diagnose

Der Publicus ist die Präsentationsplattform des Salons. Hier können Texte eingestellt werden, bei denen es den Autoren nicht um Textarbeit geht. Entsprechend sind hier besonders Kommentare und Diskussionen erwünscht, die über bloßes Lob oder reine Ablehnungsbekundung hinausgehen. Das Schildern von Leseeindrücken, Aufzeigen von Interpretationsansätzen, kurz Kommentare mit Rezensionscharakter verleihen dem Publicus erst seinen Gehalt
scarlett

Beitragvon scarlett » 18.07.2009, 22:09

...
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noel
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Beitragvon noel » 19.07.2009, 07:34

b-r-av-o
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel

DonKju

Beitragvon DonKju » 19.07.2009, 11:39

... nun Gnade oder Fluch ? Auf jeden Fall treffend und wundervoll formuliert.

Und :hut0039: mit Sonntagsgrüßen Hannes

Max

Beitragvon Max » 19.07.2009, 21:19

Liebe Scarlett,

eine Miniatur zweifellos, aber eine, die mit der Doppeldeutigkeit gleich mehrerer Wörter spielt und daher in meinen Augen gelungen!

Liebe Grüße
Max

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 20.07.2009, 11:59

Welch ein Glück, Poet zu sein!

Was nur machen Menschen mit ihren Herzbrüchen, tiefer Verzweiflung, überschäumender Wut oder auch Freude, wenn sie das alles nicht ausdrücken können? Sei es bildnerisch, darstellerisch oder im Schreiben, wie hier in diesem kurzen Text von Monika.

Auf den 1. Blick eine Wortspielerei, bei näherer Betrachtung aber so tiefgehend, dass es mich begeistert.

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 27.07.2009, 00:25

"ja"
ruft der Nach-Dichter
eine Scheu-
Klappe
los

(voller Bewunderung)
Renée

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 27.07.2009, 20:39

Hallo,

ich muss euch jetzt bis auf Elsa allesamt mal sanft rügen, bitte lest die Idee des Publicus einmal durch - das ganze muss ja nicht mit der Krwatte um die Feder geschrieben sein, aber direkte Anreden und irgendeine Form von Interpretation oder kritische Auseinandersetzung des Textes ist nun mal die Idee dieser Rubrik - kreativ kann mit ihr gerne umgegangen werden, aber bitte auch gehaltvoll!

Sonst macht diese Extrarubrik keinen Sinn!

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 27.07.2009, 21:42

Liebe Lisa (das ist eine persönliche Anrede),

ich habe ja die Autorin Scarlett angeschrieben, die ich zufällig aus einigen PNs kenne, nicht Frau Kafka, (sonst hätte ich ja vielleicht Monika geschrieben ;.-) ) ... das ist nur manchmal schwer zu unterscheiden ;-)

Liebe Grüße
Max

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 28.07.2009, 08:24

Ja, aber troootzdem :pfeifen: . Wie wäre es , wenn wir das alle an diesem text noch einmal üben? Ich erkläre mich auch bereit damit anzufangen? :-). Ich meine, sonst brauchen wir diese Rubrik ja nicht extra. Und wir haben uns ja auch einmal aufgeregt, als wir direkt angesprochen wurden, aber nicht antworten konnten, weißt du noch .-)

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
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fenestra
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Beitragvon fenestra » 28.07.2009, 17:36

*

aus dem takt
gesprungen das herz

wortverband
angelegt

dichter

*


Also gut, ich übe mal Rezension schreiben:


