„Dies Bildnis ist bezaubernd schön“

Der Publicus ist die Präsentationsplattform des Salons. Hier können Texte eingestellt werden, bei denen es den Autoren nicht um Textarbeit geht. Entsprechend sind hier besonders Kommentare und Diskussionen erwünscht, die über bloßes Lob oder reine Ablehnungsbekundung hinausgehen. Das Schildern von Leseeindrücken, Aufzeigen von Interpretationsansätzen, kurz Kommentare mit Rezensionscharakter verleihen dem Publicus erst seinen Gehalt
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Elsa
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Beitragvon Elsa » 08.03.2008, 11:59

Mit gerecktem Hals schritt Daphne über den Schulhof, schwenkte energisch ihre rote Plastikhandtasche. Einer der Schüler riss sie ihr immer aus der Hand und rannte davon. Die anderen grölten „Mongo, Mongo!“
„Ich b…bin nicht aus M…Mongolien!“ Daphne stapfte hinterher. „Ich hau dir den Popo kaputt ...“ ihre Stimme erstickte in Tränen.
Vom anderen Ende des Hofs schleuderte der Junge die Tasche in ihre Richtung. Im Dreck blieb sie liegen.
Beim Bücken tropfte Daphne der Rotz aus der Nase. Sie öffnete den goldenen Klippverschluss und linste hinein, seufzte, weil nichts fehlte. Die Taschentücher nicht, die Schokobonbons nicht, das Bettelarmband und der rosa Lippenstift nicht.
Das Armband, ein Taufgeschenk, passte nicht mehr um ihr Handgelenk. Sie zählte die silbernen Anhänger. Katzen, Kleeblätter, Schlüssel und die Herzen, die sie jedes Jahr hinzubekam. „Eins, fünf, zehn, drei, acht ...“ Manchmal geriet sie durcheinander, bei „Zehn“ stopfte sie es zurück, roch am Lippenstift und leckte dran.
Dann lief sie weiter solange ums Viereck, bis die Glocke schrillte.

Ihr Vater wurde wütend, als er von ihrer Zeugung erfuhr.
„Das musst du wegmachen lassen“, sagte er zu Clara, „Du bist über vierzig, und ich bin verheiratet.“
Claras Bauch wuchs, Thomas wurde geschieden und zog ein.
„Thom, sieh nur die süße kleine Nase, wie ein Kätzchen und die schräg gestellten Augen!“, sagte sie entzückt, als Daphne geboren war.

Zwei Jahre später tapste die Kleine neben Clara durch den Supermarkt.
„Niedlich das Püppchen“, sagte die Kassiererin.
Eine Kundin, die nach Clara ihre Einkäufe auf das Laufband legte, meinte nach einem Blick auf Daphne: „Das wird nicht so bleiben ...“
Eine andere seufzte. „Down-Syndrom.“ Ihr Blick in die Runde heischte nach Lob.
Clara nahm Daphne auf den Arm. Beim Hinausgehen hörte sie: „Sowas ist eine Strafe Gottes.“
Clara fing an Daphne zu beobachten. Merkte man ihr das Gen zuviel so deutlich an? Sie konnte keinen Unterschied zu anderen Kindern feststellen.
Lange Jahre hatte sie sich ein Kind gewünscht und jetzt sollte sie aus Angst vor den Leuten nicht mehr auf die Straße? Clara schüttelte den Kopf darüber, umarmte Daphne. Sie war stolz.
Als sie Thomas an ihren Gedanken teilhaben ließ, zwischen Tür und Angel – er verbrachte die meiste Zeit mit arbeiten, sagte er: „Ich habe dich angefleht.“
Er zog sich noch mehr zurück. Schließlich fing er ein Verhältnis mit seiner geschiedenen Frau an, übernachtete auswärts. Clara stellte verblüfft fest, dass es ihr nichts ausmachte.
Sie schleppte Daphne überallhin mit. Äußerte jemand, wie bedauernswert ihr Schicksal sei, sagte sie: „Ich bin überglücklich mit meiner Tochter, sie hat einen starken Charakter.“
Daphnes sechsten Geburtstag feierten sie allein; Thomas hatte angerufen und gesagt, er würde bei seiner ersten Frau bleiben, aber natürlich Unterhalt für das Kind bezahlen.
„B...blablabla!“ Daphne lachte Clara an, die ihr die Karte und das Kuvert aus der Hand nahm und vorlas: „Liebe Daphne, Glück und Segen auf all deinen Wegen. Ich lade dich in die Oper ein zur Zauberflöte. Deine Mama.“
Daphne klatschte in die Hände und blies alle Kerzen auf der Schokoladetorte aus. Sie zerbiss das rosa Seidenband des zweiten Geschenkes. Die Puppe mit blonden Locken sah sie kurz an, ehe sie sie in die Ecke schmiss.

Zwei Tage später saß Daphne mucksmäuschenstill auf zwei Telefonbüchern. Mit aufgerissenem Mund verfolgte sie das Geschehen auf der Bühne. Clara lächelte. Als der letzte Vorhang fiel, hopste Daphne vom Stuhl, fasste nach der Hand ihrer Mutter und zog sie hinaus. Auf dem Heimweg summte sie eine Weile. Plötzlich sang sie: „Strahlen der Sonne vertreiben die Nacht, zernichten Heuchler Macht.“
Clara trat auf die Bremse, drehte sich um. „Was hast du gesagt?“
Daphnes Augen glänzten. Sie wiederholte den Vers Sarastros aus der letzten Szene.

