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Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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nera
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Beitragvon nera » 01.02.2010, 22:25

vergangene nacht
bin ich ihm im schlaf begegnet
ich kannte seinen namen nicht
wir sprachen die gleiche sprache
wir waren uns nicht schön
nur sanft
ganz stille lauschten wir der nacht
dem frühlingsjammer der katzen
den letzen seufzern der winterwinde
bis ich ihn verließ
für einen traum

DonKju

Beitragvon DonKju » 02.02.2010, 11:15

Hallo nera,

Dein Text hat seine eigene, eindringlich wirkende Melodie und ist auch in der Lage, bei mir das durchaus stimmige, wenn auch "geträumte" Bild einer Begegnung aufzubauen; Ein bißchen aus der Bahn werfen mich die folgenden Zeilen :

"...
Wir waren uns nicht schön
nur sanft
..."

und vor allem der Schluß :

"...
bis ich ihn verließ
für einen traum"

Da dreht mir der Text eine Pirouette zuviel; Aber das ist natürlich nur mein persönlicher Leseeindruck ...

Mit lieben Grüßen der Hannes

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 02.02.2010, 17:27

Hallo Nera,

in den von Bilbo benannten Punkten kann ich zustimmen. Mir erscheint es genau an diesen Stellen nämlich auch recht seltsam.

Dazu stolpere ich etwas über die irgendwie tautologisch anmutenden Worte Jammer und Seufzer. Das ist natürlich nur mein Empfinden.

Herzlichst

Zafar

Mucki
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Beitragvon Mucki » 02.02.2010, 17:44

Hallo nera,

noch ein Gedanke von mir dazu: für mich sind hier zwei Ebenen des Schlafes enthalten. So eine Art "Halbschlaf", also nicht Traum, nicht Schlaf. In dieser Phase findet die Begegnung statt.
Gerade die letzte Zeile gefällt mir. Ich lese sie so, dass LI das Du verlässt (verlassen muss) für einen "richtigen" Traum, der die Phase des Halbschlafes beendet, sprich LI fällt in die echte Traumphase.

Saludos
Gabriella

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nera
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Beitragvon nera » 02.02.2010, 22:26

lieber bilbo
bischen blöd, wenn ich jetzt sage: genau das ist das gefühl, dass ich ausdrücken will, mit dem: nicht schön..... ich möchte es nicht erklären.
die pirouette ist absicht und gabriella erklärts gut. wobei ich mich nicht festlegen möchte, was traum oder traum ist.;)
liebe zafar, die tautologie ist gewollt.
gabriella, ja!

herzlichen dank euch

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 04.02.2010, 08:05

ich finds in seinen Bildern dann aber doch zu gewöhnlich, ja kitschig tw. Die gleiche Sprache sprechen, den Namen nicht kennen, das alles im Traum...mh.

die Wiederholung von "Nacht" wäre vielleicht auch zu überdenken, man könnte eventuell auch der Dunkelheit lauschen.

die Sprache scheint mir auch seltsam vermischt, was für mich weder der Situation noch der Stimmung zuträglich ist. Ich meine, erst recht "fade"

vergangene nacht
bin ich ihm im schlaf begegnet
ich kannte seinen namen nicht
wir sprachen die gleiche sprache
wir waren uns nicht schön
nur sanft
ganz stille lauschten wir der nacht


und dann aber schön spezieller und einfallsreicher:

dem frühlingsjammer der katzen
den letzen seufzern der winterwinde


So ganz überzeugt mich das Ende trotz Gabriellas "Hilfe" nicht...bei mir kommt die Emotion des LI gar nicht an. Ist es jetzt schlimm, dass ER für einen Traum verlassen wird? Ich find das unklar, und nicht so ganz konsequent. Wo soll denn das Zentrum der Aussage liegen (oder gibt es das gar nicht? Kann ja auch sein ;-) )? Dass halbgeträumt wird, und das mit IHM, und dass das sanft und idyllisch war? Oder dass dieser Halbtraum eine Illusion ist, ha, wie der eigentliche Traum ja wohl auch. Mir ist also diese so von Gabriella dargestellte Unterteilung in zwei Phasen nicht klar. Könnte man das besser rausarbeiten?

Fragend

Zafar
bis ich ihn verließ
für einen traum

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 04.02.2010, 19:52

Hallo nera,

wir waren uns nicht schön
nur sanft

Diese zwei Zeilen gefallen mir sehr.
Leider bekomme ich beim Rest kein Gefühl für die Situation und kann daher auch die Bilder (Katzenjammer und Windseufzer, die ich aber auch gar nicht so speziell empfinde und auch nicht verstehe, warum gerade das wichtig ist und gezeigt werden muss, warum lauschen sie gerade diesen Geräuschen?) die für mich sprachlich herausstechen aus dem sanft-nüchternen Klang der restlichen Zeilen, nicht für das Gedicht nutzen.

Warum wird es erzählt, was ist der Beweggrund des LIchs, des Gedichtes?

Die unterschiedlichen Schlafphasen (vielleicht wacht LIch ja auch auf und die Realität ist schöner, als der Schlaf-Traum .-)), Zustände des LIch finde ich zwar interessant, aber es scheint mir doch auch um ein Gegenüber (oder zwei?) zu gehen und da würde ich gerne etwas spüren.

Warum "stille" und nicht "still"?

Ein bisschen seltsam, auch wenn man das natürlich deuten kann, klingt für mich, dass sie die gleiche Sprache sprechen, wo sie doch ganz still(e) sind.

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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noel
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Beitragvon noel » 05.02.2010, 15:44

nera hat geschrieben:vergangene nacht
bin ich ihm im schlaf begegnet
ich kannte seinen namen nicht
wir sprachen die gleiche sprache

schön, schön wie du die scheinbare "fremde" der personen
(das oberflächliche beim namen nennen können),
durch die einfache wendung "wir sprachen die gleiche sprache"
durchbrichst. wobei ich hier sprache nicht nur als "muttersprache"
verstehe & lese, sondern den einklang der ... nennen wir es energien
(eben etwas viel tieferem)

nera hat geschrieben:wir waren uns nicht schön
nur sanft

auch hier wieder wird das scheinbare, das oberflächliche negiert zu gunsten eines
viel tieferem. nicht schön sind sich die beiden, die sich nicht beim namen nennen können,
aber eine sprache haben, nicht schön sind sie sich, VIEL mehr sanft...


nera hat geschrieben:ganz stille lauschten wir der nacht
dem frühlingsjammer der katzen
den letzen seufzern der winterwinde
bis ich ihn verließ
für einen traum


& hier eine weitere wendung von sein & schein,
ein verWendung von "gewichtungen", wie man es "normal" nicht m8...
der jammer, der eigentlich die ralligkeit der katzen darstellt, das ende des winters, der nur mehr seufzt & sich überträgt, ins bild der sich sanften...
mir rundweg gelungen
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel

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nera
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Beitragvon nera » 05.02.2010, 23:33

uff, gleich drei kommentare

zafar, was soll ich sagen, da es bei dir nicht ankommt? und du magst recht haben, wenn du von kitsch oder fade sprichst. das mit der sprache und auch mit dem namen ist eine metapher. soll eine sein;)
womit du absolut recht hast, ist das doppelte "nacht", aber dunkelheit ist mir zu lang. vielleicht reicht ein "dunkel"?
das zentrum der aussage ist die emotion, die der traum hervorruft. ich kann es nicht anders beschreiben. sie ist traumhaft in zweierlei bedeutung. so wie: "die torte ist ein traum" und so unwirklich wie ein traum. irgendwann wird man wach, um den traum oder einen anderen traum zu leben.

vielleicht erklärt das auch die fragen von flora?

die "außengeräusche" waren mir schon wichtig. jammer und seufzen, das könnte man als tautologie lesen und ich habe sie wegen ihrer verwandschaft gewählt. aber die katzen jammern im frühling, weil sie auf der freierei sind und der winter hat sich zumindest hier, wo ich wohne, in den letzten jahren immer mit stürmen verabschiedet und der wind seufzte, als wäre er traurig.;) aber es war ein abschiedsseufzen und der frühling ist die zeit, in der alles wächst, neu beginnt, manchmal auch die liebe, erotik, die freierei.
die "stille" ist ein substantiv, wobei ich da lange gezögert habe. mir hat es letztendlich so besser gefallen.
ich möchte damit ausdrücken, dass sie in sich ruhen, sich genug sind mit/in ihrer sprache.

noel, merci! ja!

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 06.02.2010, 19:48

Hallo nera,

vielleicht erklärt das auch die fragen von flora?

Eigentlich weniger. ;-)
Du schreibst, dass die Emotion des LIchs das Zentrum der Aussage ist und ich habe geschrieben, dass genau das meine Schwierigkeit ist, dass mir die Zeilen kein Gefühl vermitteln, ich nicht spüre, wie es um LIch steht und wie es durch den Traum innerlich bewegt wird, warum es sich dann entschließt ihn für etwas/jemanden zu verlassen und was das Traumhafte (Schöne) in diesem Traum ist, denn man kann alles auch wenden.
LIch kennt seinen Namen nicht... weiß es ihn dann auch nicht zu rufen, oder ist es ihm einfach egal? Sie sprechen eine Sprache und sind trotzdem Stille... also haben sie sich nichts zu sagen, obwohl sie es könnten? Was ist das für eine Stille? Sie sind sich ja auch nicht zugewandt, lauschen nicht aufeinander, sondern hinaus in die Nacht. Und sie sind sich nur sanft, also hätte LIch gerne, dass sie sich auch schön wären? Wenn ich noels Kommentar und dein "ja" dazu anschaue, müsste doch dort dann tatsächlich eher ein "viel mehr" stehen, oder?
Sie lauschen ralligen Katzen, was macht das mit ihnen? Weckt das andere, lautere, wildere Sehnsüchte im LIch, wäre das der Grund, warum es LDu/ diese sanftstille Szene verläßt?
Und die letzten Seufzer, warum lauschen (also bewusst hinhören) sie ihnen, was sagt mir das, dass sie wissen, dass es um Abschied geht, dass LIch gehen wird? Und was an dieser Stimmung ist in Bezug zur Beziehung zwischen LIch und LDu traumhaft?
Was erhofft sich LIch vom nächsten Traum?
Und was ist mit LDu, existiert es nicht für LIch, also gibt es keine reale oder emotionale Ebene, die zu diesen Schlafbildern (denn hier spricht das Gedicht ja nicht von einem Traum) des LIch führte, ist es austauschbar, namenlos, unwichtig, nur ein Traum?
Und vom Aufwachen lese ich im Gedicht auch nichts. :lupe:

Also wie du siehst, Fragen bleiben genug. ;-) Ich kann aber verstehen, wenn du das nicht näher erklären möchtest, dann nimm es einfach als Rückmeldung. Vielleicht kannst du ja für dich selbst etwas mit meinen Fragen anfangen.

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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nera
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Beitragvon nera » 06.02.2010, 23:03

liebe flora
danke für deine mühe. ich werde mich also auch mühen.
wenn ich dich richtig lese, möchtest du eine geschichte hören, wo ich nur einen moment beschreiben möchte, einen bruchtteil einer geschichte.
vielleicht ist das der knackpunkt?

nun:
das li "beschließt" nicht ihn (das du? den traum?) zu verlassen, sondern verlässt ihn, wacht auf aus dem traum, für einen neuen oder alten.
der namen, hm. ich bin davon ausgegangen, dass es eine gängige metapher ist? es gab oder gibt kulturen, in denen der name, der geheime name magische bedeutung hat und verletzbar macht. dass, wer den wahren namen kennt, macht über den namensträger hat. denk an rumpelstilzchen;)
aber das führt jetzt zu weit. hier bedeutet es ganz simpel, dass das ich das du nicht richtig kennt. aber das ist unwichtig, weil sie dieselbe sprache sprechen. das genügt für den augenblick. und man kann dieselbe sprache sprechen, ohne zu sprechen. es gibt eine kommunikation, die ohne sprache auskommt. ich muss du auch nicht rufen, wozu wenn es da ist?
und ja, stille. sie müssen sich nichts sagen in diesem moment. IHRE sprache genügt. sie sind einen augenblich lang angekommen, das ist die stille, sie sind sich zugewandt, sie ruhen in sich. hören die geräusche dieser nacht, aber das stört diesen moment nicht. (ursprünglich hatte ich nach diesem bild von katzen und stürmen einen absatz und sollte ihn wohl besser wieder machen.)
nein wildere gelüste werden nicht geweckt, ganz und gar nicht.
sie verlassen sich/ ihn-den traum, weil man immer verlassen muss.

lg


ps. noch etwas zu dem "dunkel" dass ich gerne für "nacht" nehmen würde.
mir fällt da automatisch eine celan-zeile ein: ...dunkles zu sagen.... deshalb zögere ich.

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 07.02.2010, 09:49

das Problem mit der Celan-Zeile kann ich nicht nachvollziehen. Ist doch gar nichts Celanisches an dem Gedicht hier. Und er hatte das Wort sicher auch nicht ausschließlich für sich in Anspruch genommen. ;-)

Mir erscheint das Gedicht trotz aller Erklärung immer noch wenig ausgereift. Für das, was du im letzten Kommentar geschrieben hast, was du anscheinend sagen möchtest, ist es mir das Gedicht irgendwie zu wenig , und sprachlich nicht präzise (auf den Punkt) genug formuliert.

Ja, ich komme da tatsächlich nicht rein. Und an vielen Stellen kommen mir ähnliche Fragen wie Flora.

Aber das macht nichts. ;-)

Herzlichst

Zafar

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Beitragvon nera » 08.02.2010, 16:17

eben;)
danke dir!

selachde

Beitragvon selachde » 16.02.2010, 18:54

hi nera,

das gedicht hat alles, was es braucht.

lg. selachde


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