Wenn du die Heuchler suchst,
dann lache über die Trauernden.
(ohne Titel)
Lieber Andreas,
ich weiß nicht, ob ich richtig liege: Ich denke, es geht um die Menschen, die zu einer Beerdigung kommen, obwohl sie, ich sage jetzt mal, eine "ungeklärte" Beziehung zu dem Verstorbenen hatten. Die sich nicht mehr gekümmert haben, die Streit hatten, etc.
Hm, wenn es so ist, dann finde ich das einfach zu einfach. Ich glaube, dass dahinter oft sehr komplexe Gefühlswelten verborgen sind, die jemanden dann doch motivieren, zu einer Beerdigung zu gehen. Das mag einen im ersten Moment ärgern. Aber vielleicht ist es ja auch eine Form der Würdigung.
Darüber zu lachen, wäre für mich der falsche Weg. Über Trauernde zu lachen, finde ich sowieso zynisch, wenn ich ehrlich bin. Und wer will entscheiden, ob jemand "echt" trauert oder heuchelt. Dafür müsste man die Emotionalen Welten eines anderen doch ziemlich genau ergründen können. ich glaube nicht, dass das geht.
Hm, oder meinst Du es wirklich als Aufforderung. So nach dem Motto: Lache auf einer Beerdigung und es wird sich zeigen, wer wirklich trauer und wer nicht. Hm, fände ich einen eher befremdlichen Test...
Ich fürchte, bei mir kommt das, was Du sagen möchtest, entweder falsch an oder aber ich kann nciht zustimmen.
Trotzdem liebe Grüße
leonie
ich weiß nicht, ob ich richtig liege: Ich denke, es geht um die Menschen, die zu einer Beerdigung kommen, obwohl sie, ich sage jetzt mal, eine "ungeklärte" Beziehung zu dem Verstorbenen hatten. Die sich nicht mehr gekümmert haben, die Streit hatten, etc.
Hm, wenn es so ist, dann finde ich das einfach zu einfach. Ich glaube, dass dahinter oft sehr komplexe Gefühlswelten verborgen sind, die jemanden dann doch motivieren, zu einer Beerdigung zu gehen. Das mag einen im ersten Moment ärgern. Aber vielleicht ist es ja auch eine Form der Würdigung.
Darüber zu lachen, wäre für mich der falsche Weg. Über Trauernde zu lachen, finde ich sowieso zynisch, wenn ich ehrlich bin. Und wer will entscheiden, ob jemand "echt" trauert oder heuchelt. Dafür müsste man die Emotionalen Welten eines anderen doch ziemlich genau ergründen können. ich glaube nicht, dass das geht.
Hm, oder meinst Du es wirklich als Aufforderung. So nach dem Motto: Lache auf einer Beerdigung und es wird sich zeigen, wer wirklich trauer und wer nicht. Hm, fände ich einen eher befremdlichen Test...
Ich fürchte, bei mir kommt das, was Du sagen möchtest, entweder falsch an oder aber ich kann nciht zustimmen.
Trotzdem liebe Grüße
leonie
Hallo leonie,
natürlich entbehrt das nicht einer gewissen Zynik und die bildliche Vorstellung, dass jemand auf einer Beerdigung lacht, ist sicher auch befremdlich - und doch ging meine Intention in eben diese Richtung. Zu einem solchen Anlaß zu lachen - die Durchsetzbarkeit außen vor - empfinde ich als mögliches, nicht aber als DAS probate Mittel, diejenigen zu entlarven, die eine solche Trauerfeier nicht aus aufrichtigem Grund besuchen. Einziger, für mich aufrichtiger Grund, ist die echte Anteilnahme über den Verlust eines Menschen. So empfinde ich selbst das Erscheinen von zum Beispiel Delegationen von Arbeitskollegen, die keine enge Bindung zum Verstorbenen hatten, bei denen nicht mehr als vielleicht der Schreck über den plötzlichen Tod da ist, als eine moderate Form von Heuchelei.
