Zwischenzeit

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Schwarzbeere
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Beitragvon Schwarzbeere » 25.01.2007, 18:17

Zwischenzeit

Wenn die gefleckten Vögel sich den Himmel greifen,
auf Flammenflügeln tanzen ihren Schaukelschwung,
den Abgrund wissen, doch den Horizont nur streifen,
um sich zu wiegen in der frühen Dämmerung,

dann klagt von Abschiedsweh bisweilen eine Weise,
die nur sich selbst erhört als Widerhall
und sanft Erinnern an die frühe, lange Reise,
die aus dem Nichts entführte in das Überall.

Fast ist der Abend schon hereingedrungen,
der Hain belauscht sein eigenes Geraune,
durch das betörend süße Saitenspiele sind erklungen
und sich ermüdet strecken satte Faune.

Sie lüften ihren Fleischberg, der sie zur Begattung
der ewig wiederholten, immer neuen drängt.
Schnell schwindet mit dem Tageslichte die Ermattung,
wenn Gier der Abendwind in ihre Nüstern hängt.

Streicht durch die Vogelbeerensträuche spät ein Gast,
der nichts mehr weiß von alter Zauber Wirken,
kann es geschehen, dass die Nacht ihn fasst
und er im Schlafe trinkt den Wurzelsaft der Birken.

Sneaky

Beitragvon Sneaky » 27.01.2007, 11:48

Ein sehr schönes Bild, das du da malst schwarzbeere. Das Gedicht fließt schön, die paar Zeilen, in denen du in den Fünfheber gewechselt bist, fallen kaum auf.

Stolperstelle war für mich das -sich ermüdet-. Nicht vom Rhythmus her aber von der Satzkonstruktion.
ermüdet strecken sich die satten Faune?

Lieblingsstellen
den Abgrund wissen, doch den Horizont nur streifen

und natürlich der Schlusssatz

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Schwarzbeere
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Beitragvon Schwarzbeere » 27.01.2007, 12:51

Hallo Reimerle,

ich dachte, dass auch ein Satyr manchmal erschlafft, aber darum geht es dir nicht, denn die Satzkonstruktion stieß dir auf. Also könnte ich versuchen
- und ihre müden Glieder strecken satte Faune, oder, wie du vorschlägst,
- ermüdet strecken sich die satten Faune.

Da ich das Einstellen von verschiedenen Versionen, wie es manchen Schreibern zu gefallen scheint, in diesem Teil des Forum als verfehlt betrachte (schließlich gibt es die Textwerkstätte etc), wiederhole ich nicht die gesamte neue Version, doch behalte ich mir eine abschließende Umarbeitung nach weiterer Überlegung vor.

Inzwischen danke ich dir für deinen positiven Beitrag, deine Mühe und deine netten Worte.

Freundliche Grüße. Schwarzbeere
Zuletzt geändert von Schwarzbeere am 30.01.2007, 09:32, insgesamt 1-mal geändert.

lilly-rose

Beitragvon lilly-rose » 30.01.2007, 07:57

Deine Zeilen gefallen mir sehr gut, sowohl in der Wortwahl wie auch in der Metrik. Beim Lesen baut sich unweigerlich eine angenehme, schwingende Melodie auf... Sehr schön

LG
Thomas

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Schwarzbeere
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Beitragvon Schwarzbeere » 30.01.2007, 09:54

@lilly-rose

Danke,Thomas, und ich freue mich, dass meine Absicht, einfach eine gewisse Atmosphäre zu schaffen, denn einzufangen(!) ist wohl nicht möglich, bei dir angekommen ist.

Meinst du, ich hatte Recht, in die letzte Strophe etwas wie einen Zauberspruch einzubauen, der den Leser zu einer Entrückung in diese Traumwelt verführen soll? Wenn man das könnte! Prosaische Geister werden beim Birkensaft wohl nur an ein Haarwasser denken.

LG Schwarzbeere

lilly-rose

Beitragvon lilly-rose » 04.02.2007, 00:32

Ja, Du hast es für mein Empfinden genau richtgig gemacht. Der letzte Vers entrückt, und verführt. An Haarwasser hätte ich nie gedacht. Birkin ;-)

Es ist schön so, ich mag es, wenn Worte ihre Verliebtheit zur Lyrik preis geben.

LG
Thomas


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