einszweidreivier
einszweidreivier
Rosalie war Händewaschen.
In der Küche ist die Zeit fettig. Aus dem Oberschränkchen tropft zäher Sirup, sie versucht alles aufzufangen. Ihre Hände: eine Schale, eine Wiege, eine Sicherheit. Klebrig und kühl steigt ein See und der rote Faden nimmt kein Ende. Fieber steigt ihr in die Augen, sie zittert. Die Spannung hält die Oberfläche gebogen, bis sich ihre Finger öffnen. Sinnlos. Sie schaut gebannt den Tropfen zu, dem Lachen, dem Weinen, der Müdigkeit. Ein aufgerissener Mund. Eine Zunge. Und ihr Finger malt ein Bild aus Kindertagen. Ein Haus ohne Fenster, Hügel, Steine auf dem Dach. Ein Weg geschlängelt, perspektivisch mittelkorrekt.
einszweidreivier
Sie geht aus der Küche, hat Blut geleckt.
Im Schlafzimmer liegen noch die Hemden, die sie nicht mehr bügeln muss. Sie sucht ihre Schere. Die Bilder sind verstreut über Wände und Schränke, das Fenster ist beklebt. Die Glühbirne schwankt, wahrscheinlich war der Vogel wieder dagegengeflogen.
Hans, der seine Flügel nicht stutzen ließ. Er sitzt auf dem Stuhl vor dem Computer, als sie ihr Netz über ihn wirft. Feinausgesponnen. Und es ist so leicht, ganz anders, als in ihrer Vorstellung. Scharf riecht die Luft nach Desinfektionsmittel und Sauberkeit. (Dass man da Zeit hat, so etwas zu bemerken.) Sie spannt ihren Willen auf, beißt die Zähne zusammen, spürt, wie sie sich verdoppelt. „Das tut man nicht.“
Eins: für das Kind.
Zwei: für die Lüge.
Drei: für die Jahre.
Die Vier ist zu gefährlich, die erledigt sie schweigend. Ein roter See.
einszweidreivier
Rosalie geht Händewaschen.
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)
Hallo smile,
Dein Text hat mich gleich beim ersten Lesen gefangen genommen. Du wählst Deine Worte wirklich gut.
Ob ich ihn richtig verstehe, weiß ich nicht. Eine Frau ermordet ihren Mann, der sie betrügt (sich die Flügel nicht stutzen ließ). Durchlitt die Frau in ihrer Kindheit einen Missbrauch? Das Haus ohne Fenster, das Bild aus Kindertagen, bringt mich drauf.
Verbesserungsvorschläge habe ich keine. Mit großem Interesse gelesen.
Schöne Grüße
Jürgen
Dein Text hat mich gleich beim ersten Lesen gefangen genommen. Du wählst Deine Worte wirklich gut.
Ob ich ihn richtig verstehe, weiß ich nicht. Eine Frau ermordet ihren Mann, der sie betrügt (sich die Flügel nicht stutzen ließ). Durchlitt die Frau in ihrer Kindheit einen Missbrauch? Das Haus ohne Fenster, das Bild aus Kindertagen, bringt mich drauf.
Verbesserungsvorschläge habe ich keine. Mit großem Interesse gelesen.
Schöne Grüße
Jürgen
Hallo smile,
spontan wollte ich schreiben: Ich schließe mich meinen Vorkommentatoren an. Dann überlege ich, ob ich noch etwas hinzufügen kann, eine Begründung, warum dies ein guter Text ist. Und da fällt mir nichts ein. Außer, dass er gut geschrieben ist. Ich lese ihn noch einige Male, aber es kommt nicht mehr heraus, als genau das: gut geschrieben.
Paradoxerweise erscheint er mir immer blutleerer, je öfter ich ihn lese. Warum ist das so?, frage ich mich. Wahrscheinlich bin ich schon zu abgestumpft, denke ich. Oder liegt es daran, dass der Text in den erzählten Passagen seine Stärken, in den verschwiegenen aber erhebliche Schwächen hat? Ich weiß es nicht. Jedenfalls verbleibe ich am Ende seltsam unbeeindruckt.
Liebe Grüße
Sam
spontan wollte ich schreiben: Ich schließe mich meinen Vorkommentatoren an. Dann überlege ich, ob ich noch etwas hinzufügen kann, eine Begründung, warum dies ein guter Text ist. Und da fällt mir nichts ein. Außer, dass er gut geschrieben ist. Ich lese ihn noch einige Male, aber es kommt nicht mehr heraus, als genau das: gut geschrieben.
