Das Labor

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Eule
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Beitragvon Eule » 06.02.2011, 01:50

Das Labor


Diese Räume der Firma waren mit mehreren Codes gesichert und nur für die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Gehaltsstufe 4 frei zugänglich. Es gab dafür extra Kleidung, Sicherheitsschleusen, Versuchstieranlagen, Abfallversiegelung und ein angeschlossenes Krematorium, in dem nach einem running gag der Belegschaft alle wohl früher oder später einmal enden würden.

Das Gebäude und das umgebende Gelände waren keine Raumstation und auch kein Hochsicherheitstrakt im industry belt irgendeiner Großstadt, sondern unauffällig und durchschnittlich, mit begrenzter Lebensdauer, wie die meisten Standard-Schließfächer, Handschläge oder e-mail-adressen.

Es gab das Reinigungspersonal, die Auszubildenden, die Abteilungsleiter, das Management, die Firmenleitung und die ganzen betrieblichen Personal-, Beratungs- und Anlaufstellen, wenn auch in streng mittelständischer Ausbildung straff gebündelt und weitgehend ausgesourced, ein kleines Abbild des großen Wirtschafts-Universums.

Und es gab eine eigene Zeitrechnung, die bei Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit begann, sich über Urlaubsgespräche, Wochenendplanung und Betriebsakte mit den Mitarbeitern identifizierte und in ihnen diese seltsame kollektive Erinnerung hervorrief, die mit Kabelschächten, Werktagen, Familienfeiern, Bürogeruch, Kantine und Weiterbildung zu tun hatte und, ja, mit diesen kleinen, verschlossenen Firmenbereichen der Ebene 4, über die man nicht gerne sprach und die doch einfach dazugehörten und der Kern der Anlage waren, um die herum der Umsatz floß, um derentwillen man hier war, diensteifrig, ironisch und innovativ.
Zuletzt geändert von Eule am 18.02.2011, 00:47, insgesamt 2-mal geändert.
Ein Klang zum Sprachspiel.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.02.2011, 13:47

Hallo Arne,

schon mehrfach hab ich deinen Text gelesen und lande immer bei derselben Frage: Fehlt da nicht noch etwas? Mir scheint der Schluss so abrupt abgeschnitten. Es liest sich alles gut, als ob du den Leser einführen möchtest in diese Welt, aber dann ist plötzlich Ende. :blink2: Oder habe ich etwas Entscheidendes überlesen? :12:

Saludos
Gabriella

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 14.02.2011, 14:35

Ich finde diesen Text sehr gruselig. Er weckt Assoziationen, denen ich lieber gar nicht genau auf den Grund gehen möchte.

lG Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
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(Ikkyu Sojun)

Gerda

Beitragvon Gerda » 14.02.2011, 16:37

Hallo Arne,

du hast das Monatsthema ohne jede Umschreibung zielgenau angesteuert.
Unheimlich, ist diese Geschichte, erzählt aber von realen Verhältnissen in unserer Gesellschaft, die vieles an dem sie verdient lieber mal unausgesprochen im Raum stehen lässt.
Für mich wäre allerdings Absatz 2 der bessere Einstieg.
In jedem Fall finde ich es etwas verunglückt gleich den ersten Satz einer Geschichte mit dem Demonstrativpronomen "Diese" zu beginnen, obwohl kein Bezug hergestellt werden kann.
Kann ein Gebäude ein Gebiet besitzen?. Besser wäre m. E. " Das Gebäude mit dem dazugehörenden, - hörigen Gelände" .

