Effizient lesen
„Effizient lesen – effizient lernen – verdoppeln Sie Ihren Leseerfolg!“ Diese Werbung steht da. In der U-Bahn einer universitätsnahen Linie. Da sitzen lauter Studenten drin, die das lesen. Und dann auf die angegebene Website klicken. Und die Kurse buchen. Damit sie schneller lesen lernen.
Man wünschte, es wäre Satire, aber das ist ganz PR-Ernst gemeint: „Die durchschnittliche Effective Reading Rate im deutschsprachigen Raum liegt bei 110 WpM. 80% der Teilnehmer unserer Improved Reading Kurse haben ihre Effective Reading Rate mehr als verdoppelt. Im Durchschnitt erreichen unsere Teilnehmer nach Kursende eine Effective Reading Rate von 440!“
Der wissenschaftliche Anstrich durch Phantasie-Maßeinheiten, Englisch-Besser-Wissing und Dummverkaufe-Dauerbrenner-Begriffe wie „dynamisieren“, „Prozesse“ und „Qualität“ sollen dem objektiv messenden Studenten, der so einen Kurs kauft, objektiv messbar „ZWEI VOLLE MONATE STUDIENZEIT EINSPAREN“. Eigentlich sollte er wohl schon im Grundschulalter damit begonnen haben, solcherart effektiv zu lesen und „Stoff zu bewältigen“ – dann bräuchte er später mit dem Studium gar nicht erst anzufangen! Das ist echte Effizienz! Die Lebensersparnis ist enorm – nachweislich! – und objektiv messbar! Man muss nur ein bisschen Geld dafür ausgeben, anstatt es für dicke Wälzer zu verplempern. Dann kann man in rasender Geschwindigkeit in den Genuss der vollen Spar-Konzentration kommen und so „in nur zwei Tagen Leseeffizienz verdoppeln“. Das rentiert sich dreifach und zahlt fünffach auf die Karriere ein.
Immerhin steht da auch: „Nicht jeder Text sollte unter Effizienzgesichtspunkten gelesen werden … Sie können parallel weiterhin mit den alten Techniken lesen, wenn es sich um anspruchsvolle Romane oder Gedichte handelt …“ Aber das ist ein Feigenblatt, das der gewiefte Student blitzschnell enttarnen wird, denn jene Ausnahme-Texte wären kein Stoff, sondern Zeitverschwendung. In der Zeit, in der man z.B. „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ liest, kann man doch schon x Bücher einsparen, die man dann gar nicht erst lesen muss! So studiert man sich in Ultraschallgeschwindigkeit zum Bacholor und Master of he Universe – total effizient im Zeitmanagement! Garantiert!
Effizient lesen
Liebe Klara,
mein Bruder hat mir mal von einer Schnelllesetechnik erzählt, die er hin und wieder anwendete: nur das jeweils erste und das jeweils letzte Wort einer Seite lesen, das reiche aus! Deine amüsante Stellungnahme erinnert mich an eine Figur in Barry McCrea's "Poeten der Nacht", die sich in den Kopf gesetzt hatte, "Ulysses" so schnell wie möglich zu lesen ... ich weiß nicht mehr, wie lang er dann dafür brauchte, aber jedenfalls waren es nur wenige Stunden. Verstanden hat er den Text natürlich nicht, das wäre auch zu viel verlangt, aber er hat ihn gelesen! Vielleicht las er ebenso wie mein Bruder ...
Dieser Satz ist genial ... wir sollten überhaupt nicht so viel über verlorene Zeit nachdenken, das kostet zuviel Zeit!!
Zeitraffenden Gruß von Zefira
mein Bruder hat mir mal von einer Schnelllesetechnik erzählt, die er hin und wieder anwendete: nur das jeweils erste und das jeweils letzte Wort einer Seite lesen, das reiche aus! Deine amüsante Stellungnahme erinnert mich an eine Figur in Barry McCrea's "Poeten der Nacht", die sich in den Kopf gesetzt hatte, "Ulysses" so schnell wie möglich zu lesen ... ich weiß nicht mehr, wie lang er dann dafür brauchte, aber jedenfalls waren es nur wenige Stunden. Verstanden hat er den Text natürlich nicht, das wäre auch zu viel verlangt, aber er hat ihn gelesen! Vielleicht las er ebenso wie mein Bruder ...

