Grenzenlos

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leonie
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Beitragvon leonie » 11.09.2006, 15:52

Ich blicke unverwandt
über das Meer

als du
mit nackten Füßen
die Linie im Sand
verwischst

und dich
vorwärts schmatzt
an mein
muschelgraues Herz

Später schwitze ich dich
aus meinen Träumen

Und trenne
mein Leben

von dir



Erstfassung:

Ich blickte unverwandt
über das Meer

als du
mit nackten Füßen
die Linie im Sand
verwischtest

und dich
vorwärts schmatztest
an mein
muschelgraues Herz.

Später schwitzte ich dich
aus meinen Träumen.

Und trennte
mein Leben
von deinem-

mit Stacheldraht.
Zuletzt geändert von leonie am 15.09.2006, 20:58, insgesamt 2-mal geändert.

Louisa

Beitragvon Louisa » 11.09.2006, 16:45

Hallo Leonie!

Das finde ich (oh nein, man darf nicht mehr "perfekt" schreiben...) sehr schön!

Allein das Wort "schmatzen" finde ich nicht sooo passend, weil der Rest sich so leicht und urlaubshaft anhört...

-Vielleicht weißt Du noch ein ähnliches Wort.

Sonst gefällt es mir sehr gut! Eine tolle Grenzen-Idee! (ich hatte auch überlegt eine positive Grenze zu beschreiben, aber so schön kann ich es nicht)

Liebe Grüße, l.

Trixie

Beitragvon Trixie » 13.09.2006, 12:40

Hallo leonie!

Nun muss ich doch mal wieder schauen, was weiter oben so passiert, also über dem Blauen Brett/Blauen Café und da entdecke ich diese wundervolle Grenzerfahrung. Und im Gegensatz zu Louisa finde ich schmatzen sehr trefflich, denn genau das ist das Geräusch. Ein Schmatzen. Und das drückt für mich auch am besten dieses unersättliche, unaufhaltsame aus. Fast schon rücksichtslos, was für mich sehr gut zur einen Grenze, nämlich Linien im Sand, passt. Ich sehe aber noch andere Grenzen, die hier nicht beschrieben werden. Die Grenze zwischen Wasser und Land, die Grenze zwischen geben und nehmen und die Grenze zwischen Sicherheit/Festsetzung und Unsicherheit/Überraschung durch Veränderung. Ein sehr gelungenes Gedicht, in dem der Leser nochmal viel Freiheit hat, das beeindruckt mich!

Liebe Grüße
Trixie

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leonie
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Beitragvon leonie » 13.09.2006, 13:12

Liebe Louisa, liebe Trixie,

Danke für Eure Rückmeldungen ! Der Text ist bei Euch anders angekommen als ich ihn meinte, weil ich das Wegwischen und Überschreiten der Grenze eher negativ meinte. Ich wollte das durch die Begriffe „unverwandt“ und „schmatzend“ ausdrücken.
Mir zeigt das aber noch mal, wie fließend diese Grenzen und auch ihre Überschreitung empfunden werden kann. Und natürlich auch die beiden Begriffe, die ja nicht eindeutig negativ sind.
Ich hatte zuerst einen Schluss hintendran, den ich gestrichen hatte.
Ich bin noch unsicher, ob ich es so offen lasse oder zwei Teile machen sollte, die ausdrücken könnten, wie fließend Grenzen manchmal sind. Dann müsste ich diesen Teil wohl eindeutiger positiv umgestalten. Hm, ich überlege noch mal.
Ich füge den Schluss jetzt doch hintendran (unter Erstfassung). Vielleicht meldet sich ja noch jemand dazu.

Liebe Grüße
Und danke nochmals!!!

leonie

Mucki
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Beitragvon Mucki » 13.09.2006, 13:27

Hallo Leonie,

ich lese Gedichte immer mehrfach laut. Bei den Worten "verwischtest" und "schmatztest" bin ich hängengeblieben, weil es Zungenbrecher sind, vor allem "schmatztest". Ich weiß, was du damit meinst, aber vielleicht kannst du dafür andere Worte finden?
Saludos
Magic

Trixie

Beitragvon Trixie » 13.09.2006, 13:37

Hey Leonie!

Das hast du vielleicht falsch verstanden, mit Worten wie rücksichtslos, unersättlich, überraschend und unsicher meinte ich schon negativ. Also: Für mich ist diese verwischte Grenze ganz und gar nicht positiv!! Wobei das Ende der Erstfassung nochmal heftiger ist. Aber ich persönlich finde, du brauchst sie nicht. Für mich ist es gruselig genug, da ich eh eine Art Meeres-Phobie habe und dadurch das Gedicht nochmal anders sehen kann, nämlich so, wie es da steht und nicht als übertragene Bilder.

