprache schlampen, zu umständlich? Mich befremdet zum Beispiel sehr das Statement eines Reporters aus Rom seinerzeit: "Wir gedachten dem Papst". Meiner Ansicht nach eine Verluderung der Sprache. Was nicht geht, und da würde ich dir recht geben, ist eine Genitivhäufung, die wirkt ungekonnt. Ich freue mich jedesmal, wenn ich einen sauberen Genitiv irgendwo lese, ich glaube nicht, dass das eine persönliche Macke ist. Man muss ja nicht jeden Scheiß mitmachen, oder?

Schönen Dank für den Kommentar, Lisa. Und noch ein schönes Restpfingsten.

Herzlich, Caty


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