Mythische Erkenntnisreise

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Mucki
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Beitragvon Mucki » 28.01.2007, 18:25

2. Fassung

Mythische Erkenntnisreise

als Odysseus irrte ich über die Meere
immer aufs Neue von Poseidon bezwungen
kämpfte gegen Giganten des Geistes
wagte nicht der Überflutung meiner schwarzen Seele zu trotzen

als Tantalos verzehrte ich mich nach Speise und Trank
unbarmherzig vor meinen Augen weichend
gestand den Diebstahl an mir selbst nicht ein

als Ikarus im Labyrinth gefangen
vertraute ich den Flügeln aus Wachs
überhörte die Warnung meines Vaters

als Sisyphos schob ich den Fels hinauf zum Berg
ohne ihn als Teil des Ganzen zu sehen

als Ares entfachte ich den Krieg
gegen mich selbst
verweigerte mir den inneren Frieden

als Achilles besiegelte der Pfeil meinen Tod
meine Verwundbarkeit vermochte ich nicht einzugestehen

als Hermes brachte ich mir selbst die Botschaften
verstand es nicht ihren Inhalt zu entschlüsseln

als Pandora ergoss ich das Unheil in mein Dasein
Übermut und Trotz führten mich zur Versuchung
die Hoffnung ließ ich zurück

endlos lief ich im Kreis um mich herum
erkannte meine eigenen Spuren nicht
gefangen im selbst erschaffenen Kerker
gelang mir der Ausbruch nicht

tausend Schritte ging ich ein Leben lang
wich unendlich vielen Hürden aus
statt sie zu meistern
so viele Wege gesucht
im Labyrinth der Ahnungslosigkeit

bis die Stimme meiner Intuition
mir den ersten aller Schritte zuflüsterte

sei du selbst

© Magic




Mythische Erkenntnisreise

als Odysseus irrte ich über die Meere
immer aufs Neue von Poseidon bezwungen
in Gedankenstrudeln überflutet
kämpfte gegen Giganten des Geistes
meiner schwarzen Seele

als Tantalos verzehrte ich mich nach dem Ersehnten
unbarmherzig mir entrissen
so nah und doch so fern
gestand meinen Diebstahl nicht ein

als Ikarus im Labyrinth gefangen
schuf ich mir Flügel aus Wachs
zum Verbrennen verurteilt
überhörte die Warnung des Dädalus

als Sisyphos schob ich den Fels hinauf zum Berg
ohne ihn als Teil des Ganzen zu sehen

als Einäugiger unter Blinden
vermochte ich den König in mir nicht zu erkennen

als Thor nahm ich den Hammer
schlug ihn auf mich selbst
statt den gordischen Knoten in mir zu lösen

als Amor trieb ich den Pfeil nicht in mein Herz
sondern in meine Ferse des Achilles

als Hiob brachte ich mir selbst die Botschaften
hielt sie für wahrhaftig

als Pandora ergoss ich leichtsinnig
die Büchse in mein Dasein
hielt der Versuchung nicht stand

als Damokles wagte ich mich auf den Herrschersitz
war auch das Rosshaar noch so kräftig
schwebte dennoch das Schwert
stets bedrohlich über mir

Excalibur wusste ich nicht zu nutzen
warf es der Herrin vom See zurück

mit Sieben-Meilen-Stiefeln
lief ich im Kreis um mich herum
erkannte meine eigenen Spuren nicht
gefangen im selbst erschaffenen Kerker
blieb mir der richtige Weg verborgen

tausend Schritte ging ich ein Leben lang
wich unendlich vielen Hürden aus
statt sie zu meistern
so viele Wege gegangen
im Labyrinth der Ahnungslosigkeit

bis die leise Stimme meiner Intuition
mir den ersten aller Schritte zuflüsterte

sei du selbst

© Magic
Zuletzt geändert von Mucki am 30.01.2007, 14:19, insgesamt 3-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 29.01.2007, 23:34

Hallo Annette,

Eine Stelle verstehe ich sprachlich nicht:
als Pandora ergoss ich das Unheil in mein Dasein
übermütiger Trotz ließen mich versuchen
versperrte der Hoffnung den Weg


Die Pandora aus der Sage war übermütig und trotzig. Deshalb konnte sie der Versuchung nicht widerstehen. Ich habe aber "versuchen" gewählt, um ein Verb einzusetzen und nicht so viele Subjektive im Text zu haben.

