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im fluss
Verfasst: 15.05.2007, 10:43
von Thomas Milser
29/VI/2003
im fluss
ich bin nackt
zweihundertvierzig mücken
schwirren um irgendwas herum
wolken wie horoskope
kein lüftchen weht
im fernen masuren
wartet ein mädchen auf mich
ich sehe schwäne
tageswerk vollbracht
stille obsiegt
algenwolken streicheln meine füße sacht
ich tauche unter
dunkelgrün ist meine welt
schweben
ganzganz klein sein
alles
ist im fluss
(Alte Version)
im fluss
ich bin nackt
zweihundertvierzig mücken
schwirren um irgendwas herum
sanft neigt sich schilf und seerose
dem untergehenden gold zu
wolken wie horoskope
kein lüftchen weht
eine möwe jagt mit lautem geschrei
dem ahnungslosen graureiher hinterher
im fernen masuren
wartet ein mädchen auf mich
ich sehe schwäne
tageswerk vollbracht
stille obsiegt
algenwolken streicheln meine füße sacht
ich tauche unter
dunkelgrün ist meine welt
schweben
ganzganz klein sein
alles ist im fluss.
Verfasst: 15.05.2007, 10:46
von Thomas Milser
Nein, dies hier ist - trotz seines gleichlautenden Titels - keine Gegenveranstaltung zu smile :o), sondern ein alter Text von mir, und zwar derjenige, dem ich mein Hiersein im Salon verdanke.
Er lag schon zu den Akten darnieder, aber das Monatsthema veranlasste mich, ihn nochmal auszubuddeln.
Dass es sich ebenfalls um eine gegenüber dem damaligen Wettbewerbstext geänderte Version handelt, wollte ich aus Rücksicht auf smile nicht auch noch im Untertitel vermerken :o)
Isaberso!
Tom
Verfasst: 15.05.2007, 11:21
von Ylvi
Hallo Tom,
da hatte ich doch für einen Millisekunde gedacht, du hättest was zu meinem Gedicht geschrieben.
Wär auch mal interessant gewesen.
Es überrascht mich, dass du so etwas geschrieben hast. Gefällt mir sprachlich . (Obwohl es mich doch ein wenig geschüttelt hat bei der Vorstellung von Algen gestreichelt zu werden und bei den Mücken und bei Zeile 1)
Das Abtauchen weg von dem surrenden Leben und das ganzganz klein fühlen finde ich sehr gelungen umgesetzt.
Das Einzig was mich irritiert, ist die Zeile
stille obsiegt
die für mich zeitlich erst nach dem abtauchen sinnvoll wäre. Da hätte ich eher an
tageswerk vollbracht
lautstark
gedacht.
ich sehe schwäne
ich tauche unter
da hätte ich persönlich die "ich" weggelassen.
gern gelesen.
liebe Grüße smile
Verfasst: 15.05.2007, 11:44
von Thomas Milser
Hallo smile,
ich versuche mich ja erst nach langer Abstinenz wieder in die Lyrik einzufädeln (und das noch obendrein mit ner ollen Kamelle :o), so dass ich noch ein bisschen Zeit brauche, zu anderen was halbwegs sinnvolles zu schreiben.
Dass dich diese Art Tom-Text überrascht, überrascht mich nicht (aus oben genanneten Gründen).
Mit etwas Glück erleide ich ja vielleicht bald wieder Herzschmerz, und dann klappts auch mit der Lyrik :o)
Überraschen tut mich auch, dass ich - normalerweise bei alten Lyrik-Texten kritikresistent - dir in fast allen Punkten Recht geben kann. So lässt es sich nicht vermeiden, dass wohl eine 'Überarbeitete Version' erscheinen wird (ist dann schon die zweite), derer ich mich dann beizeiten annehmen werde.
Ich heiße also das Wiedererlangen der 'Distanz zum eigenen Werk' willkommen, das ich uns allen - falls noch nicht vorhanden - hiermit wünsche :o)
Besten Dank,
Tom.
p.s. Das mit den Algen ist reine Willenssache. Früher fand ich die auch eklig. Aber in Ermangelung von sonstiger Zärtlichkeit freut man sich ja über die geringsten Dinge... :o)
Verfasst: 15.05.2007, 21:38
von Max
Hey Tom,
ja!
Das ist das Gedicht, das bei uns einen Prteis gewonne hat, oder?
Wenn ich mich hätte aus dem Kopf erinnern sollen (naja, womit sonst, dem großen zeh?), hätte ich gesagt, die Zeile hieß
Ich habe ein Mädchen
in Masuren
Hast Du was verändert?
Bei Masurne könnte man für mein Dafürhalten das "fern" opfern. Es ist bestimmt selbst dann fern, wenn man dort ist.
Liebe Grüße
Klasse Text
Max
Verfasst: 15.05.2007, 22:28
von Thomas Milser
Hi Max.
'Klasse Text' schreibst du doch bloß, weil du damals Juror warst *hähähähähä*
Ich habe mal irgendwann was rausgestrichen aus dem Ursprungstext (frag mich mal, was?), aber das Mädchen in Masuren ist immer noch fern.