Clara tauschte die Puppe gegen einen Kassettenrekorder um und kaufte die Zauberflöte. Täglich hörte Daphne vor dem Schlafengehen ihre Lieblingsarien und sang sie begeistert und ganz ohne zu Stottern nach.

Ein paar Jahre später tauchte Daphne spät abends im Nachthemd im Wohnzimmer auf. Clara hatte ein paar Freunde, die ihr treu geblieben waren, eingeladen.
„M...Mama G...Geb...burtstag.“
Jemand lachte, was ihm einen scharfen Blick Claras einbrachte.
„Daphne weiß Geschenk“, sagte Daphne und stellte sich vor dem Fenster in Pose. „Pa-Pa-Pa-Papagena!“, begann sie zu schmettern.
Um den Wechsel zwischen Papageno und Papagena spielen zu können, trieb Daphne ihren gedrungenen Körper unerbittlich in Claras Wohnzimmer von einem Ende zum anderen. „Pa-pa-pa-pa-geno“, sang sie beim Kamin und dann vom Fenster her: „Pa-pa-pa-pa-gena.“
Hochrot, mit leuchtenden Augen hinter den Brillengläsern verbeugte sie sich. Clara weinte vor Freude und alle klatschten.
Danach stopfte Daphne Schokoladekuchen in den Mund, die Gäste schauten weg.

„Wir müssen einen Büstenhalter für dich kaufen, Liebling, du wirst langsam erwachsen.“
Daphne patschte auf ihre Rundungen und hüpfte auf und ab.
In der Wäscheabteilung stürzte sie sich mit einem Schrei der Begeisterung auf einen roten Satin-BH.
Die Verkäuferin entwand ihn Daphnes Händen. „Ein Einzelstück. Falsche Größe.“
„Was hältst du von diesem da?“ Clara zeigte auf einen hellblauen.
„Nein. Den da!“ Mit einem Ausfallschritt riss Daphne das rote Teil wieder an sich und zog sich hinter einen der Drehständer zurück.
„Gib her, der passt nicht, sagt die Dame.“
Daphne schnaufte und zog eine wütende Grimasse. Als Clara auf sie zuging, wich sie aus und stieß eine Figurine im grünen Negligé um, schrie: „Will aber!“ Sie stürmte davon, Clara hinterher. „Hör auf damit, du machst doch alles kaputt!“
Aber Daphne kippte drei Drehständer mit Dessous um und tobte weiter. „Ich will rot haben, rot, rot!“
Erst als Clara mit hängenden Armen stehen blieb, hielt Daphne an und streckte den Verkäuferinnen die Zunge heraus. „Rot!“
Clara drückte einer der Damen einen großen Geldschein in die Hand und verließ mit Daphne und einem zu großen, roten Büstenhalter den Laden.

Eine Tante lud am kommenden Wochenende zu ihrem achtzigsten Geburtstag ein. Daphne präsentierte den roten BH, dann sang sie eine Arie aus dem Fliegenden Holländer. Die Familie saß dicht gedrängt um die Kaffeetafel, Clara und Daphne teilten sich einen Stuhl. Mitten in der angeregten Unterhaltung seufzte Daphne laut auf. Mit verklärtem Gesichtsausdruck rieb sie ihr Geschlecht an der Stuhlkante. Sie stöhnte auf dem Höhepunkt, zuckte und sank entspannt in sich zusammen.
„Gut“, sagte sie und griff nach einem Stück Torte.
Einige hüstelten. Clara sagte: „Wir müssen gehen, mein Engel.“

In der Beratungsstelle für Eltern mit behinderten Kinder sagte man Clara: „Menschen wie Daphne haben eine starke Libido, ohne zu begreifen ...“
Clara nahm es hin und verkehrte nur noch mit Verwandten und Freunden, die ihre Tochter akzeptierten, wie sie eben war.

Eines Tages war das Bettelarmband aus der Handtasche verschwunden, nachdem Daphne sie zurückerobert hatte. Der Junge, der trotz aller Ermahnungen nicht genug davon bekommen konnte, sie zu ärgern, schrie: „Mongo! Mongo!“
Als Daphne den Diebstahl bemerkte, warf sie sich auf den Asphalt, wälzte sich und brüllte wie am Spieß. Sie keuchte wie unter Schock bis sie schließlich das Bewusstsein verlor. Der Rettungswagen brachte sie in die Klinik.

Die Schulleitung entschied, dass Daphne besser in einer Sonderschule aufgehoben wäre.
Clara begann wieder zu arbeiten. Halbtags in einem Steuerberatungsbüro. Einer der Klienten machte ihr den Hof.
„M...M...Matthias“, sagte Daphne, als er bei ihnen einzog. Er unterstützte Clara, indem er ihre Tochter von der Schule abholte, wenn sie länger im Büro zu tun hatte.
„Ich kann mir meine Zeit als Selbständiger gut einteilen“, meinte Matthias. Er besaß Seminarräume, die er für esoterische Kurse vermietete.
Er war begeistert von Daphne und zeigte ihr, wie sie auch ohne Sesselkante Lusterfüllung bekommen konnte. Während sie auf dem Bett im Kinderzimmer die Beine spreizte und masturbierte, saß er auf dem Kinderschaukelstuhl und rieb sich. Daphne lachte.
„Springbrunnen“, sagte sie zu seinem ejakulierenden Glied.
Nachher fütterte er sie mit Schokoladekuchen, wischte ihr den Mund ab.
Eines Tages kam Clara früher von der Arbeit und hörte Matthias aus dem Kinderzimmer stöhnen. Sie riss ihn an den Haaren, schlug auf ihn ein.
„Hau ab oder ich zeige dich an“, sagte sie, bemüht, nicht zu schreien, um ihr Kind nicht zu erschrecken.
Matthias packte hastig ein paar Sachen und war innerhalb einer Stunde verschwunden.
Clara sah nach Daphne. Sie hockte auf dem Bett, die Kopfhörer auf und hörte die Zauberflöte.