Ich habe selbst vor wenigen Jahren meinen Vater recht unvermittelt zu Grabe tragen müssen und ich war erbost und erschrocken, wer dort neben den explizit geladenen Personen zugegen war. Leute, die in diesem letzten, intimen Moment, den nur wirklich Trauernde mit dem Toten verbringen sollten, im Grunde nicht mehr als "personae non grata" waren, welche man aber alleine aus Gründen der Pietät sicher nicht zum Weggehen bewegen kann.
Bestattungsbesuche sind für mich die widerlichste Form des Gaffens, wenn ihre Beweggründe nicht lauter sind, nicht von echter Trauer. Alleine darum, nur um diese Leute auszusortieren, wäre mein Mittel, das "Lachen", durchaus eine Chance, diejenigen bzw. ein Teil derer zu entlarven.
So ein wenig aus persönlichem Erlebnis und ein paar anderen Berührungspunkten, war das eine Mischung aus einem Teil eigener Aufarbeitung und Erfahrungen, die in diesem Aphorismus dann (für mich mindestens) ihren berechtigten Ausdruck finden.
Liebe Grüße
Andreas
natürlich entbehrt das nicht einer gewissen Zynik und die bildliche Vorstellung, dass jemand auf einer Beerdigung lacht, ist sicher auch befremdlich - und doch ging meine Intention in eben diese Richtung. Zu einem solchen Anlaß zu lachen - die Durchsetzbarkeit außen vor - empfinde ich als mögliches, nicht aber als DAS probate Mittel, diejenigen zu entlarven, die eine solche Trauerfeier nicht aus aufrichtigem Grund besuchen. Einziger, für mich aufrichtiger Grund, ist die echte Anteilnahme über den Verlust eines Menschen. So empfinde ich selbst das Erscheinen von zum Beispiel Delegationen von Arbeitskollegen, die keine enge Bindung zum Verstorbenen hatten, bei denen nicht mehr als vielleicht der Schreck über den plötzlichen Tod da ist, als eine moderate Form von Heuchelei.
Ich habe selbst vor wenigen Jahren meinen Vater recht unvermittelt zu Grabe tragen müssen und ich war erbost und erschrocken, wer dort neben den explizit geladenen Personen zugegen war. Leute, die in diesem letzten, intimen Moment, den nur wirklich Trauernde mit dem Toten verbringen sollten, im Grunde nicht mehr als "personae non grata" waren, welche man aber alleine aus Gründen der Pietät sicher nicht zum Weggehen bewegen kann.
Bestattungsbesuche sind für mich die widerlichste Form des Gaffens, wenn ihre Beweggründe nicht lauter sind, nicht von echter Trauer. Alleine darum, nur um diese Leute auszusortieren, wäre mein Mittel, das "Lachen", durchaus eine Chance, diejenigen bzw. ein Teil derer zu entlarven.
So ein wenig aus persönlichem Erlebnis und ein paar anderen Berührungspunkten, war das eine Mischung aus einem Teil eigener Aufarbeitung und Erfahrungen, die in diesem Aphorismus dann (für mich mindestens) ihren berechtigten Ausdruck finden.
Liebe Grüße
Andreas
Lieber Andreas,
aber man kann doch in die Menschen nicht reinschauen.
Ich habe es eher so gesehen, dass die Beerdigung die letzte Möglichkeit ist, einen Menschen zu begleiten. Eine Würdigung. Und zwar offen für alle, denen er irgendetwas bedeutet hat. Und da kann das Spektrum doch breit sein.
Als mein Vater gestorben ist, waren 300 Menschen auf der Beerdigung. Mir hat das gut getan, zu spüren, wie viele sich verbunden gefühlt haben. Auch wenn das Band zu manchen sicher ein eher loses war...
Aber wie hätte ich prüfen können, wer es ehrlich meint und wer nicht. ich denke, das müssen sie mit sich selbst ausmachen.
Ich finde es eigentlich schade, dass Bestattungen zunehmend "privat" werden (wenn sie überhaupt noch stattfinden, der Trend geht ja dahin, Tote zu "entsorgen" und möglichst schnell und unauffällig verschwinden zu lassen) und Trauer aus dem öffentlichen Leben verschwindet.