Und da ist eine Wiederholung in der "tausend Schritte"-Strophe: „ging“ und „gegangen“.


Jep, hab ich geändert in "gesucht", also:

so viele Wege gesucht
im Labyrinth der Ahnungslosigkeit

Mir ist der Text zu tragisch, zu dramatisch. Das Ich ist ja metaphorisch zu Tode gestürzt, erschossen, im Krieg mit sich, im Kampf auf Leben und Tod mit den Naturgewalten, heimgesucht von allem Übel, Not und Elend der Welt, zwei Mal gefoltert worden, gefangen und verirrt. Und vergleicht sich dabei mit Helden, Göttern und Halbgöttern. Irgendwie würde ich mir ein Augenzwinkern am Ende wünschen, etwas ironische Distanz - falls das in Deinem Sinne ist. *zwinker*


Das ist Absicht. Die mythischen Figuren stehen ja als Symbole, als "Sprungbrett" für die Schlüsse, die das Ich zieht, nämlich:


kämpfte gegen Giganten des Geistes
wagte nicht der Überflutung meiner schwarzen Seele zu trotzen

gestand den Diebstahl an mir selbst nicht ein

überhörte die Warnung des Vaters

ohne ihn als Teil des Ganzen zu sehen

verweigerte mir den inneren Frieden

meine Verwundbarkeit vermochte ich nicht einzugestehen

brachte ich mir selbst die Botschaften
verstand es nicht ihren Inhalt zu entschlüsseln

versperrte der Hoffnung den Weg

Aber vor allem griff ich zu all diesen Figuren, um eben das Hauptfazit zu ziehen:

sei du selbst

und eben nicht eine dieser Figuren.
Saludos
Magic

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annette
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Beitragvon annette » 30.01.2007, 13:30

Magic hat geschrieben:
Eine Stelle verstehe ich sprachlich nicht:
als Pandora ergoss ich das Unheil in mein Dasein
übermütiger Trotz ließen mich versuchen
versperrte der Hoffnung den Weg


Die Pandora aus der Sage war übermütig und trotzig. Deshalb konnte sie der Versuchung nicht widerstehen. Ich habe aber "versuchen" gewählt, um ein Verb einzusetzen und nicht so viele Subjektive im Text zu haben.


Ja, das hab ich verstanden, aber irgendwie steh ich auf der Leitung: Wieso "ließen" - Was ist das Subjekt dazu? Der Trotz? Dann dürfte es nicht im Plural stehen. Was sonst?

Aber vor allem griff ich zu all diesen Figuren, um eben das Hauptfazit zu ziehen:
sei du selbst
und eben nicht eine dieser Figuren.


Ja, klar, das ist eine sehr klare und offensichtliche Aussage (wie schon mal angemerkt). Ich habe mich nur gefragt, ob die Überhöhung des Ich durch so viel Leid und soviel Heldentum nötig ist - aber wenn das für Dich stimmt, dann stimmt's. *g*

Gruß, annette

Mucki
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Beitragvon Mucki » 30.01.2007, 14:28

Hallo Annette,

Ja, das hab ich verstanden, aber irgendwie steh ich auf der Leitung: Wieso "ließen" - Was ist das Subjekt dazu? Der Trotz? Dann dürfte es nicht im Plural stehen. Was sonst?


Ach so, da habe ich dich missverstanden.

Ich hab es geändert in:

als Pandora ergoss ich das Unheil in mein Dasein
Übermut und Trotz führten mich zur Versuchung
die Hoffnung ließ ich zurück

hab also doch wieder Substantive drin, na ja, was solls.