Was dem Leser natürlich schnuppe sein kann :o)
Ich sammle mal alle Einwürfe, und dann mich, um eine komplette Neufassung zu generieren, jo?
Danke,
Tom
Verfasst: 16.05.2007, 13:01
von Sneaky
Hallo Tom,
viel sammeln musst Du dich da nicht. Der Text funktioniert gut, vor allem die Mücken habens mir angetan. Dass Algenwolken streicheln können, kann ich bestätigen. Kitzelt wunderbar beim Tauchen. OB sie nun "sacht" streicheln müssen, ist Geschmacksfrage. Das "sacht" könnte -für mich- weggesammelt werden
Gruß
reimerle
Verfasst: 16.05.2007, 13:11
von leonie
Lieber Tom,
ein schöner Text, finde ich auch. (Bist Du sicher, dass es
genau 240 Mücken waren?).
Was das "sacht" betrifft, stimme ich reimerle zu. Außerdem meine ich, dass es "Tagwerk" heißen müsste.
Das tut jedoch dem Lesegenuss keinen Abbuch.
(Man mag Dir ja keinen Herzschmerz wünschen, tut eine neue Liebe es vielleicht auch? Die könnte ich Dir mit besserem Gewissen und von Herzen wünschen.
Und wir hätten dann vielleicht auch was davon in Form schöner Gedichte....

)
Wie dem auch sei, ich finds schön, Dich auch mal wieder in der Lyrik zu lesen!
leonie
Verfasst: 16.05.2007, 14:13
von Lisa
Lieber Tom,
ist der Schwan neu?
(ich liebs immer noch,mehr bleibt da mal wieder nicht)
Liebe Grüße,
Lisa
Verfasst: 17.05.2007, 14:41
von Thomas Milser
Hi reimerle,
das 'sacht' steht da glaube ich nur, weil sich mal was reimen sollte :o)
'Tageswerk' kenne ich so aus dem Sprachgebrauch. Der Wahrig weiß noch was ganz anderes, nämlich 'Tagewerk', erklärt dies aber mit 'Tagesarbeit'. Jawattenu?
Auf jeden Fall brauche ich da drei Silben...
Hi Leo,
Das Problem beim Mückenzählen ist, dass sie nicht stillhalten und sich nur bei genauem Hinsehen voneinander unterscheiden lassen. Sehe es mal als grobe Schätzung. Und zu schreiben 'ungefähr 240 Mücken' halte ich dann doch für extrem unpoetisch :o)
"Man mag Dir ja keinen Herzschmerz wünschen, tut eine neue Liebe es vielleicht auch?"
Ist das nicht ein und dasselbe? Mittelfristig betrachtet?
Hi Lisa,
der Schwan ist gänzlich unneu. Ich habe lediglich einen Graureiher des Feldes verwiesen, der auch noch irgendwas gemacht hat. Und ne Möwe, Seerose und Schilf und untergehendes Gold auch. Alles weg. Braucht kein Mensch. Man muss sich auchmal von was trennen können :o)
Ich stelle mal die uralte Version (Wettbewerb) untendrunter, zum Vergleich.
Ich sammle trotzdem mal, und schreibe es bei poetischem Anflug komplett in einem Rutsch neu, ohne auf Einzelheiten einzugehen. Oder auch nicht :o)
Tom
Verfasst: 17.05.2007, 15:05
von Ylvi
Hallo Tom,
das finde ich interessant, ich hatte mich um Kontinente vertan und das LIch in einem Fluss mitten im Dschungel in Südamerika, Indien... gesehen.
Das Tag(es)werk waren exotische Dinge, Ärzte ohne Grenzen, Minenarbeiter auf der Suche nach Opalen...
Und nun fliegen Möwen und Graureiher ins Bild.

Wo ich doch mindestens einen Leoparden oder Tiger im Schilf vermutet hätte. Und ein Krokodil und eine Wasserschlange und.....
Vor allem die Streichung des "untergehenden Gold" finde ich gut!
liebe Grüße smile
Verfasst: 17.05.2007, 22:16
von Max
Lieber Tom,
das kommt mir noch bekannter vor, ist das jetzt korrigiert oder schon "damals"?
Liebe Grüße
Max
Verfasst: 18.05.2007, 10:15
von Thomas Milser
Hi smile,
um dir jegliche exotische Romantik zu nehmen: Es handelt sich schlicht und ergreifend um die Ruhr, Höhe Schleuse Duisburg. Und damit ist nicht die Krankheit gemeint :o)
Hi Max,
die alte Version, die in klein geschrieben ist, müsste identisch sein mit dem Wettbewerbstext.
(Kein Titel)
Verfasst: 18.05.2007, 19:40
von Ylvi
Hallo Tom,
gut dass du nicht "die Ruhr" als Titel genommen hast.
.gif)
Das hätte wirklich eine ganz neue Ebene ins Gedicht gebracht.
Schade, mir hat die exotische Variante gut gefallen.
liebe Grüße smile
P.s. schau mal in den lyrischen Dialog