Paradoxerweise erscheint er mir immer blutleerer, je öfter ich ihn lese. Warum ist das so?, frage ich mich. Wahrscheinlich bin ich schon zu abgestumpft, denke ich. Oder liegt es daran, dass der Text in den erzählten Passagen seine Stärken, in den verschwiegenen aber erhebliche Schwächen hat? Ich weiß es nicht. Jedenfalls verbleibe ich am Ende seltsam unbeeindruckt.
Liebe Grüße
Sam
Liebe smile, lieber Sam,
Zu deinem Komm. Sam, der Text ist - ich denke mit Absicht - wie eine Bestandsaufnahme geschrieben, emotionslos und gefühlskalt, denn die Protag muss so sein, sonst ginge das ja alles nicht. Oder?
Daher bei mir Gänsehaut und ein Packen wie eben beim Lesen vom "Schlitzer", der Leute um die Ecke bringt.
Eingemischte Grüße,
Elsa
Zu deinem Komm. Sam, der Text ist - ich denke mit Absicht - wie eine Bestandsaufnahme geschrieben, emotionslos und gefühlskalt, denn die Protag muss so sein, sonst ginge das ja alles nicht. Oder?
Daher bei mir Gänsehaut und ein Packen wie eben beim Lesen vom "Schlitzer", der Leute um die Ecke bringt.
Eingemischte Grüße,
Elsa
Schreiben ist atmen
Hallo ihr Lieben,
ich hab den Text mehrfach gelesen und bin zwiegespalten. Einerseits finde ich die beschriebenen Bilder
unglaublich faszinierend, wie den Sirup, der aus den Oberschränken tropft.
Das eingebaute einszweidreivier finde ich brilliant und die merkwürdige Detailtreue, mit der erzählt wird, läßt für mich einen Rückschluß auf den Gemütszustand der Protag zu. Ich denke in Extremsituationen nimmt man viel eher Details wahr, als "das große Ganze". Daher finde ich auch diese Erzählweise absolut passend zur geschilderten Situation.
Und nun komme ich zu meinem "aber". Ich habe hier ein Problem, wie ich es mit vielen surreal anmutenden Texten habe. Ich sehe die Bilder, aber viele erschließen sich mir nicht, lassen mich am Ende unbefriedigt zurück.
zum Beispiel: der Vogel, der im Schlafzimmer die Birne zum wackeln gebracht hat.. ich hatte im ersten Moment das Gefühl, es ist ein Bild für "ihn", der sich die Flügel nicht hat stutzen lassen. Aber am Ende der Geschichte habe ich hier keinen Aha Effekt, war der Vogel im Schlafzimmer vielleicht nur Nebendarsteller?!??! Und ist für den Inhalt dieses fein komponierten Stücks gar nicht notwendig? In der Art, wie die Protag sieht, befindet sie sich sowohl vor der Tat (Suche nach der Schere), während der Tat (Netz werfen bzw die Vier) und nach der Tat.(Desinfektionsmittel, Hände waschen). Was mir aber dann fehlt, ist die Verbindung zu ihrer Kindheit. Ist dieser Blick für die Geschichte relevant? Warum sieht sie im Sirup einen aufgerissenen Mund, eine Zunge??! Ist die Küchenszene doch NACH der Tat? Oder träumt sie, was sein wird???
Liebe smile,
ich mag die Art, wie der Text geschrieben ist, sehr.
Aber er läßt mich verwirrt zurück. Und das wiederstrebt mir.
Vielleicht ist es mein generelles Problem mit Surrealem, oder vielleicht stehe ich auch einfach nur auf der Leitung.
Liebe Grüße,
Nicole
ich hab den Text mehrfach gelesen und bin zwiegespalten. Einerseits finde ich die beschriebenen Bilder
unglaublich faszinierend, wie den Sirup, der aus den Oberschränken tropft.
Das eingebaute einszweidreivier finde ich brilliant und die merkwürdige Detailtreue, mit der erzählt wird, läßt für mich einen Rückschluß auf den Gemütszustand der Protag zu. Ich denke in Extremsituationen nimmt man viel eher Details wahr, als "das große Ganze". Daher finde ich auch diese Erzählweise absolut passend zur geschilderten Situation.
