löschung (vorher: auslöschung)

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Elsa
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Beitragvon Elsa » 28.09.2007, 19:05

.
2. Fassung

löschung

ich schlappe
meer gerichtet zu
verschwinden
zwischen muscheln oder tang

dort draußen sirent ein
schleppschiff – kalkbeladen
(tote in gruben löscht man damit)

kühler salzgeschmack
auf meinen lippen
lächelt häme ein wenig
schief die hoffnung: vergesst mich

doch am ufer
schreit einer um hilfe



Auf Gerdas Anregung von Du zur Ich-Form verändert, danke!
3. Str., 4. Zeile doch eingefügt. öffnet deine lippen lachen korr. in:
auf meinen lippen lächelt häme.
Danke auch an Andreas und Mucki


1. Fassung

löschung

du schlappst
meer gerichtet zu
verschwinden
zwischen muscheln oder tang

dort draußen sirent ein
schleppschiff – kalkbeladen
(tote in gruben löscht man damit)

kühler salzgeschmack öffnet
deine lippen lachen ein wenig
schief die hoffnung: vergesst mich
am ufer
schreit einer um hilfe


Titeländerung = Idee Max, danke!

(c) Elsa Rieger

.
Zuletzt geändert von Elsa am 01.10.2007, 14:36, insgesamt 7-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 01.10.2007, 00:02

Liebe Elsie,

komme jetzt erst wieder hier vorbei.
Ja, der Titel "Löschung" ist viel besser. :richtig:
Deine Darlings musst du natürlich behalten, klar,-)
Saludos
Mucki

Gast

Beitragvon Gast » 01.10.2007, 01:11

Liebe Elsa,

Erst mal mutet mich der Text sehr anklagend an in V 1.Nachdem was ich glesen habe, in deinen Erläuterungen, hieße dieses, das Lyrich klagt sich selbst an ... treibt sich an Suizid zu begehen
Das will mir nicht aufgehen, die Anrede "Du" implziert ein "DU", neben dem Lyrich.
Summa sumarum (mit der Person am Ufer) komme ich auf 3 Personen in deinem Gedicht, wenn ich deine Erläuterungen nicht gelesen hätte.

"Schlappen", ist mir auch als Verb durchaus gebräuchlich und bildet einen Stabreim mit dem "Schleppschiff".
Allerdings sollte man nicht außer Acht lassen, dass sich "Schleppen" und "Schlappen" widersprechen.

Im Hinblick auf Leichen die mit Kalk gelöscht wurden (Massengräber z. B. während der Pest?) glaubte ich zunächst, dass sich der Text in diese Richtung entwickeln würde, was aber offenbar weder gewollt noch angedeutet wird, es geht also ausschließlich um ein Lyrich, dass daran gehindert wird in den Freitod zu gehen?!
Es sollen wohl Gednaken sein, die dem Lyrich in persona des "Du" durch den Kopf gehen.
Für meine Begriffe, hast du hier zu dick aufgetragen und ich frage mich ernsthaft, warum der Schlepper mit der Kalkladung als Bild herangezogen wird. Vielleicht versteh ich den Zusammenhang auch nicht.
Mir fehlt hier Bildkonsistenz unf auch die Ausführung, Lyrich in der zweiten Person halte ich für nicht gelungen.
Im Grunde ist doch schnell erzählt, dass die Figur am Ufer das Lyrich durch den Hilfeschrei abhält sich umzubringen ... :confused:

Hört sich wahrscheinlich merkwürdig und wenig einsichtig an, aber ich komme nicht weiter mit diesem Text.
Mir scheint er trägt so nicht.

Liebe Grüße
Gerda

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 01.10.2007, 09:51

Liebe Gerda,

Danke für deine Befassung damit.

Es sollen wohl Gednaken sein, die dem Lyrich in persona des "Du" durch den Kopf gehen.
Ja, so ist es gedacht.

Für meine Begriffe, hast du hier zu dick aufgetragen und ich frage mich ernsthaft, warum der Schlepper mit der Kalkladung als Bild herangezogen wird
Ja, es ist durchaus dick. Der Schlepper mit Kalk hat einen Kretabezug, dort wird Kalk abgebaut.

nicht außer Acht lassen, dass sich "Schleppen" und "Schlappen" widersprechen.
Ja, das eine ist Kraft, das andere Schwäche.