Ich meine, es könnte nicht schaden, noch einmal genauer zu schauen, ob deine Formulierungen wirklich stimmig sind. Ich habe jetzt nicht Wort für Wort geschaut.
Ob es unbedingt "Industry Belt " heißen muss, obgleich das deutsche Wort in diesem Fall die Aussage auch präsize trifft, weiß ich nicht. Bei Runnunig Gag stört es mich nicht, weil eine deutsche Übersetzng zu umständlich wäre und zumindest das Wort: Dauerwitz, nicht träfe und altbacken klänge.
Ja, so Kleinigleiten wie beispiellsweise "extra Kleidung", finde ich ein wenig unbeholfen, da passt schon besser: Spezialkleidung, Sicherheitskleidung.
Deine Geschichte hinterlässt bei mir einen merkwürdigen Eindruck im wörtlichen und übertragenen Sinn ... und wie "weit" wir schon gekommen sind, lässt sich auch erahnen, Witze beinhalten nämlich immer auch ein Stück Wahrheit.

Liebe Grüße
Gerda

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Eule
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Beitragvon Eule » 18.02.2011, 00:45

Vielen Dank für Eure Rückmeldungen !

@ Gabriella und Zefira: Ja, der Text könnte gut die Einleitung zu einer längeren Geschichte sein, bevor die handelnden Personen auftreten. Vielleicht hast Du diese ja vermisst. Es steckt darin einiges an schwarzen Humor und Satire.

@ Gerda: Mit dem "diese" am Anfang sind die Laborräume gemeint. Deinen Tip mit dem Gebäude und seinem Gelände habe ich gerne aufgegriffen - danke dafür. Die anderen Merkwürdig- und Gruseligkeiten passen für mich aber gut zum Erzählplot, Sicherheitskleidung ginge z.B. nicht wegen den Sicherheitsschleusen und Spezialkeidung empfinde ich als etwas zu neutral.
Ein Klang zum Sprachspiel.

Quoth
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Beitragvon Quoth » 18.02.2011, 08:52

Hallo Arne,
"diese kleinen, verschlossenen Firmenbereichen der Ebene 4" sind ein wunderbarer Mc Guffin, vor allem, nachdem Du mit Hinweisen auf Tierversuche und ein Krematorium schon ein bisschen makaber vorgebaut hast. Bloß nicht sagen, was da passiert! Wie gut solche Leerstellen funktionieren, zeigt Zefiras Reaktion. Ein anderes gutes Beispiel ist das Kästchen, das in Bunuels "Belle de jour" ein japanischer Freier als Aphrodisiakum mitbringt. Es summt daraus! Bunuel hat selber nicht gewusst, was das war, er wollte nur die Phantasie des Zuschauers stimulieren.
Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

Gerda

Beitragvon Gerda » 18.02.2011, 11:33

Hallo Arne,

mir leuchtet zwar überhaupt nicht ein, warum sich "extra Kleidung" weniger "neutral" anhört als "Spezialkleidung" aber das muss, ich ja nicht verstehen, weil es deine Geschichte ist. ;-)

Ich habe eine vielleicht nervige Frage: Würdest du dich zu deinem Text "sport" noch äußern mögen?

Liebe Grüße
Gerda

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Eule
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Beitragvon Eule » 18.02.2011, 15:29

Hallo Gerda, ich will es trotzdem versuchen. Spezial- ist ein sehr verallgemeinerndes Präfix, alles als ungewöhnlich Bezeichnete fällt in diese, damit inhaltlich äußerst breite Sparte. Fast jeder Sachbegriff kann damit verlängert werden (Spezialwerkzeug, -schuhe, -aufgabe, -brille etc. etc.), weshalb mir "extra" näher an der gesprochenen Sprache vorkommt und in meinem beschreibenden Text damit als sperriger, weniger glatt, wirkend vorkommt.

Danke für Deine gar nicht "nervigen" Fragen !

@ Quoth: Vielen Dank für die positiven Zeilen ! Mc Guffin musste ich "wikipeden", aber ich hatte bei meiner Einleitung auch schon an einen Krimi-Thriller als mögliche Fortsetzung gedacht.
Ein Klang zum Sprachspiel.

Gerda

Beitragvon Gerda » 18.02.2011, 17:02

Hallo Arne,

danke, jetzt kann ich dir, wenn auch etwas holpernd folgen ;-)
LGG


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