berauscht

[Anonymus]

die rosarote brille aufgesetzt
im hintergrund ein knurren
unterdrückt (ob es sich ausgehn könnt)
oh schieb es weg schiebs weg

da strahlen sternenaugen und der mond
ist voll wie wir am strand von sansibar
im sand vergraben mein reisebuch (querelle)
unter den schenkeln aufgebreitet dir

was schert mich morgen wenn zerbricht
was mir die nacht beschert denn
eine muschel ist ein häufchen kalk

[Amanita]

Ich sehe sehr viel Zwiespältiges, offenbar bezogen auf eine kurze Begegnung mit einer Frau (ich sehe da einen Touristen und eine Einheimische - ist es in Sansibar oder ist Sansibar nur eine Erinnerung?). Demoralisierend: Er muss als erstes die rosarote (Urlaubs-)Brille aufsetzen. Er wagt aber dann doch, sich berauschen zu lassen, nur eine Nacht, der Gedanke an den nächsten Tag mit seinem gnadenlosen Rückfall in die Realität wird weggeschoben. Allerdings hört das Ich das "Knurren" schon wieder oder immer noch, meint, sich rechtfertigen zu müssen vor sich selbst, was das Zwiespältige nochmal unterstreicht.

Ich finde das Spiel mit den Plus- und Minuspolen sehr lebendig eingefangen. Die Distanz der beiden Menschen kommt ebenfalls sehr gut/ beängstigend gut rüber.

Schade, dass mir Anonymus nicht sagen kann - nein, er wills nicht -, ob ich seinen Text richtig kapiert habe. Zuerst kam ich, muss ich zugeben, durch die rosarote Brille (war fürn Klischee!) gehörig ins Schleudern. Mittlerweile gehört sie für mich ins - hm, ja, - Urlaubsklischee. Das aber, facettenreich beleuchtet, eben nicht klischeehaft behandelt wird.

[Louisa]

Die letzte Strophe ist sehr gelungen, finde ich.