Liebe Grüße
leonie
aber man kann doch in die Menschen nicht reinschauen.
Ich habe es eher so gesehen, dass die Beerdigung die letzte Möglichkeit ist, einen Menschen zu begleiten. Eine Würdigung. Und zwar offen für alle, denen er irgendetwas bedeutet hat. Und da kann das Spektrum doch breit sein.
Als mein Vater gestorben ist, waren 300 Menschen auf der Beerdigung. Mir hat das gut getan, zu spüren, wie viele sich verbunden gefühlt haben. Auch wenn das Band zu manchen sicher ein eher loses war...
Aber wie hätte ich prüfen können, wer es ehrlich meint und wer nicht. ich denke, das müssen sie mit sich selbst ausmachen.
Ich finde es eigentlich schade, dass Bestattungen zunehmend "privat" werden (wenn sie überhaupt noch stattfinden, der Trend geht ja dahin, Tote zu "entsorgen" und möglichst schnell und unauffällig verschwinden zu lassen) und Trauer aus dem öffentlichen Leben verschwindet.
Liebe Grüße
leonie
Hm,
aphoristische Texte verwenden ja immer das Mittel der Zuspitzung - ich glaube deshalb, dass man irgednwie immer im Hinterkopf hat, dass das, was der Text behauptet, letztlich nicht die einzige Wahrheit ist, sondern nur so getan wird, um die Augen kurz mithilfe von polemischen, sarkastischen, überheblichen oder grenzgenialen Tendenzen zu öffnen.
In dieser Beobachtung liegt wahrscheinlich auch begründet, weshalb ich Aphorismen nicht zu meinen Lieblingstexten (aber auch nicht zu meinen Unlieblingstexten) zähle und trotzdem dann uns wann ihre Art&Weise erfrischend oder angemessen finde.
Deshalb finde ich, ist dieser Text in sich stimmig und der Form angemessen zuspitzend, wahrscheinlich einfach, weil ich emotional im gegebenen Fall auch aphoristische (aufgeregte) Empfindungen hätte, wenn ich das Gefühl hätte, Menschen zu entdecken, die sich nach Andreas Beschreibungen verhalten.
Und trotzdem habe ich bei einigen aphoristischen Texten genau das gleiche Problem wie du, leonie: Ich kann bei bestimmten Themen ihre Art, wie sie die Themen behandeln, nicht annehmen. Das ist dann einfach inhaltlich bedingt.
Mir kam beim Lesen und Diskutieren der Gedanke, ob die typische Beerdigung nicht einfach überholt ist und man das in diesem Text angesprochene Problem durch das typische Prozedere notwendig erzeugt.
liebe Grüße,
Lisa
aphoristische Texte verwenden ja immer das Mittel der Zuspitzung - ich glaube deshalb, dass man irgednwie immer im Hinterkopf hat, dass das, was der Text behauptet, letztlich nicht die einzige Wahrheit ist, sondern nur so getan wird, um die Augen kurz mithilfe von polemischen, sarkastischen, überheblichen oder grenzgenialen Tendenzen zu öffnen.
In dieser Beobachtung liegt wahrscheinlich auch begründet, weshalb ich Aphorismen nicht zu meinen Lieblingstexten (aber auch nicht zu meinen Unlieblingstexten) zähle und trotzdem dann uns wann ihre Art&Weise erfrischend oder angemessen finde.
Deshalb finde ich, ist dieser Text in sich stimmig und der Form angemessen zuspitzend, wahrscheinlich einfach, weil ich emotional im gegebenen Fall auch aphoristische (aufgeregte) Empfindungen hätte, wenn ich das Gefühl hätte, Menschen zu entdecken, die sich nach Andreas Beschreibungen verhalten.
Und trotzdem habe ich bei einigen aphoristischen Texten genau das gleiche Problem wie du, leonie: Ich kann bei bestimmten Themen ihre Art, wie sie die Themen behandeln, nicht annehmen. Das ist dann einfach inhaltlich bedingt.