Lyrich in der zweiten Person halte ich für nicht gelungen.
Daran habe ich auch schon gedacht, ich werde eine Ich-Fassung probieren.

Im Grunde ist doch schnell erzählt, dass die Figur am Ufer das Lyrich durch den Hilfeschrei abhält sich umzubringen ...
*g* Naja, im Grunde kann man alles schnell erzählen, oder eben langsam, trudelig, weitläufig oder mit 3 Worten.

Schade, dass ich dich nicht erreiche mit dem Text, aber so ist es eben auch mal.

Ich stelle dennoch eine 2. Fassung mit "ich" ein.

Danke und lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Gast

Beitragvon Gast » 01.10.2007, 11:03

Entschuldige, liebe Elsa,

das mit dem "schnell erzählt" ist natürlich Blödsinn, :confused: es kommt auf das wie an und ich bin gespannt, wie die Version in der ersten Person ausfallen wird.
Ih würde gern, da ich den Kretabezug nicht kenne, auch ohne ihn verknüpfen können - verstehst du?
Oder ist es eine, jenen Bildungslücken ähnliche, wie wenn man nicht weiß, dass in Carrara Marmor abegbaut wird und im Ruhrgebiet Kohle?

Liebe Grüße
Gerda

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 01.10.2007, 11:59

Liebe Gerda,

du reizt mich :-)

Deswegen habe ich nun eine alternative Fassung entwickelt.

Dass mit dem Kalkabbau habe ich dort gesehen, es ist keine Wissenslücke, aber Kalk fasziniert mich, wegen den gelöschten Gruben, den Totenmasken. Und während ich mir diese Erklärung meine Gipsaffirmation zurechrlegte, fiel mir das ein als Mittelstrophe:

dort draußen sirent ein
schleppschiff – kalkbeladen
kriege keine maske nachher
zerweiche ich am grund


Würde dich das eher ...?

Lieben Gruß
ELsa

PS: Achja, die Ich-Fassung steht schon oben mit der alten 2.Str.
Schreiben ist atmen

Andreas

Beitragvon Andreas » 01.10.2007, 12:02

Hallo Elsa,

hier ist jetzt schon soviel "durchgekaut" worden (im positiven Sinne), dass ich gar nicht weiss, ob meine Anregung überhaupt noch fruchtbar für dich ist.

Ich empfinde deine Zeilen sehr intensiv, intensiv in Form von Melancholie / Depression / Abschied, komme aber etwas mit meinem Lesegefühl durcheinander, wenn ich "meine Lippen lachen ein wenig" lese. Zwar kann ich es wohl deuten, aber irgendwie verunreinigt es die triste Stimmung, die du aufbaust.

Lachen ist für mich immer eine Lautäußerung. I.d.R. eine intensiv fröhliche Lautäußerung (außer vielleicht bei einem irren / kranken Lachen), egal, ob nun ein "wenig" oder nicht. Das heisst ich habe beim Lesen eine klare Diskrepanz zwischen zu Tode betrübt und dieser Zeile. Für mich würde es sich besser lesen und auch runder sein, wenn es kein Lachen, sondern ein Lächeln ist. Lächeln kann bei mir hingegen als Versuch einer (ansatzweise positiven) Emotion durchgehen, ein letztes Aufbäumen gegen die Depression / den Abschied.

Dennoch, sehr gerne gelesen.

Liebe Grüße
Andreas

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 01.10.2007, 12:09

Lieber Andreas,

danke! Was du über Lachen sagst, stimmt schon.
Lächeln ist es eher keines, ich "fühle" es mehr wie Häme, wie ein Grinsen.
Vielleicht schreibe ich das?
Denn LI will nicht gerettet werden, dennoch geschieht es.

Ich muss jetzt ein bisschen abwarten, ob ich doch in sich etwas verändere, oder lieber bei der Urfassung bleibe.

Alles braucht Zeit, aber danke, dass es dir gefällt!

Lieben Gruß und Mahlzeit ;-)
Elsa
Schreiben ist atmen

Gast

Beitragvon Gast » 01.10.2007, 12:11

Oh, Elsa, das "kriege" nein, imho geht das nicht, :confused:

"bekomme" hat eine Silbe zu viel ...