In der Zeit, in der man z.B. „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ liest, kann man doch schon x Bücher einsparen, die man dann gar nicht erst lesen muss!
Dieser Satz ist genial ... wir sollten überhaupt nicht so viel über verlorene Zeit nachdenken, das kostet zuviel Zeit!!
Zeitraffenden Gruß von Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
Hallo, Zefira, der Tip Deines Bruders ist sehr gut. Bei seiner Anwendung schrumpft Klaras Beitrag (Pardon, Klara!) auf "Effizient" und "Garantiert". Darin ist doch eigentlich alles enthalten!
Gruß
Quoth
Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.
erinnert mich an die "grauen herren" aus michael endes "momo". ich mochte eh beppo straßenkehrer immer am liebsten.
Hast recht, Xanthippe.
Aber ich fürchte, Michael Endes Graue Herren würden grün werden vor Neid, was ihre echten, aktuellen Kollegen so zustandebringen...
(Und ja: Ich mochte auch den Beppo so gern, und erinner mich manchmal und immer wieder an ihn, wenn ich eine lange, langweilige ARbeit oder Pflicht tun muss: nicht zum Ende schauen, sondern Schritt für Schritt gehen, nicht die Zeit fressen (wollen), sondern in der Gegenwart (bei sich) bleiben; schreibt sich leicht, lebt sich schwer, aber wenn's doch mal klappt, schöner -)
Aber ich fürchte, Michael Endes Graue Herren würden grün werden vor Neid, was ihre echten, aktuellen Kollegen so zustandebringen...
(Und ja: Ich mochte auch den Beppo so gern, und erinner mich manchmal und immer wieder an ihn, wenn ich eine lange, langweilige ARbeit oder Pflicht tun muss: nicht zum Ende schauen, sondern Schritt für Schritt gehen, nicht die Zeit fressen (wollen), sondern in der Gegenwart (bei sich) bleiben; schreibt sich leicht, lebt sich schwer, aber wenn's doch mal klappt, schöner -)
auch wenn das jetzt vielleicht schon ein wenig o.t. geht, mich hat ja am beppo immer fasziniert, dass er manchmal erst tage später geantwortet hat, weil er so lange nachdenken musste (sich das erlaubt hat), bis die antwort von den meisten menschen gar nicht mehr verstanden wurde.
- Thomas Milser
- Beiträge: 6069
- Registriert: 14.05.2006
- Geschlecht:
Liebe Klara,
vielleicht hege ich die falschen Erwartungen an Texte in dieser Rubrik, aber stellvertretend für deine letzten Meinungsbeiträge (sprich: Kolumnen, Satiren, wie auch immer - z.B. den Lidl-Text) möchte ich hieran mal aufzeigen, was mir fehlt. Zumal ich endlich das passende Adjektiv gefunden habe: hölzern.
Sicherlich bezieht der Text eine Position gegenüber dem Gegenstand, aber das alleine finde ich ein bisschen zu wenig. Man kann es vielleicht in der Fußballsprache ganz gut sagen: Du verwandelst immer nur Elfmeter und direkte Freistöße. Als Leser wünsche ich mir aber raffinierte, angeschnibbelte Flanken, Hackentricks, verdeckte Aufsetzer, den tödlichen Pass in die Tiefe des Raumes.
Es wird im Text relativ schnell klar, wie die Meinung des Autors ist, und ab da baut alles auf der vermeintlichen Zeitersparnis auf, bleibt also relativ eindimensional. Und das noch unter Zuhülfenahme von Ausrufezeichen in erklecklicher Anzahl und Großbuchstabenschrift, auf dass sich das längst Offensichtliche doppelt und dreifach ins Leserhirn einbrennen möge. Du hast es selbst im Kommentar schon gesagt: zu pädagogisch.
