Gibt es wahre Liebe?

Der Publicus ist die Präsentationsplattform des Salons. Hier können Texte eingestellt werden, bei denen es den Autoren nicht um Textarbeit geht. Entsprechend sind hier besonders Kommentare und Diskussionen erwünscht, die über bloßes Lob oder reine Ablehnungsbekundung hinausgehen. Das Schildern von Leseeindrücken, Aufzeigen von Interpretationsansätzen, kurz Kommentare mit Rezensionscharakter verleihen dem Publicus erst seinen Gehalt
Maija

Beitragvon Maija » 04.10.2008, 21:56

Am Anfang meiner sexuellen Erfahrungen war der Kontakt mit Männern nur ein Spiel.
Ich nahm keinen Mann ernst und nach einer kurzen, intensiven Beziehung ließ ich sie eiskalt abblitzen und verabschiedete mich mit dem Lied: „Wer wird denn weinen wenn wir auseinander gehen...“
Kein Mann beschwerte sich über meine Leidenschaften und voller Stolz und Eitelkeit erfüllte ich mit Leichtigkeit ihre Wünsche. Ich war begierig sie für mich zu erobern, um sie dann wieder wie eine heiße Kartoffel fallen zu lassen.
So ein Spiel kann süchtig machen, solange man nicht an einer wahren Liebe hängen bleibt.

Endlich war Wochenende und ich zog mein hübschestes Kleid an. Ich wusste, damit konnte ich viele Männerblicke auf mich wenden. Schnell die passenden Absatzschuhe angezogen, den Lippenstift über den Mund gezogen und etwas Schminke aufgetragen. Meine Lockenhaare etwas zurecht gelegt, mein Lieblingsparfüm versprüht und ab ging die Post.

Ich saß mit meiner Schwester an einem Tisch und wir tranken eine Flasche Wein, als plötzlich ein großer athletisch gebauter Mann zu mir kam und mir zuflüsterte: „Dein Reißverschluss ist offen, darf ich ihn schließen?“ Ich sah zu ihm auf und blickte in seinen blauen Augen. Ich antwortete: „Nur zu!“ und lächelte ihn an. Er schloss den Reißverschluss und forderte mich zum Tanz auf. Er drehte mich durch den ganzen Tanzsaal, das es mir schwindelig wurde.
Als die Disco zu Ende war, gingen wir gemeinsam zu mir nach Hause.
Wieder eine Eroberung, wieder das gleiche Spiel.
Aber diesmal war alles anders und ich konnte mich nicht von ihm trennen. Wir liebten uns innig und viele Nächte und Tage verstrichen wie im Fluge.
Etwas machte er anders als all die anderen Männer und ich genoss es in vollen Zügen. Mehrere Orgasmen auf einmal kannte ich damals noch nicht. Ich stöhnte laut vor lauter Freude und mir kam es vor, als ob ich immer nach einem Verflossenem rief. Sagte ich dies laut oder vielleicht leise? Ich bekam Angst. Was soll er von mir denken? Ich horchte in die Nacht hinein und ich hörte nur sein Atem und er schlief wie ein kleines Kind.
Nein, er konnte es nicht gehört haben oder er hat es bewusst überhört?
Ich weiß es bis heute nicht und ich fragte ihn auch nie danach.

Männer haben auch so ihre Geheimnisse denke ich und tröste mich damit.

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 05.10.2008, 10:21

weißt Du, was mir daran wirklich sehr gut gefällt? Dieses Bewußtsein, dass zwei, auch wenn sie sich lieben, sich nie wirklich kennen können. Deswegen mag ich den letzten Satz nicht.

Nicole

Beitragvon Nicole » 06.10.2008, 13:24

Oh, wie war das nun? Darf ich im Publicus Fehler anmerken?
Also, ich bin wahrlich keine Orthographie und Zeichensetzung- Koriphäe (Hilfe, schreibt man das so?) aber ich meine doch, über einige Zeichensetzungsfehler gestolpert zu sein. Darüberhinaus finden sich an einigen Stellen Sprachungenauigkeiten ("Ich wusste, damit konnte ich viele Männerblicke auf mich wenden." Ich kenne es nur als "...viele Blicke auf sich ziehen...") oder Wortwiederholungen ("Ich stöhnte laut vor lauter Freude...") bzw "Merkwürdigkeiten" ("Mehrere Orgasmen auf einmal kannte ich damals noch nicht." Auf einmal?) Hier wäre m.E.n. noch handwerkliche Arbeit angesagt gewesen.

Aber, da ich sicher bin, daß ich im Publicus schreiben darf/soll, wie ein Text auf mich wirkt:
Rosamunde Pilcher mit Ladehemmung. Sorry.
Die Protagonistin ist schön, umschwärmt und spielt mit den Männern. Dann taucht der athletisch gebaute Blauaugen-Mann auf. Die beiden reiten in den rosaroten Sonnenuntergang mit multiplen Orgasmen... Warum ruft sie nach einem Verflossenen, wenn doch vorher alle Männer nur Spielzeuge waren und dieser als erstes im Bett so ist, das die Protag ihn nicht abschließt? Nun, statt à la R.P. mit " und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende" schließt diese Geschichte hier mit einem labidaren "Männer haben auch so ihre Geheimnisse." Und läßt mich völlig unbefriedigt zurück.

Und, wie bringe ich den Titel "Gibt es wahre Liebe?" hiermit in Zusammenhang? Betreibt die Protagonistin (oder betrieb sie, vor dem Blauaugen-Mann) Unterleibsakrobatik oder Liebe? Oder wird aus Sex Liebe, wenn die Orgasmen multiple werden?

Diese Geschichte überzeugt mich leider nicht.

