Der Tod und die beiden Männner
Zwei Männer wohnten Tür an Tür im gleichen Haus.
Der eine jung, agil, im Herzen noch ein Kind,
Der andre alt, gebeugt, verbraucht und blind,
Saß reglos Jahr um Jahr, ging nicht mehr aus.
An einem wunderschönen Tag im Mai,
Es war wohl um die zwölfte Stunde,
Kam an dem Haus der Tod vorbei
Und machte wie tagtäglich seine Runde.
Er ließ begehrlich seine Blicke schweifen
Und sah den jungen Mann bei frohem Spiel.
Da dacht’ er: „Den, den will ich greifen,
Sein Lebenslot wiegt schon zuviel.“
Er trat zu ihm und sprach: „Komm, lass dich leiten
Hin in mein großes, fernes Reich,
Über den grauen, ew’gen Fluss der Zeiten!“ ¬¬–
Der Jüngling, er begriff und wurde bleich.
Entsetzt rief er: „Ich bin doch noch so jung an Jahren!
Hab noch die Liebe nicht erfahren!
Will lachen, tanzen, mich vergnügen,
Im Wettkampf über andere siegen!
Will älter werden und verstehen,
Wohin all unsere Wege gehen,
Worin der Quell des Bösen liegt
Und lernen, wie man es besiegt!
So mancher Plan mir noch vorschwebt,
Hab doch mein Leben nicht gelebt!
Verschwind’, verschone mich mit deinem Hauch!
Es gibt wohl andere Junge auch,
Die du mit deiner Kraft kannst zwingen,
Hab noch so viel zu End’ zu bringen!“
Doch, ach, der Tod griff ihn mit fester Hand
Und zog ihn in sein dunkles Land.
Der Alte rief, gewahr des Jungen Flehen:
„Halt, Bruder Tod, lass mich an seiner Stelle gehen!
Ich trag an Jahr und Krankheit schwer,
Bin so entsetzlich müd’ und mag nicht mehr!
Hab viel’ Enttäuschung hinter mir
Laut schloss sich manche harte Tür.
Hab wahre Liebe nie gefunden,
Mein Leben lang mich nur geschunden.
So viele Bücher nie gelesen,
Bin an so vielen Orten nie gewesen,
Hab liebliche Musik noch kaum gehört,
Die sanft und süß des Menschen Herz betört
So mancher Plan, den ich ersonnen,
Ist wie Sand mir durch die Hand geronnen
Und hat in meinem Leben nie getragen,
Nun bin zu schwach ich, ums erneut zu wagen.
Ging gerade Wege, auch mal Kreise,
Tat alles stets auf meine Weise
Und hab’ dabei viel falsch, nur Manches gut gemacht,
Hab nächtens still geweint und tags zu laut gelacht.
Drum Bruder Tod, ich bitt dich, schon’ den Knaben,
Ich folg mit Freuden dir, kannst gern mich haben!
Hier, greif meine Hand nur schnell
Und nimm mich an des Jungen Stell’!
Ich trag an Jahr und Krankheit schwer,
Bin so entsetzlich müd’ – ich mag und kann und will nicht mehr!“
Der Tod hielt inne kurz und dachte nach,
Sprach dann in kaltem Ton: „Gemach!
Ich bin des Schlafes mächt’ger Bruder,
In meinen Händen liegt dein Lebensruder!
Es hört mich niemand kommen, niemand sieht mich gehn,
Mich rührt kein Weinen, rührt kein menschlich’ Flehn.
Mich interessiert nicht Alter noch Geschlecht
Noch ob wer Herr ist oder Knecht.
Mir untertan ist jede Kreatur,
Nach meinem Takt schlägt deine Lebensuhr!
Nur dann und erst, wenn ich es will,
Steh’n deine Lebenszeiger still.
Nicht du bestimmst den Tag, den Ort,
Ich spreche das entscheidend’ Wort!
Das letzte „Jetzt“ aus MEINEM Mund erschallt,
Bis dröhnend es im Weltenrund verhallt!“
Der Tod und die beiden Männer
geradezu klassisch würde ich das nennen, in allen belangen.
was ich verbesserungswürdig finde, ist der schluss. bei all der dramatik zu beginn der handlung, fände ich es, neben den allgemeinen ausführungen des todes, besser, die geschichte auch irgendwie enden zu lassen.
der gevatter lässt sic hnciht reinreden, er ist nicht korrupt, aber WEN nimmt er nun mit? und mit welcher begründung?
lg
p.
was ich verbesserungswürdig finde, ist der schluss. bei all der dramatik zu beginn der handlung, fände ich es, neben den allgemeinen ausführungen des todes, besser, die geschichte auch irgendwie enden zu lassen.
der gevatter lässt sic hnciht reinreden, er ist nicht korrupt, aber WEN nimmt er nun mit? und mit welcher begründung?
lg
p.
