Nachsommer

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
königindernacht

Beitragvon königindernacht » 20.09.2006, 22:33

Nachsommer

Wieder zerfließen
die Abende
in Septemberhimmeln

mit einem
warmen Lufthauch der
unter Baumkronen schlüpft

als wolle
sich der Sommer
in ihnen festhalten

und die Erinnerung
an den Juniduft
auf deiner Haut.

Doch der Mondwind
schüttelt schon
die Nächte.



Auf Anregung von herby u. magic: Statt Auf... Himmeln ein: in ...Himmeln und damit leichte Veränderung S2 (unter)
Auf Anregung von Leonie: statt "oder die Erinnerung" habe ich "und die..." gemacht
Zuletzt geändert von königindernacht am 21.09.2006, 20:53, insgesamt 5-mal geändert.

Herby

Beitragvon Herby » 20.09.2006, 23:13

Hallo Kö,

ein stimmmungsvoller, wehmütiger Text, den ich sehr gerne gelesen habe.

Zwei sprachlich / formale Anmerkungen nur:

1. In der ersten Strophe stolpere ich dagegen beim Lesen über "auf". Könntest du dir

in Septemberhimmeln

vorstellen?

2. Warum der Bindestrich hinter "festhalten"? Tippfehler?

Liebe Grüße
Herby

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 21.09.2006, 04:25

Guten Morgen, liebr Herby-

in Himmeln stand erst in meinem Text- aber dann schlüpfte die Wärme in die Baumkronen und nun musste ich mich entscheiden. Aber vielleicht klingt das erste "in" aus deinem und meinem Gefühl heraus besser und das zweite ersetze ich???? Mal sehen, ob von den anderen ein ähnlicher Tipp kommt. Den Bindestrich habe ich als betonte Absetzung zwischen dem Festhalten des Sommers und der Erinnerung gesetzt. Aber du hast Recht, ich kann dieses Satzzeichen eigentlich weglassen. Auch hier schaue ich mal, ob andere deiner Meinung sind und dann ...

Herzlichst, KÖ

Mucki
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Beitragvon Mucki » 21.09.2006, 10:34

Liebe KÖ,

wieder ein sehr schöner Stimmungseinfang von dir, den ich sehr gern gelesen habe und dessen Bilder ich wunderbar visualisieren konnte.

Zu dem "in".
Wie wäre es wenn du schreibst:

Wieder zerfließen
Abende
in Septemberhimmeln

Der Bindestrich kann weg, weil du durch den nachfolgenden Absatz bereits die betonte Absetzung erzielst.
Saludos
Magic

Gast

Beitragvon Gast » 21.09.2006, 10:44

Hm, liebe Kö, deine Texte habe immer jede Menge Poesie, hier habe ichnur den Einwand, dass das "Zerfliessen der Abendhimmel" nicht so ganz mit den anderen Bildern mithalten kann, die mir sehr gut gefallen, wie z. B. Mondwind der die Nächte schüttelt in einen neuen Kontext gestellt...
Dann der Sommer der sich festhalten will, in den Baumkronen...
Für mich sind die Bäume die ersten die los assen müssen...
an denen sieht ma es , ich glaube dass bild wäre stimmiger, wenn du darauf eingehen würdest auf das Loslassen des Sommers...

Nur mal so als GeRdankenanstoß :smile:
LGG

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 21.09.2006, 11:16

Ihr Lieben, danke für eure anerkennenden und anregenden Worte. Zuerst: ich werde die Abende in den Himmeln zerfließen lassen- eure Anregung überzeugt mich absolut.

Gerade die letzten warmen Winde gaukeln den Sommer vor- als wolle er uns /als wollten wir ihn nicht loslassen. Und du hast Recht, liebe Gerda, die Bäume lassen uns fast als erste den nahenden Herbst spüren. Deshalb auch die Formulierung: als wolle ..... Aber es geht eben nicht...

Herzlichst, KÖ

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 21.09.2006, 11:48

Liebe kö,

ich komme jetzt mal mit einem etwas seltsam (im besten Falle also eigentümlichen) Hinweis, nämlich auf den Unterschied zwischen Nachsommer und Spätsommer. Ich glaube nämlich, dass dein Text eher den Spätsommer meint...

..begründen tue ich das mit einem Buch, das mir sehr am Herzen liegt, mit Stifters "Nachsommer". Der Titel birgt in sich, dass zwei Menschen ihren Nachsommer miteinander erleben, weil sie keinen Sommer miteinander hatten.

Spätsommer = letzte Tage, die schon die Ahnung der "Kühle" in sich tragen, ahnen lassen, aber doch noch Sommer sind....
Nachsommer = einen andern "Ersatz"Sommer erleben, weil man den eigentlichen Sommer nicht erleben konnte/durfte/vermochte....der Ersatz ist dabei nicht Erfüllung der eigentlichen Träume, aberdoch das größte (schmerzende) Glück, das gefunden werden kann...