Als sie mit vierzehn die Sonderschule beendet hatte und tagsüber eine Behindertenwerkstätte besuchte, rief Matthias immer noch an.
„Ich will nichts mehr besprechen mit dir, sei froh, dass du so davon gekommen bist, Matthias“, sagte Clara, wenn er sie anflehte, ihm zu vergeben.
„Ich kann so nicht leben, weiß ja nicht einmal, was in mich gefahren war ...“
„Pech“, sagte Clara und legte auf.
Daphne hatte alle paar Tage einen anderen Freund.
„Sch...schau!“ Sie zupfte das Bild des Favoriten aus der roten Plastikhandtasche, ging von Tisch zu Tisch und hielt es jedem unter die Nase.
„Gut“, sagten die Kollegen und unterbrachen ihre Arbeit, um es sich anzusehen.
Zuhause blätterte sie die Illustrierten durch, die Clara aus dem Wartezimmer des Steuerberaters mitnahm. Gefiel ihr ein Foto, riss Daphne es heraus, stammelte: „Sch...schön.“
Sie drückte das Blatt an ihre Brust, nahm es mit in die Werkstätte und wenn es abgewetzt und eingerissen war, suchte sie sich ein Neues aus.

„Ich bin verlobt“, stieß Daphne eines Tages hervor und klopfte aufgeregt mit dem Zeigefinger auf den Auserwählten der Woche. Clara setzte die Lesebrille auf. Schräg stehende Augen, ein liebevolles Lächeln strahlten sie an.
Diesmal riss Daphne die Seite nicht heraus, sie nahm eine Bastelschere. Die Zunge zwischen den Zähnen konzentrierte sie sich auf das Ausschneiden.
„Soll ich dir helfen, Daphne?“
„Nein! Allein machen!“
Clara ging in die Küche, um Abendbrot vorzubreiten. Vor Schreck ließ sie einen Teller fallen, als Daphne plötzlich wie ein Stier aufbrüllte.
Mit verzerrtem Gesicht trampelte Daphne auf der Zeitschrift herum. „Blöde Schere!“, heulte sie und warf sie nach ihrer Mutter, die zur Seite sprang. Beide fingen an zu weinen.
Clara breitete die Arme aus. „Komm her, mein Kind, komm zur Mama.“
Mit gesenktem Kopf trottete ihre Tochter auf sie zu.
Später saßen sie auf dem Sofa. Daphne knetete ihre Hände rot, den Kopf an Claras Schulter gelehnt. „Mein Verlobter ...“
„Gleich Morgen kaufen wir einen neuen Stern. Und dann machen wir es zusammen. Und du bekommst einen Bilderrahmen, damit du deinen Verlobten aufstellen kannst.“
Daphne Nase rieb an ihrer Schulter. „Ja, Mama“, sagte sie. Sie ließ sich ins Bett bringen, Clara schob sie an der zerfledderten Zeitschrift vorbei.

Daphne durfte die Seite festhalten und Clara führte die Schere. Sie klebte das Bild sorgfältig auf Karton, schob es in den Rahmen aus Plexiglas.

„Jetzt setz dich bitte hin und arbeite wie die anderen“, wurde Daphne ermahnt. Mit eingezogenem Kopf schlurfte sie zu ihrem Platz und schimpfte: „B...blöder Hund!“
Sie blinzelte trübe in den Saal, wetzte auf dem Stuhl herum, beobachtete ihre Tischnachbarin, die ein Lampenschirmdrahtgestell mit Bast umwickelte. Ihr eigenes Werkstück, das wie ein Klumpen Fäden aussah, flog quer durch den Saal.
Sie holte den Dalai Lama aus ihrer Tasche und weinte.
Georg, der Werkstättenleiter, bat Daphnes Mutter zu einem Gespräch.
„Sie ist eben keine Handarbeiterin, sie hat andere Talente“, sagte Clara.
„Das ist schon richtig. Aber die Plätze bei uns sind sehr gesucht und ich kann keinen hier behalten, der sich nicht bemüht.“
„Aber sie ist doch ... das tut sie doch!“, sagte Clara.
Daphne drückte ihre Nase an der Fensterausnehmung in der Tür platt. Sie klopfte an die Scheibe und hielt das Bild des Dalai Lama hoch. „Mein Verlobter will ich hier bin!“
Clara winkte ihr zu. „Ich habe eine Idee“, sagte sie, „meine Tochter singt wunderschön Opernarien. Können Sie sie nicht zur Stimmungsmacherin ernennen? Das geht die Arbeit leichter von der Hand.“
Georg schüttelte den Kopf, aber er willigte ein.

Am nächsten Morgen, als Clara Daphne ablieferte, schlich sie mit schmalen Lippen zu ihrem Platz.
„Daphne, du musst das nicht mehr machen. Weißt du was?“, sagte Georg, während sie ihn anblinzelte, „Ab heute singst du für uns, damit wir mehr Spaß bei der Arbeit haben. Bist du einverstanden?“
Daphne stand langsam auf, sie lachte. Sie schritt durch den Raum an den Tischen vorbei und gab eine Arie nach der anderen zum Besten. Bei Applaus verbeugte sie sich, klatschte niemand, applaudierte sie sich selbst.

