Herbst

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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leonie
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Beitragvon leonie » 02.10.2006, 17:50

Herbst

Endlich
mich kleiden
in leichteres Licht

Den Tränenschleier
aus Sommertagen
beiseite legen –

jetzt, da Nebel
die Dürre
durchfluten

und Asche wandeln
in Winterrosen


Erstfassung:

Herbst

Endlich
mich kleiden
in leichteres Licht

Den Tränenschleier
aus Sommertagen
beiseite legen –

Nebel durchfluten
die Dürre jetzt

Asche zu wandeln
in Winterrosen
Zuletzt geändert von leonie am 04.10.2006, 18:03, insgesamt 1-mal geändert.

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 02.10.2006, 20:30

Liebe leonie,

lass Dich nicht beirren. Schreib ruhig noch weitere Herbstgedichte. An diesem hier gefällt mir vor allem das Bild von dem leichteren Licht.

Grüße

Paul Ost

scarlett

Beitragvon scarlett » 02.10.2006, 21:00

Liebe leonie,

ist Herbstlicht leichter oder einfach nur milder, milchiger, wärmer im Gegensatz zum harten Sommerlicht??? Das war der erste Gedanke, den ich beim Lesen deines Gedichtes hatte.
Es gefällt mir gut, die Stimmung, die du eingefangen hast, kommt rüber, erreicht den Leser.
Etwas schwer tue ich mich allerdings mit den Tränenschleiern des Sommers - aber das liegt wohl an meiner persönlichen Empfindung - ich würde sie nicht im Zusammenhang mit Sommer sehen.
Sehr gut hingegen die von Nebel durchflutete Dürre, die dann die Winterrosen hervorbringt - ein originelles, wunderschönes Bild, wenn auch etwas arg verkürzt.

Die Anordnung der Verszeilen finde ich auch sehr gut, sie unterstützt m M nach die Aussage.

Liebe Grüße,

scarlett

selachde

Beitragvon selachde » 02.10.2006, 21:07

das geht so gänzlich gegen den üblichen sommerabschiedsherbststimmungsstrom, und dabei so leicht und tief.
das gefällt mir sehr gut.

nur- bei *nebel durchfluten* stockt es etwas für mich, kanns aber nicht genau sagen, woran es liegt, am bild oder an den vocalen selbst?
nebel durchdringen, aber fluten bringe ich mit fließendem wasser zusammen.

lg. johanna

Mucki
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Beitragvon Mucki » 03.10.2006, 00:03

Liebe leonie,

ich lese aus diesen Zeilen, dass das LyrIch die Dunkelheit/den Winter lieber mag, sich wohler fühlt, als im grellen Sommer. Das ist nur so ein Gefühl. Vielleicht lege ich zuviel von mir hinein, denn mir geht es so.
Saludos
Magic

Herby

Beitragvon Herby » 03.10.2006, 00:39

Liebe leonie,

Dein Gedicht beschäftigt mich, seitdem ich es zum ersten Mal gelesen habe, und dies aus mehreren Gründen. Zum einen lese ich Herbstgedichte mit der ihnen oft eigenen wehmütigen Stimmung sehr gerne. Zum anderen erfüllt dein Gedicht meine subjektiven Erwartungen an einen Text dieses Themas teilweise nicht, da es aus diesem gängigen Bild- und Stimmungsschema zumindest teilweise herausfällt. Es weist für mich als Leser Brüche auf, die aber den besonderen Reiz Deines Textes für mich ausmachen.
Eigentlich beginnt es für mich schon mit dem ersten Wort. Der Herbst ist keine Jahreszeit, deren Anbruch ich für mich mit dem Wort „Endlich“ herbeisehnen und bezeichnen würde. Auch das Licht, das ja zudem in dieser Jahreszeit stetig abnimmt, empfinde ich zumindest oft nicht als leicht.
Dann geht’s in der zweiten Strophe weiter. Den Begriff „Tränenschleier“ bringe ich nicht mit dem Sommer überein, der für mich viel eher mit den gängigen Vorstellungen von Sonne, Leichtigkeit und Lebensfreude besetzt ist.
Die anderen Bilder der letzten vier Verse – Nebel, Dürre, Asche, Winterrosen - sind für mich dann wieder stimmig.

Aber gerade dass Dir ein Text gelungen ist, der mit seinen Berührungspunkten von Jahreszeit und Gefühlswelt eben nicht durchgängig die üblichen Klischees bedient, die der Titel vielleicht ( und oft auch bei mir ) hervorruft, macht ihn für mich zu einem sehr lesenswerten Gedicht!

