Rückwärts

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Max

Beitragvon Max » 13.01.2008, 18:01

2. Fassung:


Da capo II

Im Erinnern
verjüngt sich zwischen den Schalen
die Perle zum Sandkorn

Neu belebt
entzündet sich das Leid

Und wächst doch
wieder zur Perle

die durchschmerzt
matt glänzt



1. Fassung

Rückwärts

Abends
verjüngt sich zwischen den Schalen
die Perle zum Sandkorn

Auferstanden
entzündet sich seine Kraft neu

Und doch
wächst es wieder nur
zur Perle

die durchschmerzt
matt glänzt


früher war "durchschmerzt" ein "durchgeschmerzt", Verbesserung danke Smile.
Außerdem zwei Pronomina getauscht, dank an Gerda (siehe unten); merci!!
Zuletzt geändert von Max am 26.01.2008, 16:03, insgesamt 3-mal geändert.

Niko

Beitragvon Niko » 13.01.2008, 18:29

hallo max!
dein gedicht irritiert mich. ich schreib mal einfach, was mir in den sinn kam (kann aber auch einfach sagen: ich nix capice, brett vor das kopf)
ich blicke nicht, was du mit "perle" meinst. zudem bist du in strophe 1 beim abend, in strophe zwei aber kommt es gleich zur auferstehung. und eine perle die zur perle wächst ist für mich (der ich kein mathe kann) höhere mathematik. zu was anderes soll sie wachsen, wenn nicht zur perle? und wieso........-wachsen?
ne..........bin zu blöd heute. kapier nix. (huuuuuuuuuuhh-ich spür schon die blicke der kopfschüttelnden leserschar..........bin dann mal wech..........)

lieben gruß: Niko (nur gut gemeint :-(

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 13.01.2008, 18:43

Hallo Max,

ich lese deine Zeilen als wehmütiges Liebesgedicht. LI trauert einer früheren Liebesbeziehung nach. Bin mal in den Zeilen:

Rückwärts

Abends
verjüngt sich zwischen den Schalen
die Perle zum Sandkorn

Vor allem abends wird dem LI bewusst, dass die Liebe nicht mehr so ist, wie sie einmal war. "Perle" ist für mich = Liebe

Auferstanden
entzündet sich ihre Kraft neu


Hier lese ich die Hoffnung des LIs, dass die Liebe vielleicht doch wieder aufkeimt.


Und doch
wächst sie wieder nur
zur Perle

die durchgeschmerzt
matt glänzt

Hier wird die Trauer, die Enttäuschung m.E. ganz klar. Die Perle (Liebe) glänzt nur noch matt, ist nicht mehr und wird nicht mehr "vollkommen".
Mich spricht dein Gedicht sehr an.
Saludos
Mucki

Gast

Beitragvon Gast » 13.01.2008, 19:06

Lieber Max,

ich lese deinen Text ähnlich, wie Mucki ihn interpretiert hat.
Interessant die Perle in einen Kreislauf zu betten, der immer wieder Erneuerung bringt.
Eine schöne Idee, die mir gefällt, die man m. E. sogar noch ausbauen könnte, was aber nicht zwingend ist.

Mich irritiert allerdings der Bezug auf das Sandkorn, der mit den Pronomen "ihre" und "sie" keinen Sinn ergibt.

Um im Bild Sandkorns zu bleiben, aus dem wieder eine Perle wird (die Liebe wächst), müsste es m. E. heißen:

Auferstanden
entzündet sich seine Kraft neu

Und doch
wächst es wieder nur
zur Perle


Liebe Grüße
Gerda

Benutzeravatar
Ylvi
Beiträge: 9470
Registriert: 04.03.2006

Beitragvon Ylvi » 13.01.2008, 19:33

Hallo Max,

ich lese das Rückwärtsschauen am (Tages oder Lebens) Abend auf das der Titel hinweist. Der Mensch (die Perle) will sich zurücksetzen, noch einmal neu anfangen. Hofft, dass er sich verändern, zu etwas anderem, einem anderen Menschen werden kann. Schöpft aus dieser Vorstellung Kraft und neuen Lebensantrieb. Das Gedicht sagt für mich aus, dass der Mensch nicht aus seiner Haut kann, immer er selbst bleibt oder seine Entwicklung ihn immer wieder auf sich selbst zurückwirft und er den Schmerz nicht ablegen, zurücklassen kann. Da das Bild der Perle aber positiv besetzt ist, scheint es mir auch zu sagen, dass der Mensch vielleicht sich selbst und sein individuelles Sein mehr wertschätzen sollte. Da ist ein Glanz, auch wenn er matt ist.

Als Kritik hätte ich höchstens das Wort "durchgeschmerzt" anzubringen, bei dem ich lieber "durchschmerzt" lesen würde.
Ansonsten, ein sehr feines, offenes Gedicht, das dem Leser Raum gibt für Interpretation.

liebe Grüße smile

Max

Beitragvon Max » 13.01.2008, 20:43

Liebe Kommentatoren,

also habt erstmal Dank für Euer Lob und Eure kritischen Anmerkungen.

@Niko: Perle ist erstenmal Perle ... das Dinge, was einer Auster zwischen den Schalen wächst ;-) . Aber eben auch etwas, das aus dem Schmerz eines Sandkorns entsteht ... ich denke, das "Schmerz" das entscheidende Wort für die Intepretation des Gedichts ist. Übrigens ist das "Abends" eines der drei Wörter, die mir bei Einstellen verhandelbar schienen. Danke fürs Hingucken.

@Mucki und Gerda (ich behandel Euch zusammen, weil Eure Komms ja in die gleiche Richtung deuten):
Mir ist natürlich klar, dass man diese Interpretation lesen kann - aber sie ist in meinen Augen nicht zwangsläufig. Insbesondere muss das Ende nicht resignativ sein, was durchgeschmerzt (oder durchschmerzt, dazu gleich) ist, ist auch unverwundbar ....

Gerda, die beiden Possesivpronomina bezogen sich auf Perle nicht auf Sandkorn - sind aber in der Tat die beiden anderen Wörter, bei denen ich mir unsicher war .. meinst Du/meint Ihr "Seine" und "es" aäre besser als "ihre" und "sie"?

@smile: ja, merci!! "durchschmerzt" ist um einiges besser als "durchgeschmerzt" .. ich hatte durchschmerzen als Verb im Kopf und kam dann auf das Partizip .. wie "durchgelegen" halt .. "durchschmerzt" ist aber deutlich besser, das nehme ich mal, danke!

Liebe Grüße
Max

Max

Beitragvon Max » 13.01.2008, 20:45

PS: Gerda, apropos ausbauen ... ja, ich habe eventuell auch zweistimmig im Kopf, allerdings habe ich diese erste Stimme erst einmal eindampfen und beeinander bekommen müssen ... vielleicht kommt aber noch etwas dazu :-)

Max

Beitragvon Max » 13.01.2008, 20:47

PPS: Gerda, Du hast recht, ich änder die Pronomina ...

scarlett

Beitragvon scarlett » 13.01.2008, 21:16

Lieber Max,

das ist sehr fein mit dem Bild der Perle.
Ich lese dein Gedicht ähnlich wie Smile, ein sich ständiges Erneuern wobei das Alte nicht ganz abgeschüttelt werden kann, es bleibt der Schmerz.

Gerne gelesen!

LG,
scarlett

Benutzeravatar
leonie
Beiträge: 8896
Registriert: 18.04.2006
Geschlecht:

Beitragvon leonie » 13.01.2008, 21:48

Lieber Max,

erstmal bin ich froh, dass Du in "durchschmerzt" geändert hast. Denn das war nach dem ersten Lesen vorhin mein erster Gedanke. Ich brauchte aber noch Zeit zum nachdenken, bevor ich mehr schreibe.

