Schrille Nacht

Der Anonymus bietet Mitgliedern die Möglichkeit, ein Werk sowohl anonym einzustellen, als auch anonym (auf die Rückmeldungen) zu antworten. Bitte lest euch die FAQs gut durch, bevor ihr etwas in diese Rubrik einstellt.)
Gast

Beitragvon Gast » 16.11.2007, 22:41

schrille Nacht, eilige Nacht
alles schläft einsam wacht


nur der filialleiter im kaufhaus und summt

kling kasse klingelingeling


heutzutage piept´s an der Kasse

piep
schöne feiertage
piep
schöne feiertage

süßer die kassen nie piepen

das klingt nicht
brummt er
und schnäuzt sich
dezembergrippe
keine abwehrkräfte

ein virus durch die blutbahn ging


wie auch bei der kassiererin
die ist krank
und kommt trotzdem.

strapaze, strapaze
wie kommst du geschneit
matratze, matratze
zu dir ist´s so weit


alles geben
von den untergebenen
alles fordern
sonst machen
die da oben
die filiale dicht

euro bells, euro sells
euro all the time


denkt er
und füllt
den löffel
mit baldrian
oder thai ginseng
oder sonst was
zur beruhigung

rohe weihnacht

Max

Beitragvon Max » 18.11.2007, 11:57

Für mich ein gesellschaftskritisches Gedicht, das aber sowohl inhaltlich als auch sprachlich an der Oberfläche verharrt. Manches Sprachspiel, z.B.

rohe weihnacht


hätte vermutlich am besten gewirkt, wenn man es sich erspart hätte.

Liebe Grüße
Max

Nifl
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Registriert: 28.07.2006
Geschlecht:

Beitragvon Nifl » 18.11.2007, 13:25

Die Feststellung, dass die Märkte nun schon im August weihnachtlich geschmückt werden und Weihnachten ja eh nur noch Kommerz ist usw. usf. eignet sich gut, um ein lockeres Gespräch mit dem Nachbarn oder einem Kollegen zu beginnen. Ähnlich wie ungewöhnliche Wetternachrichten. "Mensch, der Herbst ist aber trocken dies Jahr. Bestimmt der Klimawandel…" …immerhin besser, als sich stumm anzustarren.
Die Anprangerung der materialistischen Weihnacht (schick schick), hat für mich mittlerweile genauso einen langen Bart wie der vermeintliche Weihnachtsmann höchstpersönlich. Ich vermute, wer das Weihnachtsfest aus diesem vorgeschobenen Grund "verteufelt", hat den Kern des Festes nie verstanden, nie erlebt, nie gefühlt ….

Die Demontage ist ein alter Hut und lockt keinen mehr aus der Reserve. Deshalb finde ich diesen Text nur bedingt gesellschaftskritisch.
Dennoch gefällt er mir. Und zwar, weil er locker, leicht und humoristisch daherkommt, nicht den moralinsauren Zeigefinger streckt und damit in der Nase des Lesers popeln möchte. Es ist eher der Singsang eines Vaganten dieses Jahrhunderts, mit lustig (kindlich?) verzerrten Passagen aus dem guten alten "Weihnachtsliedgut", die jeder versteht und die schmunzeln lassen… Überdies tun mir die VerkäuferInnen auch Leid.

LG
Nifl
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)


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