Matthias wartete eines Tages vor dem Haus, als Clara zur Arbeit ging.
„Ich möchte, dass du mir verzeihst. Bitte.“
Sofort hatte sie die Szene vor Augen. „Geh. Ich kann nichts tun für dich.“ Sie ließ ihn stehen.

Als Clara in den vorzeitigen Ruhestand ging – die Behindertenwertstätte hieß neuerdings Geschützte Werkstätte und Menschen mit Down-Syndrom wurden nicht mehr als mongoloid bezeichnet – bot sie ehrenamtliche Hilfe an, um ihrer Tochter nahe zu sein.
Georg war gern mit Clara zusammen. Sie half ihm fast täglich für ein paar Stunden in der Betreuung, teilte das Mittagessen aus.
Ihre Hände berührten sich bei einem der Teller. Clara blickte auf und lächelte Georg an. „Sagen musst schon du etwas als Mann.“
Er räusperte sich.
Sie drückte seine Hand. „Morgen Abend bei uns zum Essen?“

Daphne hatte ein ausgesprochen dramatisches Talent und Georg zerbrach sich den Kopf, ob man sie fördern könnte. Ihm gefiel, wie frei von allen Zwängen sie war, sich spontan engagierte, wenn jemand in der Gruppe bockte oder traurig war, er hatte sie gern.
Eines Abends lief im Fernsehen ein Beitrag über eine Opernschüleraufführung. Der Deutschlehrer sagte, sie hätten die Oper gekürzt, damit sie spielbar würde. In den nächsten Wochen suchten Clara und Georg im Wechsel Sponsoren, sprachen mit Banken, Kulturausschüssen der Parteien und karitativen Vereinigungen. Clara und Georg strichen die Zauberflöte zu einer einfachen Fassung zusammen und übten mit den Mitwirkenden die Rollen ein. Die Proben dauerten ein dreiviertel Jahr.

Mit roten Wangen starrte Daphne Georg an. Als er ihr das Zeichen gab, stapfte sie auf die Bühne.
Den Dalai Lama an die Brust gepresst, sang sie: „Zu Hilfe! Zu Hilfe! Sonst verloren, listige Schlange Opfer koren. Barmherzige Götter! Schon nahet sich; Ach rettet mich! Ach schützet mich!“

Die Presse lobte die Arbeit als beachtlich. Während eines Fernsehinterviews hielt Daphne das Foto in die Kamera und ihr Lachen war wie das des Dalai Lama. „M... Mein Verlobter. W... Wie gefällt dir m... mein Lippenstift?“, fragte sie und zeigte auf das Rosa. Die Journalistin drehte sich hilfesuchend um.
„Sag doch, wie gefällt er dir?“ Als Daphne keine Antwort bekam, winkte sie in die Kamera und ging aus dem Studio.

Bei der letzten Aufführung saß Matthias in der ersten Reihe.
„In heiligen Hallen kennt die Rache nicht, und ein Mensch gefallen, führt Liebe ihn zur Pflicht“, sang Daphne.
In diesem Augenblick erhob sich Matthias. In einen bodenlangen hellen Samtmantel gehüllt, nickte sie ihm zu, während sie weiter sang: „In heiligen Mauern, wo Mensch Menschen liebt, kann kein Verräter lauern, man dem Feind vergibt ...“
Sie beendete Sarastros Arie am Bühnenrand. „Wen solche Lehren nicht erfreu'n, verdienet nicht Mensch sein.“

Daphne aß kein Fleisch mehr, Clara und Georg beobachteten sie. Jedem blickte sie aufmerksam in die Augen. Sie machte keinen Unterschied, ob es ein Mensch war oder ein Tier.
„Als würde sie einem ins Herz hineinschauen“, sagten sie, ohne es besser beschreiben zu können.
Sie war Ende zwanzig, ihre Regel blieb aus. Noch immer sang sie Arien zur Unterhaltung in der Werkstätte, dazwischen ging sie hinaus in den Hof und setzte sich auf den Rasenfleck, legte das Foto neben sich ins Gras.
Wenn Georg zu ihnen nach Hause kam, nahm Daphne das ohne Einwand zur Kenntnis. Einmal beim Frühstück sagte sie: „Du kannst bleiben. Bist nett.“ Sie ging auf den Balkon hinaus und schaute in den Himmel.
Als Georg das nächste Mal kam, zog er ein Päckchen aus der Tasche des Sakkos. „Für dich, Daphne.“
Sie lachte ihn an, packte die Sonnenbrille aus und setzte sie auf. Sie legte sich der Länge nach auf den Boden des Balkons, verschränkte die Arme und starrte stundenlang in die Wolken.
Georg fragte Clara, ob sie seine Frau werden möchte.
„Ja“, sagte sie.
Georg war zehn Jahre jünger als sie, die auf die siebzig zuging. Er versprach ihr, sich eines Tages um Daphne zu kümmern.

Nach Claras Tod sorgte Georg dafür, dass Daphne eine Gewöhnungszeit blieb, sich auf ein Leben im Heim einzustellen. Als er selbst pflegebedürftig wurde, brachte er sie dorthin. Belegschaft und Bewohner versammelten sich zu ihrem Empfang im Gemeinschaftsraum. Sie hatten Papiergirlanden aufgehängt und es gab Schokoladekuchen.

