In der Nacht, noch

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 05.12.2009, 15:58

In der Nacht, noch
War mein Kleid kühler, mondens
So ein Lächeln deiner Lippen
War tatsächlich
Niemals schien lichter
Dieses Unlicht, dein Geblick
Dass ich kaum zurückzulächeln vermag
Wie schwer dann diese Worte sind
Wie schwer
Dein Atem, und wie ich atme
Ein Ahnen, du könntest verschweigen,
Dass du mich liebst…eigentlich

-

VFM

Max

Beitragvon Max » 06.12.2009, 13:07

Liebe Zaf,

nach dem ersten und dem zweiten Lesen: das gefällt mir sehr.
Schön die Wendung "mondens", die ich so noch nie gesehen habe. Es sind sehr feine Variationen der gängigen Sprache, die bei mir ein geheimnisvolle Stimmung erzeigen.

Sehr gefallen mir die letzten zwei Zeilen.

Gern gelesen
max

Lydie

Beitragvon Lydie » 06.12.2009, 15:27

Liebe Zafar, lieber Max,

Oh ja, das geht mir auch so wie Max. Bin zur Zeit nicht die "Queen" des Kommentierens, aber diese letzten Zeilen vor allem, aber auch das ganze Gedicht, gefallen mir sehr!

Wie schwer dann diese Worte sind
Wie schwer
Dein Atem, und wie ich atme
Ein Ahnen, du könntest verschweigen,
Dass du mich liebst…eigentlich

LG

Lydie

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 07.12.2009, 16:53

Hallo Zafar,

Braucht dieses Gedicht die vielen Großbuchstaben, die mir so mächtig und hart daherschreiten im Vergleich zu der Weichheit, dem geheimnisvollen Sinken der Zeilen?
In dieser Hinsicht gleichen sich deine Gedichte ja alle sehr, ich denke es ist auch gut, dass dann auch immer mal wieder zu hinterfragen, ob es wirklich noch das Gedicht trägt, oder nur zur Gewohnheit wurde.
Was mich sehr irritiert, ist dieses „... eigentlich“ am Ende (Und „uneigentlich?“) und das Komma in der ersten Zeile.
Ansonsten eine süße Schwere die da durch die Zeilen zieht. Gern gelesen.

liebe Grüße
Flora

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 07.12.2009, 17:17

Nee, doch, man kann schon sagen, dass ich Zeilenanfänge immer groß schreibe...betont für mich die Existenz des Verses, irgendwie, denn sonst hab ich immer das Gefühl, es könnte eigentlich auch lyrische Prosa sein. Fällt die Großschreibung am Anfang der Zeilen weg, so werden natürlich Satzeinheiten klarer, oder? Ich meine, wenn man dann irgendwo etwas groß schreibt...

Mh, aber ich probiers gern mal anders, liebe Flora :mrgreen: :

in der Nacht, noch
war mein Kleid kühler, mondens
so ein Lächeln deiner Lippen
war tatsächlich
niemals schien lichter
dieses Unlicht, dein Geblick,
dass ich kaum zurückzulächeln vermag
wie schwer dann diese Worte sind
wie schwer
dein Atem, und wie ich atme
ein Ahnen, du könntest verschweigen,
dass du mich liebst…eigentlich


aber irgendwie, gefühlsmäßig, find ich das jetzt doof, möchte so dann gleich anfangen zu strophieren...mir gefällt es so nicht...geht doch alles so in einander über. Aber ich für meinen Teil lese Verse auch gern einzeln, nehme sie für mich als Schätze heraus...oder Verspaare. Mit der Großschreibung am Anfang scheint alles ein Bisschen welliger, also wie ein Verebben, quasi. Hab das Gefühl man ebbt dann mit dem Vers mit. Mh, klingt das jetzt abgedreht?