Ich habe mich nur gefragt, ob die Überhöhung des Ich durch so viel Leid und soviel Heldentum nötig ist


Ich finde, dass da gar nicht so viel Heldentum drin ist, sondern eher Scheitern, Hadern, Kampf. Wo ist hier Heldentum? Ich schreibe ja nicht von den Siegen, die z.B. Odysseus errungen hat, im Gegenteil, es geht immer um das Scheitern, die Niederlagen. Und gerade diese habe ich ganz gezielt gewählt, da sie gut projezierbar auf das Ich sind.

Habe noch paar Kleinigkeiten geändert:

als Tantalos verzehrte ich mich nach Speise und Trank --> "Speise" statt "Essen"


überhörte die Warnung meines Vaters --> "meines" statt "des" Vaters
und, wie erwähnt, den obigen Passus.
Saludos
Magic

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 30.01.2007, 16:36

Liebe Magic,
mir geht es insgesamt mit der Wucht des Aufwands wie annette:

Ich habe mich nur gefragt, ob die Überhöhung des Ich durch so viel Leid und soviel Heldentum nötig ist


aber auch mit ihrer Folgerung
- aber wenn das für Dich stimmt, dann stimmt's.


sodass ich nur Aspekte anmerken möchte:

Durch die Reduzierung auf die griechische Mythologie hat der Text sehr gewonnen finde ich!

Kleine Idee: Zum einen könnte es den Text auflockern, wenn nicht jede "Episode" mit "als" beginnen würde? Ich könnte Vorschläge dafür machen, weiß aber nicht, ob du das möchtest? Ich würde da gar nichts weiter am Text ändern, einfach nur etwas die Sätze umstellen...würde sich vielleicht zumindest lohnen, das zu versuchen und die Wirkung anzugucken?

Den Sisyphos find ich am gelungensten, weil da eigene Dimension reinkommt, die Begründung:

ohne ihn als Teil des Ganzen zu sehen


find ich eine schöne Perspektive auf den Grund, warum er sich so schinden muss...

Die zweite Unsicherheit bezieht sich auf den Schluss (weiß nicht, ob das schon angemerkt wurde). Du lässt das lyr. ich ja eine Reihe von mythischen Qualen durchlaufen, aber nie kommt es bei sich an, erst als es auf sich guckt schafft es sich selbst anzunähern. Aber der letzte Vers 2Sei du selbst" steht dafür zu nah am Oraklespruch von Delphi,oder? Ich meine, entweder sagt das orakel das sogar so (neben dem "Erkenne dich selbst" oder die praktische Auslegung davon lautet so wie dein Satz"). Sprachlich ist das natürlich ein schöner Aufgriff des Themas, aber inhaltlich würde sich das Ich dann wieder in den Mythologien (dem fremden/dem nicht bei sich sein) verstricken? Aber vielleicht ist der Satz auch nur so ähnlich und dadurch gerade eine schöne Wendung, ich bin kein Delphispezialist...wollte nur diesen Gedanken anmerken, vielleicht lässt sich da recherchieren.


Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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annette
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Beitragvon annette » 30.01.2007, 16:54

Lisa hat geschrieben:Sprachlich ist das natürlich ein schöner Aufgriff des Themas, aber inhaltlich würde sich das Ich dann wieder in den Mythologien (dem fremden/dem nicht bei sich sein) verstricken?

Liebe Lisa, ja, über an der Tür des Tempels von Delphi soll "Erkenne Dich selbst" gestanden haben.

Ich finde das hier aber kein erneutes Verstricken im Mythos. Der entscheidende Unterschied in meinen Augen ist der, dass bei dem Orakelspruch, bzw. dem Rat der Intuition keine Figur im Mittelpunkt steht, mit der das Ich sich identifiziert.

