Apho phil.

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Kurt
Beiträge: 1270
Registriert: 30.09.2011

Beitragvon Kurt » 07.04.2017, 13:35

Apho phil.

A) Glücklich SEIN können alle,
Glück HABEN nur wenige.


B) Man kann Glück haben, acht Millionen Euro im Lotto gewinnen, ohne glücklich zu sein.

Erklärung:

Glück ist wie ein angenehmer Zufall, ein Ausnahmefall. Würden alle Glück haben, könnte man es nicht mehr als solches bezeichnen. Glücklichsein aber bezeichnet einen Zustand, in dem alle sich gleichzeitig befinden können.

Beispiele:

Wenn man sich bewirbt um eine Stelle mit zehn anderen, und nur zwei genommen werden und du bist dabei, sagt man, dass du Glück gehabt hast oder darüber glücklich bist.

Früher, die Mädchen in meiner Schulklasse, sehnten sich nach dem Glück, das für sie eine Familiengründung beinhaltete mit Häuschen und Garten. Dies würde ich weder als Glück noch als Glücklichsein bezeichnen, denn man wird sich nicht zwangsläufig dabei glücklich fühlen werden. Und ein Haus fällt einem ja nicht einfach so zu, außer man hat Glück, es bei einer Lotterie gewonnen zu haben. Glücklichsein ist ein Zustand, dem natürlich ein Glück wie im Lotto vorausgegangen sein kann, ihn ausgelöst haben könnte, muss aber nicht.

Du sagst, wenn wir glücklich sind ist es doch Glück. Finde ich nicht. Es heißt ja, jeder ist seines Glückes Schmied. Wenn wir in Deutschland und nicht in Bangladesch geboren und aufgewachsen sind, haben wir Glück gehabt. In den meisten Fällen bestimmt es auch darüber, ob wir glücklich sind, ist aber nicht zwingend.

Also: Glücklich sein und Glück haben müssen einander nicht bedingen. Man kann Glück haben, acht Millionen Euro im Lotto gewinnen, ohne glücklich zu sein.
Zuletzt geändert von Kurt am 07.04.2017, 18:50, insgesamt 2-mal geändert.
"Wir befinden uns stets mitten im Weltgeschehen, tun aber gerne
so, als hätten wir alles im Blick." (Kurt)

Benutzeravatar
Amanita
Beiträge: 5748
Registriert: 02.09.2010
Geschlecht:

Beitragvon Amanita » 07.04.2017, 13:59

Da ist was dran, ja.

Aber aus irgendwelchen Gründen erscheint es mir doch nicht plausibel. Vielleicht weil vielleicht doch nicht alle glücklich sein können? Oder doch jeder mal Glück "hat", aber damit nicht unbedingt umzugehen weiß?
Also irgendwie fehlt mir die Präzisierung dabei ...

Kurt
Beiträge: 1270
Registriert: 30.09.2011

Beitragvon Kurt » 07.04.2017, 14:09

Ich würde meinen, wenn dann alle Glück hätten, könnte man es nicht mehr als solches bezeichenen. Ist so wie mit dem Zufall. Abba, ich denke da an ein Lottospiel.
Vielleicht gibt es ganz andere Definitionen von Glück. Jedenfalls ist "glücklichsein" ein Zustand. Glück HABEN (denke da an E. Fromm) mehr der materielle Lottogewinn. Man kann m. E. auch kein Glück haben/besitzen.

LG Kurt
"Wir befinden uns stets mitten im Weltgeschehen, tun aber gerne
so, als hätten wir alles im Blick." (Kurt)

Benutzeravatar
birke
Beiträge: 5445
Registriert: 19.05.2012
Geschlecht:

Beitragvon birke » 07.04.2017, 15:28

sehr feine betrachtung...
aber wenn man glücklich ist, hat man doch auch glück, nämlich das glück, glücklich zu sein ;):
andererseits denke ich schon, dass man zumindest ein klein wenig selbst dafür tun kann, um glücklich zu sein.
lg
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

Kurt
Beiträge: 1270
Registriert: 30.09.2011

Beitragvon Kurt » 07.04.2017, 16:05

Hi, Birke,

noch ein paar Beispiele:

Wenn ich mich zum Beispiel bewerbe um eine Stelle mit zehn anderen, und nur zwei genommen werden und ich bin dabei, sage ich, dass ich Glück gehabt habe oder darüber glücklich bin. Früher, die Mädchen in meiner Schulklasse, sehnten sich nach dem Glück, das für sie eine Familiengründung beinhaltete mit Häuschen und Garten. Dies würde ich weder als Glück noch als Glücklichsein bezeichnen, denn man wird sich nicht zwangsläufig dabei glücklich fühlen werden. Und ein Haus fällt einem ja nicht einfach so zu, außer man hat Glück, es bei einer Lotterie gewonnen zu haben. Glücklichsein ist ein Zustand, dem natürlich ein Glück wie im Lotto vorausgegangen sein kann, ihn ausgelöst haben könnte, muss aber nicht.

Du sagst, wenn wir glücklich sind ist es doch Glück. Finde ich nicht. Es heißt ja, jeder ist seines Glückes Schmied. Wenn wir in Deutschland und nicht in Bangladesch geboren und aufgewachsen sind, haben wir Glück gehabt. In den meisten Fällen bestimmt es auch darüber, ob wir glücklich sind, ist aber nicht zwingend.

LG Kurt
"Wir befinden uns stets mitten im Weltgeschehen, tun aber gerne
so, als hätten wir alles im Blick." (Kurt)

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 08.04.2017, 19:33

Kurt hat geschrieben:Glücklich SEIN können alle,
Glück HABEN nur wenige.

