q

Der Publicus ist die Präsentationsplattform des Salons. Hier können Texte eingestellt werden, bei denen es den Autoren nicht um Textarbeit geht. Entsprechend sind hier besonders Kommentare und Diskussionen erwünscht, die über bloßes Lob oder reine Ablehnungsbekundung hinausgehen. Das Schildern von Leseeindrücken, Aufzeigen von Interpretationsansätzen, kurz Kommentare mit Rezensionscharakter verleihen dem Publicus erst seinen Gehalt
aram
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Beitragvon aram » 11.03.2008, 04:21

q

bissgerändert
lege ich
mich schlafen, gefärbt
mit tintenfischtinte, träumer einfacher
welten [align=right]für 'bissgerändert' bedankt sich der autor bei: nifl.[/align]

Louisa

Beitragvon Louisa » 11.03.2008, 22:03

Also ...

Ich finde das ja charmant, dass ihr euch Worte schenkt, aber ich finde dieses "bissgerändert" weder besonders bildkräftig, noch einleuchtend. Vielleicht bin ich aber auch zu blöd, das kann immer der Fall sein -

Wenn es heißen soll: "Mein Körper ist voller Bissspuren" - mag ich dieses Bild gerne, aber bis ich diese Vermutung anstellen konnte, verging für meinen Lyrikgeschmack zu viel Zeit.

Das Wort im Gedicht muss für mich einschlagen wie ´ne Kanone :smile: ... Ich will nicht ellenlang über ein einzelnes Wort spekulieren, lieber über seine Bedeutung - Aber das ist etwas anderes.

"Tintenfischtinte" ist mein Liebling :smile: ! Ganz blau ins Schlafgemach zu steigen, dazu noch blau von der Tinte - Fein, fein...

Auch das Ende mit den "einfachen Welten" ist schön selbstironisch.

Das Q ... Ach, ich bezeichne es einfach mal als kleines Kunstwerk.

Hihi... Aram, hast Du gesehen: Nur das Wort von Nifl hat mir nicht gefallen *kugel* ....

Sonst mag ich es (hihi) !

l

scarlett

Beitragvon scarlett » 11.03.2008, 22:04

q oder ist die Welt so einfach?

Im Traum, vielleicht. Die Realität hingegen hinterläßt Spuren. Schmerzhafte Spuren, deren sich das LI in diesem Kurzgedicht durchaus bewußt ist. Ebenso der Tatsache, dass Leben hart/schwer, das Träumen hingegen leicht/einfach ist.
Klischeefalle? Nein, nicht ganz, relativiert sich das doch damit, dass das Ich sich zumindest dessen bewußt ist. Es reflektiert.

"bissgerändert" - ein geniales Wort, das ein einmaliges Bild evoziert. Wer das nicht erspüren kann, den erreichen diese Zeilen nicht.

"tintenfischtinte" - noch so ein Wort, das man im Kontext mehr erspüren denn ananlysieren muss.
Trotzdem finde ich, ungeeignet als dreigliedriges Kompositum in einem so kurzen Text. Änderungsmöglichkeiten hier leider unerwünscht.

Bleibt schießlich der rätselhafte Titel: q

Ein selten vorkommender Buchstabe im Deutschen. Der siebzehnte des Alphabets. Hinweis auf die Quelle des "bissgerändert"? Jung, unausgegoren, und dennoch potentieller Grund des blauen Zustandes?

Wie auch immer, ein guter, weil offener Text.

scarlett

Louisa

Beitragvon Louisa » 11.03.2008, 22:04

PS: Die Bedeutung eines Wortes und seine Bedeutung sind für mich übrigens zwei unterschiedliche Dinge :smile: !

Louisa

Beitragvon Louisa » 11.03.2008, 22:06

Welches "einmalige Bild" wird denn von "bissgerändert" "evoziert" :smile: ?

Louisa

Beitragvon Louisa » 11.03.2008, 22:07

*lach*

Jetzt habe ich erst den zweiten Satz von Scarlett gelesen.

Wer das nicht erspüren kann, den erreichen diese Zeilen nicht.


OK :smile: !!!

Ich versuche es zu erspüren :smile: ...

scarlett

Beitragvon scarlett » 11.03.2008, 22:18

Louisa hat geschrieben:ich versuche es zu erspüren :smile: ...


Ja, versuch das. Aber das kann dauern ...
Worte sind auch dazu da, ihren Sinn hinter dem Sinn zu entfalten.

Klugscheißergrüße,
scarlett

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 13.03.2008, 20:37

Tintenbrainstorm


Zuletzt veröffentlichte der Autor "z", diesmal q. Das lyr. Ich, nimmt man intertextuelle Bezüge an, scheint also einen schritt vor das ende gesetzt zu haben. ich frage mich, ob kurz vor dem ende sich nicht zwangsweise schmerzvoller nach ende anfühlt als das ende selbst (weil es eben nicht das ende ist.) (deshalb vielleicht auch hier erst das schlafen legen). q sieht ja auch ein bisschen wie ein biss (auch weil ich mir immer einen biss in die faust vorstelle) aus oder ein noch größerer biss (es ist nur der kopf mit hals übrig geblieben, was auch den selbstkreirten Charakter der einfachen welten betont). und dann dachte ich noch an qualle (die ja eine sehr einfache welt ist @aufbau, und da es um das verhältnis von ich, wirklichkeit und träumen geht, geh es natürlich auch um die inneren welten bzw. sind ich und welt ein und dasselbe) und dann dachte ich noch an qual, was für mich zu der frage passt, weshalb das ich eigentlich mit tintenfischfarbe gefärbt ist. hat es sich vielleicht selbst angegriffen zuvor? verfällt es deshalb in schlaf? im schlaf schließt man die augen, man sieht ebenso wenig, wie in einer tintenfischtintenwolke. wenn man schläft, indem man sich selbst eien tintenfischtintenwolke erzeugt klingt das nicht ungefährlich. auch verschwindet man vor sich selbst.

