wörter

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 15.06.2007, 09:29

 

Wörter, Wörter überall Wörter
sie nagen und kriechen
fauchen und rennen
verbeißen sich wütend
wie verfeindete Hunde
bis aufs Blut
geifern um den besten Platz und lassen keine Ruhe
Schlaffresser mit spitzen Zähnen
die wie ein Uhrwerk ineinander greifen
und sich drehen
und mich drehen
aufgezogen pendeln

zwischen

erst war ich sicher (gestern brannte die Antwort lichterloh)

dein Wischwasser erstickte die Flammen
bis der Qualm meine Lungen schwärzte

in deiner Wohnung empfängst du Sie, die Wissende
ihretwegen begann deine Welt sauber zu reden
sie brachte deinen Sätzen ihre Bedeutung bei

über
allem

auf den Fassaden
in den Schaufenstern der menschengeschmückten Stadt
auch in den Schatten dahinter
ihr geschriebenes Gesicht

und in mir

nichts als würgende Wörter (eure Nähe raubt mir die Worte)

in deiner Hand hältst du meine Flügel und weißt es nicht

und weißt es doch

du brichst sie nicht versehentlich

 

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 16.06.2007, 19:35

gerade fällt mir auf, daß "wörter" doch wohl nicht das beste deutsch ist. müßte es nicht besser "worte" lauten?

Max

Beitragvon Max » 16.06.2007, 21:27

Liebe Smile,

nun bei dem Untertitel hat mich das Gedicht natürlich interessiert.

Das einzige, was ich darin eigentlich nicht wiedergefunden habe, ist unsere Diskussion, aber das ist vielleicht auch besser so.

Ansonsten halte ich das Gedicht für sehr reichhaltig. Die Strophe 1 besticht durch ihren Rhythmus,

das "zwischen" gefällt mir schon dadurch , dass es allein steht und damit nicht nur als Wort sondern auch in der Postition "zwischen" ist. Auch inhaltlich läutet es etwas anderes ein, nämlich den Grund für Strophe 1 (das ist mir allerdings nicht sofort aufgefallen).

Gut ist auch, wie Du das Würgen in

und in mir

nichts als würgende Wörter (eure Nähe raubt mir die Worte)


auch optisch sichtbar machst.

Die letzte Zeile finde ich stark.

Für meinen Geschmack ist das sehr gelungen - vielleicht würde ich bei


sie brachte deinen Sätzen ihre Bedeutung bei


das "ihre" streichen, aber das ist eine Winzigkeit.

Liebe Grüße
Max

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 17.06.2007, 10:37

Hallo Max,
Das einzige, was ich darin eigentlich nicht wiedergefunden habe, ist unsere Diskussion, aber das ist vielleicht auch besser so.

Sie war aber der Auslöser :nicken: also danke für die Inspiration, auch wenn ich sie erst nicht so empfunden habe. Und es freut mich außerordentlich, dass das Gedicht, das sich daraus entwickelt hat, dich anspricht.
Das "ihre" bezieht sich auf sie, die "Wissende", deshalb hat es dort denke ich seine Berechtigung.

liebe Grüße smile


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