Hoch in den Siebzigern legte sie sich ins Bett und stand nicht mehr auf. Einmal noch bekam sie einen Wutanfall. Die Krankenschwester hatte versehentlich das Bild ihres Verlobten vom Nachtkästchen gestoßen.
Eine anhaltende Lungenentzündung schwächte Daphne. Trotz Dekubitus begrüßte sie lächelnd jeden, der an ihr Bett trat, deutete mit zitternder Hand, dann nur mehr mit den Augen auf den Dalai Lama.

Die Werkstätte und das Heim sammelten für einen besonderen Grabstein, in dem ein Porträt von Dalai Lama eingelassen war. Darunter die Worte: „Wenn Leute lachen, sind sie fähig zu denken ...“

©ELsa Rieger
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ferdi
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Beitragvon ferdi » 08.03.2008, 23:46

Hallo!

Ich muss leider sagen, dass es dieserText nicht geschafft hat, mich zu erreichen. Woran genau das liegt, weiß ich auch nicht...

Vielleicht an diesem strengen Aufzählungsstil, der ein Ereignis nach dem anderen abhandelt, vielleicht auch an der etwas stereotypen Darstellung. Mit "Matthias" etwa komme ich nicht wirklich klar. Weder kann ich erkennen, warum er eingeführt wird, noch, warum er der Geschichte dann so lange erhalten bleibt. Seine Verfehlung ist eine der Stellen, wo der Text mir zu schematisch wirkt (Ein gutes zeichen dafür ist das "Nicht das auch noch", das zumindest mir dann immer durch den Kopf schießt).

Vielleicht liegt es aber auch an zahlreichen Kleinigkeiten, die ich als unstimmig empfinde. Am Anfang etwa:

Einer der Schüler riss sie ihr immer aus der Hand...

Das liest sich im ersten Moment so, als ob der Schüler in der aktuellen Situation immer wieder die Handtasche an sich risse; aber eigentlich ist es doch keine aktuelle, sondern eine allgemeine Aussage, oder? Etwas weiter:

Dann lief sie weiter solange ums Viereck, bis die Glocke schrillte.

Mit dem "weiter solange" komme ich nicht klar. "Weiter" würde voraussetzen, dass Daphne vorher schon "ums Viereck lief"; dann hätte ich aber erwartet, dass der Leser das schon erfahren hätte. "Solange" würde gehen, aber nicht in Verknüpfung mit "weiter" - jedenfalls nicht meinem Sprachverständnis nach ;-)

Noch ein Punkt zu dieser Stelle: Schrillen Glocken?! Für mich eine zumindest seltsame Vorstellung.

Dann gibt es so Punkte wie:

Merkte man ihr das Gen zuviel so deutlich an?

Weiß Clara wirklich nicht, dass es nicht ein Gen, sondern ein Chromosom zuviel ist? Ist sie so schlecht informiert? Oder soll angedeutet werden, dass ihr die Details egal sind? Auch hier macht es mir die Geschichte schwer, in sie hineinzugelangen statt immer zweifelnd neben ihr stehen zu müssen.

Und da es so weiter geht, stand am Ende der Lektüre der Eindruck, den ich am Anfang dieser Bemerkungen formuliert habe...

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Gast

Beitragvon Gast » 09.03.2008, 00:01

Höhen und Tiefen mit Behinderung

Die Geschichte über eine Frau mit Down-Syndrom, das empfand ich zunächst als sehr spannend, ist es doch eher selten, will mir scheinen, dass sich die Medien dem Schicksal eines weiblichen, an Trisonomie 21 erkrankten Menschen widmen.
Ich finde es ist der Autorin gelungen in vielen Szenen das Besondere im Leben ihrer Protagonistin herauszuarbeiten.

Aber eben nicht durchgängig und so werden hier allzu viele Klischees bemüht und die Grenze zur Trivialität, trotz guter Erzähltechnik, dann auch leider verschiedentlich überschritten.

Übertrieben hat die Autorin, ich fürchte da sind ihr die Pferde durchgegangen, damit dass Daphne in einer Aufführung der Zauberflöte, die Rolle der Königin der Nacht (Koloratursopran) und auch die Basspartie des Sarasto übernimmt. Das ist ein ziemlicher „Schönheitsfehler“, der leider an der Glaubwürdigkeit erhebliche Zweifel aufkommen lässt.

Vielleicht hätten es nicht gerade diese doch schweren Partien sein müssen, die Daphne übernimmt, sang sie doch an anderer Stelle sehr liebenswert im häuslichen Rahmen, die Partien der Papagena und des Papageno, die besser zu bewältigen sind und m. M. nach einfach besser passen.

Was mir persönlich nicht gefällt, ist die gestraffte Form dieser Erzählung, zum Ende hin.
Wegen dieses Ungleichgewichtes empfinde ich diesen Text als unfertig. Einzelne Episoden in den ersten zwei Dritteln des Textes werden anschaulich und mit großer Sorgfalt ausgeführt, ein großer Lebensabschnitt jedoch im letzten Drittel in aller Kürze auf ein Minimum reduziert abgehandelt.
Das ist sicher nicht sonderlich geschickt.
Zuletzt geändert von Gast am 09.03.2008, 01:05, insgesamt 2-mal geändert.

Gast

Beitragvon Gast » 09.03.2008, 00:19

Lieber aram,

ich habe schon verstanden, dass du nur den ersten Satz gelesen hast, und dass sich deine Leselust, nach dem Lesen dieses verflüchtigt hat.