Mit wenigen Worten versteht es Monika Kafka bei ihrem Text "diagnose", eine Herzrhythmusstörung erst auszulösen und dann zu kurieren. Der Text fängt mit einer eher wenig originellen "diagnose" an ("aus dem takt gesprungen/das herz"), vollführt dann aber mit dem Begriff "wortverband" eine überraschende Wende. "Verband" gehört noch zum medizinischen Wortschatz, "wort" lässt nun vielfältige Assoziationen zu, die jeder, der sich mit Lyrik beschäftigt, nur zu gerne nachvollzieht: Worte können eben heilen! Nun kommt aber das i-Tüpfelchen auf dem Textlein: Mit dem doppeldeutigen Wörtchen "dichter", einem Begriff, der sich sowohl direkt auf den Verband bezieht, als auch auf denjenigen, der mit Worten heilt und nun vermutlich näher an die Kranke heranrückt, ist alles gesagt. Nun müsste das Herz eines jeden Lesers - auch desjenigen, der sich über das Wort Herz in Gedichten aufregt, eigentlich wieder im Takt schlagen ...

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Beitragvon Lisa » 01.08.2009, 20:44

danke fenestram dann ich auch, schaffe aber nur kurz!


Einen vorwerts, zwei rückwerts

Das Gedicht legt es nicht stringent darauf an, aber was mir sofort auffiel und gefiel, ist, dass dieser Text seine Rhythmusstörung zum einen darlegt und zum anderen diese Rhythmusstörung zugleich als Anknüpfungspunkt für das Enstehen von "Kunst" nutzt - sozusagen eine Enklave im Stolpern. Etwas überspitzt könnte man dieses prozesshafte Lesen am Text vorwärts und rückwärts durchführen und damit je eine Seite sehen, daher meine Überschrift, denn jede Zeile ist bereit hinsichtlich ihres Wertes zu kippen ob Gutheißung ob Gefahr.

Ein Herz (sowohl deutbar hin auf ein Individuum, als auch als zwei ehemals so synchron schlagende Herzen, die nun aus dem Takt gekommen sind und der Text handelt (je) von einem) springt aus dem Takt, springt entzwei. Das Wort wird verbannt, ein Verband aus ihnen wird angelegt, es wird sich angelegt und dann entsteht etwas dichteres: die Taktlosigkeit wird gehalten (eingehalten um dichten zu können?), es verhilft zu wieder größerer Nähe (vom Ich zum Ich? Vom Ich zum (erinnernden) Du? vom Ich zur Nichtfiktion über die Fiktion?). Diese ganzen Klammern von mir zeigen schon, warum ein fiktiver Text das Thema besser beherrscht..

Die erträgliche Unleichtigkeit der Kunst? Das Hinwenden zur Kunst, der Ausdruck der eigenen Not/Enttäuschung als selbst geworfener Rettungsring? Der einen dann doch hinabzieht?
Es ist schwierig zu sagen, ob das ein guter Prozess ist oder ein gefährlicher - es scheint aber zumindest so, als sei das Einsetzen von ihm notwendig/unkontrollierbar, wie eine tatsächliche Herz-Rhxthmusstörung ja auch, über den Muskel Herz hat man keine Kontrolle...

Den Titel des Textes finde ich nicht gelungen - das im Gedicht Geschilderte reicht meines Erachtens über das Stellen einer Diagnose hinaus, zumindest das Wort "Befund" wäre für mich vielschichtiger, im Grunde sollte es aber auf etwas anderes hinauslaufen - zudem sperrt der Titel den Text in ein zu enges Lesegezäun. Ich würde auch auf einen text unter solch einem text nicht neugierig sein...vielleicht hätte man weiterhin diesen Text sprachlich etwas den Leser oder besser gesagt sein Gemüt angreifender gestalten können, ich weiß es nicht.
Ansonsten aber ein Text, bei dem es Freude gemacht hat, über die Verstricktheit von Leben und Kunst nachzudenken.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 19.08.2009, 17:51

Dieser Text hat mich von Anfang an fasziniert. Ihm fehlt weder Dichte, noch Schlichtheit, noch Gemüt, noch NÜchternheit. Er erinnert mich an die Merseburger Zaubersprüche - derselbe Zauber, das "ausrenken" (aus dem Takt geraten) wie das "einrenken".

Für mich ein bleibender Vers.

lG
Renée


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