Und nun komme ich zu meinem "aber". Ich habe hier ein Problem, wie ich es mit vielen surreal anmutenden Texten habe. Ich sehe die Bilder, aber viele erschließen sich mir nicht, lassen mich am Ende unbefriedigt zurück.
zum Beispiel: der Vogel, der im Schlafzimmer die Birne zum wackeln gebracht hat.. ich hatte im ersten Moment das Gefühl, es ist ein Bild für "ihn", der sich die Flügel nicht hat stutzen lassen. Aber am Ende der Geschichte habe ich hier keinen Aha Effekt, war der Vogel im Schlafzimmer vielleicht nur Nebendarsteller?!??! Und ist für den Inhalt dieses fein komponierten Stücks gar nicht notwendig? In der Art, wie die Protag sieht, befindet sie sich sowohl vor der Tat (Suche nach der Schere), während der Tat (Netz werfen bzw die Vier) und nach der Tat.(Desinfektionsmittel, Hände waschen). Was mir aber dann fehlt, ist die Verbindung zu ihrer Kindheit. Ist dieser Blick für die Geschichte relevant? Warum sieht sie im Sirup einen aufgerissenen Mund, eine Zunge??! Ist die Küchenszene doch NACH der Tat? Oder träumt sie, was sein wird???
Liebe smile,
ich mag die Art, wie der Text geschrieben ist, sehr.
Aber er läßt mich verwirrt zurück. Und das wiederstrebt mir.
Vielleicht ist es mein generelles Problem mit Surrealem, oder vielleicht stehe ich auch einfach nur auf der Leitung.
Liebe Grüße,
Nicole
Hallo Jürgen, Elsa,
danke, freut mich, dass der Text für euch stimmig ist.
Hallo Sam,
danke für deinen Kommentar, der mich etwas zwiespältig zurücklässt. Gut geschrieben aber nicht berührend. Woran das liegt, kann ich dir natürlich auch nicht sagen, aber der Gedanke, dass es einem Text im Verschwiegenen an etwas mangelt, finde ich spannend. Es wäre dann nur die Frage, ob es tatsächlich am Text liegt, am Autor oder am Leser. Darüber werde ich sicher noch nachdenken.
Zur Gefühlskälte und der erzählerischen Distanz hat ja Elsa schon geschrieben. (danke Elsa fürs einmischen,-))
Hallo Nicole,
danke für deine Beispiele, sie zeigen mir, wo der Text Fragen aufwirft und verwirrt. Ob das ein zuviel oder gerade das richtige Maß an Verwirrung ist? Ich kann dir das Widerstreben gut nachfühlen, geht mir mit Texten anderer Autoren auch oft so.
Ich lass deine Fragen sich mal setzen und schau mir den Text dann nochmal genau an.
liebe Grüße smile
danke, freut mich, dass der Text für euch stimmig ist.
Hallo Sam,
danke für deinen Kommentar, der mich etwas zwiespältig zurücklässt. Gut geschrieben aber nicht berührend. Woran das liegt, kann ich dir natürlich auch nicht sagen, aber der Gedanke, dass es einem Text im Verschwiegenen an etwas mangelt, finde ich spannend. Es wäre dann nur die Frage, ob es tatsächlich am Text liegt, am Autor oder am Leser. Darüber werde ich sicher noch nachdenken.
Zur Gefühlskälte und der erzählerischen Distanz hat ja Elsa schon geschrieben. (danke Elsa fürs einmischen,-))
Hallo Nicole,
danke für deine Beispiele, sie zeigen mir, wo der Text Fragen aufwirft und verwirrt. Ob das ein zuviel oder gerade das richtige Maß an Verwirrung ist? Ich kann dir das Widerstreben gut nachfühlen, geht mir mit Texten anderer Autoren auch oft so.
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liebe Grüße smile
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)
Hallo smile,
ich möchte versuchen, meinen Eindruck von deinem wirklich gut geschrieben Text genauer zu formulieren, denn das hat er bestimmt verdient. Ich werde dabei allerdings wieder Vergleiche anstellen, dies schonmal vorweg.
Dabei geht es mir darum, zu ergründen, warum mich der Text am Ende nicht wirklich berührt. Er würde es wohl, hätte ich ihn vor einigen Jahren gelesen. Weil ich selber noch empfänglicher/sensibler gewesen bin, für das, was man lapidar als häusliche Gewalt bezeichnet und weil es im medialen und literarischen Umfeld noch nicht so breitgetreten war, wie es heute ist.
Angesichts von Müttern, die ein halbes Dutzend ihrer Kinder im Garten verscharren, ist eine frustierte Ehefrau, die ihren Mann mit der Schere aufschlitzt, weil er sie ständig betrügt nichts außergewöhnliches. Im Gegenteil. Brächten manche Frauen ihre Männer beizeiten um, würde so manches Kind vielleicht überleben.
