Erste Liebe

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
scarlett

Beitragvon scarlett » 16.06.2007, 09:43

Erste Liebe

Selbst wenn die Mohnfrau wiederkehrt:
das Rote wird verblichen sein

Doch unter heilenden Händen
die schon so oft den Tod berührt
werden sich Nachtrosen entfalten

geheimnisvoll und ohne Dornen

Verborgen zwischen Dunkelblüten
lebt angebrochenes Lachen fort
atmet
das frühe Wort


1. Version

Selbst wenn die Mohnfrau wiederkehrt:
das Rote wird verblichen sein

Doch unter heilenden Händen
die schon so oft den Tod berührt
werden sich Nachtrosen entfalten

geheimnisvoll und ohne Dornen

Verborgen zwischen Dunkelblüten
lebt angebrochenes Lachen fort
atmet das frühe Wort

immer noch


scarlett, 2007
Zuletzt geändert von scarlett am 18.06.2007, 11:50, insgesamt 2-mal geändert.

Gast

Beitragvon Gast » 16.06.2007, 11:47

Liebe scaralett,

ein ganz klein wenig hat mich der Titel des Gedichts irritiert

Es handelt sich offenbar um das Heilen von Wunden nach dem ersten Liebeskummer, aber nicht geschrieben aus der Sicht des Leidenden, sondern aus der Sicht eines wissenden reifen Erzählichs.

Das ist eine ungewöhnliche und reizvolle Perspektive, finde ich.

Die letzte Zeile halte ich für überflüssig, weil sie zu abgeklärt und ein wenig angehängt auf mich wirkt.

Auf jeden Fall ein poetischer Text, in dem mir der "Mohn" auch gut gefällt. ;-)

Liebe Grüße
Gerda
Zuletzt geändert von Gast am 16.06.2007, 14:03, insgesamt 1-mal geändert.

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 16.06.2007, 12:49

hallo scarlett,
spezifisch weiblich, geheimnisvoll, erdig. leicht unheimlich. sicher tief empfunden.
"immer noch" klingt tatsächlich unter den poetischen zeilen wie angehängt.

gruß
chiquita

Herby

Beitragvon Herby » 16.06.2007, 13:01

Liebe scarlett,

das ist jetzt nicht sonderlich originell, aber meine Vorkommentatorinnen schrieben mir aus der Seele, ihrem Lob schließe ich mich sehr gerne an.

Und - erlaub mir die Bitte, ich sei im Bunde der Dritte ;-) - auch ich finde, es bedarf des letzten Verses nicht, ohne wäre bei diesem Text mehr.

Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
Herby

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leonie
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Beitragvon leonie » 16.06.2007, 13:35

Liebe scarlett,

ich mag Dein Gedicht auch, schöne scarlett-Bilder/Formulierungen und plöädiere auch für die Streichung des letzten Verses.

Und im ersten: Wie wäre:

Selbst wenn die Mohnfrau wiederkehrt
wird ihr Rot verblichen sein

Dann hättest Du nur zwei Artikel statt drei...

Liebe Grüße

leonie

Max

Beitragvon Max » 16.06.2007, 21:54

Liebe Scarlett,

das finde ich ein sehr schönes Gedicht, das Trost zu spenden vermag. In der Tat ist wohl die letzte Zeil ein wenig zu viel des Trostes, aber ich kann mir vorstellen, dass Du an ihr hängst.

Etwas irritiert hat mich zu Anfang "die MOhnfrau", weil ich dachte es jüngst erst bei Pandora gelesen zu haben ... aber ihr Mohnmädchen ist nicht nur gewandert, sondern eben auch gealtert und zur Mohnfrau geworden.

Habe ich gern gelesen.

Liebe Grüße
max

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 17.06.2007, 10:27

Hallo scarlett,

ich finde das Gedicht ebenfalls sehr schön. Ein stimmungsvoller, auf seine fließende Art versöhnlicher Text. Das "immer noch" bräuchte für mein Leseverständnis nicht abgesetzt werden, aber Du kannst das natürlich durchaus machen.

Gerne gelesen

Jürgen

Niko

Beitragvon Niko » 17.06.2007, 11:08

hallo scarlett!
letzte zeile find auch ich nicht bereichernd. stress macht mir "mohnfrau". da kann ich nicht viel mit anfangen und es wirkt darum für mich künstlich. meine version wäre folgende:

Erste Liebe

Selbst wenn sie wiederkehrt:
das Rote wird verblichen sein

Doch unter heilenden Händen
die schon so oft den Tod berührt
werden sich Nachtrosen entfalten

geheimnisvoll und ohne Dornen

Verborgen zwischen Dunkelblüten
lebt angebrochenes Lachen fort
atmet
das frühe Wort


auch fände ich "dunkle blüten" passender. dunkelblüten...-naja, mir behagt es nicht so sehr.

dennoch insgesamt ein gutes gedicht.
lieben gruß: Niko

scarlett

Beitragvon scarlett » 18.06.2007, 09:23

Hallo in die Runde und herzlichen Dank für eure Rückmeldungen!

Ich habe mich darüber gefreut, daß dieser Text offenbar gut angekommen ist und auch keine weiteren Verständnisschwierigkeiten aufgeworfen hat (selbst die Zeile mit dem Tod nicht).

