(Karneval) im November

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Thea

Beitragvon Thea » 12.11.2007, 18:49

 
Karneval
im November



an den Ästen halten sich Farben
die nicht fliehen wollen
und doch
werden sie
ihren Schatten zuwehen

leise um meine Beine
erwacht
ein fotografierter Blättertraum
ist mein Kostüm
im November

und doch
bleibe ich
ein Narr bleibe ich
nackt und nur
verschlafene Träume an mir

ich glaube
nicht mir
den Fotografien
trocknet die Seele

denn die Farben schienen
nie mehr wie damals
als du
sie an mir sahst

und doch
habe ich die Zeit verloren
zwischen den Augenblicken
zwischen Vertrocknetem
 
 
 
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Perry

Beitragvon Perry » 13.11.2007, 08:21

Hallo Thea,
ein etwas irreführender Titel, für diese "herbstlich" geprägte Selbstbetrachtung bzw. Rückschau auf eine Liebe. Die leise Sprache der Bilder gefällt mir gut, auch wenn ich mit einigen Formulierungen nicht ganz klar komme:
"werden sie / ihren Schatten zuwehen" [Können Farben ihre Schatten zuwehen?]

"leise um (?) meine Beine [um ... weht vielleicht]
erwacht
ein fotografierter Blättertraum
ist mein Kostüm
im (?)November [vielleicht der November]

"ich glaube
nicht mir
den Fotografien (?) [fotografieren oder]
trocknet (?) die Seele" [trocknen]

LG
Manfred

Andreas

Beitragvon Andreas » 13.11.2007, 11:09

Hallo Thea,

eine schöne, traurige Retrospektive auf eine Liebe. Metaphorisch auch mit dem Herbst angenehm umgesetzt.

Die Einwände / Anmerkungen, die Perry hat, teile ich nur bedingt.

So lese ich die Farben, die ihren Schatten zuwehen, als das farbige Herbstlaub und jedes Blatt wirft eben einen Schatten. Fällt es herab, weht es diesem Schatten entgegen.

Zeile 1+2 der zweiten Strophe lese ich auch stimmig, du hast lediglich eine alternative Wortanordnung gewählt. Leise erwacht um meine Beine .... so lese ich es.

Lediglich bei Strophe 4 sollte es sich m.M.n. wie folgt lesen:

ich glaube
nicht mir (sondern <- nur für mich zum Lesen gedacht)
den Fotografien
trocknen die Seelen

oder

ich glaube
nicht mir (sondern <- nur für mich zum Lesen gedacht)
der Fotografie
trocknet die Seele

Eine der beiden Varianten würde ich wählen, da ansonsten Zeile 3+4 ein etwas unrunder Einzahl / Mehrzahl Cocktail ist.

Liebe Grüße
Andreas

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 13.11.2007, 22:30

Liebe Thea,

im Vergleich zu den Texten oder sagen wir genauer Gedichten, die ich sonst von dir hier gelesen habe, empfinde ich diesen Text als schwächer.

Erstens scheinen mir die Zeilen so (wortwörtlich) schwerlich aufeinander zu folgen, ohne dass mir das als Konzept erscheint (trotz Herbststimmung), es ist als klebte ich fest und könnte nicht weiterlesen pro Zeile; zum anderen finde ich die Bilder etwas zu bekannt, gerade im Kontext Herbst, in Kombination mit sehr "trächtigen" Attributen, Konjunktionen (und doch-Konstruktionen) und Verben (nicht fliehen wollen, erwachen, Blättertraum, Narr, nackt, Seele, Farben)
Manchmal ist mir die Sprache auch zu direkt/ zu dicht an seiner Bedeutung (Vertrocknetes).
Aufgrund der Gängigkeit , den allgemeinen Entitäten, die bei ungesichertem Umfeld zu beliebig vom Leser gefüllt werden müssen und etwas zu dominanter Mächtigkeit der Herbsterzeugung - bleibt mir so der Text und die Stimmung, die erzeugt werden soll, fremd. Auch ist für mich Karneval ein sehr tiefes Wort und in keinem Fall mit Farben für mich angemessen gewürdigt ( @Titelversprechen)

Dabei gefällt mir der Versuch, die Stimmung im Verhältnis von Farben an Bäumen und einer Photographie herzustellen wollen, also das Einnehmen einer Zwischenperspektive im mehrfachen Sinne, so dass deutlich wird, wie fern das Verhältnis besteht (was auch wieder den Karneval erreicht). Und die Formulierung: "den (eigenen) Schatten zuwehen finde ich sprachlich sehr gelungen. Insgesamt finde ich das aber noch nicht vereinnahmend.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.


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