Ob ich es nun will oder nicht, einer gewissen Hornhautbildung was das Thema angeht, kann ich mich nicht erwehren. Aus diesem Grund suche ich zwangsläufig selbst in einem sehr ausgefeilten Text nach etwas, das mich packt, das mir einen, wenn auch nur geringfügig, neuen Blick auf die Thematik erlaubt.
Als Beispiel (erster Vergleich) der Kabarettist Hagen Rether. In seinem Auftritt beim Jahresrückblick des Scheibenwischers Ende 2007 sprach er über den Islam. Er kam auf das Thema Ehrenmord. Heikelheikelheikel. Und dann sagte er, dass es sowas bei uns auch gibt. Schon immer. Man nennt das nur: Familiendrama! Die Verbindung von zwei Wörtern ergeben einen völligen neuen Blickwinkel auf sehr komplexe Sachverhalte.
Ich möchte einen zweiten Vergleich anstellen, einen Saloninternen. Und zwar zwischen deinem Text und denen von Elsa. Sie hat für mich den ausgeprägtesten Blick für soziale Verwerfungen von allen Schreibern hier im Salon. Sprachlich sind ihre Texte nicht so ausgefeilt, wie der deine, und von ihrem Aufbau auch sehr unterschiedlich. Dennoch berühren sie mich wesentlich mehr, weil sieimmer, unabhängig von ihrer Qualität, eine Geschichte erzählen. Und ich glaube das ist es, was deinem Text abgeht, eine wirkliche Geschichte. Du zeigst dem Leser, was du kannst, indem du geschickt eine bestimmte Situation entwirfst, einen Handlungsablauf andeutest, lotrecht Orientierungspfäle setzt. Aber du erzähst keine Geschichte. Und ich glaube daran liegt es, dass mich dein Text am Ende so wenig berührt.
Liebe Grüße
Sam
ich möchte versuchen, meinen Eindruck von deinem wirklich gut geschrieben Text genauer zu formulieren, denn das hat er bestimmt verdient. Ich werde dabei allerdings wieder Vergleiche anstellen, dies schonmal vorweg.
Dabei geht es mir darum, zu ergründen, warum mich der Text am Ende nicht wirklich berührt. Er würde es wohl, hätte ich ihn vor einigen Jahren gelesen. Weil ich selber noch empfänglicher/sensibler gewesen bin, für das, was man lapidar als häusliche Gewalt bezeichnet und weil es im medialen und literarischen Umfeld noch nicht so breitgetreten war, wie es heute ist.
Angesichts von Müttern, die ein halbes Dutzend ihrer Kinder im Garten verscharren, ist eine frustierte Ehefrau, die ihren Mann mit der Schere aufschlitzt, weil er sie ständig betrügt nichts außergewöhnliches. Im Gegenteil. Brächten manche Frauen ihre Männer beizeiten um, würde so manches Kind vielleicht überleben.
Ob ich es nun will oder nicht, einer gewissen Hornhautbildung was das Thema angeht, kann ich mich nicht erwehren. Aus diesem Grund suche ich zwangsläufig selbst in einem sehr ausgefeilten Text nach etwas, das mich packt, das mir einen, wenn auch nur geringfügig, neuen Blick auf die Thematik erlaubt.
Als Beispiel (erster Vergleich) der Kabarettist Hagen Rether. In seinem Auftritt beim Jahresrückblick des Scheibenwischers Ende 2007 sprach er über den Islam. Er kam auf das Thema Ehrenmord. Heikelheikelheikel. Und dann sagte er, dass es sowas bei uns auch gibt. Schon immer. Man nennt das nur: Familiendrama! Die Verbindung von zwei Wörtern ergeben einen völligen neuen Blickwinkel auf sehr komplexe Sachverhalte.
Ich möchte einen zweiten Vergleich anstellen, einen Saloninternen. Und zwar zwischen deinem Text und denen von Elsa. Sie hat für mich den ausgeprägtesten Blick für soziale Verwerfungen von allen Schreibern hier im Salon. Sprachlich sind ihre Texte nicht so ausgefeilt, wie der deine, und von ihrem Aufbau auch sehr unterschiedlich. Dennoch berühren sie mich wesentlich mehr, weil sieimmer, unabhängig von ihrer Qualität, eine Geschichte erzählen. Und ich glaube das ist es, was deinem Text abgeht, eine wirkliche Geschichte. Du zeigst dem Leser, was du kannst, indem du geschickt eine bestimmte Situation entwirfst, einen Handlungsablauf andeutest, lotrecht Orientierungspfäle setzt. Aber du erzähst keine Geschichte. Und ich glaube daran liegt es, dass mich dein Text am Ende so wenig berührt.