Und da sich diesmal ja alle einig sind, was die letzte Verszeile anbelangt, werde ich sie wohl entfernen - ODER: evtl. das "immer noch" in die vorletzte Zeile integrieren, das sähe dann folgendermaßen aus:

"Verborgen zwischen Dunkelblüten
lebt angebrochenes Lachen fort
atmet noch immer
das frühe Wort". "

Liebe leonie, danke für den HInweis bzgl. der Einsparung eines Artikels - allerdings ist es für mich nicht dasselbe, ob ich sage "ihr rot" oder "das Rote" - letzteres ist weiter gefaßt und so war es auch gemeint.

Tja, Max - die Mohnfrau kann natürlich nciht ohne das MOhnmädchen existieren, ebensowenig wie eine späte Liebe (Nachtrosen) ohne eine erste - mit pandoras Gedicht hat das eher wenig zu tun, der Mohn ist nun mal ein Motiv, das bei mir immer wiederkehrt und das eine ganz bestimmte Bedeutung hat.

Daß dir, Niko, nun gerade diese "Wortschöpfung" nicht so gefällt, ist zwar schade, läßt sich jedoch nicht ändern - gleiches gilt für die "Dunkelblüten" (dunkle Blüten gibt es sicher sehr viele... ;-) )

Liebe Gerda, du schriebst:

"Es handelt sich offenbar um das Heilen von Wunden nach dem ersten Liebeskummer, aber nicht geschrieben aus der Sicht des Leidenden, sondern aus der Sicht eines wissenden reifen Erzählichs."

Ja, dieses über die Jahre gewandelte, reife Erzählich stellt die Möglichkeit eines "Wiederkehrens" (seiner selbst und der Liebe..) in Aussicht - Es wird aber ein anderes sein und die erste LIebe (das zarte, durchscheinende, verspielte usw. des Mohns) ebenfalls, dargestellt am Gegensatz Mohn - Nachtrosen (wobei hier auch ganz wichtig ist, daß sie keine Dornen haben, die Zeit der Verletzungen ist vorbei!).
Das Ich spricht im Gedicht als Mohnfrau von sich selbst.

Das nicht explizit genannte Du im Gedicht ist es, was vielleicht etwas Probleme bereitet. Eigentlich wollte ich "deine heilenden Hände" schreiben, weil es sind diese Hände, die selbst viel erlebt haben und die damit anzeigen, daß eine lange Zeit vergangen ist zwischen Mohn(frau) und dem Jetzt der Rosen - soll ich dieses "deine" denn doch reinnehmen, was meinst du?

Die letzte Strophe ist dann ja wohl klar - etwas von dieser ersten LIebe hat überlebt und lebt immer noch fort -

Dieses Gedicht steht übrigens in direkter Verbindung zu meinem "Verzicht" - Gedicht, erinnerst du dich daran? Es werden wohl mehrere zu diesem Thema zusammengefaßt werden...

Nochmal lieben Dank an alle, Gerda, Niko, Max, Jürgen, Herby, leonie, chiquita (herzlich willkommen übrigens auch von mir!),

und Grüße

scarlett

Gast

Beitragvon Gast » 18.06.2007, 11:36

Liebe scarlett,

du hast mich gefragt, ob du vor "heilenden Händen" ein "deine" ergänzen solltest.
Meiner Meinung nach nicht. Ich denke, dass dieses eher Verwirrung stiften würde.
(Möglich dass jemand auf die Idee kommt und dem Du die heilenden Hände zuweist)
Das noch immer würde ich jedem Fall streichen.
Auch an dieser Stelle ist es nur "Füllsel", ;-) denn im Lachen, das "fort"lebt, steckt das weiterhin, noch immer bereits drin.

Ich habe nachgesehen und "Verzicht" gefunden. Ich konnte mich, nach über einem Jahr, auf Anhieb nicht, aber beim Lesen sofort erinnern. Man spürt die Verwandtschaft der Texte.

Liebe Grüße
Gerda

scarlett

Beitragvon scarlett » 18.06.2007, 11:49

Liebe Gerda,

danke nochmal für deine Meinung.

das "noch immer" wird jetzt ersatzlos gestrichen.

Schönen Tag und Grüße,

scarlett

Perry

Beitragvon Perry » 18.06.2007, 15:53

Hallo Scarlett,
ich bin zwar spät dran, möchte dir aber trotzdem noch zu diesem poetischen Kleinod gratulieren.
Einzig das "angebrochene" Lachen klingt für mich etwas sperrig.

Vorschlag:
Verborgen zwischen Dunkelblüten
lebt noch das Lachen fort
atmet
das frühe Wort

LG
Manfred

scarlett

Beitragvon scarlett » 18.06.2007, 19:28

Hallo Manfred,

zunächst mal danke für deine Rückmeldung (es ist nie spät!) und für das "poetische Kleinod" - das macht mich ja richtig verlegen...

Leider leider... das angebrochene Lachen... ich fürchte, davon kann ich mich nicht trennen. Es versprachlicht für mich so ein "angefangen, aber nicht zu Ende geführt" - verstehst du, was ich meine? Vielleicht gäbe es einen adäquaten Ersatz für das, was ich damit ausdrücken möchte, hab zwar keine Idee, aber wer weiß? Nur eines steht fest: ich kann das nicht einfach weglassen, zu viel würde somit auf der Strecke bleiben.

Hab lieben Dank für deine Zeilen und Grüße in den Abend,

scarlett


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