Entert die Maschine

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Kamelot

Beitragvon Kamelot » 09.05.2006, 14:34

Entert die Maschine

Es ist Zeit“ - diese Worte waren es, die ihm klar werden ließen, dass der Augenblick, vor dem sie sich alle gefürchtet, den sie jedoch andererseits auch herbeigesehnt hatten, nahe war. Viel zu nahe, wenn er über die Konsequenzen nachdachte, die das Ganze mit sich bringt, sowohl bei Erfolg als auch bei Misserfolg – Volkshelden oder Todgeweihte.
Die Konsequenzen eines Misserfolges machten ihm eigentlich die geringsten Sorgen, denn das war allen bewusst...wenn sie es nicht schaffen, werden sie hingerichtet, wird an ihnen ein Exempel statuiert um weitere Aktionen dieser Art, weitere Versuche, dass System zu stürzen, zu unterbinden - denn das wurde ihnen bereits von der Kinderwiege weg beigebracht - Niemand lehnt sich gegen das System, niemand hat das Recht, die Maschine, die zumindest in den Augen der Reicheren einwandfrei funktioniert, anzugreifen und sollte man diesen Schritt doch wagen, sollte man seinen Unmut und seiner Wut doch Ausdruck geben kommen posthum die Konsequenzen – Gefängnis, Folter, Tod.
„Wut gegen die Maschine“ - dass war das Motto dieses Aufstandes, ein Aufstand, dessen Erfolg in den Sternen stand. Sie hatten kaum Verbündete, ihre Zahlen waren lächerlich, zudem waren sie schlecht ausgerüstet...für einen Aufstand reichte es normalerweise. Doch sie hatten einen Vorteil – niemand rechnete damit – wirklich niemand. Selbst das gemeine Volk, die Leute, für die sie bereit waren, ihr Leben zu opfern, hatten keine Ahnung von dem, was gleich passieren sollte, davon, dass ihr Peiniger, ihr Ausbeuter gestürzt werden soll. Jedoch was passiert, wenn ihnen der Aufstand gelingt? Diese Frage beschäftigte ihn, denn sie stürzen das ganze Land in eine ungewisse Zukunft – in eine Zukunft der Freiheit und genau diese machte ihm Sorgen – sie würden einem ganzen Land die Freiheit aufzwingen, Leuten, die ihr ganzes Leben lang mit Unterdrückung leben mussten, wären plötzlich frei. Irgendwie konnte er nicht ganz glauben, dass dies gut geht. Jedoch wäre dies besser als die momentane Situation – hoffte er jedenfalls.
Sie selbst waren allesamt gebrochene Männer: Gefangene, Verbannte, ehemalige Soldaten – alles Männer, die die ganze Härte und Falschheit des Systems über sich ergehen lassen mussten, Leute, die viel zu lange Zeit hatten, über diese Dinge nach zu denken. Er selbst hatte monatelang im Gefängnis darüber gegrübelt, was falsch war, wie man das Ganze ändern könnte und die Lösung lag auf der Hand – dachte er jedenfalls, denn er war unschuldig gewesen, wurde wegen eines Irrtums eingesperrt – aber niemanden interessierte es, niemand glaubte ihm, aber wer glaubt auch einem armen Handwerker. Die Antwort liegt auf der Hand - Niemand. Das Gefühl, dass etwas nicht stimmen konnte, hatte er bereits bei der Verhandlung gehabt – dass die Zeugen gekauft waren, bemerkte er bereits beim ersten Zeugen – doch er konnte sich nicht einmal dagegen wehren. Man wollte ihn beseitigen, warum, dass wusste er nicht. Aber jetzt haben sie den Salat, jetzt hat er nur noch ein Ziel – die Maschine muss fallen, selbst wenn es sein Leben kostet, selbst wenn es das Leben aller Aufständigen kostet, denn wenn es ihnen nicht gelingt, dann werden sei sowieso sterben – im Kampf oder am Galgen, der Tod ist dann unausweichlich, jedoch mittlerweile auch ihr bester Freund, ihr treuster Weggefährte – ihr Bruder.
Er greift sich ein letztes Mal auf sein Herz, richtet ein allerletztes Stoßgebet in Richtung Himmel und verlässt dann sein Zimmer. „Es ist Zeit zu sterben“

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 10.05.2006, 09:21

Hallo Kamelot

Mit Deinen Gedichten konnte ich herzlich wenig anfangen, diese Kurzgeschichte spricht mich dafür umso mehr an.

Sie schildert einen Augenblick in der spannungsgeladenen Zeit vor dem Aufstand einer kleinen Gruppe ehemaliger Gefangener und Soldaten gegen eine unterdrückende Maschine, von der der Leser nicht viel mehr erfährt, als dass sie ein Despot ist. Sehr gut dargestellt sind die Überlegungen der Hauptperson, was denn kommen wird, wenn der Aufstand gelingt.

Das Motto des Aufstandes "Wut gegen die Maschine" erscheint mir etwas kraftlos. Würde eine revolutionäre Gruppe, die so unmittelbar vor dem Finale (ihres oder der Maschine) steht, nicht eine konkretere Slogan wählen wie: "Tod der Maschine" oder "Die Maschine muß weg"?

MfG

Jürgen

Kamelot

Beitragvon Kamelot » 12.05.2006, 20:41

Kurze und schnelle erklärung: Wut gegen die Maschine bezieht sich auf eine meienr absoluten Lieblingsbands - Rage Against the machine ;) - dass ist der einzige Grund für diese Formulierung.

Ansonsten...danke fürs Lesen

lg Kamelot


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 5 Gäste