Beitragvon Mucki » 13.02.2008, 13:12
Die gestrigen Gedanken lassen mich nicht los. Schicksal - was ist das? Ein Weg, den mir jemand vorgezeichnet hat? Wer? Oder ist es ein Anker - so wie andere an einen Gott glauben - ein Anker, an dem ich mich festhalte, der mir die Option schenkt, mich fallenzulassen, in dem Wissen, es nicht in der Hand zu haben, weil es doch vorbestimmt ist? Ein vom Menschen erdachtes Placebo, um seine eigene Unzulänglichkeit zwielichtig begründen zu können, ein Deckmäntelchen für den Fatalismus, der Resignation die Tore öffnend, dieselbe rechtfertigend, sogar gutheißend? Mache ich es mir nicht zu leicht? Besäße ich den Glauben, mein Schicksal selbst steuern zu können, wäre da nicht konsequentes Handeln, ergo eigene Verantwortung gefordert? Dem Schicksal aber die Macht zu überlassen, würde den Weg meiner Ohnmacht ebnen, ihr Absolution erteilen, somit der weitaus bequemere Pfad; Eigenbetrug? Das Schicksal hinterfragend, bin ich wohl nicht auf dem bequemen ...
... möchte es auch nicht sein, keine Marionette des vermeintlichen Schicksals, das ich nicht zu verändern in der Lage wäre. Warum ist dennoch mein Glaube an ein solches so fest in mir verwurzelt? Es ist allerdings kein starres, sondern ein dynamisches, eines, welches mir Wege offenhält auf dem irrigen, labyrinthartigen Pfad meines Lebens, mir immer wieder Weggabelungen anbietend, die ich - zu meinem Leidwesen - meist zu spät erkenne, daher wohl der stets wiederkehrende Wunsch, die Zeit zurückdrehen zu wollen, um eben den anderen Weg einzuschlagen. Es gibt vermutlich einen direkten Weg zum Ziel, wie auch immer er aussehen mag, doch ich stelle, mein Leben revue passierend, fest, dass ich stets den schwierigeren, von Hindernissen gekennzeichneten wählte, und dies mit einer Konsequenz, die mich äußerst nachdenklich werden lässt. Sah ich den einfachen nicht? Oder trieb mich eine innere selbstzerstörerische Sehnsucht dazu, immer die Steine zu suchen, wie die Motte das Licht, in dem sie verbrennt? Bin ich eine Motte, die, sich ihrer selbst bewusst, mit klarem Verstand ins Feuer läuft oder ist es der verschleierte Verstand, der mich den Feuerlauf immer wieder inszenieren lässt? Inszenieren? Possenspiele werden inszeniert. Waren es solche? Nein. Ein bewusster Wille war stets präsent. Umso mehr drängt sich mir die Frage auf, warum ich bewusst ins Feuer lief, und das so viele Male? Wo ist der Beginn, wo die Veränderung, hat es eine solche überhaupt gegeben? Eine winzige, kaum erkennbare, kann ich wohl bejahen, für einen Kurswechsel jedoch reicht sie nicht aus, noch nicht ...
...kurzes Intermezzo durch nicht-gedankliche Aktivität. Auch vom Schicksal so bestimmt? Beschäftigt sich Fortuna mit so geringen Dingen? Oder sollte sich Fortuna nur mit den großen Fragen des Seins auseinandersetzen bzw. sie bestimmen? Stellt sich diese Frage überhaupt? Ich lache über mich selbst, über mein mir lächerlich erscheinendes Sinnieren über DIE Frage schlechthin. Wer bin ich, dass ich diese Fragen stelle, die selbst die größten Philosophen aller Zeiten nicht beantworten können.
... sicher, eine gewisse Resignation prägt mein Wesen, doch mutiert diese in ständigen Wandlungen mal in freiheitliches Fallenlassen, mal in aufflackerndes Kampfdenken. Ebenso ist die Neugierde nicht außer Acht zu lassen. Sie ist mein größter Antrieb, die Neugierde auf die weiteren Momente, die das Schicksal mir zufallen lassen wird. Was für ein Widerspruch. Schicksal und Zufall, den es nicht gibt. Es fällt einem zu, ja. Und ich lasse mich dann doch einfach fallen.
... "Zuweilen denke ich mit traurigem Vergnügen daran, daß ich, wenn dereinst in einer Zukunft, der ich nicht mehr angehören werde, diese Sätze unter Lobsprüchen überdauern, doch noch zu guter Letzt Menschen finden werde, die mich "verstehen", meine Leute, meine wahre Familie, wie geschaffen dazu, in ihrem Schoß auf die Welt zu kommen und geliebt zu werden. Doch weit davon entfernt, in dieser Familie auf die Welt zu kommen, werde ich schon seit langem verstorben sein" (Fernando Pessoa)
Himmel, wieso schrieb er immer wieder genau das, was ich denke?
Er schreibt vom 'traurigem Vergnügen'. Für viele mag es ein Widerspruch sein, nicht für mich. Es trifft es so, dass es wehtut. Genau das definiert mich, diese Ambivalenz, die darin enthalten ist. Ich vermag dieses Eigenleben wohl zu transformieren, doch erscheint mir ein eigenwilliges Eingreifen wie Zerstörung, wie eine verbotene Zone des Schicksals, in die ich meine Gedanken nicht lenken darf. Der Glaube an ein Schicksal, welches mein Leben lenkt, sitzt tief, wenn ich auch oft an ihm hadere. Bleischwer wiegen meine Gedanken in einem ebensolchen Körper. Möchte heute wieder hineingleiten in meine eigene, andere Welt, doch die fehlende Leichtigkeit macht es unmöglich. Zeit verstreichen lassen, zweiten Anlauf vorbereiten ...