Weiß auch nicht, kann nur sagen, dass es tatsächlich einfach für mich dazu gehört und das nichts besonderes intentiert, da ich es, wie Flora schon feststellte, immer so mache :neutral:

Ich habs auch generell nicht so mit der Optik bei Gedichten, denke ich. das einzige, was ich mal benutze, ist einen Vers oder Verse kursiv zu setzten, dann, wenn sie wörtliche Rede sind. Ansonsten, bin ich da wohl etwas einfallslos, oder hab es einfach nocht nicht für mich entdeckt. Hänge wohl mehr am Wort, schließlich sind Gedichte auch dazu da rezitiert zu werden, da ist es egal, ob der Zeilenanfang groß oder klein ist. :razz: In anderen Sprachen gibt es das Problem nicht so :rolleyes:

Joah,

Was mich sehr irritiert, ist dieses „... eigentlich“ am Ende (Und „uneigentlich?“)


naja, trotz allem...was auch immer "alles" ist. Das kann sich jeder selbst vorstellen.

und das Komma in der ersten Zeile.


Ja, das Kommar hilft natürlich das "noch" abzusetzen...so kann es "in der Nacht noch immer" bedeuten, oder "noch war es Nacht", und "noch war mein Kleid kühler". Es ist ja eine Eingrenzung, irgendwo, die hier unablässlich ist...für mich

Ansonsten freut es mich, dass es dir gefällt, liebe Flora

Herzlichst

Zafar

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 07.12.2009, 20:12

Hallo Zafar,

Mit der Großschreibung am Anfang scheint alles ein Bisschen welliger, also wie ein Verebben, quasi. Hab das Gefühl man ebbt dann mit dem Vers mit. Mh, klingt das jetzt abgedreht?

Nein, überhaupt nicht... nur empfinden wir das wohl sehr unterschiedlich. Mir scheint es, wenn ich in deinem Bild bleibe, als wollte jede Zeile dann wieder eine neue Welle machen, sich groß machen, etwas darstellen, wozu ihr Inhalt, ihr Klang, ihre eigene Kraft nicht ausreicht, als würde sie nach Bedeutung heischen. Oder anders herum, als wären die Großbuchstaben Wände, an denen sich dann die Welle immer wieder bricht, was eine große Unruhe für mich hineinträgt.
Ich werde da immer sehr skeptisch, wenn etwas so laut und groß daherkommen muss, um seine Existenz zu rechtfertigen. ;-)

Ich habs auch generell nicht so mit der Optik bei Gedichten, denke ich. das einzige, was ich mal benutze, ist einen Vers oder Verse kursiv zu setzten, dann, wenn sie wörtliche Rede sind. Ansonsten, bin ich da wohl etwas einfallslos, oder hab es einfach nocht nicht für mich entdeckt. Hänge wohl mehr am Wort, schließlich sind Gedichte auch dazu da rezitiert zu werden, da ist es egal, ob der Zeilenanfang groß oder klein ist.

*lach* das erklärt ja so einiges. Also für mich ist die optische Gestaltung Teil des Gedichtes. Ich lese Gedichte leise, sehe sie, nehme sie wahr, alle Eindrücke klingen in mir zusammen. Ich rezitiere selten laut und lasse mir noch seltener vorlesen.
Und da du hier ja zeigst und nicht liest, (magst du nicht mal die Hörbar damit beglücken?) schadet es ja nichts, sich Gedanken zu machen, wer weiß, was es da noch zu entdecken gibt. :-)

Liebe Grüße
Flora

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Zakkinen
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Beitragvon Zakkinen » 07.12.2009, 21:45

Für mich ist die Großschreibung der Zeilenanfänge noch nie ein Hindernis gewesen. Es mag sein, dass es am Alter liegt. Eine traditionelle Weise, gegen die man nicht unbedingt vorgehen muss, es sei denn, man hätte einen guten Grund.

Wie meistens verstehe ich das Gedicht nicht vollständig. Oder vielleicht auch gar nicht. Wie gesagt, wie meistens. Ein Gedicht muss sich heute immer verstecken und tarnen, sich verkleiden in verschrobener Grammatik, fehlender Zeichensetzung und kreativen Worten. Auch hier steht mir das ein wenig im Weg. Warum "Geblick" und nicht einfach "Blick"? Was sagt das mehr? Was meinst Du mit "mondens"? Wenn es das Wort "sonnens" gäbe, würde ich die Analogie verstehen. So bleibt mir die vage Vermutung, dass es handle sich um ein verborgenes "im Mondenschein", dass sich seiner Kitschigkeit geschämt hat.

