für Friederike Mayröcker, 2014
regenschirme treiben vorbei das leben
zahlt sich aus tage wabern
im sommerlicht wie algenteppiche
oder wasserlinsen im mäander
auf einem berg stand ich sagen wir
besser an einem abhang und
sagen wir der berg war parnass
und ich stürzte fiel in ein
thrakisches meer
am himmel kraniche oder silberreiher
helle vögel
vogelmenschen im gleißenden licht
du einsam in einer zwischenwelt ich
in einem zwischenmeer stumm
beobachteten wir einander
pan abseits spielte
auf einer knochenflöte
die gesänge von hühnern und gänsen
singschwäne zogen heran
schlafmohnlieder im gefieder
und in den schnäbeln eine goldene kette
alabaster
zylindrische farben*) sagst du
und ein hotelzimmer in wien
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*) aus Friederike Mayröcker: drei Traumwahrheiten oder: kein Wort mehr über Träume (Gedicht, in Friederike Mayröcker: Winterglück, Suhrkamp 1986)
hautstille | im gegenlicht
Zuletzt geändert von Werner am 04.06.2021, 14:59, insgesamt 1-mal geändert.
Hallo Werner,
wunderbar, wie du hier teils reale und teils mystische Bilder miteinander verwebst. Auch die Enjambements fließen gekonnt. Man liest in deinen Zeilen tatsächlich eine Hommage an Friederike Mayröcker.
Sehr gern gelesen und mich darin fallen gelassen.
Liebe Grüße
Gabi
wunderbar, wie du hier teils reale und teils mystische Bilder miteinander verwebst. Auch die Enjambements fließen gekonnt. Man liest in deinen Zeilen tatsächlich eine Hommage an Friederike Mayröcker.
Sehr gern gelesen und mich darin fallen gelassen.
Liebe Grüße
Gabi
Hallo Werner,
ja, das ist wirklich ein interessantes Interview. "Ich kann abends oder nachts nicht schreiben. Ich bewundere andere Schriftsteller, die das können. Um diese Zeit ist doch schon so viel Welt in einen hineingestürzt, da kann man nichts Reines mehr machen." Toll ausgedrückt. So viel Welt in einen hineingestürzt ...
Sie schreibt zwischen 5 und 6 Uhr, für mich unfassbar. Am Intensivsten kann ich nur nachts schreiben, wenn es draußen total still ist, "die Welt sozusagen wieder hinausgestürzt ist", um ihre Worte zu gebrauchen. Aber mit der Musik geht es mir genauso wie ihr, ich höre dann tagelang immer das gleiche Musikstück und es "berauscht" mich.
Danke für den Tipp!
Liebe Grüße
Gabi
ja, das ist wirklich ein interessantes Interview. "Ich kann abends oder nachts nicht schreiben. Ich bewundere andere Schriftsteller, die das können. Um diese Zeit ist doch schon so viel Welt in einen hineingestürzt, da kann man nichts Reines mehr machen." Toll ausgedrückt. So viel Welt in einen hineingestürzt ...
Sie schreibt zwischen 5 und 6 Uhr, für mich unfassbar. Am Intensivsten kann ich nur nachts schreiben, wenn es draußen total still ist, "die Welt sozusagen wieder hinausgestürzt ist", um ihre Worte zu gebrauchen. Aber mit der Musik geht es mir genauso wie ihr, ich höre dann tagelang immer das gleiche Musikstück und es "berauscht" mich.
Danke für den Tipp!
Liebe Grüße
Gabi
Lieber Werner,
erst einmal ein ganz herzliches Hallo, wir sind uns soweit ich weiß hier noch nicht über den Weg gelaufen. :)
Zu deinem Gedicht:
Ich mag es sehr. Ich finde es beeindruckend wie du es schaffst von diesen ersten, ineinander fließenden Zeilen ohne Atempause, die an das LyrIch heran zoomen und es in der Welt verordnen, zu wechseln auf diese viel kürzeren, klarer abgegrenzten Beobachtungen. Ganz besonders schön finde ich den wie zufällig wirkenden Reim von Schlafmohnlieder und Gefieder und die goldene kette. Das Hotelzimmer in Wien, so unpassend es theoretisch sein könnte, weil es doch das einzige von Menschen geschaffene Element hier ist, schließt das ganze für mich perfekt ab.
Also wie gesagt, ich finde es ganz toll. Es passiert mir relativ selten, dass ein Gedicht mich wirklich berührt und ich dann nicht doch irgendwo über eine Stelle stolpere. Hier ist das gelungen.
Liebe Grüße,
Ellie
PS: Ich hoffe das ergibt für andere jetzt auch Sinn was ich hier schreibe und klingt nicht völlig wirr. Mir fällt es immer noch schwer meine Gedanken wieder ordentlich in irgendeiner Sprache auszudrücken.
erst einmal ein ganz herzliches Hallo, wir sind uns soweit ich weiß hier noch nicht über den Weg gelaufen. :)
Zu deinem Gedicht:
Ich mag es sehr. Ich finde es beeindruckend wie du es schaffst von diesen ersten, ineinander fließenden Zeilen ohne Atempause, die an das LyrIch heran zoomen und es in der Welt verordnen, zu wechseln auf diese viel kürzeren, klarer abgegrenzten Beobachtungen. Ganz besonders schön finde ich den wie zufällig wirkenden Reim von Schlafmohnlieder und Gefieder und die goldene kette. Das Hotelzimmer in Wien, so unpassend es theoretisch sein könnte, weil es doch das einzige von Menschen geschaffene Element hier ist, schließt das ganze für mich perfekt ab.
Also wie gesagt, ich finde es ganz toll. Es passiert mir relativ selten, dass ein Gedicht mich wirklich berührt und ich dann nicht doch irgendwo über eine Stelle stolpere. Hier ist das gelungen.
Liebe Grüße,
Ellie
PS: Ich hoffe das ergibt für andere jetzt auch Sinn was ich hier schreibe und klingt nicht völlig wirr. Mir fällt es immer noch schwer meine Gedanken wieder ordentlich in irgendeiner Sprache auszudrücken.
Boah! was für eine zustimmung, das haut mich jetzt fast um ... danke, danke, danke, sehr! liebe Ellie. ja das gefieder und die schlafmohnlieder, dieser "binnenreim", ich mag ihn auch ... nein, nicht wirr. ... berührt ist ja schon etwas, ist viel, danke.
Heute verstarb Friederike Mayröcker.
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