Das ist auch der Grund, warum ich die Satzanfänge "Als xyz" so stehen lassen würde. Denn im Vordergrund stehen für mein Verständnis weniger die einzelnen Geschichten, als die Figuren, mit denen das Ich sich gewissermaßen verwechselt.

Gruß, annette

Mucki
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Beitragvon Mucki » 30.01.2007, 17:20

Hallo Lisa,


mir geht es insgesamt mit der Wucht des Aufwands wie annette:

Zitat:Ich habe mich nur gefragt, ob die Überhöhung des Ich durch so viel Leid und soviel Heldentum nötig ist


Das ist doch die Grundidee dieser mythischen Odysee. Ließe ich das weg, könnte ich genauso gut einen Aphorismus schreiben.

Du schreibst von Wucht. Ich könnte das Ganze auch reduzieren auf zwei Figuren, hätte dann aber nicht all die Facetten der Verwundbarkeit eines Menschen.

Und zum Heldentum, siehe meine Antwort an Anette. WO habe ich von Heldentum geschrieben? Ich schrieb von Irren, Suche, Sehnen, Fluch, Tod, Kampf, scheitern, Verwundbarkeit. Diese Figuren mögen teilweise Helden aus der Mythologie sein, aber ich habe eben gerade nicht die Facette des Heldentums benutzt, sondern genau ihre verwundbaren Stellen.


Kleine Idee: Zum einen könnte es den Text auflockern, wenn nicht jede "Episode" mit "als" beginnen würde? Ich könnte Vorschläge dafür machen, weiß aber nicht, ob du das möchtest? Ich würde da gar nichts weiter am Text ändern, einfach nur etwas die Sätze umstellen...würde sich vielleicht zumindest lohnen, das zu versuchen und die Wirkung anzugucken?


Es wurde gerade kritisiert, dass ich das "Als" nicht durchgängig durchgezogen hatte. Deshalb habe ich es geändert. Ich hätte auch jedes Mal schreiben können: Als wäre ich .....
denn nichts anderes will ich ja ausdrücken.

Du lässt das lyr. ich ja eine Reihe von mythischen Qualen durchlaufen, aber nie kommt es bei sich an, erst als es auf sich guckt schafft es sich selbst anzunähern. Aber der letzte Vers 2Sei du selbst" steht dafür zu nah am Oraklespruch von Delphi,oder?


Zwischen "Erkenne dich selbst" und "Sei du selbst" sehe ich einen großen Unterschied.
Ich habe ganz bewusst in den letzten vier Versen die Mythologie rausgelassen und bin zum LI selbst hinüber gegangen. Das sollte ja der "Clou" sein, dass das Ich eben, nach dieser gedanklichen Odysee selbst zu der eigenen Erkenntnis findet.
Saludos
Magic

Mucki
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Beitragvon Mucki » 30.01.2007, 17:23

Hallo Annette,

Denn im Vordergrund stehen für mein Verständnis weniger die einzelnen Geschichten, als die Figuren, mit denen das Ich sich gewissermaßen verwechselt.


"Verwechselt" ist nicht der richtige Ausdruck. Es ist eine gedankliche Odyssee, die das Ich da antritt, um an Schluss bei sich selbst anzukommen.
Saludos
Magic
P.S. Ich lasse den Text jetzt so. Für mich ist er stimmig.

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annette
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Beitragvon annette » 30.01.2007, 17:51

Hallo Magic,

ich akzeptiere völlig, dass Du den Text jetzt so lassen willst, möchte trotzdem noch auf etwas reagieren.
WO habe ich von Heldentum geschrieben? Ich schrieb von Irren, Suche, Sehnen, Fluch, Tod, Kampf, scheitern, Verwundbarkeit. Diese Figuren mögen teilweise Helden aus der Mythologie sein, aber ich habe eben gerade nicht die Facette des Heldentums benutzt, sondern genau ihre verwundbaren Stellen.

