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Erkennen (Gesicht 3)

Verfasst: 11.07.2010, 13:02
von Max
Erkennen II

Dreimal umrunde ich täglich den Feind
Er flieht vor mir
wie ich vor ihm

Versteckt hält er sich
wenn mir an lauen Abenden
die Zeit über die Schultern rinnt
wenn ich mich im Vergessen räkele
wie ein Hund in der Sonne

Doch auf meinen Nachtwachen
kehrt er zurück
Zerfasert mit dem letzten Tageslicht

Aus eins wird zwei
aus zwei wird drei

All das bist du
kichert mir eine Stimme ins Ohr
Bin ich nicht
behauptet beharrlich der alte Kern

Verfasst: 11.07.2010, 13:30
von Niko
hallo max!
das
die Zeit über die Schultern rinnt
wenn ich mich im Vergessen räkele

sind für mich die herausragenden zeilen dieses textes. und auch dies hier
Doch auf meinen Nachtwachen
kehrt er zurück
Zerfasert mit dem letzten Tageslicht

empfinde ich als eine starke stelle des textes. das drumherum aber, vor allem aber der schluss, erzeugt in mir nicht dieses lyrische (nach)empfinden wollen. das ende gibt dem text FÜR MICH! eine erzählerische note, die dem text hier mehr schadet als nützt.
dennoch... - gern gelesen!

lieben gruß: Niko

Verfasst: 11.07.2010, 13:48
von Mucki
Hallo Max,

ich finde diese mit einem Augenzwinkern geschriebene Selbstreflexion sehr gelungen! Schon den Einstieg find ich klasse, da bin ich gleich drin. Auch sehr fein dieser Passus des Aufatmens, an dem der grübelnde Verstand endlich mal Ruhe gibt:
Max hat geschrieben:Versteckt hält er sich
wenn mir an lauen Abenden
die Zeit über die Schultern rinnt
wenn ich mich im Vergessen räkele
wie ein Hund in der Sonne

um dann das LI wieder in seinen "Würgegriff" zu holen.
Der Schluss, in dem das Ganze vor vorne beginnt, bzw. die erste Strophe inhaltlich wieder aufgenommen wird, rundet dein Gedicht ab.
Rundum gelungen!

Saludos
Mucki

Verfasst: 11.07.2010, 20:02
von Max
Lieber Niko, liebe Mucki,

danke für Euer LOb - und ka es stimmt, ich hätte vielleicht den ganzen Text erzählt, wenn das hier nicht ein Lyrikwettbewerb wäre ;-) .. Mir ist derzeit so schwafelig ...

Liebe Grüße
Max

Verfasst: 13.07.2010, 15:38
von Ylvi
Hallo Max,

hier fällt mir der Einstieg auf der Bild/Bewegungsebene sehr schwer. Ich bekomme "umkreisen" (wissend, um das/den Anderen im Mittelpunkt), "fliehen" (im Zentrum/ um ein Zentrum herum) und "verstecken" und "zurückkehren" nicht so recht zusammen. Vor allem das Fliehen irritiert mich. Den Rest mag ich sehr, besonders den räkelnden Hund. :-)

Bezüglich der letzten Strophe muss ich Niko ein wenig zustimmen, vielleicht könnte man das aber etwas aufheben, wenn du die ersten beiden Zeilen letzten Strophe als Titel nehmen würdest, dass es sich nicht so nach abschließender Erkenntnis anhört, (*g* ich weiß, das gibt schließlich der Titel vor, aber trotzdem...) sondern etwas weiter aufgefasst werden kann.

(Nur so zum Anschauen .-))

All das bist du
kichert mir eine Stimme ins Ohr


Dreimal umrunde ich täglich den Feind

Versteckt hält er sich
wenn mir an lauen Abenden
die Zeit über die Schultern rinnt
wenn ich mich im Vergessen räkele
wie ein Hund in der Sonne

Doch auf meinen Nachtwachen
kehrt er zurück vielleicht eher: zeigt er sich wieder/ taucht er wieder auf? Oder von wo kommt er zurück, er war doch nur versteckt?
Zerfasert mit dem letzten Tageslicht

Aus eins wird zwei
aus zwei wird drei
das hat etwas Kindliches, Einfaches, was sich für mich hier schön einfügt mit dem Räkeln und Verstecken. Ich höre es als Singsang, wie ein Abzählreim. Als Kontrast dazu dann die letzte Zeile, das Alte, Beharrende.

Bin ich nicht
behauptet beharrlich der alte Kern


Liebe Grüße
Flora

Verfasst: 13.07.2010, 17:48
von noel
der feind in einem selbst, der im laissez faire
des dolce vita stummm harrt, bis er sich selbst wider narrt.
sich seine seins zu fispert, gegen die sich das alte selbstbild
nicht behaupten kann....

:)))
gemein feine idee
noel die vielbunte