Liebe Grüße
Sam
Hallo Sam,
es freut mich sehr, dass du dich nochmal mit dem Text bzw. deiner Leseerfahrung auseinandergesetzt hast. Die Vergleiche, die du hier anführst sind für mich völlig in Ordnung, da ich sie hier für sinnvoll halte, um mir eine bessere Einsicht in deine Erwartungshaltung zu ermöglichen.
Ich schätze Elsas authentische, genauhinblickende, mithineinnehmende Art Geschichten zu erzählen auch sehr. Ebenso schätze ich es, wenn es Jemand gelingt einen völlig neuen Blickwinkel zu ermöglichen. Beides möchte dieser Text jedoch gar nicht leisten. Ich denke unsere Erwartungen an Literatur sind sowohl von Autoren als auch von Leserseite einfach sehr verschieden, wobei es bei den seltenen Überschneidungen durchaus einen kurzen Moment des „Verstehens“ oder der „Begeisterung“ zu geben scheint. Nur um auch mal einen Vergleich anzustellen:
Von allen Autoren des Salons ärgerst du mich mit Abstand am meisten.
„Einem falschen oder unbegründeten Urteil wird bestimmt widersprochen. Bleibt der Widerspruch jedoch aus, kann das Urteil so falsch nicht gewesen sein.“
Ich widerspreche dir oft, nur poste ich meinen Protest nicht jedes Mal.
liebe Grüße smile
es freut mich sehr, dass du dich nochmal mit dem Text bzw. deiner Leseerfahrung auseinandergesetzt hast. Die Vergleiche, die du hier anführst sind für mich völlig in Ordnung, da ich sie hier für sinnvoll halte, um mir eine bessere Einsicht in deine Erwartungshaltung zu ermöglichen.
Ich schätze Elsas authentische, genauhinblickende, mithineinnehmende Art Geschichten zu erzählen auch sehr. Ebenso schätze ich es, wenn es Jemand gelingt einen völlig neuen Blickwinkel zu ermöglichen. Beides möchte dieser Text jedoch gar nicht leisten. Ich denke unsere Erwartungen an Literatur sind sowohl von Autoren als auch von Leserseite einfach sehr verschieden, wobei es bei den seltenen Überschneidungen durchaus einen kurzen Moment des „Verstehens“ oder der „Begeisterung“ zu geben scheint. Nur um auch mal einen Vergleich anzustellen:
Von allen Autoren des Salons ärgerst du mich mit Abstand am meisten.
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„Einem falschen oder unbegründeten Urteil wird bestimmt widersprochen. Bleibt der Widerspruch jedoch aus, kann das Urteil so falsch nicht gewesen sein.“
Ich widerspreche dir oft, nur poste ich meinen Protest nicht jedes Mal.

liebe Grüße smile
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)
Hallo,
ich glaube, dass Sams Kritik noch nicht den Angelpunkt des Textes trifft. Ich glaube nämlich nicht, dass die unterschiedlichen Arten des Erzählens, die er anführt, zu unterschiedlichem Berührungsgrad führen müssen. Für mich sind das zwei verschiedene Erzazitählweisen, die beide dazu führen können, und es gibt keine prinzipielle Kategorisierung, wann nur welcher Stil wirkt, auch nicht bezüglich Themen, gegenüber denen man abgestumpft ist.
Ich komme genau am anderen Ende heraus. Für mich ist der Text bei gewählter Erzählweise noch zu konkret durchschimmernd, als hätte ein Bild noch aus Sicherheitsgründen/oder Gewohnheitsgründen ein Skelett unter sein Kleid bekommen/behalten. Das führt dazu, dass auch ich insgesamt nicht ganz an die Schilderungen herantreten kann (weil ich nicht in genügend großer Ferne gehalten werde). Dadurch entsteht eine seltsame Mischung aus Surrealistischem und Krimitouch, was mich irritiert, allerdings nicht so, dass ich es nutzen kann.
(Manchmal machen das auch nur einzelne Worte wie etwa "Sinnlos" - warum wird alles drumherum durch dieses wort kraftloserklärt?)
