Wermutstropfen

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Zakkinen
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Beitragvon Zakkinen » 19.03.2010, 23:02

Wermutstropfen

Ich hab Dich mir genommen
Trotz heft’ger Gegenwehr
Hab ich jetzt doch bekommen
Wonach ich mich verzehr

Ich hab Dein Kleid zerrissen
Weil ich Dich so begehr
Ich hab Dich tot gebissen
Nun wehrst Du Dich nicht mehr

Ich hab Dein Herz gefressen
Post Mortem gab’s Verkehr
Und jetzt wird eingesessen
Das ärgert mich schon sehr

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.03.2010, 23:06

Hallo Henkki,

zynischer gehts nimmer. Und dann auch noch gereimt. Nee, nüscht für mich.

Saludos
Gabriella

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Mnemosyne
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Beitragvon Mnemosyne » 19.03.2010, 23:27

Hm, mich beschleicht der leise Verdacht, dass es hier um etwas anderes geht, als es den Anschein hat. Irgendein Nahrungsmittel, das mühsam aus einer Hülle zu befreien ist? Allerdings kann ich da den Verkehr nicht recht drin unterbringen. Denke noch mal drüber nach, wenn ich wacher bin, ehe ich mich Gabriella anschliesse - obwohl die Reime mich weniger stören.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.03.2010, 23:32

Hi Merlin,

der Verkehr passt nicht und auch das "Und jetzt wird eingesessen", also Knast.
Also, da bin ich aber gespannt, welche andere Fährte da evtl. hintersteckt.

Saludos
Mucki

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.03.2010, 23:46

Mon Cheri?
Kleid = Papier
Herz = Kirsche
Verkehr = Autogefahren
da mit Alkohol gefahren --> Knast

Hm. Nee, scheint mir zu sehr an den Haaren herbeigezogen ...

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Zakkinen
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Beitragvon Zakkinen » 20.03.2010, 08:32

Hallo,

die Idee mit dem doppelten Boden finde ich lustig. Mon Chérie! Ihr versucht automatisch, eine versteckte Rechtfertigung oder Erleichterung zu finden. Doch es ist, was es ist, so sucht nicht weiter.

Grüße,
Henkki

Klara
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Beitragvon Klara » 20.03.2010, 08:46

Hallo,

das ist hübsch gereimt und gerythmust, allein fehlt mir da der Humor.
(Ich nehme an, es soll makaber-lustig sein?)

Glaub, man nennt das Nekrophilie, kombiniert mit Kannibalismus.

Man könnte aber auch einfach sagen: Gestörte Grenzwahrnehmung, Egomanie, die sich nicht anders auszuleben weiß, Macht-Trieb.

Meine langweilig unwitzige Meinung: Jede Art der erzwungenen körperlichen Unterwerfung einer Frau (oder eines Kindes, wir erleben gerade grausam, welche Ausmaße das ausnimmt) durch einen Mann hat wenig mit Sex zu tun, noch weniger mit Liebe - und viel mit Macht, mithin dem eigenen Fehlen. Die Vergewaltigungsdebatte unter Trieb-Aspekten ist das mieseste, was es gibt, weil sie nicht nur individualisiert, sondern eine Ursache-Wirkungs-Situation konstruiert (Minirock > TRIEB! > MUSS FICKEN), die NIE so funktioniert. Vergewaltigungen passieren nicht, sondern werden gemacht, und zwar, um jemand anderen kleiner zu machen und sich selbst zu erhöhen.

