Nachmittag, Nebel

Rala

Beitragvon Rala » 29.08.2006, 08:19

Nachmittag, Nebel

Aus dem Wasserhahn tropft Zeit,
jeder Tropfen drei Sekunden,
durch den Ausguss rinnen Stunden,
noch nehm ich's mit Gelassenheit.
Doch nachdem so ein Tag vergangen,
ein weiterer sich drangehangen,
ein Jahr dann schließlich überwunden
- oder einfach nur verschwunden -
wird ein Brief mir überbracht,
darin die Rechnung aufgemacht.
Zu zahlen: eine Ewigkeit.

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 31.08.2006, 21:29

Liebe Rala,

das Bild mit dem Wasserhahn gefällt mir sehr gut. Ich erinnere mich an zahllose Stunden, die ich als Nachtwache verbringen musste. Oft saß ich dabei auf einem Sessel mit Blick auf die Stationsküche, in der der Wasserhahn tropfte. Stundenlang, wie es mir schien; und natürlich nächtelang.

Ansonsten ist Dein Gedicht sehr rund. Die Reihe passend, vielleicht zu passend. Und am Ende steht sogar so eine Art Quintessenz.

Der Bezug zwischen dem Titel und dem Text ist mir aber nicht deutlich geworden. Möglicherweise soll das ja auch so sein?

Grüße

Paul Ost

Rala

Beitragvon Rala » 31.08.2006, 21:55

Hallo Paul,

der Titel kommt schlicht daher, dass mir das Ganze an einem nebligen Novembernachmittag eingefallen ist, an dem mich mein tropfender Wasserhahn nervte. Ich ging - wohl deshalb - davon aus, dass sich vielleicht auch bei anderen irgendwie so eine Assoziation einstellen müsste. Ist mal wieder typisch für mich, immer von mir auf andere schließen ... ich geh mich schämen :icon_redface:

Was meinst du mit: zu passend?

Liebe Grüße
Rala

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 31.08.2006, 22:03

Liebe Rala,

ich glaube nicht, dass Du Dich schämen musst. Der Titel kann ja auch ein Setting vorgeben und die Leseerwartungen steuern.

Was die Reime betrifft: Gereimtes klingt oft ein wenig... hmh, schwierig... naiv? Natürlich ist das auch eine Frage des Geschmacks. Ich reime meistens lieber nicht. Vielleicht aber auch deshalb, weil es mir nicht so recht gelingen mag.

Grüße

Paul Ost

aram
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Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 08.09.2006, 00:47

liebe rala!

das thema gefällt mir, und obwohl mich das gedicht nicht berauscht, finde ich es klar. reimlos käme es vermutlich besser bei mir an. das ende finde ich etwas moralinsauer.

ein paar kleinigkeiten würde ich wie folgt ändern:


Nachmittag, Nebel

Aus dem Wasserhahn tropft Zeit
jeder Tropfen drei Sekunden
durch den Ausguss rinnen Stunden
ich nehm's noch mit Gelassenheit

Doch nachdem ein Tag vergangen
ein weiterer sich drangehangen
ein Jahr dann schließlich überwunden
oder einfach nur verschwunden
wird ein Brief mir überbracht
darin die Rechnung aufgemacht

Zu zahlen: eine Ewigkeit


oder:


Nachmittag, Nebel

Aus dem Wasserhahn
tropft Zeit
jeder Tropfen drei Sekunden
durch den Ausguss
rinnen Stunden
ich nehm's noch mit Gelassenheit

Doch nachdem ein Tag vergangen
ein weiterer sich
drangehangen
ein Jahr dann schließlich überwunden
oder einfach
nur verschwunden
wird ein Brief mir überbracht
darin die Rechnung aufgemacht

Zu zahlen: eine
Ewigkeit



(letzteres nur als idee/ arbeitsvariante)

den titel find ich wunderbar zu diesem text.

liebe grüße, aram


ps. weißt du wie "magic afternoon" von wolfgang bauer zu seinem titel kam?
(offenbar ja! :-)


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