Der Maulwurf

Janosch

Beitragvon Janosch » 13.11.2006, 16:51

Aus flauschigem erdbraunem Leib, da ragen stramme Buddelpranken
und strampeln tiefe Höhlen frei, sein Antlitz trüb, ganz schlammverschmiert,
wie wenn bandwurmbesessen man, verfressen nach dem Sattsein giert -
so weist den Mull, der bitter schwitzt und schnauft, kein Weh in seine Schranken.

Wenn Tageslicht ihn doch erwischt, arg blendend an den Augen rührt,
wälzt er den Boden sich entlang, um nicht verstört umher zu schwanken
und drückt die Gräser dadurch platt, die sich der Sonne wegen zanken -
den Kopf versenken kann er nur, wo weiche Erd’ ihn akzeptiert.

So wohlig kühl und alt vertraut, so still ist’s nur im düstren Schacht,
wo er die Welt sich frei verrückt, wo ihm nur seine Uhren ticken;
ja, diesmal gräbt er Richtung Kern, wo keine Lichter nach ihm schicken -

im tiefst verstrickten Raumsystem sind Strahlen leichte Kost der Nacht,
doch ist’s dort kahl und regungslos, dass Einsamkeit die Luft entfacht:
schon bald wird er, der mit der Lunge ringt, fad seufzen und ersticken.

aram
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Beitragvon aram » 14.11.2006, 08:17

hallo janosch

die bilder und teilweise auch die eigenwillige sprache dieses textes gefallen mir.

so weist den Mull, der bitter schwitzt und schnauft, kein Weh in seine Schranken.
So wohlig kühl und alt vertraut, so still ist’s nur im düstren Schacht,
wo er die Welt sich frei verrückt, wo ihm nur seine Uhren ticken;
ja, diesmal gräbt er Richtung Kern, wo keine Lichter nach ihm schicken -
im tiefst verstrickten Raumsystem sind Strahlen leichte Kost der Nacht,

finde ich gut und originell.

andere stellen holpern noch - z.b. könnte ich mir in s1z1 statt "erdbraunem" gut "bepelztem" vorstellen, rhythmisch und inhaltlich - aber insgesamt lässt mich dieser text aufhorchen.

das ende verstehe ich noch nicht.

liebe grüße,
aram
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l. cohen

Janosch

Beitragvon Janosch » 14.11.2006, 15:01

dein Kommentar weiß mich zu erfreuen und schenkt mir Erleichterung - hab nämlich recht lang dran gesessen (für das einsilbige Wort Mull hab ich sogar im Internet recherchiert!) und deine wohligen Worte zeigen mir, dass es sich durchaus gelohnt zu haben scheint.
Das Wort erdbraun war übrigens so ziemlich das erste Wort, dass ich beim Schreiben gefunden hab - wahrscheinlich hab ich es deshalb nicht weiter beäugt; da werd ich nochmal drüberschauen, danke für den Tipp.

Es grüßt,
Janosch

pandora

Beitragvon pandora » 14.11.2006, 15:44

hallo janosch,

ich gehe nicht mit aram konform, ich bin der meinung, dass dieser text nicht zu deinen stärksten gehört, bei aller arbeit, die möglicherweise darin steckt.
generell wirkt er auf mich sehr bemüht und erzwungen.
in der ersten strophe finde ich beispielsweise das verb "ragen" unangebracht, für mich impliziert es, dass die gliedmaßen des tieres gewissermaßen vom körper abstehen. abgespreizt werden. ist das der fall?
auch von "antlitz" würde ich bei einem maulwurf nicht reden (bzw schreiben).
zur bandwurmfrage bin ich nicht aussagekräftig. ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob maulwürfe bandwürmer haben. (was nichts besagen will, denn ich dachte auch, dass ein MULL ein völlig anderes tier ist.)
"bitter schwitzt und schnauft"??? wie bitte schwitzt und schnauft ein tier BITTER?
in strophe zwei müsste es meiner meinung nach heißen: "an DIE augen rührt".
ein maulwurf der "schwankt" gehört für mich maximal in einen trickfilm.
"gräser, die sich zanken" übrigens auch.
strophe vier: "wo keine lichter nach ihm schicken" - verstehe ich nicht.
auch die strahlen, die leichte kost der nacht sind, erzeugen bei mir kein bild.
dass das tier mit der LUNGE ringt ... hm, weiß ich auch nicht. nach luft/sauerstoff kann man ringen, aber mit der lunge?
ich hoffe, du nimmst mir die harsche anmerkung nicht krumm.

lg
p.