Ich finde, du könntest hier wie auch andernorts weitaus humorvoller, verschmitzter, augenzwinkernder und um-die-Ecke-gedachter agieren, dem Thema leichtfüßiger und unverbiesteter beiwohnen. Die eigene Meinung ein bisschen mehr zum Überraschungsei machen. Nifl würde sagen: Show, don't tell!
Insofern ist das einzig Ironische an dem Text für mich, dass ich tatsächlich ab Mitte des zweiten Absatzes begonnen habe, quer - also vermeintlich effizient - zu lesen. Das kann aber wohl kaum deine Intention gewesen sein. Und das finde ich schade, denn an Beobachtungsagbe und Wahrnehmungstiefe mangelt es sicherlich nicht. Allein die literarische Transformation bleibt mir zu flach, zu unüberzeichnet, nicht zuende gedacht.
Insofern kann ich leider nur mit einem Textzitat enden:
"Man wünschte, es wäre Satire ..."
(... und dem the ein t.)
Tom
vielleicht hege ich die falschen Erwartungen an Texte in dieser Rubrik, aber stellvertretend für deine letzten Meinungsbeiträge (sprich: Kolumnen, Satiren, wie auch immer - z.B. den Lidl-Text) möchte ich hieran mal aufzeigen, was mir fehlt. Zumal ich endlich das passende Adjektiv gefunden habe: hölzern.
Sicherlich bezieht der Text eine Position gegenüber dem Gegenstand, aber das alleine finde ich ein bisschen zu wenig. Man kann es vielleicht in der Fußballsprache ganz gut sagen: Du verwandelst immer nur Elfmeter und direkte Freistöße. Als Leser wünsche ich mir aber raffinierte, angeschnibbelte Flanken, Hackentricks, verdeckte Aufsetzer, den tödlichen Pass in die Tiefe des Raumes.
Es wird im Text relativ schnell klar, wie die Meinung des Autors ist, und ab da baut alles auf der vermeintlichen Zeitersparnis auf, bleibt also relativ eindimensional. Und das noch unter Zuhülfenahme von Ausrufezeichen in erklecklicher Anzahl und Großbuchstabenschrift, auf dass sich das längst Offensichtliche doppelt und dreifach ins Leserhirn einbrennen möge. Du hast es selbst im Kommentar schon gesagt: zu pädagogisch.
Ich finde, du könntest hier wie auch andernorts weitaus humorvoller, verschmitzter, augenzwinkernder und um-die-Ecke-gedachter agieren, dem Thema leichtfüßiger und unverbiesteter beiwohnen. Die eigene Meinung ein bisschen mehr zum Überraschungsei machen. Nifl würde sagen: Show, don't tell!
Insofern ist das einzig Ironische an dem Text für mich, dass ich tatsächlich ab Mitte des zweiten Absatzes begonnen habe, quer - also vermeintlich effizient - zu lesen. Das kann aber wohl kaum deine Intention gewesen sein. Und das finde ich schade, denn an Beobachtungsagbe und Wahrnehmungstiefe mangelt es sicherlich nicht. Allein die literarische Transformation bleibt mir zu flach, zu unüberzeichnet, nicht zuende gedacht.
Insofern kann ich leider nur mit einem Textzitat enden:
"Man wünschte, es wäre Satire ..."
(... und dem the ein t.)
Tom
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
Hallo Tom,
danke für deinen Kommentar.
Er kommt mir im Ton übertrieben heftig vor - aber das mag Einbildung sein. Insbesondere der letzte Satz deiner Ausführungen erscheint mir ein wenig unangebracht im Verhältnis, aber seis drum.
Inhaltlich hast du sicherlich mit einigem Recht, mit anderem nicht, darauf hier im Detail einzugehen, habe ich zurzeit (verzeih bitte) keine Zeit und auch, pardon, keine Lust angesichts der auf mich in der Tendenz herablassend wirkenden Befassung deinerseits.