Hallo Moana, amira, Uwe, Pandora -- komme leider erst jetzt zum antworten. Ich danke euch herzlich für eure ermutigenden Rückmeldungen! Was deinen Kommentar angeht, Uwe, so musste ich ja schmunzeln bei der Lektüre, weil ich die Länge bis dato weder gezählt noch gemessen hatte... O:)
Pandora, dein Verbesserungsvorschlag beschäftigt mich noch. Ich hatte eigentlich gedacht, es wäre klar geworden, dass der Tod den jüngeren der beiden Männer nimmt mit der Begründung, er habe lange genug gelebt, trotz seiner Jugend. Aber du hast Recht, die Begründung des Todes taucht im Mittelteil auf und nicht am Ende. Ich werde überlegen, ob ich das ändern kann.
Der Text entstand übrigens, nachdem ich einen guten Freund von mir in jungen Jahren durch einen plötzlichen Tod verloren hatte. Da entstand in mir diese Grundidee: der junge muss und will nicht, während ein alter gerne möchte, aber noch nicht darf. Das nur zum Hintergrund.
Liebe Grüße an euch alle!
Herby
Pandora, dein Verbesserungsvorschlag beschäftigt mich noch. Ich hatte eigentlich gedacht, es wäre klar geworden, dass der Tod den jüngeren der beiden Männer nimmt mit der Begründung, er habe lange genug gelebt, trotz seiner Jugend. Aber du hast Recht, die Begründung des Todes taucht im Mittelteil auf und nicht am Ende. Ich werde überlegen, ob ich das ändern kann.
Der Text entstand übrigens, nachdem ich einen guten Freund von mir in jungen Jahren durch einen plötzlichen Tod verloren hatte. Da entstand in mir diese Grundidee: der junge muss und will nicht, während ein alter gerne möchte, aber noch nicht darf. Das nur zum Hintergrund.
Liebe Grüße an euch alle!
Herby
Hallo Herby,
ein wirklich sehr schöner Text von Dir! vor allem Dein gepflegter und respektvoller Umgang mit Reim und Versmaß gefallen mir gut! Vielen Dank, Mucki, dass Du auf ihn hingewiesen hast!
Der Einwand Pandoras besteht freilich weiter: Es fehlt dem Text ein wirklicher Schluss. Was der Tod am Ende antwortet, ist alles richtig - aber auch voraussehbar.
Ich hätte eine Schlussversion, aber sie ist recht düster - und ich schreibe sie nicht hierher, sie passt vielleicht zu wenig zu dem letztlich heiteren Grundton des Gedichts.
Herzlicher Gruß nach Bochum (wo meine Tochter einen Job gefunden hat)
Quoth
ein wirklich sehr schöner Text von Dir! vor allem Dein gepflegter und respektvoller Umgang mit Reim und Versmaß gefallen mir gut! Vielen Dank, Mucki, dass Du auf ihn hingewiesen hast!
Der Einwand Pandoras besteht freilich weiter: Es fehlt dem Text ein wirklicher Schluss. Was der Tod am Ende antwortet, ist alles richtig - aber auch voraussehbar.
Ich hätte eine Schlussversion, aber sie ist recht düster - und ich schreibe sie nicht hierher, sie passt vielleicht zu wenig zu dem letztlich heiteren Grundton des Gedichts.
Herzlicher Gruß nach Bochum (wo meine Tochter einen Job gefunden hat)
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.
Du lieber Himmel, das hab ich ja eben erst gesehen!
Danke Quoth fürs Lesen und Befassen. Das sind ja jetzt fast auf den Tag genau 10 Jahre her, dass ich den Text hier einsetzte - jetzt muss ich mich erstmal wieder selbst reinlesen. Meine erste Reaktion gerade eben bei flüchtigem Überfliegen war "Um Gottes Willen". Mal schauen, ob sich bei ruhigerem Lesen da etws dran ändert... Ich melde mich wieder.
Lieben Gruß
Herby
Danke Quoth fürs Lesen und Befassen. Das sind ja jetzt fast auf den Tag genau 10 Jahre her, dass ich den Text hier einsetzte - jetzt muss ich mich erstmal wieder selbst reinlesen. Meine erste Reaktion gerade eben bei flüchtigem Überfliegen war "Um Gottes Willen". Mal schauen, ob sich bei ruhigerem Lesen da etws dran ändert... Ich melde mich wieder.
Lieben Gruß
Herby
Wer ist online?
Mitglieder in diesem Forum: Google [Bot] und 26 Gäste