Ich würde versuchen, mich vom Mord zu lösen und die Gewalt (die sich immer noch einen Mord für dich beziehen kann, aber für den leser sollte es nicht nötig sein, das Zerstörerische nur anhand des Mordes lesen zu können) so wie sie "in der Luft liegt" einzufangen.
Liebe Grüße,
Lisa
smile, hängst du den Text noch in den Monatsfaden? (war doch auch dafür vielleicht gedacht, dann ist er für eine Zusammenstellung gesichert)
ich glaube, dass Sams Kritik noch nicht den Angelpunkt des Textes trifft. Ich glaube nämlich nicht, dass die unterschiedlichen Arten des Erzählens, die er anführt, zu unterschiedlichem Berührungsgrad führen müssen. Für mich sind das zwei verschiedene Erzazitählweisen, die beide dazu führen können, und es gibt keine prinzipielle Kategorisierung, wann nur welcher Stil wirkt, auch nicht bezüglich Themen, gegenüber denen man abgestumpft ist.
Ich komme genau am anderen Ende heraus. Für mich ist der Text bei gewählter Erzählweise noch zu konkret durchschimmernd, als hätte ein Bild noch aus Sicherheitsgründen/oder Gewohnheitsgründen ein Skelett unter sein Kleid bekommen/behalten. Das führt dazu, dass auch ich insgesamt nicht ganz an die Schilderungen herantreten kann (weil ich nicht in genügend großer Ferne gehalten werde). Dadurch entsteht eine seltsame Mischung aus Surrealistischem und Krimitouch, was mich irritiert, allerdings nicht so, dass ich es nutzen kann.
(Manchmal machen das auch nur einzelne Worte wie etwa "Sinnlos" - warum wird alles drumherum durch dieses wort kraftloserklärt?)
Ich würde versuchen, mich vom Mord zu lösen und die Gewalt (die sich immer noch einen Mord für dich beziehen kann, aber für den leser sollte es nicht nötig sein, das Zerstörerische nur anhand des Mordes lesen zu können) so wie sie "in der Luft liegt" einzufangen.
Liebe Grüße,
Lisa
smile, hängst du den Text noch in den Monatsfaden? (war doch auch dafür vielleicht gedacht, dann ist er für eine Zusammenstellung gesichert)
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Hallo Lisa,
Eigentlich war es so gedacht bzw. angestrebt, dass Rosalie durch die "Geschichte" ein Kleid, bzw. ein Versteck bekommt. Was ich wirklich faszinierend finde, ist die Tatsache, dass der Mord, dessen Vorstellung ja nur durch einzelne Worte getriggert wird, als Wirklichkeit, Konstante des Textes angesehen wird.
Ich selbst habe bei dem Wort "sinnlos" lange überlegt.
Den Satz:
Sie geht aus der Küche, hat Blut geleckt.
finde ich selbst jedoch wesentlich fragwürdiger, weil er doch sehr mit dieser Vorstellung spielt.
Vielleicht ist ein Teil dessen, was du als Skelett bezeichnest auch durch diese Idee des Monatsthemas entstanden. (Ich poste ihn nachher dort.) Ich war, bin mir aber gar nicht sicher, ob ich (wir) überhaupt verstanden haben, in welche Richtung du die Texte denkst.
Würde es sich für dich verändern, wenn ich diesen Teil wegließe?
liebe Grüße smile
Für mich ist der Text bei gewählter Erzählweise noch zu konkret durchschimmernd, als hätte ein Bild noch aus Sicherheitsgründen/oder Gewohnheitsgründen ein Skelett unter sein Kleid bekommen/behalten.
Eigentlich war es so gedacht bzw. angestrebt, dass Rosalie durch die "Geschichte" ein Kleid, bzw. ein Versteck bekommt. Was ich wirklich faszinierend finde, ist die Tatsache, dass der Mord, dessen Vorstellung ja nur durch einzelne Worte getriggert wird, als Wirklichkeit, Konstante des Textes angesehen wird.
Ich selbst habe bei dem Wort "sinnlos" lange überlegt.
Den Satz:
Sie geht aus der Küche, hat Blut geleckt.
finde ich selbst jedoch wesentlich fragwürdiger, weil er doch sehr mit dieser Vorstellung spielt.
Vielleicht ist ein Teil dessen, was du als Skelett bezeichnest auch durch diese Idee des Monatsthemas entstanden. (Ich poste ihn nachher dort.) Ich war, bin mir aber gar nicht sicher, ob ich (wir) überhaupt verstanden haben, in welche Richtung du die Texte denkst.
Würde es sich für dich verändern, wenn ich diesen Teil wegließe?