Eben weil du nur diesen einen Satz gelesen hast finde ich es unpassend dieses auszuführen:

aram hat geschrieben:ich denke, alle publizierenden autoren wissen ein lied davon zu singen, dass kritiker und kommentatoren nicht immer wohlwollend schreiben. damit sollte man glaube ich leben können, wenn man publiziert. und deshalb steht mein kommentar auch im publicus und nicht irgendwo anders.


Meinst du, dass ein Kritiker ernstgenommen wird, der den ersten Satz eines von ihm zu rezensierenden Textes liest und dann schreibt, weiter bin ich nicht gekommen, da ging mir die Lust aus?

Auf mich wirkt es wichtigtuerisch und auch die Schützenhilfe, die du beispielsweise von leonie erhältst, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass so etwas unangemessen ist und dem Autor keineswegs hilft.
Schweigen ist manchmal das bessere Gold.

Eine gute Nacht
Gerda

Niko

Beitragvon Niko » 09.03.2008, 00:25

TRISOMIE 21

das 21 chromosom ist dreifach vorhanden, bei menschen, die am down - syndrom erkrankt sind.

ich finde die geschichte vom aufbau her nicht schlecht. aber vor allem der punkt mit dem "gen", der schon angesprochen wurde. down-syndrom kinder stottern meiner kenntnis nach auch nicht zwingend und sind in der lage, komplette sätze zu sprechen. der wortschatz ist dabei "unterentwickelt", da ein mongloider mensch geistig auf dem Stand eines Kindes stehenbleibt. - sollte ich falsch liegen, bitte ich um korrektur.
die reaktion aus dem kaufhaus (lob heischend und "Strafe gottes") kann ich nicht nachvollziehen. dies halte ich selbst auf einem hinterwäldlerischen dorf für längst nicht mehr zeitentsprechend.
„Mein Verlobter will ich hier bin!“ da fehlt was? ein komma und ein "dass"?

lieben gruß: Niko

Niko

Beitragvon Niko » 09.03.2008, 00:31

TRISOMIE 21

das 21 chromosom ist dreifach vorhanden, bei menschen, die am down - syndrom erkrankt sind.

ich finde die geschichte vom aufbau her nicht schlecht. aber vor allem der punkt mit dem "gen", der schon angesprochen wurde. down-syndrom kinder stottern meiner kenntnis nach auch nicht zwingend und sind in der lage, komplette sätze zu sprechen. der wortschatz ist dabei "unterentwickelt", da ein mongloider mensch geistig auf dem Stand eines Kindes stehenbleibt. - sollte ich falsch liegen, bitte ich um korrektur.
die reaktion aus dem kaufhaus (lob heischend und "Strafe gottes") kann ich nicht nachvollziehen. dies halte ich selbst auf einem hinterwäldlerischen dorf für längst nicht mehr zeitentsprechend.
„Mein Verlobter will ich hier bin!“ da fehlt was? ein komma und ein "dass"?
die darstellung des an trisomie 21 erkrankten kindes ist mir darüber hinaus zu sehr dementsprechend, was man so allgemein weiß von einem solchen menschen. schon an der klischee-grenze.
lieben gruß: Niko

Mucki
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Beitragvon Mucki » 09.03.2008, 01:14

Ein ganzes Leben ist zuviel

Die Geschichte ist flüssig geschrieben, jedoch m.E. zu detailverliebt und beschreibt in Zeitraffer ein ganzes Leben eines Menschen mit Down-Syndrom. Dies ist meiner Meinung nach gar nicht möglich. Dafür müsste so eine Geschichte wesentlich länger sein. So kommen mir die vielen Details insgesamt zu aneindergequetscht vor. Weniger wäre hier mehr. Den Passus mit dem roten Büstenhalter sowie der mit Matthias z.B. könnte entfallen. Auch, dass Matthias immer wieder auftritt, halte ich für entbehrlich.
Kürzere, fragmentarische Einblicke fände ich besser. Die Szene auf dem Schulhof finde ich gelungen, Kinder verhalten sich grausam.
Auch das Klammern der Mutter ist für mich glaubhaft. Der Konflikt der Mutter kommt gut heraus. In der Geschichte werden m.E. zu viele Adjektive verwendet. Auch hier wäre weniger mehr.
Unglaubwürdig wiederum ist für mich, dass die Mutter keinen Unterschied zu anderen Kindern sieht und erst beginnt, ihre Tochter genau zu beobachten, als sie bereits 2 Jahre alt ist, und auch, dass sie Gen sagt, statt Chromosom. Es ist wohl eher so, dass sie den Unterschied zu anderen Kindern nicht wahrhaben will.
Dass die Mutter so entzückt ihre Tochter beschreibt nach der Geburt, ist mir ein bisschen zu dick aufgetragen. Es fehlen in der Geschichte, Muttergefühle hin oder her, die Momente, in denen die Mutter auch innerlich verzweifelt, hadert, weil ihr Kind behindert ist.
Das Hin und Her mit dem Ehemann, dann Ex-Ehemann, der wieder zu seiner Ex zurückkehrt, ist m.E. überflüssig, es bläht die Story unnötig auf. Kleine, prägnante Momente aus dem Leben Daphnes wären mir hier lieber, aber eben kleine, nicht solche großen wie die Bühnenauftritte. Ist zu viel. Interessanter fände ich, wenn die Mutter ein Talent an ihrer Tochter entdeckt, das aber nicht gleich so enorm ist, sondern eben für ein Kind mit Down-Syndrom eine Leistung bedeutet. Statt Arien zu singen, könnte sie z.B. ein Musikinstrument sehr schön spielen.
Die Mutter hält zu ihrer Tochter, egal, was passiert oder gesagt wird, das ist absolut glaubwürdig.
Sehr gut gefallen mir die Details von Daphnes Verhalten in einzelnen Szenen, z.B., als sie die Puppe mit den blonden Locken nur kurz ansieht und in die Ecke schmeißt. Auch wie Daphne ihre verstärkte Libido ausdrückt, dieser peinliche Moment bei der Kaffeetafel, ist so ein Detail, wobei ich mich hier jedoch frage, wieso die Mutter dies nicht schon vorher weiß. Sie muss doch umfassend informiert sein über das Verhalten von Kindern mit diesem Syndrom.
Es geht für mich nicht klar hervor, wieso Daphne plötzlich dieses Dalai-Lama-Bild immer mit sich herumträgt und als ihren Verlobten deklariert. Hier ist mir der Sprung zu groß.
Die zweite Ehe von Clara, mit Georg, dann ihr Tod, ist eine weitere, zweite ganze Geschichte. Dabei ist die eine von Daphne schon zu kurz (siehe oben). Sie geht bis zu ihrem Tod. Das kann nicht gutgehen, wenn man eine Kurzgeschichte schreibt. Dafür braucht man sehr viel mehr Raum (einen ganzen Roman).
Schließlich frage ich mich, welchen Kontext der Titel zur Geschichte hat.
Fazit: Zu viel und zu eng erzählt in zu wenig Raum. Und Raum braucht diese Geschichte unbedingt.

