Lieber Hoedur,
„Ein Traumbild sprach zu mir“, du hast das Monatsthema im wörtlichen Sinn beim Schopf gepackt. Warum nicht. Mir scheint dein Text nur noch relativ unausgearbeitet und wenig geordnet. Im Einzelnen:
V 1
Der dem Lyrich im Traum Erschienene scheint dem Lyrich bekannt zu sein. Die Ansprache deutet dies an. Der Träumende wird nach der Einschätzung seines irdischen Hierseins, nach dem Sinn des Lebens also, befragt.
Gottgedanken kommen ins Spiel.
V2
Das leider relativ verbrauchte "Wir sitzen alle in einem Boot", erweckt den Eindruck, dass der Befrager nicht überhöht (gottgleich) anzusehen ist, sondern Mensch, und sich insofern nicht vom Befragten unterscheidet.
Dann geht es aber für mich ein wenig drunter und drüber. Worum es geht wirklich kann ich nicht herausfinden. Da ist die Rede von einem sanften Strom, der das Lyrich in die Dunkelheit hinabzieht.
Wenn das Lyrich hier „geblendet“ würde, hätte ich wohl eher Zugang.
(Kleiner Schreibfehler am Rande: nicht
Storm, sondern
Strom ist wohl gemeint)
V3
Ich sitze, glaube ich, auch mit im Boot und versinke im Chaos,
.gif)
welches vielleicht auch nur zustande gekommen ist, weil hier der Inhalt den Reimen geopfert wurde. (Auf die Reime komme ich noch gesondert zu sprechen).
Da geht Lust und Frust mit Leiden und vermeiden Hand in Hand, und ergibt für mich keinen Sinn.
V4
Land in Sicht? Einerseits. Aber auch Brücken vernichtet. Wäre da vielleicht eine andere Reihenfolge vonnöten?
Jetzt sprichst du von Erlösung, so dass ich mich, auch im Hinblick auf das in V1 erwähnte „Höhere Ziel“ frage, ob es hier letztlich um das Leben nach dem Tode geht, welches das Höhere Ziel sein soll.
Die weiteren Zeilen deuten ebenfalls in diese Richtung.
Zur Schlusszeile:
Das Lyrich erzählt seinen Traum. Der Traum liegt im Präteritum.
Das Aufwachen liegt also zeitlich nach dem Traum, des wegen: „Schweißgebadet bin ich aufgewacht“, noch besser, ganz weglassen, denn das tut ja eigentlich inhaltliches zur Sache und eine echte „Rahmenhandlung“ hast du ja nicht aufgebaut.
Das wäre dann folg. Ablauf:
Ich legte mich schlafen.
Ein Traumbild erschien
Beschreibung (eigentliches Gedicht)
Dann das Aufwachen. Für mich ist die zeitliche Abfolge größtenteils durcheinander geraten, schrieb ich bereits. Nun kannst du natürlich sagen, ist ja alles nur Traum. Wohl wahr, aber selbst ein Traum hat eine „Traumlogik“
Das habe ich im Blauen Salon sehr eindrücklich von aram lernen können, der mich bei meinem Zeckentraum „gelöchert“ hat und letztlich dazu gebracht hat, den Traum so zu schreiben, dass auch der Leser weiß, wie die Traumbilder aussahen.
Das ist es doch: Der Leser sollte folgen können, gleich ob er die Intention des Autors trifft, oder die Folgerichtigkeit aus den Bildern im Text und/oder Formulierungen ableiten kann.
Ich habe es versucht, es will mir nicht gelingen. Zurück bleibt ein etwas nebulöser Eindruck, der sich wieder verflüchtigt.
Du hast kein Reimschema eingehalten. Auf mich wirken die Reime deshalb willkürlich und krampfhaft eingestreut. Dadurch hat dein Text für mich keinen Rhythmus. Es gibt kein Vermaß, wie bei durchgängigen Reimgedichten nötig, um einen Klang und ein Fließen zu erzeugen. die Reime haben etwas beliebig Belangloses, sie können den Text nicht stützen.
Aus diesen Gründen und weil es abgenutzte, oft gelesene sind, würde ich die Reime vermeiden.
Möglicherweise ist das, was ich dir schreibe alles sehr niederschmetternd. Ich finde aber du solltest nicht die Flinte ins Korn werfen, sondern versuchen, dem Traum alles abzugewinnen, was deinen Text voran bringt.
Wer weiß, ob du nicht noch die eine oder andere Unterstützung erhältst, jetzt wo ich den Stein ins Rollen gebracht habe.
Liebe Grüße
Gerda