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Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
pandora

Beitragvon pandora » 11.02.2008, 15:47

gone
Zuletzt geändert von pandora am 15.03.2008, 14:38, insgesamt 2-mal geändert.

Sam

Beitragvon Sam » 12.02.2008, 06:31

Hallo pan,

ein ruhiges, trauriges Lied über das Sterben hast du da geschrieben. Und hast dabei mir ruhiger Hand und geschickt zwei Bilder miteinander verwoben: den des Übersetztens ans andere Ufer, und dem Lebensfaden, den du zu einer Angelschnur machst, mit dem man sich helle Stunden (Momente des Glücks, der Ruhe, der Zufriedenheit und inneren Augeglichenheit) angelt. Wahrscheinlich ist es so, dass man am Ende diesem Faden nicht mehr traut, und auch nicht mehr dem, was man an ihm aus dem Fluss herauszieht. Es vom Haken zu nehmen hieße auch wieder eine schmerzhafte, blutige Erfahrung machen (da es nicht von Dauer sein kann; da selbst der kürzeste Glücksmoment immer etwas kostet und sei es ein Stück Lebenszeit) Denn was gefangen wurde hat viel weniger Bedeutung, als der Faden selber, von dem man befürchtet, er würde jeden Moment reissen. Dann zieht man den Mond der Sonne vor, vielleicht weil er in seinem Licht viel mehr Raum für Schatten bietet und nichts verspricht, was er nicht halten kann- im Gegensatz zur Sonne.

Aber bei aller Behutsamkeit: der Lebensfaden zerreisst nie behutsam. Das Endgültige kennt keine Behutsamkeit, nur Endgültigkeit, die , wenn der Faden durchtrennt ist, im Raum stehen bleibt, sodass es noch nicht vorbei ist, auch wenn es schon vorbei ist.


Liebe Grüße

Sam

Dita

Beitragvon Dita » 12.02.2008, 23:17

Salut Pan,

ich verstehe es so, dass da jemand ist, der sich vom Leben bewusst verabschieden möchte und das LI als machtloser Zuschauer.

Dita

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 18.02.2008, 15:00

Liebe pandora,

ich habe jetzt etwa an 5 verschiedenen Tagen in etwa 8 Mal angesetzt zu diesem Text einen Kommentar zu schreiben, aber obwohl (aber obwohl? ~~~) mich der Text sofort etwas angeht, kommt einfach nichts sinnvolles heraus. Ich glaube, ich habe ein genügend wirr-viel-stellung-beziehendes Image, um auch einfach nur mal zu schreiben: Der Text ist für mich einfach gelungen und fertig durchkomponiert. Dass man nicht völlig ins Konkrete übersetzen kann ist hier wieder in der typisch pandora Mythen-Innerlichkeit umgesetzt, dass es auf anz grundsätzlicher Ebene funktioniert. Ja, so sind deine Texte: Innere Mythen!

(Jetzt habe ich ja doch was gesagt)

(übrigens stört mich nur der Ausdruck "kaltes Blut", trotz der ästhetischen Umgebung wirkt das etwas stereotyp auf mich)

Ist ja unmöglich, dass da keiner einen Kommentar zu schreibt!! :frosch:

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 18.02.2008, 16:50

Hallo pandora,

mich spricht dein "Abschieds-Trauer-Gedicht" sehr an. Du hast es ohne Pathos geschrieben, keine Dramatik. Leise kommt es daher und berührt mich als Leser.
Die Münze als Zoll für den Fährmann (in der griech. Mythologie) sowie "boote", "die ruder trocken" sind hier fein verwebt. (Eigentlich müsste es ein Boot sein und zwei Münzen, oder?)
Diesen Passus mag ich besonders gern:

du sagst, du liebst den mond nicht
du magst die sonne nicht, erklär ich dir, die sonne

und weiß: du meinst das leben hier


Hier:

du packst die hellen stunden nicht mehr wie einen zappelfisch

bringt mich der "zappelfisch" ein bisschen aus dem Rhythmus des Leisen.

es ist die angst vorm abreißen

Hier würde ich überlegen, ob: "vor dem loslassen" nicht die bessere Wahl wäre.

auch wenn man es ganz behutsam tut
oder sich vornmimmt, es ganz behutsam zu tun,


Die Wiederholung von "behutsam tut/ behutsam zu tun" würde ich versuchen, zu vermeiden. Bei "vornmimmt" hat sich ein Fehlerchen eingeschlichen.

langsam und ruhig,
gibt es ein geräusch und schmerz kaltes blut


Hier würde ich ein Adjektiv vor "geräusch" setzen und "kaltes blut" weglassen.


und ist noch nicht vorbei

noch nicht einmal dann


Das finde ich sehr gelungen. Der letzte Satz hat einen sehr starken wehmütigen Nachklang.
Saludos
Mucki

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 18.02.2008, 18:00

Hallo liebe Pan,

Ich kann nichts sagen dazu, außer, dass es mich sofort angesprungen hat.