aram
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Beitragvon aram » 09.03.2008, 01:48

Gerda hat geschrieben:(...) dem Autor keineswegs hilft. Schweigen ist manchmal das bessere Gold.

danke gleichfalls, liebe gerda, deine sonstige argumentation dreht sich im kreis; ich habe dazu bereits gesagt was ich sagen wollte und werde den faden nicht weiter zerpflücken.
in den drei stunden seit meiner anmerkung wurden übrigens sieben unabhängige rezensionen zu diesem text verfasst, bis dahin waren es null - ich glaube, dass die autorin davon etwas hat.

wonigo

Beitragvon wonigo » 09.03.2008, 03:02

Hi, Aram, endlich kommt es heraus: Du wolltest nur provozieren, damit mehr Rezensionen kommen. Da kann sich Elsa aber freuen!

Eigenartig, dass zu fast gleicher Zeit zwei Texte zu Trisomie 21 im Publicus stehen. Zu Tr. 21 meine erste Bemerkung: Es gibt bei dieser Behinderung kein "das ist so und so". Die geistigen, sprachlichen, künstlerischen und sonstigen Fähigkeiten und Unfähigkeiten sind so weit gestreut, jeder "Fall" ist anders und man staunt immer wieder, was bei diesem oder jenem Menschen plötzlich zum Vorschein kommt. Genau so gibt es große Enttäuschung, wenn ein bestimmtes Können auf einmal nicht mehr vorhanden ist. Vermutlich hängt das mit der jeweiligen "Lust" auf etwas zusammen. Wenn keine Lust zum Singen mehr da ist, verkümmert die Fähigkeit dazu (sehr vereinfacht).
Ergo: Welche Fähigkeiten der Autor seinem Protagonisten zubilligt und welche nicht, kann allein nur der Autor entscheiden. Das kann sich im Laufe einer Erzählung sogar mehrfach ändern. Aber das sollte beiläufig oder mit Staunen präsentiert werden, darf aber nicht zu sehr überladen sein. Elsas Daphne kann also durchaus eine wunderbare Stimme haben und sehr gerne singen, aber die Autorin sollte sich klar sein, in welcher Stimmlage... Halt, dazu ist schon gesagt worden.

Ich merke, meine Konzentration lässt nach, ich versuchs morgen noch einmal

Bis dahin, ihr Streithähne und Zickenhühner - habe viel Spaß mit euch!
Wolfgang
Zuletzt geändert von wonigo am 09.03.2008, 10:54, insgesamt 1-mal geändert.

Sam

Beitragvon Sam » 09.03.2008, 06:29

Hallo Zusammen,

ich habe die Geschichte und auch die Kommentare noch nicht gelesen, das kommt später. Zu arams Kommentar möchte ich nur sagen, dass in meiner Vorstellung von einem Literaturforum genau diese Aussagen auch ihren Platz haben müssen. Es ist für den Autor eine wichtiges (wenn auch unangenehmes) Feedback. Aber es ist eine Lesermeinung!! Und arams Bezugnahme auf die Literaturwirklichkeit, in der auch Bücher vor laufender Kamera in die Mülltone geworfen werden, um eine Beurteilung optisch zu unterstützen, ist ebenfalls passend. So ist es nun einmal, und wenn man den publicus als Simulation der Wirklichkeit verstehen will, dann gehören solche klaren "Ablehnungen" eines Textes dazu.
Und noch in einer anderen Sache stimme ich aram zu: Widerspruch erzeugt Widerspruch. Seine Aussage hat niemanden geschadet (wenn, dann ihm selbst, weil jetzt vielleicht einige etwas sauer auf ihn sind). Dem Text hat er doch nur genutzt. Er gehört bestimmt schon jetzt zu denen im Publicus, die am meisten und am aufmerksamsten gelesen wurden. Was will man mehr?

Sam

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 09.03.2008, 08:55

Hallo Sam!

Ich habe die Geschichte und den Text schon gelesen und kann jetzt in Ruhe etwas über das Kommentierverhalten sagen (Scheint mir die richtige Reihenfolge ;-)).