warum auch für mich das wort bissgerändert rausfällt: weil es als einziges abstößt und weil es damit sich im gegensatz zum resttext verhält, der stößt nämlich nicht ab, sondern beschreibt in weicher traumsprache, wie unter narkosenebel, was bissgerändert für mich unverblühmt (unvertintet) tut: ich finde den konstrast angemessen, weil sie die heftigkeit ausdrückt, die dort abzulaufen scheint, der kontrast erläutert das opfer, erzählt, was da eigentlich abläuft, wenn man sich bissgerändert zum träumen einfacher welten (was auch fast nach imperativ "träume einfacher" klingt) schlafen legt.

mit kritikpathos: q der seltenste buchstabe in deutschen worten, vereinzelt. noch seltener ohne u, geradezu unmöglich, nicht existent, wie jemand, der sich schlafen legt. wo ist die hälfte gelieben, die das q vorhanden macht?
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Klara
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Beitragvon Klara » 14.03.2008, 19:17

Und der Rest?

wo ist die hälfte gelieben, die das q vorhanden macht?


Anders gefragt: Wo bleibt das u?

Im Traum? Im nächsten Gedicht?

Die Kommentare erzählen mir hier viel mehr als das Gedicht selbst. Aber das mag eben auch am Gedicht liegen, an seiner - magischen? - ? Qualität? Oder wäre es ein Quiz?

Dennoch ist für mich schlichtes Gemüt ein Wort wie "bissgerändert" nicht wirksam. Liegt mir quer im Leseauge. Auf mich wirkt das Adjektiv künstlich, und eine Vorstellung will sich beim besten Willen nicht einstellen. Gute Worte (bedeutende Worte!) sind für mich einfache (faule?) Leserin Worte, die von selbst (natürlich durch mich, aber ausgehend vom Wort, ohne Umweg über rätselnde Denken) eine Vorstellung entstehen lassen. "bissgerändert" hingegen ist so verkopft, so konstruiert, dass es einer wie auch immer gemeinten Echtheit im Wege steht und so gut wie gar keine Vorstellung entstehen lässt. In meinem Kopf. Ich versuche und versuche - nix passiert. Auch wirkt die Offenheit des Gedichtes ein wenig beliebig. Alles könnte sein - nichts muss. Lyrisches q-Ich sagt etwas - und doch nicht. Erzählt etwas - und doch nicht. Wie ein quicklebendiges Versteckspiel, das sich wie zum Spaß müde quengelt.

Was ist passiert? Hat jemand sich gebissen? Beißen lassen? Jemand anderen gebissen? Vor langer Zeit? Kürzlich? Warum? Was ist daran so wichtig? So besonders, dass es ein Gedicht eröffnen muss? Und was - vor allem - hätte dieses wannauchimmer vergangene Ereignis eines Beißens zu tun mit der Gegenwart, mit dem Schlafenlegen? Und der Tintenfisch?

Das Gedicht lässt mich unbefriedigt, der Elan scheint ihm zu fehlen. Es ist müde. Ähnlich müde könnte man schreiben:

m

weichgebadet
bette ich
mein kind, gesalbt
mit traumwachs, schläft es einfach
ein

Max

Beitragvon Max » 31.03.2008, 19:37

Der Autor legt mit "q" eines von bislang drei Gedichten vor, deren Titel aus nur einem Buchstaben besteht. Wie auch bei den anderen Gedichten ist dabei ein Zusammenhang zwischen Titel und Inhalt oder Form des Gedichts auf den ersten Blick schwer erkennbar.

Das Gedicht beginnt mit einem kräftigen Auftakt

bissgerändert


legt sich das lyr. Ich schlafen. Assoziationen an einen Tag, ein Erleben, das seine (Biss)-Spuren im lyr. Ich hinterlassen hat, werden wach. Der Grund für dieses "bissgerändert" bleibt in den nächsten Worten zunächst verborgen. Das Gedicht klingt aber mit einem Satz aus:

träumer einfacher
welten


der das "bissgerändert" wohl aufzunehmen weiß: Die Realität beißt das lyr. Ich, weil sie sich weigert, sich den einfachen Vorstellungen anzupassen, die einfachen Wünsche des lyr. Ichs zu erfüllen.
Dazwischen wirft der Autor noch ein

gefärbt
mit tintenfischtinte


und stellt dies als Apposition zum des lyr. Ichs zur Verfügung. Hier scheint mir das Bidl für die wenigen Zeilen zu schnell zu springen. Was bedeutet es, mit Tintenfischtinte gefärbt zu sein? In welcher Beziehung steht dies zu dem bissgerändert und sind Menschen, die mit Tintenfischtinte eingefärbt sind stets

träumer einfacher
welten


Man hätte dem Gedicht ein paar Buchstaben mehr gewünscht - nicht nur im Titel - um den Leser nicht mit schwer auflösbaren Rätseln zurückzulassen.


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