Eins: für das Kind.
Zwei: für die Lüge.
Drei: für die Jahre.
Die Vier ist zu gefährlich, die erledigt sie schweigend.
liebe Grüße smile
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)
liebe smile,
mir gefällt dieser text nicht - im zuge des im salon gerade stattfindenden austausches, welche art von 'schreiben' welchen lesern zusagt/ nicht zusagt, möchte ich hier begründen, warum dieser text mich nicht nur 'nicht anspricht', sondern mir 'missfällt'.
der einstieg - drei kurze aussagen, die ganz unterschiedliche bzw. gegensätzliche sinnliche qualitäten berühren - wasser/ haut/ ev. seife; schmieriges fett; süß-klebrige masse.
da das sinnlich evozierte durch das jeweils folgende konterkariert wird, ensteht beim lesen der unterschwellige eindruck, dass dieser text nicht versucht etwas zu erzählen, sinnlich zu vermitteln, sondern mit mir als leser quasi 'spielt', um einen effekt zu erzielen:
etwas ist ungeordnet, wirr, etwas stimmt nicht zusammen (unterstrichen und überhöht wird dies zusätzlich durch 'zeit' und 'aus dem oberschränkchen')
- das 'spiel', das diesen eindruck offenbar vermitteln soll, empfinde ich jedoch als dick aufgetragen und so simpel/ durchsichtig gestrickt, es scheint von seiner 'machart' so im gegensatz zur komplexität dessen zu stehen, das 'evoziert'/ erzählt werden soll, dass ich keine 'freude' daran haben kann - ich empfinde das eher, als würde mir hier etwas 'verkauft', als ob der erzähler den eindruck, den der text machen soll, 'konstruiert'; das erzeugt ein 'gähnen' bei mir, als könne ich als leser gar nicht 'gemeint' sein als adressat des erzählers.
ich hab jetzt nicht die zeit/ muße, alles weitere detailliert durchzugehen, der einstieg erscheint mir jedoch symptomatisch für den gesamten text - erst mal also so viel. wenn du daran interessiert bist, werde ich aber bestimmt noch zeit finden, weitere betrachtungen anzustellen.
mir gefällt dieser text nicht - im zuge des im salon gerade stattfindenden austausches, welche art von 'schreiben' welchen lesern zusagt/ nicht zusagt, möchte ich hier begründen, warum dieser text mich nicht nur 'nicht anspricht', sondern mir 'missfällt'.
Rosalie war Händewaschen.
In der Küche ist die Zeit fettig. Aus dem Oberschränkchen tropft zäher Sirup,
der einstieg - drei kurze aussagen, die ganz unterschiedliche bzw. gegensätzliche sinnliche qualitäten berühren - wasser/ haut/ ev. seife; schmieriges fett; süß-klebrige masse.
da das sinnlich evozierte durch das jeweils folgende konterkariert wird, ensteht beim lesen der unterschwellige eindruck, dass dieser text nicht versucht etwas zu erzählen, sinnlich zu vermitteln, sondern mit mir als leser quasi 'spielt', um einen effekt zu erzielen:
etwas ist ungeordnet, wirr, etwas stimmt nicht zusammen (unterstrichen und überhöht wird dies zusätzlich durch 'zeit' und 'aus dem oberschränkchen')
- das 'spiel', das diesen eindruck offenbar vermitteln soll, empfinde ich jedoch als dick aufgetragen und so simpel/ durchsichtig gestrickt, es scheint von seiner 'machart' so im gegensatz zur komplexität dessen zu stehen, das 'evoziert'/ erzählt werden soll, dass ich keine 'freude' daran haben kann - ich empfinde das eher, als würde mir hier etwas 'verkauft', als ob der erzähler den eindruck, den der text machen soll, 'konstruiert'; das erzeugt ein 'gähnen' bei mir, als könne ich als leser gar nicht 'gemeint' sein als adressat des erzählers.
ich hab jetzt nicht die zeit/ muße, alles weitere detailliert durchzugehen, der einstieg erscheint mir jedoch symptomatisch für den gesamten text - erst mal also so viel. wenn du daran interessiert bist, werde ich aber bestimmt noch zeit finden, weitere betrachtungen anzustellen.
Hallo aram,
diese Kritik kann ich gut annehmen und teile sie in gewisser Hinsicht auch. (Allerdings empfinde ich selbst dieses spielerische und die Mördergeschichte auch als etwas Eigenständiges, das mir Freude macht und dem es ja zumindest vereinzelt gelungen ist, den Leser mitzunehmen.) Ich denke ich kann mir die Stellen denken, die du noch anführen würdest, wäre natürlich aber gespannt, ob ich da mit meiner Einschätzung richtig liege.