Okay, das war nicht dein Thema, oder jedenfalls nur am unlustigen Rande, aber ich wollte doch meine Humorlosigkeit in diesen Bereichen zumindest begründen, obwohl ich sonst nicht unbedingt der political-correctness-Fraktion angehöre.
(Jaja, was darf die Satire? Alles. Geschenkt. Und was darf die Kritikerin? Ihre Meinung sagen ;))

Herzlich
klara

Niko

Beitragvon Niko » 20.03.2010, 09:45

hi henkki!
ich lese dein gedicht gespalten. zum einen ist sehr wohl die zynische note erkennbar, vielleicht auch der versuch, aus der vermeindlich völlig unschuldigen sicht eines täters zu schreiben, auf der anderen seite hat der text etwas gefährlich verharmlosendes. für mich.
humorig ist es für mich überhaupt nicht. da würde es für mich wenn, schon eher unter "gesellschaftskritisch" gehören. dann aber müsste die zynische note noch ausgebauter sein.
so wirkt es für mich wie ein text mit einem thema, wo der autor selbst sich nicht schlüssig ist, wie er damit am besten umgehen soll, wie er es lyrisch verarbeiten soll.
liebe grüße: Niko

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Zakkinen
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Beitragvon Zakkinen » 20.03.2010, 10:53

@Klara: ich stimme mit Dir überein, Gewalt (eigentlich gegen egal wen) und insbesondere sexuelle Gewalt ist durch nichts zu rechtfertigen. Ich bin mir zwar sicher, dass Triebe sehr stark sein und auch ggf. angefacht werden können durch das Verhalten eines Opfers, aber sie rechtfertigen eben nichts. Der Täter bleibt der Täter. Makaber-lustig? Nicht wirklich. Ich glaube, es beinhaltet nichts richtig Lustiges im normalen Sinne.

@Niko: vermeintlich unschuldig ist der falsche Ausdruck. Gewissenlos passt eher. Der weiß hier ganz genau, was er tut. Stören tut ihn nur die Konsequenz.

@alle: vielleicht nicht die richtige Sektion. Ich wollt einfach mal versuchen, ob ich so was schreiben kann. Etwas ganz und gar nicht Nettes oder Korrektes. Verpackt in harmlose, geradezu alberne Reime. Scheint, jedenfalls teilweise, zu klappen. Zynisch auch deswegen, weil das Thema eben nicht bearbeitet wird, vertieft und wissenschaftlich ausgelotet. Mit Zustimmung hatte ich nicht gerechnet.

Grüße,
Henkki

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Mnemosyne
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Beitragvon Mnemosyne » 20.03.2010, 16:16

Hallo Zakkinen,
tja, wenn tatsächlich keine weitere Pointe dahinter steckt, kann ich mit diesem Versuch nicht viel anfangen. Ich kenne Bands, die sich auf Texte in Richtung exzessiver Gewaltdarstellung aus Sicht des Täters mit zynischem Einschlag spezialisiert haben (das krasseste Beispiel, das mir dazu einfällt, ist die deutsche Band "Eisregen", dein Text weist z.B. eine gewisse inhaltliche Nähe zu ihrem Lied "Herzblut" auf), und deren Musik ich in gewissen Phasen meines Lebens in homöopathischen Dosen als Mittel zum Frustabbau hilfreich fand, die mich aber insgesamt doch eher abstoßen. Allerdings entsteht in diesem Fall noch ein gewisser Reiz durch die klangliche Ausführung und die Stimmlage des Frontmannes (ein heiseres Krächzen und Knurren wie von einem Monster aus einem Horrorfilm), die einen unversehens und sehr zum eigenen Entsetzen in die Psyche eines Killers versetzen. Dieser Text hier erscheint mir - wie ein bloß gedruckter Eisregen-Liedtext - leer und in dieser Eigenschaft, verbunden mit seinem Thema, ziemlich geschmacklos.
Mich würde interessieren, was dich zu diesem Versuch bewogen bzw. daran gereizt hat.
Viele Grüße
Merlin
Zuletzt geändert von Mnemosyne am 20.03.2010, 20:32, insgesamt 1-mal geändert.