Es ist sooo traurig, aber dann doch nicht.

Lieben Gruß
ELsa
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pandora

Beitragvon pandora » 19.02.2008, 16:49

@sam: lieben dank für deine einfühlsame interpretation.

@dita: danke auch dir für deinen kommentar. ich weiß nicht, ob das wort "machtlos" es trifft. ich wüsste den aspekt "übersetzen" (>titel) im kontext auch gern so verstanden, dass der prozess des sichverabschiedens ein längerer ist, der völlig eigenen gesetzmäßigkeiten unterliegt und u.a. auch eine eigene "sprache" entwickelt.

@lisa: ich verstehe, was dich am kalten blut stört. (>>>assoziationskette, die in gang kommt)
ich überlege, ob ich den zappelfisch im 10. vers zu einem schlei werden lasse, ursprünglich stand dort HECHT, und "kaltes blut" durch "verschmiertes blut" oder "geronnenes blut" ersetze.
übrigens: schön, dass du die letzte klausur weghast, viel erfolg beim nächsten vorhaben!

PS: übrigens hätte ich lust, das gedicht einzulesen. ist das wieder möglich?

@mucki: das LYRich erfüllt nach meiner intention nur eine begleitende funktion - von daher ist eine münze korrekt. oder?ich habe lisa schon geschrieben, dass ich den zappelfisch eventuell eliminiere, zugunsten von "schlei" oder einer anderen fischspezies.
"abreißen" möchte ich unbedingt beibehalten, vor allem, weil das wort ansich für mich die schmerzhaftigkeit birgt ("loslassen" ist mir zu milde und funktioniert in bezug auf den LEBENSFADEN nicht so gut). auch die wiederholung von "etwas behutsam tun" ist bewusst eingearbeitet. (>sich etwas selbst erklären/einreden/suggerieren)
die blutgeschichte zum schluss überlege ich mir noch. (siehe antwort an lisa)
insgesamt haben mir deine anmerkungen sehr geholfen, danke!

@elsa: danke.

liebe grüße an alle
pan

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 20.02.2008, 23:14

Liebe pandora,

zappelfisch empfinde ich (seltsamerweise) in diesem Text als vollkommen stimmig, er zeichnet für mich die Beziehung der beiden in dem Gedicht als fein aus, frag mich nicht weshalb, er suggeriert eine vertraute Zugewandtheit. Die Blutvarianten finde ich allerdings nicht auch nicht viel besser, vielleicht einfach das Attribut weglassen?

Du kannst übrigens jetzt etwas einlesen und Max schicken. Wir haben einen Alternativserver organisiert. Bis die alten wieder gehen, dauert es wohl noch ein paar tage.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
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Max

Beitragvon Max » 23.02.2008, 11:15

Liebe Peh,

spannenderweise scheint die hier übliche Lesart zu sein, das Lyr. Ich mit dem Du zu verschmelzen und das Gedicht als eine Art Abschied vom Leben zu lesen. Dafür spräche die Münze, die nun das LI in der Hand hält und nicht das Du, das ja übersetzen will.

Dagegen spricht ... nix .. nur, dass ich es eben als eine Art Trennungsgedicht lesen mag.

Insgesamt nimmt mich der Rhythmus gefangen. Gerade die Anfangsverse sind sehr kraftvoll gesetzt.
Sehr gelungen finde ich auch den Übergang, die Verbindung des Lebens mit dem metaphorischen Zappelfisch, der viel stärker wirkt als eine Schleie oder ein Hecht. Das "kalte Blut" finde ich nicht nur aufgrund einer gewissen Gebräuchlichkeit nicht ganz gelungen (und Lisa hat recht, die anderen Varianten sind nicht viel besser), sondern auch deshalb, weil es schwierig in das Bild mit dem "abreißen" passt. Wenn man den Fisch von der Rute nimmt, fließt eigentlich (glaube ich) nur wenig Blut und wenn, dann ist es warm.
Aber das ist nur eine Kleinigkeit.

Ich würde mich freuen, wenn Du das Gedicht einliest ... schick es mir einfach.

Liebe Grüße
Max

Max

Beitragvon Max » 23.02.2008, 12:38

PS: Vergessen habe ich natürlich (darum habe ich ja mit dem "rhythmisch" begonnen), dass das "abreißen" mir eine Silbe zu viel zu haben scheint für den Rhythmus des Gesamtgedichts ... aber vielleicht hört man ja auch das bei einer Lesung.


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