Leben, adagio

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 27.03.2006, 12:52

aus: Spielweisen I

Leben, adagio

Meine Angst
vor dem Sommer
sagst du.

Es gibt ein Lied
das erzählt vom Leben
wie es stirbt.

Der Winter
wird mein Nest
der kommenden Jahre.

Und ich,
ich bin ganz ruhig.

*nach dem Adagio for Strings, Opus 11 von Samuel Barber

Zu Hören unter: http://www.modern-strings.de/sound/down ... 4?p=barber
Zuletzt geändert von Lisa am 28.05.2006, 12:41, insgesamt 2-mal geändert.

Herby

Beitragvon Herby » 27.03.2006, 14:42

Liebe Lisa,

... auch ohne, dass ich die musikalische Vorlage kenne ... wunderschön, ergreifend und nachklingend! Werd ich noch öfter lesen!

Danke!

LG Herby

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 27.03.2006, 18:17

Lieber Herby,

danke! :schaem: .

Das Gedicht kann auch ohne Bezug zu dem Adagio gelesen werden. Ich hatte aber zunächst nur die Zeile "Angts vor dem Sommer" im Kopf und da ich - Musiker werden das äußerst kritisieren - mir zu vielen besonders von mir geliebten Stücken "Geschichten", besser bewegte Bilder denke (sie kommen von allein), brachte das genannte Adagio den Rest hervor.

Franktireur

Beitragvon Franktireur » 27.03.2006, 18:38

Hi,

ich bin ein Musiker (oder war einer?!? - hab schon lang nicht mehr richtig Musik gemacht), der das selbst praktiziert - also, ich habe gar keine Kritik daran, anhand von Musikstücken eigene Bilder zu entwickeln, Assoziationen in Worte zu fassen.

Ich kenne das Adagio von Barber (ich mag es, es hat was Elegisches, mit aufblitzenden Lichtern, wird zunehmend ruhiger/leiser, bis es in einer Art Stiller Wehmut ausklingt).

Deine lyrische Variation dazu finde ich sehr gelungen.

Gruß
Frank

Phygranimus

Beitragvon Phygranimus » 27.03.2006, 18:47

Hallo Lisa ,

ich entdecke in diesem Gedicht interessante Aussagen,
die man z.B. nach diesem langen Winter nachempfinden kann
und die plötzliche Wärme einen fast schon erschreckt und man in
ein Nest des gewohnten Winters zurück möchte.
Winter und Sommer können naürlich auch für individelle Gefühle
stehen.
Der Musikbezug ist mir gar nicht bekannt, ich habe nur die Gefühle
herausgelesen.

Grüße von Klaus

Dita

Beitragvon Dita » 28.03.2006, 10:04

Großes Kino. Mit äußerster Freude mehrmals gelesen. Danke.

Dita

Julek

Beitragvon Julek » 28.03.2006, 22:38

Wunderschön. Hier passt ja alles!
Mehr kann ich und muss ich nicht sagen und das ist gut.

Gast

Beitragvon Gast » 28.03.2006, 23:22

Danke Lisa, für dieses Gedicht...

Ich bin ganz ruhig... ja jetzt nach dem Lesen, komme ich zur Ruhe...
irgendwann zur letzten? Ist der Winter das Nest der letzten Ruhe?

(Ich beschäftige mich derzeit oft mit dem Lebensende, da in meiner entfernteren Familie zwei Schwerstkranke alte Menschen täglich sterben könnten).
Es sind auch nicht Fragen, die ich an dich stelle, Lisa, sondern eher Reflexionen auf deinen Text.

Gelassenheit strahlen diese Verse in höchstem Maße aus, fast meditativen Charakter.

Gute Nacht.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 29.03.2006, 18:29

Danke an euch alle, ach, das tut auch mal gut. Macht die Feder ganz beschwingt :grin:

Gerda: Auf jeden Fall schwingt ein Letztes in den Zeilen mit, und wenn auch nur in einem "Niemals wieder"...

Franktireur: Es gäbe aber bestimmt eine Menge Musiker, die dies als Missbrauch an der Musik und als Nicht-Verstehen auffassen würden. Nicht alle, aber viele. Und ich ´könnte ihnen nicht vorbehaltslos widersprechen. Aber ich kann sowieso nicht anders :grin: .

Deine Adagio-Beschreibung trifft es sehr...danke...


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