Hallo Kurt,

du stellst diesen Spruch unter die "große" Überschrift: Apho phil. Ich habe Probleme mit diesem Spruch, weil du hier zwei grundlegend verschiedene Aspekte in einen Aphorismus packen möchtest. Eine Art von sehr persönlichem und subjektiv empfundenem Gefühlszustand und ein Ereignis, das einem begegnen kann. Apfel und Birnen werden hier in einen Topf geworfen, die man m.E. nicht in einem philosophischen Aphorismus verbinden kann.

1. Glücklich sein können alle.

Dem stimme ich nicht zu. Es ist nicht so, dass alle glücklich sein können. Es ist mir zu apodiktisch formuliert. In jedem steckt das Potential, glücklich zu sein. Das ist wohl wahr. Doch nicht jeder ist dazu in der Lage. Menschen z.B., die von ihrem Charakter her Pessimisten sind (und da gibt es viele), schaffen es kaum, wirklich glücklich zu sein. "Nähert" sich ihnen ein "Hauch" von Glücklichsein, stellen sie es sogleich in Frage (und damit auch sich selbst). Sie "misstrauen" diesem Gefühl regelrecht.
Menschen mit schwerer Krankeit werden wohl auch ein Problem haben, glücklich zu sein, etc. etc. Hier könnte man endlos Beispiele nennen.

2. Glück haben nur wenige.

Diese Aussage ist m.E. wertend, weil sie im Umkehrschluss bedeutet, dass viele Pech haben.
Was bedeutet denn Glück überhaupt? Es gibt dafür keine Definition. Glück kann etwas ganz Kleines sein. Oder etwas ganz Großes.

Zwei Themenbereiche, über die man endlos diskutieren kann.

Saludos Mucki

Kurt
Beiträge: 1270
Registriert: 30.09.2011

Beitragvon Kurt » 08.04.2017, 20:36

Mucki, dieser Aphorismus deckt ja eben auf, dass es sich um Birnen und Äpfel handelt. Insofern ist er doch berechtigt. Nur wenn du mir sagst, Glück kann etwas Kleines oder auch Großes sein, darüber lässt sich nicht philosophieren. Gerade Philosophen wie K. Popper forderten eine „klare“ Sprache. Und beim Glücksspiel etwa würde ich zu denen, die nichts gewonnen haben, ja nicht sagen, ihr habt alle Pech gehabt. Und bei einer Unfallversicherung, würde ich den, der eine hohe Invaliditätssumme ausbezahlt bekommt, nicht als Gewinner bezeichnen und die anderen die nichts bekommen als Verlierer. Wenn ich im Lotto nichts gewonnen habe, sage ich nicht, ich habe Pech gehabt, denn ein Gewinn ist von vornherein ein Zufall. Wenn ich mit zehn Leuten im Gewitter unter einem Baum stehe und der Blitz trifft mich, würde ich von Pech sprechen, die anderen umgekehrt aber nicht von sich behaupten, sie hätten Glück gehabt. Also hier funktioniert dein Argument des Umkehrschlusses nicht. Ich habe ja angemerkt, was ich unter Glück verstehe und unter glücklich sein. Ob nun der Apho hinsichtlich dessen gelungen ist, ist eine andere Frage. Aphos müssen auch allgemein verständlich sein.

LG Kurt
"Wir befinden uns stets mitten im Weltgeschehen, tun aber gerne
so, als hätten wir alles im Blick." (Kurt)

Kurt
Beiträge: 1270
Registriert: 30.09.2011

Beitragvon Kurt » 11.04.2017, 12:00

Mucki, um nochmal auf das Glücklichsein aller zurückzukommen. Selbst die Chinesen, für die ja Glück mehr ist, als wir es „logisch-philosophisch“ definieren könnten, also sich ins Religöse erstreckt, sind Glücklichsein Glücksmomente. Und die, liebe Mucki, kann jeder Mensch haben. Es gibt sogar Masseneuphorien, wo alle gleichzeitig diesen Glücksmoment erleben. Ein Pessimist kann sogar einen Orgasmus bekommen, wenn du ihn allerdings hinterher fragst, ob er einen Glücksmoment gehabt hat, könnte er sehr pessimistisch darauf antworten. ;ö)). Aber da würde er sich selber belügen. Einen Pessimisten macht sicher glücklich, wenn seine pessimistische Prognose einträfe, und alle anderen, die eher optimistisch waren, dumm aus der Wäsche gucken.
Ein sterbenskranker permanent Leidener, kann glücklich sein, wenn der Akt der Sterbehilfe in der Schweiz ihn kurz vorm Freitod begegnet.
Ein zum Tode verdammtes Kind im Hospiz braucht nicht viel um noch Glücksmomente erleben zu dürfen.
Und meinen Nachbar, dem ewigen Trauerkloß, macht glücklich, wenn er mit mir einen trinken kann und seine Alte in Kur ist.

LG Kurt
"Wir befinden uns stets mitten im Weltgeschehen, tun aber gerne
so, als hätten wir alles im Blick." (Kurt)

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 11.04.2017, 13:30

Kurt hat geschrieben:... Glücksmomente. Und die, liebe Mucki, kann jeder Mensch haben.

Jou, dem stimme ich zu. Glücksmomente kann jeder haben.
Kurt hat geschrieben:wenn er mit mir einen trinken kann und seine Alte in Kur ist.

:pff:


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 33 Gäste