worte auf meinen weg
geschüttet
fußfesseln mich
sterbende liebe
ist ein gefängnis
man lebt so klein
im riesigen tag
man lebt so klein
Niko hat geschrieben:... aber mal ehrlich - wenn die liebe stirbt....-wie ist einem da zumute???!!!
Wenn ich mich zurücksinne, als mir diverse Lieben starben, hatte ich keine "man"-Sätze im Kopf, eher du- und ich-Begriffe. So war zumindest mir damals zumute.
Wenn ich "man" höre, höre ich Beckenbauer im Interview. Jaguttähh ... die Bayern haben klar gewonnen, wir haben gut gespielt, jaklarrräh .. am Ende hat man nicht mehr so viel Kraft. Man ist erschöpft.
Oder ich denke an Loriot, der in einem Restaurant versucht, in Ruhe einen Braten zu essen, während er ständig unterbrochen wird. Da sagt sein Tischnachbar: "Man isst sehr gut hier."
So nüchtern, dieses Wort. Das soll Schmerz ausdrücken?
So, hoffentlich lesbar:
Hallo,
Wie einige von uns, schaue ich hier ab und zu rein.
Egal, wie poetisch gelungen ich diesen Anonymus-Text finde, eines ist sicher, ich kann ihn leicht nachvollziehen.
1. Worte fesseln mich ...... wer hat das nicht gespürt, gefühlt ... Worte legen mich in Gefangenschaft.
2. auf meinen Weg geschüttet ..... ich bin im Voranschreiten unterbrochen worden: Eine Ladung von Worten wird auf mich herabgeschüttet. wie Kies, wie etwas an Material (mit dem ich hätte ein Haus bauen können) es kommt zur Unzeit, stellt sich mir in den Weg.
3. fußfesseln mich: Unterbrechung, Bremse, Hindernis = das Fortschreiten der Liebe, des Lebenswegs wird unterbrochen, behindert.
4. sterbende Liebe ist ein Gefängnis: auch hier kann ich das Bild gut nachvollziehen. Ich denke an jenen Zustand des Sterbens einer Liebe, in dem alles noch halb besteht. Das Haus der Liebe ist nicht eingestürzt. Noch nicht. Aber alles ist bereit für einen gewaltigen Zusammenbruch. Zu diesem Zeitpunkt gibt es eine Rollenverteilung, deren gegensätzliche Funktionen von jedem irgendwann eingenommen werden. In diesem Fall, wenn der andere das Weite sucht, und, wenn er überhaupt noch ansprechbar ist, versucht der Fliehende den Prozess des Sterbens zu negieren, versucht den Liebesvertrag neu zu deuten. Dem natürlichen Vorgang des Sterbens werden Rechthabereien, Spitzfindigkeiten entgegengesetzt. „Juristischen“ Argumenten ausgesetzt sein, … das ist das Gefängnis, aus dem man nicht herauskommt.
Während der Verbleibende, der Vorwärtsschreitende den Schritt eher beflügelt sehen möchte, da er sich bemüht, noch von der Liebe ETWAS zu retten.
Dieses ETWAS, das im Endspurt so hartnäckig umkämpft wird, wird immer kleiner .... bis schließlich nichts mehr, oder fast nichts mehr übrigbleibt. Diese Entwicklung ist eine der schmerzvollsten, der ich je unterworfen wurde und ich verstehe aus diesem Grund das
5. "man lebt so klein"
sehr gut …
als eine absichtlich distanzierte, undramatische Formulierung, die den inneren Schmerz jedoch nicht mindert, sondern, aufgrund dieser fast administrativen Formel, den Schmerz als eine bittere Konsequenz in dem banalen "man lebt so klein" treffend wiedergibt.
Wie schon gesagt, ist mir der Ton des Gedichts ein wenig zu demonstrativ, zu didaktisch. Aber jeder einzelne Ausdruck hat seine Berechtigung.
Da ich nicht weiß, wer Anonymus ist, erlaube ich mir eine kleine Zugabe:
Meine Variante (inspiriert vonAnonymus).
Sterbende Liebe
Schlingen hemmen den beflügelten Fuß
Totes Geschwätz, sage ich.
Noch lebt sie, sagst du:
Wenn du nur meine Bälle fängst.
Du fängst sie doch auf,
sage ich. Und
alle Würfe enden bei dir
in deine Tasche hast du mich gesteckt.
Lass mich frei.
Etwas bleibt vom Fliegen dann.
Danach.
Renée
Hallo,
Wie einige von uns, schaue ich hier ab und zu rein.
