Aphorismus?

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Gerda

Beitragvon Gerda » 04.02.2011, 06:45

Ein Leben zerbricht_
jedoch nicht zwangsläufig_
den Menschen.

©GJ2011

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 08.02.2011, 10:29

Ja, Gerda, genauso verstehe ich Dein Anliegen: Wechsel innerhalb der Bedeutungsebenen des Wortes Leben.

Für mich - den anderen mag es da ja völlig anders gehen, daher hatte ich sie mit angesprochen - ist aber der Begriff zerbrochen so endgültig, dass ich nur ganz rational folgen kann. Unmittelbar lesen kann ich das nicht, was Du meinst.

Gerda

Beitragvon Gerda » 08.02.2011, 10:40

Aha, nun verstehe ich besser, aber "zerbrochen" hat ja auch eine Bedeutung auf der Übertragungsebene ...

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 08.02.2011, 10:53

Natürlich gilt das auch für zerbrechen!

Zusammen mit Leben ist da aber nicht viel Spielraum, da dieser Zusammenklang an Heftigkeit kaum zu übertreffen ist.

Diesen Eindruck hielt ich übrigens auch für intendiert, aber: Mir gelingt die "Rückführung" dann nicht.

Klara
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Beitragvon Klara » 08.02.2011, 20:33

Hallo Gerda,
dieser Aphorismus, wenn es denn einer sein möchte, erscheint mir in sich nicht schlüssig.

Aus zwei Gründen:
1. Wenn ein Leben zerbricht, ist es nicht mehr. Dann ist es tot. Also auch der Mensch, der (es) gelebt hatte, vorher.
(Für einen übertragenen Sinn taugt m.E. ein Aphorismus in diesem Zusammenhang nicht. Es aphoristet dann irgendwie nicht, find ich, schnackelt nicht.)
2. Wenn, sagen wir, ein Hundeleben "zerbricht", zerbricht es natürlich nicht zwangsläufig "den Menschen". Aber welchen? Welches Leben? Warum wird stillschweigend "Leben" ausschließlich auf den Menschen angewandt? Nicht auf Pflanzen und Tiere??

Kurzum: So kurz der Aphorismus hier daher kommt, ist er doch einerseits nicht prägnant genug, andererseits nicht ausführlich genug, in sich nicht griffig. Mithin: Nach meiner Einschätzung kein Aphorismus. Nicht klar genug. Nicht "pieksig" genug. Man nicht den aphoristisch-typischen erhellenden "Knall"-Effekt. Aphorismen dürfen zwar Binsenwahrheiten ausdrücken (tun das ja auch oft genug), aber dann muss es eine sprachliche oder stilistische Pointe als Würze geben. Aphorismen sind sozusagen wandelnde Zitatgeber. Das sehe ich hier nicht. Hier sehe ich eher ein Bemühen um ein Kurzgedicht, eine Art Konklusio, die aber auch nicht trifft, sondern, insbesondere in der linierten "Unterfütterung", eher gewollt wirkt.

Wenn damit gesagt sein will:
Die eine ART zu leben (z.-B. als Berufstätiges Wesen oder als Teil eines Liebespaares o.Ä.) funktioniert nicht mehr, aus diesen oder jenen Gründen, dann lebt der Mensch trotzdem weiter, aber ben auf eine andere Art - ja klar. Und? Das Zerbrechen an der Ausdrucksweise empfände ich dann als pathetisch.
Wenn damit gesagt sein will:
Ein geliebter Mensch stirbt, der andere lebt weiter - dito: ja klar, und? Das ist Alltag. Auch dann empfände ich die gewählte Ausdrucksform mit der Setzung als pathetisch, bedeutungsschwanger, wo eine Binsenweisheit sich Bahn bricht anstatt zu zerbrechen ;)
Nee, im Ernst: Es funktioniert für mich nicht, und allein schon die Unklarheit in der herleitung - was ist denn nun gemeint, welcher Mensch, in welcher Situation, und warum ist das jetzt wichtig - lässt mich unbefriedigt, denn Aphorismen haben nicht unklar zu sein ;)

Herzlich
klara
Edit: "Leben" und "zerbrechen" als Wortpaar passen als solche nicht zusammen, finde ich. Entweder Leben oder nicht. Leben kann nicht zerbrechen. Leben ist - oder nicht. Dann ist Tod. Oder Nichts. Auch ein Menschenleben kann nicht zerbrechen, es kann nur - gelebt werden, bis es stirbt. Das Prädikat stimmt nicht.

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 09.02.2011, 10:15

Aber es kann Leben geben, die den Menschen zerbrechen.

Klara
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Beitragvon Klara » 09.02.2011, 10:25

ach so, ja, hast recht, Xanthippe, da war ich wohl etwas kurzsichtig beim lesen...
oder wegen der setzung etwas voreilig. dennoch soll ja suggeriert werden, dass beides (zer)bricht und brechen kann, auch das leben, und da geh ich irgendwie nicht mit. ist ja aber nur ne einzelmeinung :)

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 09.02.2011, 10:33

ja, der "aphorismus" gibt den zusammenhang so nicht her, ich glaube, es ist auch nicht so gemeint gewesen, sondern wirklich wie es da steht, dass das leben zerbricht und der mensch aber nicht. und da geh ich auch nicht mit, mit meiner einzelmeinung ;-)

Gerda

Beitragvon Gerda » 09.02.2011, 10:37

Danke Xanthippe für den Einwurf.

Liebe Klara,

ich danke dir sehr für deine ausführliche Stellungnahme. Im Moment habe ich den Eindruck, dass wir völlig unterschiedliche Herangehensweisen haben, bei Überlegungen, zum Thema "Leben".
Dein geäußertes Unverständnis, deine Gedanken kann ich nur teilweise nachvollziehen, bitte gib mir noch ein wenig Zeit, damit ich dir adäquat antworten kann.

Liebe Grüße
Gerda

Gerda

Beitragvon Gerda » 09.02.2011, 10:45

Ach, jetzt sehe ich, dass sich die letzten Stellungnahmen überschnitten haben, aber das macht ja nichts.

Herby

Beitragvon Herby » 09.02.2011, 22:16

Hallo Gerda,

ob es im literaturwissenschaftlichen Sinne ein Aphorismus ist (du hast im Titel ein Fragezeichen hinter den Begriff gesetzt), vermag ich nicht mit letzter Sicherheit zu sagen, die Aussage finde ich allerdings in ihrer Mehrdeutigkeit klar und treffend.

Liebe Grüße,
Herby

Gerda

Beitragvon Gerda » 09.02.2011, 22:38

Guten Abend Herby,

schön, dich hier zu lesen.
ich danke dir für deine Rückmeldung und freue mich natürlich darüber, dass es bei dir funktioniert.
Was die Form angeht ... naja ... mir ist es wichtiger, zu erfahren, ob manch ein Leser die Intention erkennt.

Liebe Abendrüße
Gerda


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