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Zakkinen
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Beitragvon Zakkinen » 20.03.2010, 16:35

Hallo Merlin,

Eisregen kenne ich nicht, und ich zweifle auch daran, dass ich sie mögen würde. Was mich gereizt hat? Nun, angefangen hat es mit irgendwelchen Reimen und Zeilen, deren Ursprung ich nicht mehr genau ergründen kann. Dann habe ich ein wenig damit herum gespielt, Spaß daran gefunden, etwas nicht Schönes zu machen, einen Affront in Reime zu packen. Und auch meine eigene innere Zensur zu überwinden. Gleichzeitig steckt, ohne intensive intellektuelle Auseinandersetzung, auch etwas meiner Gedanken zu Missbrauch, Gewalt und mangelndem Unrechtsempfinden darin. Ich habe das des Ichs reduzieren wollen auf das Niveau des Verkehrssünders, der sich auch nur deswegen ärgert, weil er erwischt worden ist. Gleichzeitig musste die Grausamkeit so groß sein, dass es eben in keinster Weise mehr zu rechtfertigen ist, was das Ich tut. Muss man so was schreiben? Ich glaube nicht, man muss gar nichts. Aber man kann.

Grüße zurück,
Henkki

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Beitragvon Mucki » 20.03.2010, 17:20

Hallo Merlin,

angeregt durch deinen Kommentar, hab ich mal in ein paar songs von Eisregen reingehört. Puh, die Stimme vom Frontman ist wirklich hammermäßig gruselig, ebenso Text und die Videos dazu. Ich kann mir gut vorstellen, dass man sich mit so einer Musik abreagieren kann.

Ansonsten, Henkki,
kann ich mich Merlin nur anschließen. Auch ich fragte mich nach deiner Intention. Irgendeinen Reiz an diesem Text kann ich nicht finden, außer der Tatsache, dass er dazu reizt, sich darüber aufzuregen. Sicher kann man so etwas schreiben. Sicher kann man auch Videos einstellen, in denen gezeigt wird, wie ein Reh blutig zerschnitten und gehäutet wird (dein Beitrag zum Monatsthema), doch wozu. Na ja, du wirst wissen, warum.

Saludos
Gabriella

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Mnemosyne
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Beitragvon Mnemosyne » 20.03.2010, 20:47

Hallo Gabriella,
yep, so ist es - Musik gewordener Horror. Ich habe mich immer gefragt, wie der Frontmann das hinkriegt - wenn ich die Stimme zu imitieren versuche, bin ich nach einer Minute heiser :-). Über die zugehörige "Gesangs"ausbildung könnte man vermutlich eine nette Satire im Loriot-Stil schreiben... Beim Titel habe ich mich übrigens vertippt, das Lied, das ich meinte, heißt "Herzblut".

Hallo Zakkinen,
solche "Befreiungsschläge" kenne ich und unternehme sie auch bisweilen, wenn ich den Eindruck habe, mich zu stark zu zensieren. Dann meldet sich immer wieder eine feine Stimme, die sagt, dass dies und jenes zu klischeebeladen ist, oder zu verstiegen o.ä. und dass man das nicht schreiben kann und wenn, dann schon gar nicht so. In so einem Fall werde ich bisweilen trotzig, denke mir "Wollen wir mal schauen, was ich alles schreiben kann!", und lasse in meiner fiktiven Diskussionsrunde plötzlich Ufos landen, denen lila Elefanten mit 2 Rüsseln entscheigen und einen Schneemann bauen. Das kann helfen. Wenn es das getan hat, lösche ich es wieder und setze den ursprünglichen Text fort. Ich käme ich nicht auf die Idee, das Ergebnis zu veröffentlichen, weil ich nicht den Eindruck habe, es hätte irgend jemand etwas zu sagen.
Gehörte in diesem Fall das Einstellen für dich mit dazu, sozusagen als zusätzliche Überwindung?
Viele Grüße
Merlin

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Beitragvon Zakkinen » 20.03.2010, 22:16

Ich möchte es eigentlich nicht auf die Überwindung der inneren Zensur reduzieren. Das Einstellen ist auch keine Therapie. Ich wollte ganz ehrlich auch mal hören, wie die Reaktionen auf einen solchen Text sind. Jeder Text beinhaltet immer verschiedene Aspekte. Und ich finde ihn auch immer noch nicht schlecht. Wobei ich durchaus verstehen kann, dass Ihr ihn nicht mögt.


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