Peter, Du schreibst von einem Allgemeinplatz, von Sprichwörtlichem und von einem überflüssigen Zustand.
Ich hoffe, Du hast das nicht alles aus meinem Kommentar herausgelesen. Es gibt Beobachtungen, die sind einleuchtend, nachvollziehbar, wie vielleicht die Dinge, die ich über den Morgen Deinem Gedicht entnommen habe. Aber ich finde deshalb nicht, dass der Text einen Allgemeinplatz beschreibt.
Der Begriff "Allgemeinplatz" hat für mich etwas Abwertendes, weil oft gemeint ist: etwas Nachgeplappertes, das allgemein angenommen wird, ohne darüber nachzudenken. Mit vielen Sprichwörter geht mir das auch so.
Und überflüssig wird der Text dadurch schon gar nicht (wenn Du das mit "überflüssigem Zustand" meinst). Man kann auch Bekanntes erdichten - auf eine neuartiges Weise, aus einer eigenen Perspektive.
Es ist der, wo der Morgen, der im Gedicht auch ein Morgen ist, zu dem einen Morgen wird, der der Morgen ist.
Ich muss gestehen, dass mir das Wortspiel mit Morgen und Morgen erst jetzt deutlich wird.
Das mit der Wortschöpfung am Ende verstehe ich nicht.
als hätte sich ein Lid verschlafen / und blinzelt
auf der Zunge / schickt Wellen von der Wange
... ich weiß nicht, in Erzählungen gibt es doch manchmal diesen Bruch: in eine Szene hineinzuspringen, so dachte ich hier auch, um das ganze vorzuhalten - aber das geht wohl so nicht.
Du meinst so, wie in Erzählungen das Tempus wechseln kann? Doch, ich glaube, das geht schon.
Nur ist es hier nicht das Tempus, sondern der Modus: "Als hätte" ist Konjunktiv, also irreal, und "blinzelt" ist wieder real. Es wechselt sozusagen der "Grad an grammatischer Realität". Und das kann ist ein Effekt, der sicher vergleichbar ist mit dem Sprung von der Vergangenheit in die Gegenwart.
Nach einigem Nachdenken würde ich sagen: Lass es so.
Gruß - annette