Was ich mehr will? Na wenn du so direkt fragst: Ich möchte, dass du meinen Kommentar zum Text nicht von Arams (Schein-Kommentar) abhängig machst, nur weil das deiner Argumentation nutzt. Ich war zu Hause, es war Samstag Abend, ich hatte zum ersten Mal seit ein paar Tagen wieder Zeit, auch einen längeren Text zu lesen - und habe darum auch einen Kommebtar dagelassen. Mit Arams wenig hilfreicher (um es milde zu sagen) "Lesermeinung" hat das wenig zu tun. Das kannst du natürlich nicht wissen - aber einfach für deine Zwecke vereinnahmen darfst du mich auch nicht!

Außerdem will ich nicht, dass einen Text in Hühnerblut zu tauchen und dem Pfarrer vor den Hintern zu tackern als eine legale Möglichkeit akzeptiert wird, Aufmerksamkeit zu erregen.

Und weiter: Wenn ich jeden Tag in der Bahn sehe, was in der "Bahnwirklichkeit" für Umgangsformen als angemessen angesehen werden - muss ich darum dort diese Umgangsformen an den Tag legen? Nein. Natürlich nein! Alsdann, streiche "Bahn", setze "Literatur"! Die Aussage bleibt dabei dieselbe.

Schließlich: Auch ich bin der Meinung, man sollte wissen, wann es besser ist, einfach die Klappe zu halten. Aram sich hat meiner Meinung nach in dieser Situation fasch entschieden. Aber andererseits, so wichtig ist das nun auch wieder nicht....

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Sam

Beitragvon Sam » 09.03.2008, 09:24

Hallo Ferdi,

(mit Kommentaren meinte ich die Rezensionen. Die Diksussion um arams Kommentar habe ich durchaus gelesen, sonst könnte ich ja schlecht was dazu sagen, oder? ;-) )

Ich möchte, dass du meinen Kommentar zum Text nicht von Arams (Schein-Kommentar) abhängig machst, nur weil das deiner Argumentation nutzt.

Natürlich kann man keinen einzelnen Kommentar von denen hier jetzt von arams Eingangskommentar abhängig machen. Generell ist aber so, dass eine eindeutige Meinung, gerade wenn sie sehr direkt formuliert ist, zum Widerspruch einlädt.

Ich glaube nicht, dass wir uns noch in diesem Leben darüber einig sein werden, wie man kommentiert sollte, und was "erlaubtt" sein sollte und was nicht. Das müssen wir auch nicht. Aber, wir können uns doch gegenseitig tollerieren. Schau dir doch mal an, wieviel Prozent von den hier im Salon abgegeben Kommentaren sind so wie der von aram? Nur ein kleiner Bruchteil. Ich persönlich finde eine andere, wesentlich weiter verbreitete Art des Kommentierens viel schlimmer. Nämlich die des schnellen Feedbacks, am besten innerhalb einer halben Stunde und noch dazu mit einem Verbesserungsvorschlag versehen. Ich finde es ganz persönlich eine Unverschämtheit, über einen Text zu urteilen und ihn auch noch zu verbessern, wenn man noch nicht mal eine Stunde Zeit hatte, darüber nachzudenken. Aber gut, es gibt dieses Kommentierverhalten hier und ich (muss) es tolerieren. Ebenso aber kann man doch diejenigen tolerieren, die eine eindeutige, wenn auch negative Meinung haben und muss sie nicht immer gleich zusammenpfeifen.

Darum geht es mir Ferdi. Es sollen doch nicht alle geifernde Reich Ranitzkis werden in einem Forum. Aber wenn mal einer dazwischen ist, schadet es nichts.

Liebe Grüße

Sam

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 09.03.2008, 09:50

Sam, was du meinst, ist also im Kern folgendes:

Eine Gruppe von Menschen mit einem Knüppel und dem Willen, ihn zu benutzen, sagt zu einer Gruppe von Menschen, die keinen Knüppel hat, weil sie derlei Gerätschaft für wenig hilfreich hält: "Wenn ihr toleriert, dass wir euch ab und an eins mit dem Knüppel überziehen, tolerieren wir auch, dass ihr uns dauerhaft keinen mit dem Knüppel überzieht - so sollte es in einer Gemeinschaft vernünftiger Menschen sein." :eek:

Ich fürchte, da werden wir uns tatsächlich nicht einig....

Ferdigruß.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Gast

Beitragvon Gast » 09.03.2008, 09:54

Lieber Sam,

ich mag den Publicus sehr und ich zögere auch nicht - auch nicht als Erste - offen zu kommentieren.
Aber ich muss deswegen nun nicht jedwede Art der Meinugsäußerung (jeden Furz) gut finden.

Es erinnert mich an Trotzreaktion, was hier abläuft und zur Verteidigung einer Äußerung angeführt wird, die sich wohlgemerkt nur auf den allerersten Satz eines Textes bezieht.

Das ist m. M. genaus wenig professionell, wie das schnelle Kommentieren von Texten, die keine Zeit haten sich beim Leser zu setzen.


Einen schönen Sonntag
Gerda

Gast

Beitragvon Gast » 09.03.2008, 10:37

Liebe Mucki,

der Bezug zum Titel wird durch die Arie des Pamino aus der Zauberflöte hergestellt, die mit den Worten: "Dies Bildnis ist bezaubernd schön", beginnt, ferner über die Bilder der Feunde Daphnes u. des "Verlobten". Die Titel ist m. A. n. zu sehr auf diese eine Geschichte in der Geschichte ausgerichtet, aber Bezug ist da.

Liebe Sonntagsgrüße
Gerda


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