Liebe Grüße
Herby

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leonie
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Beitragvon leonie » 03.10.2006, 10:42

Hallo zusammen,

ich danke Euch herzlich für die vielen Rückmeldungen.
Ich glaube, ich hätte das Gedicht unter Liebeslyrik einstellen müssen, vielleicht kann es jemand dahin verschieben. Vielleicht braucht es auch einen anderen Titel.
Es hat für mich diese zweite Ebene, dass der Sommer mit etwas Schwerem verbunden war (Ende einer Liebe im weitesten Sinne, es könnte auch z.B. eine Fehlgeburt sein) (deshalb der Tränenschleier), und das lyrIch gerade im Herbst neue Perspektiven gewinnt. (Deshalb arbeitet das Gedicht mit Bildern, die entgegen der gängigen Jahreszeitenbilder gesetzt sind)
Ich muss mir die Anregungen in Ruhe durch den Kopf gehen lassen. Gerade das „arg verkürzt“ von Dir, scarlett, beschäftigt mich. Johanna, ich glaube das „Durchfluten“ möchte ich lassen, gerade weil es für Nebel ungewöhnlich ist und es eben nicht nur um dürren Boden geht.

Liebe Grüße und vielen, vielen Dank!

leonie

steyk

Beitragvon steyk » 03.10.2006, 10:59

Liebe Leonie,

der Sommer hatte dir eine Enttäuschung gebracht,
der Herbst bringt mit seinen Farben neue Farbe
in dein Leben...
Die erste Strophe ist dir besonders gut gelungen.

Gruß
Stefan

Mark_Leo

Beitragvon Mark_Leo » 03.10.2006, 15:54

Hi Leonie,

ich finde den Traenenschleier problematisch. Dafuer schaetze ich aber die letzte Strophe sehr. Du konnetst vielleicht neben den Winterrosen auch noch Eisblumen ins Spiel bringen.

Ciao,

Mark

Gast

Beitragvon Gast » 03.10.2006, 17:33

Liebe leonie,

ich schwärme natürlich, ... habe ich doch in einem Gedicht aus 2005 selbst das Bild: dein sommerlächeln kleidet mich in herbstlicht verwandt...
Eine zauberhafte Idee, die aber Tränenschwere (für mich lesbar) birgt.
Mir geht es mit dem Tränenschleier ähnlich wie Mark_Leo...
Kannst du noch einmal überlegen, was du genau sagen möchtest?
War der Sommer z. B. so schrecklich, dass das Lyrich die Augen von Tränen verschleiert hatte, bzw. haben musste, wegen des "Grellen Lichts", und jetzt froh ist, dass das milde Herbstlicht die Grausamkeit des Sommerlichts hinweg nimmt?

Oder wollte/konnte das Lyrich die Wahrheit nicht wahrnehmen, trotz des hellen Sommerlichts, deshalb der Tränenschleier?

Nebel fluten ist auch so eine Sache... Nebel / Schleier/... hängt ja zusammen denke ich...
Im Sommer der Tränenschleier und im Herbst der Nebel...

Irgendwie macht das, die von dir versuchte Umkehrung, der Jahreszeit bedingten Verhältnisse zu Nichte... meine ich ... nicht das Gedicht.
Es wäre schön, wenn du etwas dazu sagst, auch zu überlegen wie du besser "Im Bild" bleibst, siehe "Umkehrung";-)

Liebe Grüße
aus dem Taunusnebel...
Gerda

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leonie
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Beitragvon leonie » 04.10.2006, 09:29

Lieber Stefan,
ja, so hatte ich es gemeint. Danke für die Rückmeldung!

Lieber Mark,
Dir auch danke, hm, der Tränenschleier war die Grundidee des Gedichtes, ihn als „Kleidungsstück“ zu sehen. Ich glaube, davon kann ich mich nicht trennen. Für die Winterrosen habe ich mich entschieden, weil Rosen eine symbolträchtige Blume sind...

Liebe Gerda,
der Tränenschleier meint, dass der Sommer schwer war und jetzt die Zeit kommt, Abschied von der Trauer zu nehmen. Mit dem Nebel hast Du recht, ebenso mit dem „im Bild“ bleiben. Ich muss noch mal in Ruhe darüber nachdenken, ich habe im Moment noch keine Idee, wie ich das lösen könnte...

Danke Dir und Euch allen liebe Grüße

leonie

steyk

Beitragvon steyk » 04.10.2006, 10:36

Liebe Leonie,

es freut mich, wenn ich einen Text richtig interpretiere oder zumindest
nahe dran bin, was leider nicht immer der Fall ist ;-)
Aber damit kann ich leben... :-)

Gruß
Stefan

Max

Beitragvon Max » 04.10.2006, 17:09

Liebe Leonie,

das finde ich eine gelungene Mischung aus beinahe klassischen Bilder - den Sommer als Bedrohung, als schwere Zeit oder der Tränenschleier z.B. - mit ganz frischen Kombinationen, z.B. den Tränenschleier als Kleidungsstück zu verwenden oder den Nebel aus ein Fruchtbarkeitszeiche.
Gern gelesen
Max

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Beitragvon leonie » 04.10.2006, 18:02

Lieber Max,

vielen Dank, ich freue mich über Dein Lob. Ich habe aber doch noch zwei kleine Änderungen vorgenommen, damit die Logiik ein bisschen klarer wird.

Liebe Grüße

leonie

Hallo zusammen,

Ich freue mich über Rückmeldungen, ob das hilft oder nicht...


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