Grüßchen
Trixie

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leonie
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Beitragvon leonie » 13.09.2006, 15:07

Hi magic,

um die Worte zu ändern, fehlen mir inhaltliche Argumente. Ich meine, der Klang und das Zungenbrecherische passt ganz gut zum Inhalt.

Hi Trixie,

ja, das hatte ich falsch verstanden! Sorry!! Was ch mit dem Schluss mache, weiß ich noch nicht. Ich überlege noch!

Danke Euch beiden!

Liebe Grüße

leonie

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 15.09.2006, 13:27

Hallo leonie,
ich mag die Wortwahl, ich finde sie ist gelungen. Man könnte, ich finde, es wirkt, das Gedicht einfach ins Präsens setzen, dann würden längere Tempusfitzel an den Worten, die stören, wegfallen, schmatzt ist lesbarer als schmatztest, ich glaube darin liegt das Problem, nicht in der Wortwahl...ich finde das Wort passt, weil es eine Person meint und auch doch das Meer....

Ich finde ja (keine Meeresphobin :alien0027: ), die Erweiterung des zweiten Teilen braucht es, da für mich Teil 1 durchaus allein positiv zu lesen ist - ich lese dann, dass es jemand schafft, die Grenze zu verwischen, auch wenn das Schmatzen leicht unheimliche Konnotationen hat - das könnte aber auch lieblich gemeint sein. Das Zurücknehmen dieses "Schaffens" der grenzübertretung wird aber erst in Teil erzählt - es kommt wohl darauf an, ob du das möchtest.

Ich finde das Bild des Stacheldrahtes nur zu plötzlich..auch wenn es Traumelement ist, fügt es sich nicht mehr in das Bild ein...trotz sandlinienpendant. Einfach weglassen vielleicht?

Ich blicke unverwandt
über das Meer

als du
mit nackten Füßen
die Linie im Sand
verwischst

und dich
vorwärts schmatzt
an mein
muschelgraues Herz

Später schwitze ich dich
aus meinen Träumen

Und trenne
mein Leben
- von deinem


Mal gucken, das dauert vielleicht noch, bis das Ende herausgearbeitet ist - ich finde das wichtig.

Liebe grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Maija

Beitragvon Maija » 15.09.2006, 18:26

Hallo leonie,

vorwärts schmatzt


Stimme hier Lisa zu, schmatzt klingt besser.

Aber müsste dann nicht auch: verwischtest umgeändert werden in verwischst? Aber Lisa hat es ja schon im Zitat getan.
Eine sehr schöne, dichte Bildersprache zeigst du uns hier,leonie.

Gruß Maija

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Beitragvon leonie » 15.09.2006, 20:57

Liebe Lisa,

witzig, das mit dem Präsens kam mir nach magics Einwand auch in den Sinn. Ich bin nur noch nicht dazu gekommen, mich wieder dran zu machen.
Der Stacheldraht sollte die Härte und Endgültigkeit der Trennung verdeutlichen, aber vielleicht braucht es ihn wirklich nicht. Ich versuche den Schluss noch ein wenig anders als Du vorgeschlagen hat, um etwas mehr Härte hineinzubringen und setzt den Text probehalber mal ins Präsens.

Liebe Maija,
auch Dir ganz herzlichen Dank, ich freue mich über Deine Rückmeldung!

Liebe Grüße

leonie

Max

Beitragvon Max » 17.09.2006, 19:02

Liebe Leonie,

ich habe das nun mehrfac gelesen, teilweise (halb)laut und ich denke: es ist perfekt. Die verwischenden Linien im sand passen so gut zu diesem Monatsthema und die Textarbeit (für mich DER große Vorteil des Salons, leider scheinen das hier neuderdings nicht merh alle so zu sehen) hat dazu beigetragen, das Gedicht ganz abzurunden. Der verschwundene Stacheldraht und das präsens sind jedenfalls ein Gewinn ....

Liebe Grüße
Max

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Beitragvon leonie » 17.09.2006, 19:52

Lieber Max,

über Deinen Kommentar bin ich vor Freude ganz rot geworden! Ja, und genau das schätze ich so am Salon, dass man wirklich kompetente Hilfe bekommt und an den Texten arbeiten kann!

Liebe Grüße

leonie

Trixie

Beitragvon Trixie » 17.09.2006, 21:46

Hallo leonie!

Auch ich muss sagen, dass ich es jetzt perfekt finde. Fand es zwar vorher schon grandios, aber jetzt kommt noch deutlicher, da hast du schon recht, die negative Grenze, bzw. Grenzüberschreitung zur Geltung.

Begeisterte Grüße
Trixie

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Beitragvon leonie » 17.09.2006, 21:48

Liebe Trixie,

vielen Dank, bin schon wieder rot!!!

Liebe Grüße

leonie


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