Egal, wie poetisch gelungen ich diesen Anonymus-Text finde, eines ist sicher, ich kann ihn leicht nachvollziehen.
1. Worte fesseln mich ...... wer hat das nicht gespürt, gefühlt ... Worte legen mich in Gefangenschaft.
2. auf meinen Weg geschüttet ..... ich bin im Voranschreiten unterbrochen worden: Eine Ladung von Worten wird auf mich herabgeschüttet. wie Kies, wie etwas an Material (mit dem ich hätte ein Haus bauen können) es kommt zur Unzeit, stellt sich mir in den Weg.
3. fußfesseln mich: Unterbrechung, Bremse, Hindernis = das Fortschreiten der Liebe, des Lebenswegs wird unterbrochen, behindert.
4. sterbende Liebe ist ein Gefängnis: auch hier kann ich das Bild gut nachvollziehen. Ich denke an jenen Zustand des Sterbens einer Liebe, in dem alles noch halb besteht. Das Haus der Liebe ist nicht eingestürzt. Noch nicht. Aber alles ist bereit für einen gewaltigen Zusammenbruch. Zu diesem Zeitpunkt gibt es eine Rollenverteilung, deren gegensätzliche Funktionen von jedem irgendwann eingenommen werden. In diesem Fall, wenn der andere das Weite sucht, und, wenn er überhaupt noch ansprechbar ist, versucht der Fliehende den Prozess des Sterbens zu negieren, versucht den Liebesvertrag neu zu deuten. Dem natürlichen Vorgang des Sterbens werden Rechthabereien, Spitzfindigkeiten entgegengesetzt. „Juristischen“ Argumenten ausgesetzt sein, … das ist das Gefängnis, aus dem man nicht herauskommt.
Während der Verbleibende, der Vorwärtsschreitende den Schritt eher beflügelt sehen möchte, da er sich bemüht, noch von der Liebe ETWAS zu retten.
Dieses ETWAS, das im Endspurt so hartnäckig umkämpft wird, wird immer kleiner .... bis schließlich nichts mehr, oder fast nichts mehr übrigbleibt. Diese Entwicklung ist eine der schmerzvollsten, der ich je unterworfen wurde und ich verstehe aus diesem Grund das
5. "man lebt so klein"
sehr gut …
als eine absichtlich distanzierte, undramatische Formulierung, die den inneren Schmerz jedoch nicht mindert, sondern, aufgrund dieser fast administrativen Formel, den Schmerz als eine bittere Konsequenz in dem banalen "man lebt so klein" treffend wiedergibt.
Wie schon gesagt, ist mir der Ton des Gedichts ein wenig zu demonstrativ, zu didaktisch. Aber jeder einzelne Ausdruck hat seine Berechtigung.
Da ich nicht weiß, wer Anonymus ist, erlaube ich mir eine kleine Zugabe:
Meine Variante (inspiriert vonAnonymus).
Sterbende Liebe
Schlingen hemmen den beflügelten Fuß
Totes Geschwätz, sage ich.
Noch lebt sie, sagst du:
Wenn du nur meine Bälle fängst.
Du fängst sie doch auf,
sage ich. Und
alle Würfe enden bei dir
in deine Tasche hast du mich gesteckt.
Lass mich frei.
Etwas bleibt vom Fliegen dann.
Danach.
Renée
ich finde den titel gut, weil er mich erstmal neugierig macht, gerade wegen dem "man". und das sollten titel ja.
für mich ist der text stimmig und ich sehe auch keine schuldzuweisungen und ähnliches. ich vermisse hier auch kein "du", das gedicht spricht zu mir nur vom "ich" und seinen gefühlen. die "auflösung" des titels im letzten vers macht dieses "man" für mich schlüssig. es zeigt mir einen standpunkt des li , durch die verallgemeinerung vom "ich" zu "man" die situation erträglicher oder abstrakter zu machen. (etwas, was man auch in gesprächen feststellen kann)
gerade deshalb finde ich dieses wort, dass ich eigentlich in gedichten selten mag, gut eingestzt.
lg
für mich ist der text stimmig und ich sehe auch keine schuldzuweisungen und ähnliches. ich vermisse hier auch kein "du", das gedicht spricht zu mir nur vom "ich" und seinen gefühlen. die "auflösung" des titels im letzten vers macht dieses "man" für mich schlüssig. es zeigt mir einen standpunkt des li , durch die verallgemeinerung vom "ich" zu "man" die situation erträglicher oder abstrakter zu machen. (etwas, was man auch in gesprächen feststellen kann)
gerade deshalb finde ich dieses wort, dass ich eigentlich in gedichten selten mag, gut eingestzt.
lg
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