Nicole

Mucki
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Beitragvon Mucki » 06.10.2008, 20:59

Zweierlei Aspekte stören mich bei diesem Text. Er scheint mir wie ein Tagebucheintrag zu sein, autobiografisch. Deswegen fühle ich mich beim Lesen irgendwie unangenehm berührt, wie ein Voyeur, der die geheimen Gedanken eines anderen liest.
Zum zweiten frage ich mich, was diese Geschichte mit dem Titel zu tun hat, geht es doch eigentlich hier gar nicht um die Frage, ob es wahre Liebe gibt, sondern eher um Spiele mit Männern und Orgasmen.
Hm, ich habe es gelesen, doch es hat keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Gabriella

scarlett

Beitragvon scarlett » 07.10.2008, 08:56

Bekenntnisse aus der Provinz

Ein Titel, der vollkommen in die Irre führt, tagebuchartiges coming out in spätpubertärem Sprachstil, voller Klischees (natürlich muss der Mann „groß und athletisch gebaut“ sein und darüber hinaus blaue Augen haben!) und in mangelhafter Ausführung, angefangen von platten, umgangssprachlichen Redewendungen (jemanden eiskalt abblitzen lassen, die heiße Kartoffel und ab geht die Post!) bis hin zu fehlerhafter Grammatik („und blickte in seinen blauen Augen“) und Interpunktion.

Stünde dieser Text nicht im Publicus, hätte die Autorin daran arbeiten können. So aber muss man davon ausgehen, dass sie ihn als „fertig“ betrachtet und dementsprechend kann eine Kritik auch keine Verbesserungsvorschläge mehr einbringen.

Er berührt mich unangenehm, er bringt mich als Leser in eine voyeuristische Situation, deren Sinn und Zweck sich mir nicht erschließt (außer eben Voyeur zu sein).

Mir fällt zum Abschluss ein Gedicht von Uljana Wolf ein.
Darin heißt es

„Etwas zu sagen haben heißt nicht, es sagen zu müssen“ und
....
„Etwas nicht zu sagen haben und darüber schreiben ist ein mögliches Gedicht“.

Der Titel: „Vom Vermeiden Von Gedichten“

Es hätte ein möglicher Text werden können. So, wie er jetzt da steht, hätte er vermieden werden müssen.

scarlett

Sam

Beitragvon Sam » 07.10.2008, 17:58

Kleines OT am Anfang:

Vielen Dank Maja, dass du die Rubrik hier wiederbelebt hast!!


Eine heiße Kartoffel


Meine Vorkommentatorinnen sind ja schon sehr genau und umfangreich auf die Schwächen dieses Textes eingegangen. Ich kann ihnen da nur zustimmen. Es geht hier nicht um Liebe, sondern um Sex. Und das auch noch so holzschnittartig und ungelenk beschrieben, dass einem diejenige, die da zu Wort kommt, irgendwie leid tun kann. Mehr allerdings noch der Leser.

Mir kommt der Text auch autobiografisch vor und ich möchte erklären warum. Er lässt nämlich alles aus, was wichtig wäre, um aus diesen Aufzeichnungen auch nur annähernd eine Geschichte zu machen.
Er ist sprunghaft, wie es die eigenen Gedanken nun mal sind, und dort, wo ein Erzähler anfangen würde, Einblicke zu gewähren, wird man mit einer dünnen Folie nicht nachvollziehbarer Handlungsweisen abgespeist, als könne diese Bewirken, dass beim Leser Gedanken und Gefühle
anfangen zu schwingen, die die Autorin in jenem Moment begleitet haben mögen.
Im Zentrum steht jene Ich-Erfahrung der Erzählerin, dass da ein Mann in der Lage war, ihr "Liebes-Spiel" zu durchbrechen. Scheinbar einzig dadurch, dass er ihr einen Orgasmus nach dem anderen (oder auch alle auf einmal) beschert, was sie wiederum dazu bringt, an eiskalt abgeblitzte heiße Kartoffeln zu denken.
Das schreit ja geradezu nach einer psychologischen Deutung. Aber darum schien es der Autorin nicht zu gehen. Einzig spürbar ist ein großes Mitteilungsbedürfnis. Eine persönliche Erfahrung zum Thema eines Textes zu machen, ist ja an sich eine gute Idee. Nur gehört wesentlich mehr dazu, dem Leser ebenfalls eine "Erfahrung" machen zu lassen, als geschwind den Rahmen zusammenzukloppen, der diese Erfahrung ermöglicht hat. Damit befindet sich das Erzählte nämlich auf Kaffeeklatschniveau und hat mit Literatur so gar nichts zu tun. Und der Leser verbleibt im besten Fall unbefriedigt. Wahrscheinlicher aber ist, dass er sich verärgert fragt, was ihn das nun alles angehe. Monika sprach berichtigter Weise von Voyeurismus, welcher in diesem Fall ein aufgezwungener ist. Eben weil der Text das Gefühl vermittelt, kein Text, sondern reale Erfahrung zu sein.

Ich persönlich halte von dieser Art "Selbstdarstellung" überhaupt nichts. Einmal, weil sie in diesem Fall dilletantisch ist und, was noch wesentlich mehr wiegt, diejenigen, die kommentieren in eine beschissene Situation bringt, da sie mit der Gefahr leben müssen, dass Kritik am Text vom Autor sofort als Kritik an ihm als Person empfunden wird.

Aber vielleicht irre ich mich auch und der Text ist frei erfunden. Das wäre beruhigend, auch wenn diese Tatsache ihn nicht besser machen würde. Er bliebe eine heiße Kartoffel, die man gerne und schnell fallen lässt.

Sam


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