Warum nicht die Frage: eine maske für mich?

(meine spontane Idee).

Das Lachen, welches Andreas anspricht ... so weit war ich noch nicht... vielleicht müsste es "lächeln" heißen...

Erst mal
LGG

PS, ... gerade sehe ich deine Antwort an Andreas ... das Wort "Häme", bzw. "hämisch" gefällt mir gut, wenn es für dich passt ...

Ja, die Ich-from ist für mich die eindeutig bessere, selbst der beschreibene Gedanke, des Erinnerns an die Toten hat nun einen anderen klareren Stellenwert ... Das Kalkschiff wirkt nun nicht wie vom anderen Stern ***
Wie die Ich-Form doch das Gedicht platischer macht und die Bilder bei mir entstehen lässt ... Besser, sooo viel besser, ich muss noch einmal nachdenken, vielleicht, ist das schon ausreichend ... dass es gut ist (abgesehen vom "Lachen" jetzt mal ...).

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 01.10.2007, 12:58

Liebe Gerda,

ich trenne mich ungern von den Kalkgruben, vielleicht reicht ja die Ich-Form.

Denk nach darüber, bitte :-)

Was die Häme betrifft, gibt es Alternativen:

kühler salzgeschmack öffnet
meine lippen lachen ein wenig
schief die hoffnung: vergesst mich
doch am ufer
schreit einer um hilfe


meine lippen in häme ein wenig

meinen mund hämisch ein wenig

die lippen lachen hämisch in
schiefer hoffnung

Puff, was es das für Möglichkeiten gibt ...

Danke dir herzlich für deine Gerdanken dazu. Es ist ein wichtiges Gedicht für mich.

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Mucki
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Beitragvon Mucki » 01.10.2007, 13:18

Liebe Elsie,

ja, die Ich-Version finde ich viel besser. So rätselt man nicht herum, ob es drei Personen sind. Das DU in der vorherigen Version ist wirklich verwirrend. Ich habe es ja auch erst nach deiner Erläuterung verstanden.

Das eingesetzte "doch" ist gut!

Wegen dem Lachen:

kühler salzgeschmack öffnet
meine lippen lachen ein wenig



Vielleicht ginge:

kühler salzgeschmack öffnet
meine lippen hämisch


Eigentlich ist doch in dem Wort "hämisch" das "Lachen" enthalten.

Was meinst du?

Saludos
Mucki

Andreas

Beitragvon Andreas » 01.10.2007, 13:32

kühler salzgeschmack öffnet
meine lippen hämisch


Dem mag ich mich gerne anschließen.
Eine gute Idee.

LG
Andreas

Gast

Beitragvon Gast » 01.10.2007, 13:32

Liebe Elsa,

ich mache mir Gerdanken ;-) , ja.

Ich finde, das du jetzt sehr subtil abwägen solltest.

Zum Beispiel: Das Öffnen der lippen kann nicht hämisch sein ... das zukneifen wohl so wirken ...


kühler salzgeschmack öffnet
auf meinen lippen lächelt häme
lachen ein wenig
schief die hoffnung: vergesst mich

so, könnte es gehen, meine ich

mit lieben
GeЯdanken

Lieber Andreas,

wie ich oben schrieb, (hat sich überschnitten) geht das m. M. n. nicht.
Salzgeschmack kann Lippen nicht "hämisch" öffnen, das ergibt wieder ein in konistentes Bild.
Es kann nur hämisch wirken, weiß, das Lyrich darum, wie es wirkt oder muss es das spüren?
Liebe Gerdankengrüße

Mucki
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Beitragvon Mucki » 01.10.2007, 14:22

Liebe Gerda,

es stimmt, wie kann das LI wissen, ob das Lächeln hämisch wirkt.
Aber, bei dieser Version:

kühler salzgeschmack
auf meinen lippen lächelt häme


ist das doch auch der Fall, oder? :12:
Saludos
Mucki

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 01.10.2007, 14:29

Naja, liebe Mucki,

Jetzt ist es so mM. dass das LI ein Gefühl beschleicht, als lächelte der salzgeschmack häme.

Es ist von innen gesehen, meine ich bei der Fassung.

LG
ELsie
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