Angst

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
VoiceWithin

Beitragvon VoiceWithin » 13.04.2006, 20:46

Nach langen schauen hier im Forum traue ich mich auch mal eins meiner "Warke" hier zu schreiben. O:)

Angst

Plötzlich wird alles still.
Ich kann nichts mehr hören.
Ich fang' an zu zittern.
Es hört einfach nicht auf.

Die Leute bleiben stehn,
Zeigen skeptisch auf mich.
Schütteln einfach nur den Kopf
und wenden sich dann ab.

Keiner kommt, um mir zu helfen.
Die Tränen suchen den Boden.
Ich sacke langsam zusammen
und liege nun hier und zitter.
Alles wird weich und schwarz zugleich.

Plötzlich höre ich Stimmen,
um mich herum wird es hell.
Jetzt sehe ich Menschen,
sie richten Blicke auf mich.

Ich weiß nun, wo ich hier liege.
Ich liege im Krankenwagen,
auf dem Weg ins neue Leben.
Ein Leben ohne Angst.

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 13.04.2006, 23:04

Hallo VoiceWithin

Ein sehr interessantes Gedicht...

Irgendwie könnte ich es mir sehr gut als Songtext vorstellen, im Stil von Ooomph vielleicht. Frag mich nicht wieso, es hat eine Melodie und passt von der Thematik.

"Es hört einfach nicht auf" klingt ein bisserl unlyrisch.
Die letzte Strophe ist mir unklar. Das lyr. Ich ist in einem Krankenwagen. Es wird vielleicht gerettet. Danach wird das vorherige Leben möglicherweise weitergehen. Warum die definitive Aussage (keine Wunschäußerung) es handele sich um den Weg in ein Leben ohne Angst???

Gruß

Jürgen

Franktireur

Beitragvon Franktireur » 13.04.2006, 23:58

Hi,

ich sehe das genauso wie Gurke, das Gedicht ist allemal interessant zu lesen - wenn ich auch noch mehr der Meinung bin als Gurke, daß es eigentlich ein Kurzprosa-Text ist (wenn auch als Songtext geeignet).

Mit dem Schluß habe ich weniger Verständnisprobleme. Ich gehe davon aus, daß das LyrIch quasi im Sterben liegt und das helle Licht und die schauenden Menschen bereits aus dem "Jenseits" stammen und sozusagen als Empfangskomitee fungieren. Trotzdem - und da hat Gurke dann wiederum recht - kommt das sicher nicht klar genug rüber, wenns so gemeint ist, wie ich es interpretiere. Wenn es anders gemeint ist, als ich es interpretiere, dann hätte ich sogar noch mehr Verständnisprobleme als Gurke jetzt mit der Passage.

Warum ich den Text eher als Kurzprosa betrachte liegt in der Wortwahl und im Aufbau der Verse/Sätze/Zeilen begründet.

Zum einen nimmst du ganze Sätze, und der Bau ist wie bei einem "sauberen, grammatikalischen" Satz, der grundsätzlich alle nötigen Wörter enthält - doch das wäre gar nicht erforderlich.

Plötzlich Stille
ich zittere
(ge)hörlos
endlos


wäre z. B. eine Verdichtung deiner ersten 4 Zeilen (das ist jetzt nicht der Brüller, soll aber auch nur als Beispiel dienen), kommt härter, abrupter, angstauslösender daher als deine ausgeschriebenen Sätze, erfüllt also bildlich-formal dem, was du inhaltlich aussagen willst. Und das könnte man mit allen Zeilen machen.
Ich hoffe jetzt einfach nur, daß ich das verständlich machen kann, was ich meine. Dann könntest du die "Erlösung aus diesem angstvollen Dasein" und Hinübergehen ins "angstfreie" durch weichere Worte/weicheren, gleitenderen Satzbau diametral entgegensetzen.

Ich würde sagen, es lohnt sich, da die Textbasis ja bereits da ist und inhaltlich gut genug ausgearbeitet.

Gruß
Frank

maria

Beitragvon maria » 14.04.2006, 06:53

Guten Morgen am verregneten Karfreitag!

Dein Gedicht hat mir schon beim ersten Lesen gefallen, habe es dann durch Jürgens Beitrag nochmals als "Songtext" gelesen und finde, das passt - es fliesst wie ein Song!
Meine Assoziation war, daß das lyr. Ich eine Angstattacke hat und deshalb zusammenbricht - also "Angst" nicht als Todesangst wegen einer körperlichen Krankheit, sondern Angst als Krankheit. Vielleicht reagieren die Menschen deshalb so passiv, weil sie damit nichts anfangen können? Der Weg ins Krankenhaus als Weg in ein Leben ohne Angst - mmh, hab´ich mir jetzt so gedacht, daß es dort die Sicherheit (und/oder Medikamente) gibt, die das lyr. Ich in der Realität draußen nicht hat...

Gespannt auf deine Antwort,
LG maria

VoiceWithin

Beitragvon VoiceWithin » 14.04.2006, 14:28

Also den Inhalt des Gedichtes bzw. des Textes hast du gut erkannt Maria.
Schade, dass der Schluss so viele Verständnisprobleme bereitet hat. Ich wollte mit "In ein Leben ohne Angst" sagen, dass sich das lyr. Ich Hilfe nimmt, um mit den Attacken besser zu recht zu kommen. So habe ich mir das gedacht, als ich das Gedicht fertig geschrieben zu erstenmal gelesen habe, was ich mir beim schreiben gedacht habe, weiß ich auch nicht mehr so genau, mich versteht eben kaum einer :mrgreen:

Max

Beitragvon Max » 15.04.2006, 21:56

Liebe VoiceWithin,

ich hatte bei Deinem Text keine Verständnisprobleme, sondern habe ihn gleich so verstanden, wie Du ihn später erklärt hast. Auch finde ich es müßig zu streiten, ob das nun kurzeProsa oder Lyrik ist. Ich mag die kurzen Sätze, das Stakkato, es gibt einen sehr authentischen Eindruck.

Bin gespannt auf mehr.

Liebe Grüße
Max


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