...du siehst, ich hänge sehr an den Eindrücken des Wortes Nachsommer, welches Stifter mir näher gebracht hat. Analog dazu ließe sich bezüglich der Bilder deines Textes argumentieren., denn auch der "biologische" Nachsommer setzt meines Wissens nach einer schon statt gefundenen Kälteperiode noch einmal ein, bevor dann völlig der Herbst und Winter einbricht...Stfiter hat da selbst sich zum Beispiel auf die Schilderungen Rehms bezogen, in der in klimatologischen und meteorologischen Sinn von einem Wärmerückfall die rede ist. (Stifter.Nachsommer.Reclam 2005, S. 862f)

Daher plädiere ich für eine Titeländerung in Spätsommer.

Liebe Stiftergrüße,
Lisa

PS: Haben wir nicht schon mal über Stifter geredet hier irgendwo? :wub: :alien0027:
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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leonie
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Beitragvon leonie » 21.09.2006, 11:57

Liebe Kö,

hier sind Deine wunderschönen Bilder, die ich gleich vor Augen habe (Das war es, was mir im „Mosaik“ ein wenig fehlt, das meinte ich mit meiner Kritik...). An einer Stelle stolpere ich ein wenig, in Strophe vier, weil mir der Bezug von dem „oder“ nicht gleich klar ist. Aber ich glaube, es verändert den Sinn, wenn Du stattdessen „wie“ schreiben würdest. Habe leider auch keine Idee.
Das „auf Septemberhimmeln“ finde ich schön, als wären sie so eine Art Leinwand...
Wirklich gelungen, gern gelesen!

Liebe Grüße
leonie

Gast

Beitragvon Gast » 21.09.2006, 12:29

Danke liebe Kö, ja als wolle glatt falsch gelesen, sorry...
Komisch, erst jetzt fällt mir die Überschrift auch auf, na ja wenn man so nett und begründet gestupst wird...
Kommt mir sehr klar vor, was Lisa dazu schreibt, ja und auf den Septemberhimmeln, da stimme ich meine Vorschreiberinnen zu ist schöner, ausßergewöhnlicher...

LGG

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 22.09.2006, 00:07

Ihr aufmerksamen Leser und Denker,

habt erst einmal Dank für euren offenen und kritischen Blick- manche Kleinigkeit konnte ich so am Text schon verbessern. ("Oder" ist gelöscht, leonie)

Vor allem aber freue ich mich auch über Lisas Gedanken zum Titel, denn sie hat die dritte Lesart entdeckte, die sich im Text verbarg. Ja, das lyrich erinnert sich an den Juniduft- Nicht mehr- aber auch nicht weniger. Der Sommer will sich festhalten- vielleicht, weil er noch nicht gelebt ist im Juli und August? Wer weiß... Ich meine tatsächlich den Nachsommer, (auch wenn ich den Stiftertext nicht kenne.) Mit ihm ist auch der Abschied verbunden (letzte Strophe).

Wie gut, dass solche Texte so unterschiedlich gelesen werden,

herzlichst, KÖ

rockandrollhexe

Beitragvon rockandrollhexe » 22.09.2006, 15:05

Liebe KÖ,
der Titel stört mich überhaupt nicht. Warum nicht "Nachsommer", wenn sommerliche Tage in den Herbst fallen...
Schöne Bilder hast du auf jeden Fall gezeichnet.
Gerne gelsen :-)

Liebe Grüsse
rockandrollhexe

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 22.09.2006, 22:27

Vielen Dank an euch alle, auch diir. liebe Rock- Hexe,

ich wünsche euch einen wunderschönen Herbstanfang- Spätsommer- Nachsommer,

herzlichst, KÖ

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 25.09.2006, 10:50

Liebe kö,

Vor allem aber freue ich mich auch über Lisas Gedanken zum Titel, denn sie hat die dritte Lesart entdeckte, die sich im Text verbarg.


Hm, also ehrlich gesagt wollte ich mit meinen Ausführungen gerade klar machen, dass ich den Nachsommer in deinem Text nicht finde...

Wo im Text ist er denn? Und wo zeichnet er sich ab gegen den Spätsommer?

Aber das ist auch nicht so wichtig...ich bin da Stifter-überempfindlich...so klingt es auch schön.

Liebe Spätsommergrüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 25.09.2006, 17:54

Liebe Lisa- der Sommer ist mehr als der Juni... Da liegt die Lesart. Aber umgangssprachlich gesagt:
Wir wollen ja nicht päpstlicher sein als der Papst" und wie auch immer du dies liest-
Es ist Ende September und in mir ein wenig Nachsommer im Spätsommer,

mit einem herzlichen Lächeln, KÖ


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