Misstrauisch werde ich persönlich immer dann, wenn der Kritiker die "Literarizität"skeule schwingt, gerne auch mit Fremdwortlerei garniert "Transformation" - ooh!), dabei unterderhand implizierend, er allein (also der Kritiker) wüsste zu beurteilen, was "literarisch" sei und es liege nun an ihm, dem Kritiker, dieses "Literarische" einzufordern. So gut wie nie ist diieses autkorial wissende "literarisch" begründbar, und sehr selten wird es nicht manipulativ gebraucht. Ich selbst verzichte deshalb weitgehend auf diese Art der Zuschreibung oder Ent-schreibung, die den Schreiber in die Defensive drängt, indem er etwas verteidigen soll, das er gar nicht behauptet hat, dessen Anspruch nicht mal klar ist und dessen Inhalt in der Kürze eines Kommentars gar nicht ergründet werden kann. Das ist ähnlich wie mit der Zuschreibung "Du bist unpolitisch" oder "Das ist nicht realistisch" oder "Das gehört sich nicht."
herzlich
klara
danke für deinen Kommentar.
Er kommt mir im Ton übertrieben heftig vor - aber das mag Einbildung sein. Insbesondere der letzte Satz deiner Ausführungen erscheint mir ein wenig unangebracht im Verhältnis, aber seis drum.
Inhaltlich hast du sicherlich mit einigem Recht, mit anderem nicht, darauf hier im Detail einzugehen, habe ich zurzeit (verzeih bitte) keine Zeit und auch, pardon, keine Lust angesichts der auf mich in der Tendenz herablassend wirkenden Befassung deinerseits.
Misstrauisch werde ich persönlich immer dann, wenn der Kritiker die "Literarizität"skeule schwingt, gerne auch mit Fremdwortlerei garniert "Transformation" - ooh!), dabei unterderhand implizierend, er allein (also der Kritiker) wüsste zu beurteilen, was "literarisch" sei und es liege nun an ihm, dem Kritiker, dieses "Literarische" einzufordern. So gut wie nie ist diieses autkorial wissende "literarisch" begründbar, und sehr selten wird es nicht manipulativ gebraucht. Ich selbst verzichte deshalb weitgehend auf diese Art der Zuschreibung oder Ent-schreibung, die den Schreiber in die Defensive drängt, indem er etwas verteidigen soll, das er gar nicht behauptet hat, dessen Anspruch nicht mal klar ist und dessen Inhalt in der Kürze eines Kommentars gar nicht ergründet werden kann. Das ist ähnlich wie mit der Zuschreibung "Du bist unpolitisch" oder "Das ist nicht realistisch" oder "Das gehört sich nicht."
herzlich
klara
- Thomas Milser
- Beiträge: 6069
- Registriert: 14.05.2006
- Geschlecht:
Liebe Klara,
mit 'Transformation' meine ich nichts anderes als eine 'Übertragung', also zum Beispiel die eines Sachverhaltes in eine andere Bedeutungs- oder Handlungsebene, sowas wie eine Parallelwelt. Also eben nicht 1:1 bleiben. Das hat wohl nicht unbedingt etwas mit 'literarisch' zu tun, zumal ich auch nicht genau weiß, was das eigentlich ist :o)
Ich habe ja nur geschrieben, was ich mir bei solcherlei Texten (= Meinungsbeiträgen) wünsche, aber vielleicht war ja auch eine (stärkere) satirische Überzeichnung gar nicht deine Absicht. Jedenfalls meine ich, dass da einfach mehr drin steckt in manchen deiner Texte, was es sich lohnte, rauszukitzeln ...
Wohlwollend,
Tom.
mit 'Transformation' meine ich nichts anderes als eine 'Übertragung', also zum Beispiel die eines Sachverhaltes in eine andere Bedeutungs- oder Handlungsebene, sowas wie eine Parallelwelt. Also eben nicht 1:1 bleiben. Das hat wohl nicht unbedingt etwas mit 'literarisch' zu tun, zumal ich auch nicht genau weiß, was das eigentlich ist :o)
Ich habe ja nur geschrieben, was ich mir bei solcherlei Texten (= Meinungsbeiträgen) wünsche, aber vielleicht war ja auch eine (stärkere) satirische Überzeichnung gar nicht deine Absicht. Jedenfalls meine ich, dass da einfach mehr drin steckt in manchen deiner Texte, was es sich lohnte, rauszukitzeln ...
Wohlwollend,
Tom.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
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