Was mich auch interessieren würde, wie ein von der Mördergeschichte bereinigtes Gedicht auf dich wirken würde, das ich mir in etwa so denken könnte (das ist ein spontaner Schnellversuch,-)):
einszweidreivier
rosalie war händewaschen
klebrig ist die zeit; sirup
tropft herab aus schränken
in ihren händen steigt ein see
der faden nimmt kein ende; spannung
hält ihre oberfläche. sie wird gebogen
öffnet die finger. schaut gebannt
ein aufgerissener mund, eine zunge, ein bild
perspektivisch mittelkorrekt. stumm
einszweidreivier
die glühbirne schwankt an der decke
es war der vogel. sie fängt ihn
mit einem netz. feinausgesponnen
der wille. ein roter see
rosalie geht händewaschen
Ich würde mich sehr freuen, wenn du dich nochmal dazu meldest..gif)
liebe Grüße smile
diese Kritik kann ich gut annehmen und teile sie in gewisser Hinsicht auch. (Allerdings empfinde ich selbst dieses spielerische und die Mördergeschichte auch als etwas Eigenständiges, das mir Freude macht und dem es ja zumindest vereinzelt gelungen ist, den Leser mitzunehmen.) Ich denke ich kann mir die Stellen denken, die du noch anführen würdest, wäre natürlich aber gespannt, ob ich da mit meiner Einschätzung richtig liege.
Was mich auch interessieren würde, wie ein von der Mördergeschichte bereinigtes Gedicht auf dich wirken würde, das ich mir in etwa so denken könnte (das ist ein spontaner Schnellversuch,-)):
einszweidreivier
rosalie war händewaschen
klebrig ist die zeit; sirup
tropft herab aus schränken
in ihren händen steigt ein see
der faden nimmt kein ende; spannung
hält ihre oberfläche. sie wird gebogen
öffnet die finger. schaut gebannt
ein aufgerissener mund, eine zunge, ein bild
perspektivisch mittelkorrekt. stumm
einszweidreivier
die glühbirne schwankt an der decke
es war der vogel. sie fängt ihn
mit einem netz. feinausgesponnen
der wille. ein roter see
rosalie geht händewaschen
Ich würde mich sehr freuen, wenn du dich nochmal dazu meldest.
.gif)
liebe Grüße smile
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)
Hallo smile,
Na das ist doch mal ein Aussage nach meinem Geschmack
Nicht dass ich es darauf anlege, aber offensichtlich lässt es sich auch nicht ganz vermeiden..gif)
Was ich wiederum schade finde für
a) den Autoren, dem dein Widerspruch ja einen weiteren Blickwinkel auf seinen Text eröffnen würde (so wie Lisa mir hier zum Beispiel widersprochen hat und dadurch automatisch den Text von ein anderen Seite beleuchtet)
b) das Forum selber, dem doch durch das Wechselspiel von Zu- bzw. Widerspruch eine schöne Portion Leben eingehaucht wird (zumindest sehe ich das so).
Diesem hier aber stimme ich uneingeschränkt zu:
Liebe Grüße
Sam
Von allen Autoren des Salons ärgerst du mich mit Abstand am meisten.
Na das ist doch mal ein Aussage nach meinem Geschmack

Nicht dass ich es darauf anlege, aber offensichtlich lässt es sich auch nicht ganz vermeiden.
.gif)
Ich widerspreche dir oft, nur poste ich meinen Protest nicht jedes Mal.
Was ich wiederum schade finde für
a) den Autoren, dem dein Widerspruch ja einen weiteren Blickwinkel auf seinen Text eröffnen würde (so wie Lisa mir hier zum Beispiel widersprochen hat und dadurch automatisch den Text von ein anderen Seite beleuchtet)
b) das Forum selber, dem doch durch das Wechselspiel von Zu- bzw. Widerspruch eine schöne Portion Leben eingehaucht wird (zumindest sehe ich das so).
Diesem hier aber stimme ich uneingeschränkt zu:
Ich denke unsere Erwartungen an Literatur sind sowohl von Autoren als auch von Leserseite einfach sehr verschieden, wobei es bei den seltenen Überschneidungen durchaus einen kurzen Moment des „Verstehens“ oder der „Begeisterung“ zu geben scheint.
Liebe Grüße
Sam
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