Nun kann man aber diese Reihe illustrer Namen nicht lesen, ohne ihre Helden- oder Götterfunktion mitzudenken. Das hatte ich auch als so von Dir beabsichtigt gelesen. Denn um wirklich ausschließlich "Irren, Suche, Sehnen, Fluch, Tod, Kampf, scheitern, Verwundbarkeit" des "Normalos" zu schildern, würde man nicht diese Herrschaften bemühen.

Ich finde das gar nicht problematisch, aber Du solltest um die Wirkung und die Konnotationen des von Dir gewählten Personals wissen.

Gruß, annette

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Beitragvon leonie » 30.01.2007, 18:08

Hallo zusammen,

ich wage mich hier ein wenig aufs Glatteis, da ich mich in der griechischen Mythologie nicht so auskenne.
Ich denke aber, oft werden Geschichten jeglicher Art doch erzählt, um zu einer gewissen Identifikation einzuladen. Das hat magic hier ausgearbeitet, denke ich.
Und zumindestens Ikarus und Sisyphos sind doch keine reinen Helden, sondern auch sehr tragische Figuren. Und sie werden doch eigentlich oft bemüht, wenn man das Verhalten/Leiden/Scheitern von "Normalos" deutlich machen will. (Ich kenne zum Beispiel das Wort "Sisyphosarbeit", dageschieht doch genau ein solcher Vergleich).

Liebe Grüße

leonie

Mucki
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Beitragvon Mucki » 30.01.2007, 18:23

Hallo Annette,

Nun kann man aber diese Reihe illustrer Namen nicht lesen, ohne ihre Helden- oder Götterfunktion mitzudenken. Das hatte ich auch als so von Dir beabsichtigt gelesen. Denn um wirklich ausschließlich "Irren, Suche, Sehnen, Fluch, Tod, Kampf, scheitern, Verwundbarkeit" des "Normalos" zu schildern, würde man nicht diese Herrschaften bemühen.

Ich finde das gar nicht problematisch, aber Du solltest um die Wirkung und die Konnotationen des von Dir gewählten Personals wissen.


Nun, das muss ich dann wohl in Kauf nehmen,-)
Saludos
Magic

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Beitragvon Mucki » 30.01.2007, 18:28

Hallo leonie,

ich wage mich hier ein wenig aufs Glatteis, da ich mich in der griechischen Mythologie nicht so auskenne.
Ich denke aber, oft werden Geschichten jeglicher Art doch erzählt, um zu einer gewissen Identifikation einzuladen. Das hat magic hier ausgearbeitet, denke ich.
Und zumindestens Ikarus und Sisyphos sind doch keine reinen Helden, sondern auch sehr tragische Figuren. Und sie werden doch eigentlich oft bemüht, wenn man das Verhalten/Leiden/Scheitern von "Normalos" deutlich machen will. (Ich kenne zum Beispiel das Wort "Sisyphosarbeit", dageschieht doch genau ein solcher Vergleich).


Jep, es sind in der Tat auch tragische Figuren dabei und keine Helden oder Götter.
Da gibt es noch viele andere "Sprüche", die sich von diesen Figuren ableiten. Pandoras Büchse, das Wort Odyssee z.B auch. Und wie oft sagt man: Da hast du meine Achillesferse getroffen, etc. etc.
Saludos
Magic

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 30.01.2007, 18:37

Hallo,

das mit dem Ende war auch von mir mit einem Fragezeichen versehen ~~, dass dieser Spruch dort gestanden haben soll, weiß ich wohl, mir ist aber als sei die praktische Auslegung dieser Weissagung in "Sei du selbst" formuliert (von wem und inwieweit das allgemeingültig ist, weiß ich wie gesagt nicht, vielleicht stimmt das auch gar nicht, hätte ja sein können, dass das einer weiß, daher nur der Hinweis, dass das eventuell sehr ähnlich sein könnte). Aber selbst wenn das gewesen sein sollte, stimmt, was annette sagt:
Der entscheidende Unterschied in meinen Augen ist der, dass bei dem Orakelspruch, bzw. dem Rat der Intuition keine Figur im Mittelpunkt steht, mit der das Ich sich identifiziert


Ja, seh ich ein. Also so oder so ein guter Schluss! :-)

Zu der Mächtigkeit: Innerhalb der Kontexte ist das alles völlig ok wie das hier steht, magic, wenn es so sein soll, ist das einheitlich durchgezogen! Mir fällt es persönlich nur schwer, mich, meine Ängste, Abenteuer und Schmerzen in den geballten Mythen herauszulesen, zu erspüren.