Meine Kritik bezieht sich darauf, dass das, was Du beschreibst, nie passiert. Du schreibst es aber so, als sei es tatsächlich jeden Abend so. Dadurch wird für mich das Bild unstimmig und ich bleibe daran hängen.
Deshalb meine Frage, ob es nicht besser wäre, dem Ganzen einen Konjunktiv zu geben.

Selbst wenn

sich abends
zwischen den Schalen
die Perle zum Sandkorn
verjüngte

Auferstanden
sich seine Kraft neu entzündete

wüchse es
doch wieder nur
zur Perle

die durchschmerzt
matt glänzt



Ich mag die letze Strophe sehr, weil sie meiner Meinung nach den Schmerz würdigt: Durchlitten kann er Schönheit hervorbringen. Ich kenne Menschen, die das ausstrahlen.

Liebe Grüße

leonie

Benutzeravatar
Ylvi
Beiträge: 9470
Registriert: 04.03.2006

Beitragvon Ylvi » 13.01.2008, 21:55

Hallo Max,

die geänderten Pronomina passen aber nicht zu meiner Interpretation ;-)
Es verändert den Fokus von der Perle hin zum Sandkorn, von der Illusion, dem Traum, der Hoffnung einer Veränderung hin zu einer tatsächlichen, die aber weder auf der realen Perlenebene noch auf der metaphorischen möglich ist. Verstehst du was ich meine?
Wenn die Perle aber positiv besetzt ist, und das durchschmerzt für Unverwundbarkeit steht, weshalb dann das "doch" und das "nur", bezieht sich das auf das matt? Wäre es dann nicht besser das "nur" vor das "matt" zu stellen?

liebe Grüße smile

Max

Beitragvon Max » 13.01.2008, 22:14

Liebe Leonie,

ich verstehe Deine Lesart, für mich ist das aber realer, selbst wenn es nicht passiert - es ist ein reales Gedankenspiel (das Spielerische war im ursprünglichen Titel "Auster rückwärts" noch betonter, allerdings klang mir der zu sehr nach Magen-Darm-beschwerden) - die Interpretation der letzten Strophe ist hingegen ganz meine, danke!

Liebe Smile,

hm, das ist nun schwer, als Gerda es schrobte, klang es mit einem Male stimmig für mich, Nun muss ich wirklich darüber nachdenken, ob ich den Focus auf Perle oder Sankronlegen mag (doch ist beides ja das gleiche) Das hingegen

von der Illusion, dem Traum, der Hoffnung einer Veränderung hin zu einer tatsächlichen, die aber weder auf der realen Perlenebene noch auf der metaphorischen möglich ist.


versteh ich schon - denn so war es gemeint. Mir scheint, dass Du denkst, dann müsste ich konsequent die Pronomina wieder zurückverwandeln, ja?

Gibt es dazu vielleicht noch andere Meinungen .. ich bin wie immer beim Ändern von gedichten zu nah dran und dann geht entweder alles oder gar nix mehr ...

Danke auf jeden Fall für die Gedanken!!

(Liebe Scarlett,

danke auch Dir für die Lektüre, vielleicht magst Du, da Du ähnlich liest wie Smile, auch etwas zu den Pronomina sagen? Das würde mir sehr helfen).

Liebe Grüße
max

Benutzeravatar
leonie
Beiträge: 8896
Registriert: 18.04.2006
Geschlecht:

Beitragvon leonie » 13.01.2008, 22:17

Lieber Max,

ich vermute, die vorherige Version hätte mir auch besser gefallen. Denn dann bleibt das Subjekt ja immer die Perle und es ist deutlich, dass sich der Wandlungsprozess nicht real vollzieht. Damit könnte auch ich besser leben :-).

Liebe Grüße

leonie

scarlett

Beitragvon scarlett » 13.01.2008, 22:23

Lieber Max,

ja, ich würde bei meiner Lesart und Interpretation die Pronomina "zurückverwandeln" ...

Das "nur" kann sich m M nach nicht auf das "matt" beziehen. Ich sehe so, wie es jetzt dasteht, allerdings keinen Widerspruch.

scarlett


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste