Das Schloss im Schnee

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Louisa

Beitragvon Louisa » 03.01.2010, 19:13

Neuste Version:

Aus einem Plattenbau ist weiß ein Adelsbau geworden,
darin träumt vom Züge abfertigen die ZugabferTigerin.
Und wir, vor einem Fernsehfeuer, reden Schnee,
die Flockenworte rieseln in den Beuteltee.

Wie viel Grad Celsius wir haben und in welchen Monat
der Kalender weht? Keine Ahnung, keine Ahnung,
Hauptsache der Schnee bleibt liegen.

Da draußen steht ganz sicher ein Albinoreh
und leckt sich über seinen Rücken, gerade noch
so weit es geht – und ob die andern Rehe es gern meiden?
Wir wolln im Frühling Farbe kaufen und es braun anstreichen!

Aber danach steht dem Schlossherrn nicht der Sinn;
er singt ein Lied, das man erinnern kann, und man
deutet auf die PKWs... wie schön! Wie schön sie stehen!
Ein geparkter Iglu neben einem nächsten!

Hat jemand hier den Eiskratzer gesehen oder weiß
wo der Kalender schläft? Keine Ahnung, keine Ahnung,
Hauptsache der Schnee bleibt liegen.








Alte Version:

Aus einem Plattenbau ist weiß ein Adelshaus geworden,
darin träumt die Zugabfertigerin davon Züge abzufertigen.
Und wir, vor einem Fernsehfeuer, reden Schnee,
sodass die Flockenworte rieseln in den Beuteltee.

Wie viel Grad Celsius wir haben und in welchen Monat
der Kalender weht? Keine Ahnung, keine Ahnung,
Hauptsache ist, der Schnee bleibt liegen.

Da draußen steht ganz sicher ein Albinoreh
und leckt sich über seinen Rücken, gerade noch
so weit es geht – und ob die andern Rehe es gern meiden?
Wir wolln im Frühling Farbe kaufen und es braun verkleiden!

Aber danach steht dem Schlossherrn nicht der Sinn;
er singt ein Lied, das man erinnern kann und man
deutet auf die PKWs... wie schön! Wie schön sie stehen!
Ein geparkter Iglu neben einem nächsten!

Hat jemand hier den Eiskratzer gesehen oder weiß
wo der Kalender schläft? Keine Ahnung, keine Ahnung,
Hauptsache ist, der Schnee bleibt liegen.








Änderungen:

Vorher sahen diese Strophen so aus:

Strope 2:

Wie viel Grad Celsius wir haben und bei welchem Monat
der Kalender steht? Keine Ahnung, keine Ahnung,
Hauptsache ist, der Schnee bleibt liegen.

Strophe 4:

Aber dafür nach steht dem Schlossherrn nicht der Sinn;
er singt ein Lied, das man erinnern kann.
Und deutet auf die PKWs ... wie schön! Wie schön sie stehen!
Ein getarnter Iglu neben einem nächsten!

Strophe 5:

Hat jemand hier den Eiskratzer gesehen oder weiß
wo der Kalender steht? Keine Ahnung, keine Ahnung,
Hauptsache ist, der Schnee bleibt liegen.

Xanthippe
Beiträge: 1312
Registriert: 27.06.2008
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Beitragvon Xanthippe » 04.01.2010, 17:39

ach ja, wenn man hier so im Warmen sitzt und das liest, na gut, meinetwegen soll er liegen bleiben der Schnee. Ich mag sehr das Albinoreh, weniger die Flockenworte im Beuteltee, das finde ich seltsamerweise nicht originell, weiß auch nicht so genau warum, (keine Ahnung, keine Ahnung :rolleyes: )... na ja und auch diesen Satz: ... bei welchem Monat der Kalender steht?, auch den mag ich nicht so sehr. Aber Hauptsache ist doch, der Schnee bleibt liegen, oder?

Heidrun

Beitragvon Heidrun » 04.01.2010, 18:42

Kommentar wegen Löschung des Accounts entfernt.
Heidrun
Zuletzt geändert von Heidrun am 20.01.2010, 22:49, insgesamt 1-mal geändert.

Louisa

Beitragvon Louisa » 05.01.2010, 00:26

Hallo Xanthippe!

Von dir habe ich ja schon lange nichts mehr gelesen :smile: ! Ich weiß, was du meinst - Das mit dem Kalender gefällt mir auch nicht mehr so gut. Ich hoffe, dass mir noch etwas Anderes einfällt... Vielleicht könnte man auch sagen: "In welchen Monat der Kalender weht?" - das finde ich schöner und du?

Hallo Heidrun!

Ich habe deine Versuche den Text schmiegsamer zu machen gerne gesehen. Aber wie kann denn die "Zugafertigung" (was glaube ich eine Tat wäre) etwas träumen? Das kommt mir leicht unlogisch, aber sicherlich klangschöner vor.

Die anderen Änderungen übernehme ich sofort.

Ach ja, ich wurde gestern von jemand darauf aufmerksam gemacht, dass es in diesem Text einen kleinen logischen Fehler gibt: Wenn die Autos wie Iglus aussehen - dann tarnen sie sich als Iglus, aber sie sind keine "getarnten Iglus", sondern "getarnte Autos" - was ich daraus mache weiß ich auch noch nicht.

Wer hilft :smile: ?

Und dann habe ich mit Schrecken lesen müssen, dass mein großes Vorbild Madame Herta Müller in einem Gedicht am Ende sagt: "Egal, Hauptsache ist sie sind Matrose!" - Das ist natürlich fatal! Aber meins ist anders :smile: !

Danke schon mal und schöne Nacht!
l

Louisa

Beitragvon Louisa » 05.01.2010, 00:34

PS: So, jetzt habe ich wohl das gröbste (auch den Kalender und die getarnten Iglus) repariert. Ist es besser so?

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 05.01.2010, 01:00

Hallo Louisa,

Louisa hat geschrieben: Ist es besser so?


auf jeden Fall. Dieser Stil, irgendwo zwischen Weltschmerz und Psychedelischem, gefällt mir sehr gut. Habe ich gerne gelesen.

Schöne Grüße

Jürgen

Yorick

Beitragvon Yorick » 05.01.2010, 10:32

Hallo Louisa,

ich finde immer wieder Teile in deinen Texten wunderschön (hier Zeilen 3-9), auch wenn ich zugleich mit anderen Texteilen recht wenig anfangen kann (weshalb ich mich mit Kommentaren zu deinen Texten zurückhalte).

Macht ja auch nichts; die Zeilen haben mir auf jeden Fall gefallen.

Grüße,
Y.

Louisa

Beitragvon Louisa » 05.01.2010, 10:35

Danke Jürgen!

Danke Yorick! Wenn du mir jetzt noch andeutest, was genau dir bei den restlichen Zeilen Probleme macht könnte ich das vielleicht sogar verbessern :smile: ...

So komme ich mir manchmal ein bisschen so vor, als würde ein Kind im Kindergarten sagen: "Ich mag dich gar nicht!" - und man kennt den Grund nicht :smile: ... So fühlt sich zumindest das Gedicht, glaube ich :smile:

Schönen Tag!
l

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Beitragvon Mnemosyne » 05.01.2010, 11:06

Hallo Louisa,
wieder so ein Text, der auf die für dich typische Weise skurril ist. Diese Bildersprache lässt den Blick aus dem Fenster wirken wie einen in eine fremde Welt...
Gefällt mir sehr, die Flockenworte eingeschlossen.
Liebe Grüße
Merlin

Yorick

Beitragvon Yorick » 05.01.2010, 11:44

Ich glaube eigentlich nicht, dass es da etwas zu verbessern gibt. Nicht einzelne Worte oder Konstruktionen stören mich...
nein, stören ist eben nicht richtig. Sondern geht an mir vorbei, ein für mich un-bedeut-liches Bild.

In deinen Texten ist meist eine Leichtigkeit, die mich anrührt. Und machmal anscheinend mir zu leicht ist; so eine Gratwanderung zwischen viel erzählen und plappern... :)

Das Kindergartenbild ist nett. Hier meine Version:
Duhu, ich mag dich total gerne - aber manchmal bist du komisch.

Y.

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Beitragvon Zakkinen » 05.01.2010, 11:52

Hallo Louisa,
ich hätt da mal ein paar Fragen.

Aus einem Plattenbau ist weiß ein Adelshaus geworden,
darin träumt die Zugabfertigerin davon Züge abzufertigen.


Müsste nicht vor davon ein Komma?
Hast Du einen Rythmus für diese Zeilen, oder sind sie ohne gemeint? Die Zugabfertigerin sperrt sich mir.

Und wir, vor einem Fernsehfeuer, reden Schnee,
sodass die Flockenworte rieseln in den Beuteltee.


Hier reimt es sich? Warum? Besondere Bedeutung? Oder anders: warum reimt es sich anderswo nicht?

Wie viel Grad Celsius wir haben und in welchen Monat
der Kalender weht? Keine Ahnung, keine Ahnung,
Hauptsache ist, der Schnee bleibt liegen.


Der erste Satz wird durch einen Zeilenumbruch gebrochen? Warum? Warum gerade da?

Da draußen steht ganz sicher ein Albinoreh
und leckt sich über seinen Rücken, gerade noch
so weit es geht – und ob die andern Rehe es gern meiden?
Wir wolln im Frühling Farbe kaufen und es braun verkleiden!


Deutlich rythmischer, finde ich. Reimstruktur der ersten Strophe wieder aufgenommen, Versmaß nicht?

er singt ein Lied, das man erinnern kann und man
deutet auf die PKWs... wie schön! Wie schön sie stehen!


Komma zwischen "kann" und "und man"?
Abkürzung PKW. So hart, so technisch. Welche Bedeutung haben sie?

Du siehst, ich habe etwas Probleme mit der Form. Ich sehe Reime - und vermisse sie sofort an anderer Stelle. Ich sehe den Aufbau in drei vierzeiligen und zwei dreizeiligen Strophen, erkenne an manchen Stellen fast ein Versmaß und dann doch nicht. Ein Zeilenumbruch, der an einer syntaktisch ungewöhnlichen Stelle erfolgt, erzeugt Aufmerksamkeit. Gewollt?

Die Skurrilität mag ich, auch die einzelnen Bilder klappen ganz gut, allein, mir scheint es nicht als Ganzes zu funktionieren.

Gruß,
Henkki

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Beitragvon leonie » 05.01.2010, 12:15

Liebe Louisa,

auch ich mag Deine skurillen Text mit seinen originellen Bilden. Und doch sind einege Stellen,die sich sehr sperren, finde ich. Zum einen die Zugabfertigerin, allein vom Wort her kompliziert und dann gleich in "doppelter Dosis" in einem Satz.

Ginge:

Darin träumt die Zugabfertigerin von Zügen

Dann würde ich unbedingt dafür plädieren, nur "Flockenworte rieseln in den Beuteltee" zu schreiben. (Vielleicht lieber zweimal rieseln statt "sodass die"

Wie wäre hier folgendes:

Wie viel Grad Celsius wir haben und in welchen Monat
der Kalender weht? Keine Ahnung, keine Ahnung,
Hauptsache (ist), der Schnee besteht (vielleicht fällt dir ein besseres ein...)

und hier:

Hat jemand hier den Eiskratzer gesehen oder weiß
wo der Kalender schläft? Keine Ahnung, keine Ahnung,
Hauptsache (ist), der Schnee verweht.


Besonders gut gefallen mir übrigens das anzustreichende Albinoreh und die parkenden Iglus. Auf jeden Fall ein richtig toller Louisa-Text.

Liebe Grüße

leonie

aram
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Beitragvon aram » 05.01.2010, 13:44

liebe lou,

- wie immer schön, also direkt an die meckerpunkte .-)

warum so groß? (habe den browser auf 78% gestellt, um rezensieren zu können.-)

z2 hat schon ein rythmisch absurdes 'kein ende nehmen' mit 'davon zu' - absicht? oder viell. "vom züge abfertigen"?

'celsius' ist auch so ein wort, bei dem ich mich frage, ob es absichtlich eingefügt ist, um den rhythmus zu brechen / zu modifizieren, dem leser was 'abzuverlangen', einen nicht-rythmus zu spiegeln - vermutlich ja?

selbiges mit "ist" plus komma in z6

selbiges mit "sodass" z4

der titel lässt mich laukühl...

das mit 'adelshaus' und 'schlossherrn' - wieder dieser vermutlich augenzwinkernde und zugleich ernste kitsch, dieses subversive - hm, ich weiß nicht, ein bisschen zu 'dick' scheinen mir diese begriffe/anspielungen doch.

die "getarnten iglus" finde ich uneingeschränkt erbaulich! bitte setze sie wieder ein! (petition I/2009 europ. parlament blaue salonfraktion: wiedereinsetzung getarnter iglus. musterschutz, europ. patent NR8190´510´958)

da hat ein kritiker sich der logik bedient, ohne ihr an den grund zu folgen .-) - natürlich sind die iglus getarnt, als schneehaufen. im innern sind sie aber hohl und bewohnbar, also iglus. (ein ungetarnter iglu hat einen prominenten eingang mit quergewölbe.) also bitte, wie gesagt...

dann die strophe mit dem albinoreh - das ist natürlich ein schönes wort. und es wirkt zugleich gesucht, originell. und diese strophe ist plötzlich rhythmisch. und gerade die erzählt einen schönen (unangenehmen) kitsch, vom 'anders sein' und gemieden werden, und von wohlmeinender 'hilfsmaßnahme' des überlackierens ('verkleiden' in diesem kontext wieder ein irritierendes wort)... es ist schon bemerkenswert, wie du kombinierst, ein tänzerisches einlullen mit ganz eigenwilligen rythmusanomalien und -wechseln, nichts kann man trauen hinter der 'netten' fassade ("gern meiden" ist genialtypisch!), und doch ist alles leicht und hingestreut, ein sing-sang, ein hüpfen, ein gefühl, ein leben... louisatexte.

s4z1 - wieder so ein louisa-tyisches ding, "aber" als zweisilbiges, unrhythmischeres wort statt dem einsibigen "doch". (du machst mit deinen texten jeden fertig, der sich des 'natürlichen' rythmus nicht erwehren kann, und zeigst ihm deinen, anderen, für dich ebenso natürlichen - es ist zum heulen, denn dann ist es wieder so nah dran, dass mans 'verbessern' möchte, nur um damit in die themenverfehlungsfalle zu tappen - das tu ich jetzt mal, um es wieder zu vergessen.-)


also: am ende, nach verkleinerung und ständigem mockieren, doch wieder sehr sehr gern gelesen!



die aramsche diätfassung mit sättigungsbeilage

(übertrieben, gesetzt, abgang nach hinten)



gerne meiden, winterpracht.


Aus einem Plattenbau ist weiß ein Adelsplattenbau geworden
darin träumt vom Züge abfertigen die ZugabferTigerin
Und wir vor einem Fernsehfeuer reden Schnee
die Flockenworte rieseln in den Beuteltee

Wie viel Grad wir haben und in welches Jahr
der Kalender weht? Keine Ahnung,
Hauptsache der Schnee bleibt liegen.

Da draußen steht ganz sicher ein Albinoreh
und leckt sich über seinen Rücken, gerade noch
so weit es geht – und ob die andern Rehe es gern meiden?
Wir wolln im Frühling Farbe kaufen und es brauner malen.

Doch danach steht dem Plattenschlossherrn nicht der Sinn;
er singt ein Lied, das man erinnern kann und man
deutet auf die PKWs... wie schön! Wie schön sie stehen!
Ein getarnter Iglu neben einem nächsten!

Hat jemand hier den Eiskratzer gesehen oder weiß
wo der Kalender schläft? Keine Ahnung, keine Ahnung,
Hauptsache der Schnee bleibt liegen.
Zuletzt geändert von aram am 05.01.2010, 14:22, insgesamt 2-mal geändert.

Louisa

Beitragvon Louisa » 05.01.2010, 14:20

Haha, aram! Das ist sehr schön... wir müssen unsere aram-louisa-poetry-group wieder eröffnen!!! Ich komme jetzt zurück in unser Schloss - und antworte später detaillierter auf die vielen Reaktionen! Vielen Dank euch allen!

Es ist so kalt draußen! Aber wer schön sein will trägt keine Daunenjacken :mrgreen:

Bis später!
l


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