Zu dem "als"-Anfang: Mir ist schon klar, dass das Absicht ist und es stimmt auch, dass es stimmig konzipiert ist!

Das ist auch der Grund, warum ich die Satzanfänge "Als xyz" so stehen lassen würde. Denn im Vordergrund stehen für mein Verständnis weniger die einzelnen Geschichten, als die Figuren, mit denen das Ich sich gewissermaßen verwechselt.


Ja, alles richtig! Trotzdem hat das natürlich starke ästhetische "Kosten", auch wenn es Stilmittel ist. Für mich ist es anstrengend und etwas langatmig immer wieder dieses "als..." zu lesen (was ja mit dem Inhalt völlig zusammenspielt, mir aber trotzdem nicht gefällt). Daher fände ich es spannend, zumindest anzugucken, wie eine Alternativversion wirken würde.

Aber wenn der Text für dich magic stimmig, ist das auch gut so.

(beim genaueren Lesen der Kommentare habe ich gesehen, dass du, annette nicht auch schon nur die als-anfänge angemerkt hat, als auch die Stärke des Sisyphosbildes, entschuldige, ich wollte nichts nachplappern, das war Zufall.

Allemal eine spannende Idee!
Liebe grüße,
Lisa

edit....hier noch der Blick auf das geheimnisvolle Delphiorakel (da war ich nämlich 2005), leider kein tolles Bild (da mir die Qualität nicht so wichtig war als viel mehr, dass keine Leute drauf sind, aber selbst das ist mir nur annähernd gelungen ;-). aber als geschenk reicht es vielleicht...

Bild
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Beitragvon Mucki » 30.01.2007, 19:52

Hallo Lisa,


Zu der Mächtigkeit: Innerhalb der Kontexte ist das alles völlig ok wie das hier steht, magic, wenn es so sein soll, ist das einheitlich durchgezogen! Mir fällt es persönlich nur schwer, mich, meine Ängste, Abenteuer und Schmerzen in den geballten Mythen herauszulesen, zu erspüren.


das kommt vielleicht, weil ich da keine große Dramatik in die Projektionen auf das Ich reingeschrieben habe, sondern, ableitend vom jeweiligen Mythos, quasi nur "Schlüsse" auf das Ich zog.

Ja, alles richtig! Trotzdem hat das natürlich starke ästhetische "Kosten", auch wenn es Stilmittel ist. Für mich ist es anstrengend und etwas langatmig immer wieder dieses "als..." zu lesen (was ja mit dem Inhalt völlig zusammenspielt, mir aber trotzdem nicht gefällt). Daher fände ich es spannend, zumindest anzugucken, wie eine Alternativversion wirken würde.


Also, jetzt machst du mich neugierig, Lisa *lach*
Jetzt will ich es wissen!
Machst du mir konkrete Vorschläge, wie du die ganzen "als" ersetzen würdest?
Bin sehr gespannt,-)

Tolles Bild, danke dir!
Saludos
Magic

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 31.01.2007, 10:36

Liebe Magic,

ich habe jetzt mal probiert (das hat etwas gedauert, daher habe ich es gestern nicht mehr geschafft, weil ich einiges nachgucken musste und da snicht mal eben so geht).