OK, es scheint um eine Mondnacht zu gehen, das fahle Licht könnte ein Unlicht sein, in dessen Schein die Gesichter bizarr erleuchtet scheinen. Damit passen die letzten sieben Zeilen. Klingen auch ganz gut. Doch was mache ich mit dem Anfang? "In der Nacht, noch war mein Kleid kühler"? Wurde es später noch warm? Oder war es noch Nacht und ist jetzt schon Tag? Und was ist mit dem Kleid? Vielleicht würden mir klare Inzisionen helfen, Punkte, die mich erkennen lassen, wo der Gedanke endet. Vielleicht ist das aber auch gerade nicht gewollt.

Mein Fazit: es liest sich schön, klingt schön, aber ich bin zu doof dazu.

Grüße
Zakkinen

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 13.12.2009, 10:38

@ Flora:

:blink1: tja, wie gesagt, ich schreibe die Zeilenanfänge einfach groß, sehe selbst bei meinen Worten auch nicht die Notwendigkeit mich einer graphischen Kunst zu bedienen.

Bin halt der Vertonung von Gedichten, oder sehr lyrischen lyrics sehr zugetan, mehr als einer formalen Gestaltung von Gedichten durch kursiv, fett, bunt, Klein- und Großschreibung, Tabs, Zentrierung etc pp.

Da haben wir dann wohl unterschiedliche Ansichten. Für mich sind Dichtung und Musik sehr eng verknüpft, also enger als Dichtung und Bildkünste. Aber da hat sicher jeder seine Vorlieben. Im Orient hat das Rezitieren von Dichtung (und Ähnlichem) auch eine große Tradition. Ich lasse mir also gern vorlesen :mrgreen:.

@ Zakkinen

Es gibt eigentlich keine bestimmte Aussage, die es zu entdecken gilt, zu entziffern, zu dechiffrieren.

Und ja, ich erfreue mich gern am schönen Wort. Ein Bisschen l'art pour l'art vielleicht.

Aber gut, dass dich die Großschreibung am Zeilenanfang nicht so stört. Ist es tatsächlich eine traditionelle Weise? Bin da nicht so im Bilde, denn auf so was achte ich bei Gedichten selten (vielleicht entgeht mir da was, unentdeckte Wirkungen von Groß- und Kleinschreibung...aber man muss nicht alle Möglichkeiten formaler und sprachlicher Gestaltung in der eignen Dichtung erschöpfen, denke ich)

Ein Gedicht muss sich heute immer verstecken und tarnen, sich verkleiden in verschrobener Grammatik, fehlender Zeichensetzung und kreativen Worten.


:blink2: eigentlich empfinde ich mein Gedicht jetzt nicht so kryptisch (im Vergleich zu anderen Sachen, die ich lese), wohl aber kryptischer als manch anderes von mir.

Warum "Geblick" und nicht einfach "Blick"? Was sagt das mehr?


Hab wohl zur Zeit einen hang zu solchen "Ge"-Worten...Geblätt, Gesträuch, Gerausche, Gewispel. Mir gefällt der Klang, auch die Zweisilbigkeit von "Geblick" (parallel zu "Unlicht") im Gegensatz zu "Blick". Nun, die Bedeutung ist wohl ähnlich, wenn nicht sogar gleich. Obwohl es vielleicht doch Menschen gibt, die zwischen beiden Worten eine feine Linie ziehen können.

Was meinst Du mit "mondens"? Wenn es das Wort "sonnens" gäbe, würde ich die Analogie verstehen. So bleibt mir die vage Vermutung, dass es handle sich um ein verborgenes "im Mondenschein", dass sich seiner Kitschigkeit geschämt hat.


Wie ich mich erinnere, habe ich an die Formulierung "im Mondschein" selbst eigentlich nicht gedacht, wohl aber an diese Stimmung. Aber "mondens" vermeidet auch die Wiederholung der Präposition "in/im" :-). Mir gefällt es als Adverb, oder generell der Versuch der Adverbisierung (kann man das so sagen?) von Nomen. Allerdings empfände ich "sonnens" schon wieder als unästhetisch, wegen dieser "s"-Häufung, irgendwie. :razz:

Doch was mache ich mit dem Anfang? "In der Nacht, noch war mein Kleid kühler"? Wurde es später noch warm?


Ja, die Frage stellt sich wohl, und ist aber Interpretationssache.

Herzlichst

Zafar


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