Janosch

Beitragvon Janosch » 14.11.2006, 17:00

tach pandora,
du bist bestimmt sehr gespannt, wie ich mit deinem Kommentar umgehe, weshalb ich dich auch nicht länger auf die Folter spannen will und dir hiermit eine gebührende Antwort überbringe:

bumsfalera!


Ach, ich überleg grad: da ich ja lernfähig bin und mir nicht entgangen ist, dass du dich schwer tust bei der Interpretation meiner Worte, möchte ich anbei bemerken, dass es mir fast so vorkommt, als würdest du den vollen Staubbeutel im saubren Zimmer entlehren, nur um von deinem überteuerten Sauggerät Gebrauch machen zu können.

spitzbübig grüßend,
Janosch

pandora

Beitragvon pandora » 14.11.2006, 17:07

hallo janosch,

in der tat eine originelle entgegnung. nur, wie soll ich jetzt antworten? mit "helau"?
im übrigen: stell dir vor, in meinem haushalt exisitiert kein staubsauger.

zurückgrüßend
pan

Janosch

Beitragvon Janosch » 14.11.2006, 17:16

oh, dann pickst du den Staub also, wie das Huhn das Korn - stell ich mir sehr mühsam vor.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.11.2006, 17:48

Hallo Janosch,

ich stehe etwas rätselnd vor deinem Gedicht.
Denn Maulwürfe sind doch blind, oder ich irre ich mich da?

Ich dachte deshalb zuerst, dass der "Maulwurf" eine Methapher ist. Aber im weiteren Text beschreibst du das Tier, den Pelz, etc.
Wie aber kann dann Tageslicht ihn an den Augen blenden? :12:
grübelnde Gabriella

Janosch

Beitragvon Janosch » 14.11.2006, 18:03

Hallo Magic,
also blind sind sie nicht, sie haben ganz kleine Äuglein, die sich natürlich nicht mit denen eines Adlers messen können und sogar manchmal von Fell überbedeckt werden. Auf der Metapherschiene kommst du allerdings dennoch ans Ziel. Obwohl mans auch als reine Erzählung ansehen kann...

Grüße Janosch

aram
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Beitragvon aram » 14.11.2006, 18:23

hallo janosch

hm, deine antworten an pandora lassen mich auch aufhorchen.
scheinbar gehst du sehr selektiv mit kritik um.

um missverständnissen vorzubeugen - ich lese texte scheinbar öfters aus einer humorigen distanz, die andere (bisweilen incl. autor) nicht haben - da ich nie auf die idee kommen würde, einem wildtier ernstaft menschliche motive zuzuschreiben (andersrum sehr wohl .-), lese ich den text natürlich metaphorisch überzeichnet - und finde daher formulierungen witzig, die pandora in zoologischem sinn zu recht kritisiert.

abgesehen davon bergen die nicht von mir zitierten stellen auch in meinen augen ziemliche mängel, z.b. die ganze s3; s1 z3 (inhaltlich und metrisch), und s4 z2,z3 - (kahl und regungslos? einsamkeit die luft entfacht? mit der lunge ringt? fad seufzen?); das ende finde inhaltlich unglaubwürdig (ein maulwurf erstickt in der tiefe?) - also wesentlich mehr als nur eingestreute staubkörner.

das locker verschrobene der von mir zitierten stellen find ich allerdings wirklich witzig, natürlich im metaphorischen sinn.

staubige grüße,
aram
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l. cohen

pandora

Beitragvon pandora » 14.11.2006, 19:51

janosch,

ich bin nicht hier, um über staubsauger zu diskutieren und auch einen landwirtschaftlich angehauchten diskurs strebe ich nicht an.
ich habe dir mitgeteilt, was meiner meinung nach an deinem maulwurfsgedicht nicht stimmig ist. aram hat dich vorher wissen lassen, dass er viele dinge originell findet.
so what? wo genau ist dein problem?
wenn dir an einer ernsthaften diskussion gelegen ist, dann würde es vielleicht helfen, wenn du (mir!) erklären würdest, wofür dein maulwurf steht. wenn du zu den von mir angesprochenen punkten etwas sagen kannst, dann machs doch auch.
ich verstehe meinen kommentar lediglich als eine sehr subjektive auseinandersetzung. du selbst entscheidest, inwieweit du dir das alles annimmst. es ist dein text. wenn er dir gefällt und du keine ambitionen hast, ihn zu verändern, dann ist doch alles gut.
abschließend und generell: mich interessiert der text ansich. mir ist schnurz, wieviel recherche dem schreiben vorausging, es tangiert mich nur am rande, ob der schreiberling unmengen von zeit in sein werk investiert hat.

p.


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