Ich habe zwei grundsätzliche Dinge anders gemacht. Zum einen die Umstellung der als XY-Anfänge und zum anderen habe ich die konkreten Nennungen der mythologischen Bezüge herausgenommen. Erstens, weil die Umstellung sonst sehr schwer bzw. unmöglich ist und zum anderen weil dann auch wegfällt, dass einige Bilder sehr 1:1 sind, was den Mythos angeht. In der Version unten sind alle Kämpfe (und das wird der griechischen Mythologie ja sehr gerecht, weil diese "Religion" ja nur aus personifiziertem Innenleben, von Psyche besteht.
Hier und da habe ich noch eine Information für den Leser eingeflochten, um auch sicher den zugrunde liegenden Mythos identifizieren zu können. Die kann man aber auch wieder streichen bzw. beliebig durch andere ersetzen.
Dann habe ich noch die Reihenfolge der Bilder etwas geändert, weil du eigentlich alles des inneren Kampfes psychologisch auserzählt hast, nur noch nicht in der "realistischen" Abfolge (Glück ahnen, wünschen, kämpfen, scheitern, leugnen, selbst betrügen, darum wieder scheitern, einsehen, zu sich selbst kommen...).
(Bis auf Ares, den habe ich etwas modifiziert, das Bild war aber vorher auch nicht ganz klar), erkennt man alle ohne probleme, denke ich und dieses Erahnen, was gemeint ist, gäbe deinem Text noch einmal einen Reiz...

Bitte betrachte es als Beschäftigung mit deinem Text und nicht als Alternativvorschlag (außer es gefällt dirso sehr, dass du das möchtest), ich hatte einfach Lust mich mal daran zu probieren und zu zeigen, was man vielleicht noch anders machen könnte. Vielleicht können ja zumindest einzelne Passagen Anstöße geben, aber wie gesagt: Wenn der Text so wie er jetzt oben steht, für dich fertig ist, ist das genau richtig.


Liebe Grüße,
Lisa

Mythische Erkenntnisreise

im Labyrinth gefangen vertraute ich den Flügeln aus Wachs
überhörte die Warnung meines Vaters als ich das sah
was ich für das Glück hielt und stürzte hinab

ich irrte über die Meere, immer aufs Neue von Poseidon bezwungen
kämpfte gegen einäugige Giganten des Geistes
wagte nicht der Überflutung meiner schwarzen Seele zu trotzen

mein Verstand schleuste Trojanische Pferde in mein Selbstvertrauen
entfachte den Krieg gegen mich selbst
verweigerte mir den inneren Frieden

Übermut und Trotz führten mich zur Versuchung
und so ergoss ich Unheil in mein Dasein
nur die Hoffnung ließ ich zurück.

den Diebstahl an mir selbst gestand ich nicht ein
verzehrte mich nach dem Trank der Genugtuung
der doch immer vor meinen Augen verschwand
wenn ich nach ihm greifen wollte

ohne ihn als Teil des Ganzen zu sehen
schob ich den Fels wieder und wieder den Berg hinauf

Botschaften brachte ich mir nur meine eigenen
blind vom zu großen geflügelten Helm des Selbstbetrugs
verstand ich es nicht ihren Inhalt zu entschlüsseln

meine Verwundbarkeit vermochte ich mir nicht einzugestehen
meine Pläne schienen mir im Styx gebadet
und doch starben sie alle durch einen einzigen Pfeil in die Ferse

endlos lief ich im Kreis um mich herum
erkannte meine eigenen Spuren nicht
gefangen im selbst erschaffenen Kerker
gelang mir der Ausbruch nicht

tausend Schritte ging ich ein Leben lang
wich unendlich vielen Hürden aus
statt sie zu meistern
so viele Wege gesucht
im Labyrinth der Ahnungslosigkeit

bis die Stimme meiner Intuition
mir den ersten aller Schritte zuflüsterte

sei du selbst



(geändert: Ferse statt Verse :rolleyes: , Hoffnungssatz eingefügt (vergessen zu übernehmen), Achill minus Drachenblut plus Styx , alle Änderugnen siehe Magics Anmerkungen im folgenden Beitrag)
Zuletzt geändert von Lisa am 31.01.2007, 14:15, insgesamt 1-mal geändert.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.


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