Mir kam beim Lesen und Diskutieren der Gedanke, ob die typische Beerdigung nicht einfach überholt ist und man das in diesem Text angesprochene Problem durch das typische Prozedere notwendig erzeugt.
liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Lisa hat geschrieben:Mir kam beim Lesen und Diskutieren der Gedanke, ob die typische Beerdigung nicht einfach überholt ist und man das in diesem Text angesprochene Problem durch das typische Prozedere notwendig erzeugt.
Liebe Lisa,
das ist ein interessanter Gedanke. Für mich wäre dann die Frage, was die Alternativen sind. Ich habe es hier in der Gegend mittlerweile manches Mal erlebt, dass Menschen einfach von der Bildfläche verschwanden. Fast so als wäre sie nicht da gewesen. Passend zu allgemeinen Wegwerfmentalität, um es mal zynisch zu sagen.
Trauerfeier im engsten Familienkreis kann ich verstehen. Die Kehrseite ist, dass man sich von manchen Menschen, die einem etwas bedeutet haben, kaum mehr verabschieden kann. Weil man zum weiteren Kreis gehört. Das heißt aber ja nicht, dass einem der andere egal gewesen wäre.
Ich glaube, Beerdigung ist oft eine Station zur Realisierung eines Todes. Ich halte das für einen wichtigen Schritt, damit ein Trauerprozess gelingen kann. Was sind die Alternativen? Das ist wirklich eine Frage für mich.
Lieeb Grüße
leonie
Liebe leonie,
ja, das sehe ich wie du - das Verabschieden ist wichtig und wertvoll, unerlässlich für den Trauerprozess! Eine Feier im Familienkreis sehe ich da auch nicht als Problem an, es wäre sicher auch das, wie ich sowas gestalten würde, sondern eben das typische Prozedere von Beerdigungen, in was für Prozesse (Reden, Sprüche, Karten schreiben usf.) man sich hineinbegibt, auch, weil man, wie etwa beim Kindererziehen auch, keine Erfahrung hat und erstmal einiges mitgeht, weil man sonst denkt, man macht etwas falsch, behandelt die "Sache" nicht angemessen. Und wenn einem das Gefühl dann doch Bescheid gibt, dass da was schief läuft, ist es meist schon zu spät. Zum Abschiednehmen kommt man da gar nicht. Aber ich glaube schon, dass, in deinem Sinne beschrieben, die Alternativen durchaus schon da sind.
liebe Grüße,
Lisa
ja, das sehe ich wie du - das Verabschieden ist wichtig und wertvoll, unerlässlich für den Trauerprozess! Eine Feier im Familienkreis sehe ich da auch nicht als Problem an, es wäre sicher auch das, wie ich sowas gestalten würde, sondern eben das typische Prozedere von Beerdigungen, in was für Prozesse (Reden, Sprüche, Karten schreiben usf.) man sich hineinbegibt, auch, weil man, wie etwa beim Kindererziehen auch, keine Erfahrung hat und erstmal einiges mitgeht, weil man sonst denkt, man macht etwas falsch, behandelt die "Sache" nicht angemessen. Und wenn einem das Gefühl dann doch Bescheid gibt, dass da was schief läuft, ist es meist schon zu spät. Zum Abschiednehmen kommt man da gar nicht. Aber ich glaube schon, dass, in deinem Sinne beschrieben, die Alternativen durchaus schon da sind.
liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Andreas schrieb:
"Bestattungsbesuche sind für mich die widerlichste Form des Gaffens, wenn ihre Beweggründe nicht lauter sind, nicht von echter Trauer."
Wenn Dein Aphorismus sich nur auf diese (heuchlerischen) Gaffer bezieht, musst Du das im Aphorismus deutlich machen. Ansonsten enthält er die Aufforderung, sich auch über die ehrlich Trauernden lustig zu machen.
"Bestattungsbesuche sind für mich die widerlichste Form des Gaffens, wenn ihre Beweggründe nicht lauter sind, nicht von echter Trauer."
Wenn Dein Aphorismus sich nur auf diese (heuchlerischen) Gaffer bezieht, musst Du das im Aphorismus deutlich machen. Ansonsten enthält er die Aufforderung, sich auch über die ehrlich Trauernden lustig zu machen.
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.
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