Rastlos

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Gast

Beitragvon Gast » 24.11.2007, 18:36

Aus dem Novembernachthimmel
brech’ ich pentelischen Stein,

leg’ meine Hände auf Stillen
die blauer kühler Mond hellt.

Ich bin, wie im heißen Athener Sommer: allein -
doch ein Flüstern fällt raschelnd aus Wolkensternen.

Und der Hof: ein Rund aus leuchtenden Tönen und Stimmengewirr.



Rotsilberstrauch ist Piräus
und ein Laub treibt hinein

ins tote Meer aus welkem Gras.
Am Grund decken Eismuscheln irdene Blumen.

Ich bin, wie im heißen Athener Sommer: allein –
doch ein Flüstern fällt rascheln aus Wolkensternen.

Und die Gischt: ein erster Schnee, den der Wind treibt.

Louisa

Beitragvon Louisa » 24.11.2007, 20:58

Guten Abend!

Das liest sich ganz schön.

Mir gefällt, dass man aus dem Himmel Steine bricht. Aber muss es "pentelischer" sein? Was ist das überhaupt? Google gab mir keine Antwort.

Die Plural von Stille, falls das gemeint ist, finde ich ganz interessant. Aber ich weiß nicht Recht wieso sie im Plural stehen müssen.

Der Athener Sommer gefällt mir sehr, sehr gut! Aber "heiß" ist ein ziemlich unkreatives Merkmal für den Sommer. Vielleicht gäbe es da noch etwas Spezielleres?

Wenn das Flüstern raschelnd fällt (also wie durch ein Gesträuch), dann finde ich die (wolken-)STERNE unpassend. Ein "Wolkenstrauch" würde besser ins Bild gehören, glaube ich.

"Der Hof" ist ein feiner Schwenk, aber "leuchtende Töne" erinnern mich so an Brentano ("golden wehn die Töne nieder")... Vielleicht würde man auch hier durch ein bisschen Grübelei noch ein besseres Stimmungsbild finden.

Weißt Du was, Fremder? Nenn Dein Gedicht doch "Piräus" - Das klingt tausendfach geheimnissvoller und poetischer als "rastlos"... Diese Gefühlszustände in Gedichten eindeutig benennen ist auch eine sehr schwierige Angelegenheit. Ich kenne kaum einen guten Dichter, dem das wirklich gelingt.

Wieso eigentlich nicht: "Piräus ist ein Rostsilberstrauch" ???

Wo hinein treibt das Laub? "EIN" Laub??? Aha...ins "tote Meer" ... Mmm.... :16:

Wenn es nämlich über den Hof in das Zimmer treiben würde... Das fände ich grandios surreal und die Verse wären miteinande verbunden.

Danach kann das tote Meer ja immer noch kommen. So vielleicht:

"Ein totes Meer" ?

"Eismuscheln" würde mir am Grund eigentlich reichen.. Die "irdenen Blumen" überladen das Bild.

Zur vorletzten Strophe habe ich ja schon etwas erklärt.

Das Ende mag ich wieder gern.

Insegsamt ein feiner, spannender Text für mich! Man liest hier selten so etwas Feines (in der Anonymen-Reihe).

Ein bisschen kann man noch daran Feilen, aber dann ist er perfekt, finde ich!

Guten Abend geheimnissvolle/r Fremder/Fremde!
l

cali

Beitragvon cali » 25.11.2007, 08:20

guten morgen gast und louisa,


Aus dem Novembernachthimmel
brech’ ich pentelischen Stein,


hier sehe ich eine mögliche verbindung zum pentagramm, der sogen. fünfstern, welcher dem glauben nach vor unheil schützen soll... insofern kann es bedeuten, dass der stein sich im schutzkreis befindet, man also nicht verletzt wird... stein der weisen... hm

dürfte dann jedoch pentalischen heißen... ??

(habe das wort/die worte auch noch nicht gehört/gelesen...)


was sagt der/die gastautor/in?


einen guten tag :-)

Louisa

Beitragvon Louisa » 25.11.2007, 11:19

Der darf doch nischt sagen :smile: !

-Nein, von mir ist es nicht. Das wäre dann doch zu schizophren.

cali

Beitragvon cali » 25.11.2007, 11:40

Der darf doch nischt sagen !


och, na dann.......... jo, hab's gerade gelesen. schade eigentlich. kenn das sonst anders.


-Nein, von mir ist es nicht.


echt? *g

carl
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Beitragvon carl » 25.11.2007, 13:13

Liebe Louisa,

ich würde mich Deinem intuitiven Urteil gerne anschließen, bin aber mit Deiner Art Kritik (wieder) nicht einverstanden...

"pentelisch" musste ich auch googeln, dabei kam nicht nur ein Vorort von Athen raus, sondern auch ein Berg, aus dessen Stein die Akropolis ist.
Jetzt bleibt die Frage, ob man als Autor nur an Allgemeinplatzwissen anschließen darf. Dann wird es natürlich schwierig, da Du ja a.a.O geschrieben hast, man müsste als Dichter nichts wissen. Das finde ich ganz entzückend! Solange Du 19 bist. Solange wirst Du ja mit Smilies durchkommen ;-)

Das Gedicht lebt von der Spannung Nacht/Winter und Mittag/Sommer.
Ob man auf die Adjektive verzichten kann, ob ein blauer Mond nicht von selbst kühl und ein Athener Sommer gleißend ist, brauchen wir aber nicht zu diskutieren: das Gedicht ist fertig.
Das heißt:

1. "Stillen" ist kein Druckfehler (für "Stellen") und Du musst jetzt überlegen, wie man eine "Stille" anfassen kann. Hier greift wieder das Wort von der "Metalogik" (Du erinnerst Dich vielleicht?): Ist es eine Verbindung von Stille und Mondschattenspielen, auf die das Lyr.Ich seine Hände legen möchte, wie damals auf den pentelischen, heißen Stein?

2. Das Flüstern, das raschelnd fällt ist der einsetzende Schneefall (siehe letzte Zeile), damit haben die Wolken ihren Platz (vielleicht zeigen sich zwischen ihnen Sterne?), auch wenn Dir Sträucher besser gefallen.

3. Die leeren (irdenen) Blumenpötte mit den gefrorenen Eismuscheln auf ihrem Grund stehen da rum, ich sehe keine Überladung in ihrer Erwähnung.
Die Spannung des Gedichts liegt ja gerade in der Parallelisierung dessen, was real überhaupt nichts miteinander zu tun hat (Piräus als Strauch), und doch durch die Sprache und ihren Blickwinkel etwas Gemeinsames entwickelt.

Das Lyr.Ich ist allein. Aber auch deshalb, weil es sich aus der erleuchteten Partyzone zurückgezogen hat mit seinem inneren Erleben, das die Identität stiftet. "Wenn Dich alles verlassen hat, kommt das Allein-sein. Wenn Du alles verlassen hast kommt die Einsamkeit."
Ich kenne nur eine Person aus dem Salon, die so schreibt.

Was mir an Deiner Kritik nicht gefällt:
"Insegsamt ein feiner, spannender Text für mich! Man liest hier selten so etwas Feines (in der Anonymen-Reihe)."
Wenn Du nur statt "man" "ich" gesagt hättest! So, wie Du angefangen hast...
"Aber das ist ja das Arge am Unverstande, dass er, ohne schön und gut und wahr zu sein, sich selbst ganz genug zu sein dünkt."


Grüße, Carl


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